Manchmal komme ich mit meiner Wahrnehmung von Spielen ins Zweifeln. Gestern zum Beispiel, als ich mir nach dem Sieg gegen Lübeck den einen oder anderen Presseartikel zu Gemüte führte. “Schmutziger Arbeitssieg” titelte die L-IZ [broken Link], die es sich entgegen früherer Prioritätensetzung nun doch zur Aufgabe gemacht hat, auch sportlich von RB Leipzig zu berichten. “Glanzloser Pflichtsieg” zog BILD nach und endete: “So aber bleibt es beim dürftigen 1:0 – was wirklich keinen von den Sitzen geholt hat.” Manchmal zweifele ich daran, was denn eigentlich die Ansprüche der Journaille sind. Jede Woche eine Gala mit mindestens drei Toren Vorsprung? Naja, ist halt immer noch Fußball, nicht?
Mich jedenfalls hat die erste Halbzeit der RasenBallsportler, die insgesamt eine sehr gute war, durchaus vom Sitz gerissen. Von der ersten Minute an überrannte RB Leipzig seinen hoffnungslos überforderten Gegner. Zwar nicht mit allerletzter Präzision, aber doch mit aller Macht und stellenweise auch mit Klasse. Folgerichtig das 1:0 nach feiner Vorarbeit von Daniel Frahn und klasse Abschluss von Roman Wallner. Angriff auf Angriff rollte Richtung Lübecker Tor und wenn es nach 20 Minuten bereits 3:0 steht, darf sich bei den Gästen niemand beschweren. Den Rest der ersten Halbzeit dominiert RB Leipzig nicht mehr ganz so deutlich, aber immer noch deutlich genug, um Chancen auf weitere Treffer zu haben. Dass es lediglich mit einem 1:0 und nicht mit 4:0 oder mit 5:0 in die Kabine geht, ist eine dieser fußballtypischen Skurrilitäten.
In der Halbzeitpause haben sich dann die Lübecker offenbar auch verwundert angeschaut. ‘Was wir sind hier chancenlos und liegen trotzdem nur 0:1 zurück? Das muss unsere Chance sein.’ Und so kam es dann ja auch. RB Leipzig mit sinkender Genauigkeit und 2% weniger Aufwand. Der VfB Lübeck mit der zweiten Luft und reichlich draufgelegten Prozenten und schon wurde aus dem einseitigen Gekicke ein Fußballspiel auf Augenhöhe. Eines in dem beide Seiten ihre Chancen auf Treffer habe. Geht das Spiel am Ende 6:2 aus, dann hätte es den Fußballnachmittag insgesamt wohl recht gut abgebildet und alle hätten statt von einem Arbeitssieg von einer Torgala gesprochen. Sinnlos.