Spieler der Hinrunde: Yussuf Poulsen

Fehlt (unter anderem) noch der Spieler der Hinrunde im Blick auf die erste Hälfte der Saison 2017/2018. Wie immer kommen dabei nur Spieler in Frage, die in allen Wettbewerben zusammen mindestens 50% der Spielzeit bestritten haben. Das schließt Spieler wie Halstenberg oder natürlich auch Emil Forsberg schon mal aus.

Es bleiben zwölf Kandidaten übrig. Konrad Laimer und Lukas Klostermann fehlt für einen Titel die Konstanz auf hohem Niveau. Stefan Ilsanker wirkte vor allem in Spielen auf der Sechs an seinem Leistungslimit angekommen. Marcel Sabitzer brauchte genauso ein wenig, um in die Saison zu finden, wie ein Dayot Upamecano. Bei Willi Orban ist auffällig, dass er in den wichtigen Spielen oft auf der Bank sitzt. Timo Werner war in der ersten Hälfte der Hinserie zu ineffizient. Kevin Kampl und Diego Demme spielten im Mittelfeld sehr wichtige Rollen, aber das letzte Prozent hin zu überragend fehlte dann doch.

Bleiben nur noch drei übrig. Ibrahima Konaté hat vermutlich den größten Sprung aller RB-Spieler in dieser Saison gemacht, hatte aber auch ein paar wenige Spiele, in denen er dann die für einen jungen Spieler typischen Schwankungen aufwies und platt wirkte.

Peter Gulacsi hat sich in dieser Saison noch mal ein ganzes Stück weiterentwickelt, nachdem er schon letzte Saison vom kritisch betrachteten Schlussman zu einem der Publikumslieblinge geworden war. Mit seiner Ruhe und gleichzeitigen Klasse auf der Linie ist er zu einem der drei besten Keeper der Bundesliga geworden und damit ganz knapp dran am Titel des RB-Spielers der Hinrunde.

Getoppt wird der Keeper von RB Leipzig nur von Yussuf Poulsen, der sich auf gleich zwei Ebenen auf bemerkenswerte Weise weiterentwickelte, was ihn von den anderen dann eben noch ein Stück abhebt. Einerseits ist da die Entwicklung als Sportler und dann jene als Typ.

Yussuf Poulsen spielt gerade seine sechste Saison bei RB Leipzig und ist damit der dienstälteste Spieler im Klub. Und inzwischen auch derjenige mit den meisten Pflichtspielen aller RB-Spieler ever.  Mit gerade mal 24 Jahren..

Der Lautsprecher im Team war er bisher nicht. Aber seit dieser Saison nutzt er seine Rolle als dienstältester Spieler auch stärker, um die Mannschaft als Leader anzuführen und intern wie extern Probleme anzusprechen und Mitspieler einzunorden. Auch wenn er nicht zum Kreis der vier Spieler gehört, die die Kapitänsrolle ausfüllen, ist er gerade nach der Heimniederlage gegen Salzburg noch mal stärker in eine Rolle als Leader und Gesicht des Vereins gerutscht. Vom Vorteil da auch für ihn, dass er sich (schon seit langem) problemlos in deutscher Sprache verständigen und entsprechend im Gegensatz zu anderen ganz selbstverständlich für Journalistenfragen zur Verfügung stehen kann.

Von Vorteil war für diese Entwicklung auch der Wechsel auf der Trainerposition hin zu Ralf Rangnick. Einerseits weil Poulsen einer jener Spieler ist, bei denen die Rangnick-Prognosen vom Wachsen mit dem Klub zu 100% aufgegangen sind. Von der dritten Liga hat sich Poulsen mit nach oben und in die dänische Nationalmannschaft vorgearbeitet.

Das führt einerseits zu einem großen Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. Wichtiger aber dürfte der Rangnicksche Schritt zurück zu einem deutlichen Fokus auf das Spiel gegen den Ball und das Umschalten sein. In dieser Spielanlage war Poulsen ja schon in der ersten Bundesligasaison im Sturmzentrum quasi unersetzbar und ging erst ein wenig unter, als Hasenhüttl im zweiten Jahr etwas mehr mit dem Ball anstellen wollte.

Unter Rangnick ist nicht mehr so viel mit dem Ball. Wichtiger ist nun wieder das präzise Anlaufen in unterschiedlicher Höhe und in unterschiedlichen Formationen, was dem Arbeiter Poulsen sehr entgegenkommt. Dazu gibt es auch wieder vermehrt lange Bälle als Spielaufbauoption, die Poulsen dann mit seinem für ihn typischen Einsatz festmachen und für die nachrückenden Mitspieler sichern kann. Was ihm bisher in der Hinrunde oft sehr gut gelang.

Fast 33 Zweikämpfe führt Yussuf Poulsen pro 90 Minuten in der Bundesliga. Nur Konrad Laimer führt noch mehr dieser Duelle. Um die 48% davon gewinnt er. Was für einen Stürmer, der permanent in der Mitte gegen die zweikampfstärksten Spieler des Gegners antritt, ein sehr guter Wert ist (zum Vergleich: Werrner, Augustin, Sabitzer, Bruma und Forsberg liegen zwischen 39 und 46%). In der Luft ist Poulsen sogar noch ein bisschen besser und gewinnt ungefährt jedes zweite Duell.

Dass Yussuf Poulsen weiter vor allem ein fleißiger Arbeiter ist, zeigt sich auch darin, dass er rund 11,5 Kilometer pro 90 Minuten abreißt. Von den regelmäßig eingesetzten Spielern kommen nur Marcel Sabitzer und Diego Demme auf einen höheren Wert. Dazu kommen noch 27 Sprints, was auch Augenhöhe mit den besten Spielern bei RB Leipzig darstellt.

Soll zeigen, dass Yussuf Poulsen in seiner Spielweise weder sich noch seine Mitspieler schon. Auch an Foulspielen ist nur Diego Demme häufiger beteiligt. 45mal ging die Pfeife bei Aktionen mit Yussuf Poulsen. 26mal davon hieß die Entscheidung Foulspiel Poulsen. Das Verhältnis war allerdings in den Vorjahren schon mal schlechter. So richtig hadern sieht man den Dänen mit Schiedsrichterentscheidungen auch nicht mehr so oft. Auch diesbezüglich ist er wesentlich erwachsener geworden, auch wenn es die typische Poulsen-Mimik und -Gestik nach Schiedsrichterpfiffen immer noch gibt.

Entscheidend aber, dass man Poulsen als Spieler der Hinrunde empfinden kann, ist die Tatsache, dass er sich auch im Torabschluss deutlich verbessert hat. In den letzten Jahren waren die Trainer von RB immer gezwungen Poulsen zu loben, obwohl er keine Tore schoss. ‘Andere Qualitäten, wichtiger Spieler, gute Mentalität, reißt die Lücken für andere.’ Diese Saison kann man auch den Torriecher des Dänen mal mit in das Lob einbeziehen.

Zum ersten Mal seit der Saison 2014/2015 (damals zwölf Tore) trifft Poulsen wieder zweistellig. Bei elf Toren steht er aktuell. Auch die acht Bundesligatore sind schon fast so viel wie in den letzten beiden Spielzeiten zusammen (neun Tore).

Dabei profitiert Yussuf Poulsen davon, dass Timo Werner sehr konsequent die (halb)linke Seite besetzt und entsprechend in der Mitte automatisch mehr Platz bleibt zum Einlaufen bzw. es notwendig ist, damit dort Abnehmer für Werner-Anspiele sind. Schon drei Treffer hat Werner für seinen Sturmkollegen aufgelegt.

Yussuf Poulsen sprach zuletzt an verschiedenen Stellen davon, dass dabei auch ein Mentalcoach eine wichtige Rolle gespielt habe. Weil er sich mit dessen Hilfe besser verdeutlicht habe, wo er in welcher Situation zu stehen habe, um erfolgreich sein zu können. Das klingt nach einem ausgeprägteren Egoismus. Wer es wohlwollender formulieren möchte, kann es als deutlich verbesserte Effizienz bezeichnen.

Das spielgelt sich auch in den Daten wieder. Alle 121 Minuten war Poulsen letzte Saison an einem Tor beteiligt. Diese Saison dauert es nur 78 Minuten, bis er auf irgendeine Art und Weise seinen Körper im Spiel hat. Ein Tor alle 166 Minuten ist der drittbeste Wert nach Augustin und Werner und deutlich besser als die alle 411 Minuten aus der Vorsaison. Eine Vorlage alle 332 Minuten entspricht ungefähr dem Wert des Vorjahres. An der Entstehung von Toren vor der Vorlage ist Poulsen wiederum etwas häufiger beteiligt als 2017/2018.

Entscheidender Ausweis für die höhere Effizienz ist aber die Anzahl der Schüsse, die Poulsen braucht, um ein Tor zu erzielen. 4,63 Versuche brauchte er bisher in der Hinrunde in der Bundesliga bis es klingelte. Mit 8,8 Schüssen bis zu einem Tor war der Wert letzte Saison fast doppelt so hoch! Wobei der Anteil der Schüsse, die im Strafraum abgegeben werden, ähnlich hoch ist wie in der Vorsaison.

Während Poulsen letzte Saison drei Tore weniger schoss, als man angesichts seiner Chancen hätte erwarten müssen, hat er diese Saison bisher 1,45 Tore mehr gemacht als erwartet (siehe understat.com). Sprich, Poulsen hat aus den Chancen, die er gekriegt hat, mehr gemacht als ein durchschnittlicher Spieler der Bundesliga machen würde. Es ist das erste Mal, dass Poulsen in der Bundesliga mehr Tore schießt als er den Chancen nach müsste. Das kennzeichnet die Entwicklung des Dänen vor dem Tor wohl am besten.

Insgesamt ist Yussuf Poulsen mit seiner Spielweise in dieser Saison absolut am richtigen Ort, weil er für die Dinge steht, die Rangnick vor der Saison verbessern wollte. Mentalität, Spiel gegen den Ball und mit seiner Körpergröße auch für eine gewisse Stabilität bei Standards. Dass Poulsen dazu nun auch noch regelmäßig Tore schießt, hätte man vord er Saison vielleicht nicht zu träumen gewagt, macht den Sprung, den der Däne als Typ und als Sportler machte, nur noch umso beeindruckender.

Und das Beste an der Sache ist, dass Poulsen von seiner ganzen Art her nicht zu den Spielern gehört, die permanent davon reden müssen, wo es sie in der Zukunft vielleicht mal hinziehen könnte. Rein fußballerisch hat er auch nicht das Talent oder die herausragenden Qualitäten eines Forsberg, Keita oder Werner, sodass der Schritt zu einem der neun, zehn Topklubs Europas nicht zwingend kommen wird. Und wenn dieser Schritt nicht ansteht, dann ist man bei einem Verein, der regelmäßig Champions League spielen will, eigentlich ganz gut aufgehoben. Zumal wenn man wie Yussuf Poulsen langsam zum Gesicht des Vereins wird und ein Typ ist, der das sehr zu schätzen weiß. Irgendwann wird ein Poulsen vielleicht auch noch mal in England auf Topniveau spielen. Aber das hat auch gut noch ein paar Jahre Zeit.

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Wer wollte, konnte hier seinen Spieler der Hinrunde ankreuzen. Maximal drei Kreuze (falls man sich nicht entscheiden konnte). Es standen nur Spieler zur Wahl, die mindestens 50% der gesamten Einsatzzeit in allen drei Wettbewerben mitgemacht haben. Spieler sind alphabetisch geordnet.

  • Diego Demme- 31%
  • Yussuf Poulsen – 24%
  • Peter Gulacsi – 17%
  • Kevin Kampl – 12%
  • Ibrahima Konaté – 9%
  • Willi Orban – 1%
  • Dayot Upamecano – 1%
  • Timo Werner – 1%
  • Lukas Klostermann – 1%
  • Marcel Sabitzer – 1%
  • Stefan Ilsanker – 1%
  • Konrad Laimer – 1%

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Bisherige Spieler der Hin- oder Rückrunde:

  • Dreimal: Dominik Kaiser
  • Zweimal: Diego Demme, Marcel Sabitzer
  • Einmal: Timo Werner, Emil Forsberg, Tim Sebastian, Bastian Schulz, Daniel Frahn, Fabian Franke, Timo Röttger

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Bisher so in Textform:

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Yussuf Poulsen hatte diese Saison viel Grund zum jubeln. | GEPA Pictures - Roger Petzsche
GEPA Pictures – Roger Petzsche

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6 Gedanken zu „Spieler der Hinrunde: Yussuf Poulsen“

  1. Das mit der Abstimmung zum Spieler der Rückrunde hab ich jetzt nicht so richtig geschnallt.
    Hinrunde würde ich auch Yussi und Peter nehmen

    1. Du hast recht. Da habe ich wohl die große Kapitänsroation (in der Poulsen nicht drin ist) mit dem Mannschaftsrat verwechselt. Der war sogar noch größer (wurde aber glaube nie komplett aufgelistet).

  2. Sehr gute und richtige Wahl.

    Wie auch gerade auf Twitter geschrieben, finde ich es erstaunlich, das Timo Werner auf den vorletzten Platz ist, mit nur einer Wertung. Er spielt ja in der Buli eine starke Saison, wenn man Tore, Vorlagen und Torvorvorlagen in Betracht zieht. Und ein wenig ist er ja auch Publikumsliebling.
    (Vielleicht spielt ja das #Transfertrallala aka VVL ja doch eine kleine Rolle )
    Aber die LeserInnern haben hier im Blog ein gutes Fachwissen mMn und die Reihenfolge der ersten 4 passt sehr gut.
    (Meine drei waren Poulsen, Gulacsi und Demme)

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