Schlagwort-Archive: Energie Cottbus

Vom Durchschnittsklub zum Hype in einer Saison

Die Saison 1995/1996 brachte insgesamt viel, viel Eindrücke, die weit über den Cottbuser Tellerrand hinausgingen und einen neuen Zugang zum vereinigten Deutschland. Es war nicht immer ein gutes Jahr in München, dazu blieb Stadt und Leben dort in vielerlei Hinsicht zu verschlossen, aber es war ein Jahr mit viel Input und viel Hineinschauen in ein Leben, das es in einer schrumpfenden, vor allem im kulturellen Alltag noch meist depressiven, ostdeutschen Kleinstadt so gar nicht gab.
In Bezug auf den Fußball war es ein seltsames Jahr. Nach mehr als zehn Jahren war 1995/1996 die erste Saison, in der Energie Cottbus nicht zweiwöchentlich das Ziel des Pilgerns wurde. Die Saison, mit der die großen Taten der kommenden Jahre vorbereitet wurden, ging ziemlich an mir (aber wie gewohnt auch an den großen Teilen des restlichen Cottbus) vorbei, ohne dass ich mich vom Club emotional bereits entfernt hätte. (Neue Wege nach der Saison 19995/1996)

München war Mitte der Neunziger ein Zwischenschritt gewesen. Die Spielzeit 1996/1997 (wenn man Lebensabschnitte mal in Fußballspielzeiten denkt) war dann vielleicht die erste, die wirklich heraus aus einer Nachwende-Verwaltungshaltung führte, hin zu einem Leben, in dem man langsam ankommt in der neuen Welt und anfängt eigene Ideen zu leben und Möglichkeiten zu entwickeln und zu verwirklichen.

Gewissermaßen ist die Generation, die rund um die Wende begann, erwachsen zu werden, also noch vom Sozialismus erzogen und sozialisiert und dann pünktlich zum Start ins Erwachsensein in den Kapitalismus geschleudert wurde, eine Generation, deren Lebensläufe auch ein Stück weit brüchig wurden. Einmal war ich bei einem Klassentreffen der Klasse, mit der ich 1990 die zehnte Klasse absolviert hatte und aus der Schule ausgeschieden war. Geradlinige Lebensläufe waren kaum zu finden. Jeder ging seine Wege und suchte nach seinem Platz. Und fand ihn auf die eine odere andere Art und Weise bunt verstreut quer durch die Republik.

Vom Durchschnittsklub zum Hype in einer Saison weiterlesen

Früher war alles…

Waren die Anfeindungen gegen RB Leipzig damals mehr oder weniger als jetzt?
Es war damals gefühlt mehr. Mittlerweile ist das deutlich weniger und vor allem auch sachlicher geworden. Wir reden hier aber von Minoritäten, die für diese Anfeindungen stehen. Zudem war der Support unserer eigenen Fans in der ersten Zeit noch nicht so ausgeprägt.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es deutlich weniger geworden ist, weil mehr über unsere Ergebnisse und unserer Art Fußball zu spielen, gesprochen wird. Wir stehen für viele positive Attribute, sind ein Verein zum Anfassen. Natürlich muss man manche Plakate bei Auswärtsspielen nicht wegdiskutieren. Aber die werden uns nicht daran hindern, unseren Weg konsequent weiterzugehen.
Was ist denn bislang passiert. Wir haben zuletzt drei Bundesliga-Spiele in einer Top-Atmosphäre erlebt. Und über Dortmund mussten wir sogar schmunzeln (voller BVB-Gästeblock trotz Abwesenheit und Protest verschiedener Fangruppen/ Anmerkung rotebrauseblogger). Ernst nehmen kann man das dann nicht. Grundsätzlich interessiert uns diese ganze Thematik auch nicht. (Dominik Kaiser in Sportbild, 21.09.2016)

Früher war alles… weiterlesen

Bundesliga-Aufsteigerbilanzen

Mit dem SC Freiburg ist diese Saison ein alter Bekannter in die Bundesliga aufgestiegen, mit RB Leipzig dagegen ein kompletter Frischling. Leipzig ist der 55. Verein, der in die Bundesliga aufsteigt.

Seit Einführung der Dreipunktregel 1995 haben 28 verschiedene Vereine in 21 Spielzeiten als Aufsteiger in der Bundesliga gespielt. Dabei traten diverse Teams mehr als einmal als Aufsteiger auf. Insgesamt waren es in den 21 Spielzeiten 58 Aufsteiger, die sich darin versuchten, die Klasse zu halten. Was im Normalfall das erste Ziel eines Aufsteigers ist.

Gleich fünfmal Aufsteiger waren der 1.FC Köln und der VfL Bochum. Eintracht Frankfurt, der 1.FC Nürnberg und Arminia Bielefeld waren mit je vier Aufstiegen auch sehr häufig Neulinge. Nicht die allerkonstantesten Vereinskarrieren.

Bundesliga-Aufsteigerbilanzen weiterlesen

Neue Wege

Aus heutiger Sicht würde man die Saison 1994/1995 wohl als Übergangssaison bezeichnen und tatsächlich war es in Cottbus auch nur der Startpunkt für eine Reise, bei der nach und nach Teilchen ergänzt wurden, bis man das Puzzle komplett hatte. Die Ruhe eines Umfelds, in dem es nach drei Jahren im absoluten Amateurfußball keinerlei Ansprüche gab und von Medienseite sowieso kaum Fragen oder Kritik angebracht wurde, tat gut und gab den Verantwortlichen auch die Möglichkeit, zusammen mit Geyer die nächsten Schritte zu gehen, die nötig waren, den reinen Verwaltungszustand der Jahre davor zu überwinden. (Schritt heraus aus der Verwaltungshaltung, nach der Saison 1995/1996)

Die Saison 1995/1996 bedeutete eine gewisse Zäsur. Gar nicht so sehr für den Fußball in Cottbus, der seinen eingeschlagenen Weg unter Eduard Geyer mit leichtem Aufschwung weiterging. Sondern vor allem im persönlichen Bereich. Denn praktisch mit Saisonbeginn in der drittklassigen Regionalliga Nord/Nordost verschlug es mich nach München.

Zuvor hatte Arbeitssuche auf dem Programm gestanden. In Cottbus 1995. Knapp eineinhalb Jahre nach Leerabschluss und einem dazwischenliegenden Zivildienst bei fehlender Berufserfahrung. Sagen wir so, die Gemengelage war vergleichsweise suboptimal, sodass letztlich fast nur der Schritt tief in den Süden blieb.

Neue Wege weiterlesen

La Bundesliga et moi

Die Bundesliga, dieses ferne Wesen. Handgeschätzte 60 Minuten habe ich in der abgelaufenen Saison aus der obersten deutschen Spielklasse in Form von Zorniger-Fußball in bewegten Bildern gesehen. Und in den Jahren davor waren es nicht wesentlich mehr. Mag also nicht sehr verwundern, dass sich diese neue Liga aus meiner Sicht immer noch seltsam fern anfühlt.

Letztmalig persönlich in Kontakt war ich mit einer ersten Liga in den späten 80ern bis ins Jahr 1991 hinein. Damals noch mit Energie Cottbus in der DDR-Oberliga. Es folgte der Absturz in die Drittklassigkeit und das Beobachten vieler spannender Spiele gegen den SC Gatow, Hertha Zehlendorf, Union und ähnliche Berliner Stadtteilvereine.

Irgendwann Mitte bis Ende der 90er verlor sich die Fußballbegeisterung ein wenig in den Irrungen und Wirrungen persönlicher Lebensentwürfe. Der Aufstieg von Energie Cottbus in die 2. Bundesliga 1997 stellte so etwas wie den vorläufigen Endpunkt dar, während es in der Bundesliga (der Erinnerung nach) schon ein Jahr früher mit der live beim Auswärtsspiel bei 1860 verfolgten Meisterschaft von Borussia Dortmund ein Ende hatte. Zu einer Zeit, als man für ein solches Spiel im Vorfeld noch ohne größere Mühen an Karten kommen konnte.

La Bundesliga et moi weiterlesen

Unwahrscheinlich, aber nicht völlig unmöglich

Vier Spieltage vor dem Ende glühen die Tabellenrechner sicherlich allseits. Zumindest bei den Anhängern jener Zweitligateams, bei denen es noch um etwas geht. So wie bei RB Leipzig, wo man nach Herzenslust hin- und herschieben kann, wie denn wohl vor allem Nürnberg und RB durch das Restprogramm kommen und ob denn sechs Punkte Vorsprung zum direkten Bundesligaaufstieg reichen oder nicht.

Gäbe es noch die bis 2008 gültige Regelung, dass drei Teams direkt aufsteigen, dann wäre das Aufstiegsthema schon durch, da RB Leipzig 13 Punkte Vorsprung auf Platz 4 hat. Dadurch, dass nur zwei Teams direkt aufsteigen, darf man noch ein bisschen rechnen und zittern.

Zumindest aus Fansicht, denn aus statistischer Sicht bleibt es dabei, dass das Aufstiegsthema faktisch schon durch ist. Seit Einführung der Dreipunktregel im Jahr 1995 hat nämlich noch kein Team, das vier Runden vor Schluss mindestens sechs Punkte Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz hatte, diesen Vorsprung noch verspielt.

Unwahrscheinlich, aber nicht völlig unmöglich weiterlesen

Schritt heraus aus der Verwaltungshaltung

Eine Saison auch mit ersten vorsichtigen Anzeichen eines Umbruchs, denn mit Toralf Konetzke und Sven Kubis lugten zwei Talente um die Ecke, die sich in den nächsten Jahren bei Energie einen Namen machen sollten. Ohne dort freilich die ganz große Karrie zu starten. Aber sie deuteten an, dass sich in Cottbus in der kommenden Zeit allmählich einiges ändern sollte. Langsam wurde es Zeit, wieder nach vorn zu schauen und nicht nur rückwärts zu trauern. (Blicke nach vorn, nach der Saison 1993/1994)

Mit Platz 2 in der Saison 1993/1994 war Energie Cottbus zwar drittklassig geblieben, hatte sich aber für die nun eingleisige Regionalliga Nordost qualifiziert. Also nicht mehr drei Staffeln, sodass Energie in einer Staffel mit der Hälfte Berliner Clubs spielte, sondern das Best of des NOFV-Fußballs. Nach Jahren gegen den Frohnauer SC oder den SC Charlottenburg fühlte sich das plötzliche Treffen auf Jena, Erfurt, Aue, FC Sachsen, Union und Co schon fast wie die große weite Welt an.

Dazu kam mit Ede Geyer jener Trainer zur Saison 1994/1995 in die Verantwortung, der den Verein in den nächsten Jahren extrem prägen sollte. Bis es soweit war, fing Geyer aber erst mal mit klassischem Rumpelfußball an. Meistens unangenehm für den Gegner, aber auch vergleichsweise unansehnlich für den Zuschauer. Gern erinnere ich mich, wie ich drei Jahre später beim ersten Zweitligaspiel von Energie Cottbus stehen und staunen sollte, dass eine von Eduard Geyer trainierte Mannschaft tatsächlich Fußball spielen kann.

Schritt heraus aus der Verwaltungshaltung weiterlesen

Blicke nach vorn

Letztlich setzte sich in dieser Saison 1992/1993 das fort, was ein Jahr zuvor angefangen hatte, nämlich dass die Erkenntnis sackte, dass das Landen im Amateurfußball kein Fehler und auch kein Missverständnis, sondern bittere Realität ist. Und ein wenig steckte in dieser Erkenntis auch schon – wie in der Gesamtgesellschaft – ein kleines bisschen Konsolidierung und Annehmen der Situation drin. Ein Einlassen auf die neuen Gegebenheiten, auf denen das spätere Wachstum beruhte. (Von Hoffen über Realismus bis hin zu Konsolidierung, nach der Saison 1992/1993)

Manchmal ist es komisch mit der Einstellung zu Dingen, die im Fußball passieren. So muss das auch vor 20 Jahren in der Saison 1993/1994 gewesen sein. Energie Cottbus spielte immer noch in der Drittklassigkeit und damit in einer Amateurliga, die weiterhin aus acht Staffeln bestand, von denen allein der NOFV drei stellte. Weswegen der Anteil von Berliner Teams in der Nordost-Oberliga Staffel Mitte enorm hoch blieb. Acht von 16 Teams kamen aus der Hauptstadt. Von Union Berlin über Türkiyemspor, VfB Lichterfelde, SC Charlottenburg bis hin zum Frohnauer SC reichte die hier nur angerissene Reihe. Kommt einem fast schon absurd vor, wenn heute Menschen an der Attraktivität der aktuellen dritten Liga zweifeln..

Jedenfalls hatte sich eigentlich im Vergleich mit der Vorsaison nichts verändert. Schon gar nicht hatte man ernsthaft Zweitligaträume im Kopf. Und trotzdem fühlte sich die Existenz in der ursprünglich bitteren Drittklassigkeit langsam normal an. Normal nicht nur in einem depremierenden, sondern in einem akzeptierenden Sinne. Es war halt so und es war langsam auch ok so, Woche für Woche mit an normalen Tagen 1.000 anderen Verrückten weiterhin dem Fußball in seiner energetischsten Form zu frönen. In einer Liga mit eigentlich nur wenigen Highlights.

Blicke nach vorn weiterlesen

Zweitliga-Aufsteigerbilanzen

Mit Heidenheim und RB Leipzig steigen diese Saison zwei komplett neue Mannschaften in die zweite Liga auf. Dazu kommt Darmstadt, die zuletzt 1992/1993 zweitklassig waren, also in den letzten 20 Spielzeiten, in denen die zweite Liga gesamtdeutsch und mit 18 Mannschaften spielte, auch nicht vertreten war.

Insgesamt gab es seit 1994 (die aktuellen Aufsteiger nicht mitgezählt) 49 verschiedene Vereine, die insgesamt 72 Aufstiege in die zweite Liga feiern durften. Sechs dieser Vereine spielten in diesen 20 Jahren jeweils nur ein Jahr zweitklassig. Essen gelang das Kunststück, direkt wieder abzusteigen, gleich dreimal. Bei Babelsberg, Schweinfurt, Erfurt, Oldenburg und Siegen blieb es bei einjährigen Geschichten.

Zweitliga-Aufsteigerbilanzen weiterlesen

Neue Vereine, neue Wege

RB Leipzig ist genau der Klub, den die Fußballverbände für ihre Ostpolitik verdienen; also für eine Politik, die es nie gab. (FAZ, 13.05.2014)

Red Bull ist letztlich die Konsequenz daraus, dass es im ostdeutschen und speziell im Leipziger Fußball keinen nachhaltigen Aufschwung gab. Es ist letztlich die Folge der wirtschaftlichen Überlegenheit der alteingesessenen Bundesligavereine. Und letztlich ist das Gejammer, dass nun plötzlich vielleicht Vereine verdrängt werden könnten, die vorher noch selbst die Verdränger waren, weil nun ein Fisch kommt, der wirtschaftlich eventuell Augenhöhe herstellen kann, ziemlich verlogen. Wären die ostdeutschen Clubs (neben gerade in Leipzig vielen anderen Faktoren) nach der Wende nicht von den damals dicken Fischen verdrängt worden, wir würden heut und hier nicht über Red Bull reden. That’s for sure. (rotebrauseblogger, 28.03.2012)

Es ist natürlich immer ein bisschen simpel, ein Problem zu konstatieren und dann gleich mit ausgestrecktem Finger auf jemanden zu zeigen, dem man das Problem anhängen kann. Wenn man über den Ostfußball nach der Wende spricht, ist dies auch so. Klar kann man auf die nackten Zahlen verweisen und aufzählen, wie viele alteingesessene Clubs aus dem Gebiet der alten DDR (die hier als gemeinsamer wirtschaftlich-historischer Rahmen für die Vereine gesehen wir) im Mittelmaß versunken sind und dann auf irgendeinen Verband zeigen, der daran Schuld gewesen sein soll.

Neue Vereine, neue Wege weiterlesen