Dritte Personalie der ersten Hälfte war Neuzugang Timo Röttger, der drei von vier Vorhalbzeittoren erzielte und den Torreigen bereits nach zwei Minuten eröffnet hatte. Röttger war dazu auch noch schnell, ballsicher und körperlich robust. Kann er sich auf diesem Niveau aufbauend in der Vorbereitung noch verbessern, dann wird man mit ihm bei RB Leipzig noch viel Freude haben. Kann man sich durchaus schon mal heimlich drauf freuen. (Testspiel: SV Braunsbedra vs. RB Leipzig 3:12)
Mit Wechseln nach unten ist das ja so eine Sache. Da kommt man als frisch gebackener Zweitligaaufsteiger zu einem Viertligisten und denkt vielleicht, die Gegner stünden nun Spalier oder man könne auch mal mit fünf Prozent weniger Einsatz zum Erfolg kommen. (Holstein Kiel widerlegt gerade eindrucksvoll den Mythos, dass in der Regionalliga nicht gekickt werden kann.) Mit Timo Röttger war das von Anfang an anders. Mit seinem ersten Auftritt für RB Leipzig nach seinem Wechsel von Dynamo Dresden zeigte er nicht nur seine Klasse, sondern auch seinen Willen, sich in und mit Leipzig durchzusetzen. Es vermittelte sich sofort das Gefühl, dass er 100% Bock habe auf seinen neuen Arbeitgeber, sein neues Umfeld und sogar auf die Regionalliga.
Und es blieb glücklicherweise nicht beim kurzen Testspielflackern. Das was Röttger in Braunsbedra Anfang Juli als Verheißung zeigte, nämlich personell der entscheidende Unterschied zum Kader der Vorsaison zu sein, nahm er auch mit in die Regionalliga-Saison. Beziehungsweise vorher schon mit in das DFB-Pokalspiel gegen den VfL Wolfsburg, in dem er mit einer Torvorlage zum 3:2 beitrug. In den 18 bisherigen Spielen der Regionalliga brachte es Röttger auf beachtliche 12 Scorerpunkte. Darunter fünf Tore und sieben Vorlagen. Dazu kommen laut des Kommentars des Statistikfreunds Rumpelstilzchen noch vier Vorlagen auf den Vorlagengeber zu einem Tor.
Auffällig auch, dass Röttger keiner ist, der seine Scorerpunkte macht, wenn es bereits 3:0 steht (was bei RB Leipzig zugegebenermaßen sowieso nicht sehr oft vorkommt). Mit drei seiner fünf Treffer brachte er RB in Front (Meppen, Cottbus, Meuselwitz). Zweimal war es das einzige Tor des Spiels. Und auch vier seiner Torvorlagen führten zum Führungstreffer von RB Leipzig. Auffällig zudem, dass fünf der sieben Torvorlagen Daniel Frahn als Torschützen zufolge hatten (einmal allerdings nach Elfmeter, Röttger gefoult, Frahn verwandelt). Im Kopf geblieben sind mir tatsächlich die Kopfbälle die Frahn nach Röttger-Flanke eingenickt hat. Am wichtigsten dabei sicherlich der umjubelte Siegtreffer gegen Kiel.
Timo Röttger ist sicherlich der kompletteste Spieler in Reihen von RB Leipzig. Gefährlich vor dem Tor, mannschaftsdienlich bei seinen Torvorbereitungen, dazu schnell, dribbel- und zweikampfstark. Röttger weicht dem Gegner nicht aus, sondern schmeißt sich mit einer Wonne in die Zweikämpfe, dass es sehr viel Spaß macht, dem zuzuschauen. Immer wieder holt er sich so verloren geglaubte Bälle zurück und sorgt damit für Gefahr, wo eigentlich gar keine mehr aufkommen sollte.
Timo Röttgers Spielweise wirkt nicht nur extrem kraftaufwändig, sie ist es offenbar auch. Das würde jedenfalls den leichten Verschleiß Richtung Hinrundenende erklären. Nachdem Röttger als Rechtsaußen wochenlang gegen doppelnde oder gar trippelnde Gegner ankämpfen musste, war der Akku nach dem Kiel-Spiel offenbar ein bisschen leer, sodass seine Erfolgsquote litt und er sich sogar zweimal auf der Bank wiederfand (um später aber eingewechselt zu werden). Insbesondere seine Nichtteilnahme am Halle-Spiel hat nicht nur die RB-Anhängerschaft verwundert, sondern dürfte auch bei Röttger selbst nicht auf extrem viel Gegenliebe gestoßen sein.
Nichtsdestotrotz und trotz kleinerer Auszeiten ist Timo Röttger mein Spieler der Hinrunde, da ich seine Spielweise höchst spektakulär und zudem auch noch in mindestens passablem Rahmen effektiv finde. Wo man letzte Saison keine Lösungen fand, um gegnerische Abwehrreihen aufzureißen, hat man nun einen Timo Röttger, der selbst an mittelmäßigen Tagen für das Gros der Regionalliga eine Nummer zu groß ist. Einer, der mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit seine Aufgabe bei RB Leipzig angenommen hat. Einer, der zudem höchst sympathisch wirkt. Einer, der RB Leipzig auf verschiedensten Ebenen gut tut. Keine Ahnung, warum er sich den Wechsel aus der potenziellen zweiten Liga in die vierte Liga angetan hat, aber ich bin sehr froh, dass er diesen Schritt gegangen ist und dass er diesen Schritt offenbar mit seinem ganzen Ehrgeiz und seiner ganzen sportlichen Klasse auszufüllen bereit ist.
Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen, kann man alles so ohne Wenn und Aber unterschreiben…
Dem ist nichts hinzuzufügen außer: hoffentlich kann er sich für die Rückrunde sogar noch steigern oder zumindest auf einem gleich hohem Niveau weitermachen ohne dem Verletzungspech zu unterliegen – zu wünschen ist es :)