Schlagwort-Archive: 50+1

Formalisierung des Nahliegenden

Mal zur Abwechslung wieder ein wenig in Satzungskram geblättert. Diesmal in dem der RB Leipzig GmbH und nicht in der des e.V. Keine ganz spannende Geschichte. Interessant daran vielleicht vor allem, wie dort mit 50+1 umgegangen wird bzw. mit einer Zukunft, in der diese Regel nicht mehr gelten könnte.

Die Satzung der RB Leipzig GmbH ist quasi die Grundlage dessen, auf welcher Basis Red Bull und RB Leipzig in der ausgelagerten Kapitalgesellschaft, die den RB-Profifußball betreitbt, zusammenarbeiten. Red Bull ist der Gesellschafter, der 99% der Anteile hält, also 2,475 Millionen Euro der insgesamt 2,5 Millionen Euro Stammkapital eingezahlt hat. RB Leipzig ist mit 25.000 Euro beteiligt und hält entsprechend nur ein Prozent der Anteile. Die GmbH ist also de facto eine Red-Bull-Gesellschaft.

Aufgrund der DFB- bzw. DFL-Regularien, dass der e.V. immer die Mehrheit an einer ausgelagerten Gesellschaft (z.B. einer GmbH), in der der Profispielbetrieb organisiert ist, zu halten hat, ist die Satzung der RB Leipzig GmbH auch durch einen entsprechenden Passus ergänzt. Heißt es zuerst noch, dass nach Geschäftsanteilen abgestimmt und je 100.000 Geschäftsanteil eine Stimme gewährt wird (Red Bull also 24,75 der 25 Stimmen hätte), wird später präzisiert, dass dem RB Leipzig e.V. 50% der Stimmen plus 1 gewährt wird, solange der eigentragene Verein mindestens einen Geschäftsanteil hält.

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Fehlende Korrektive

Meine gemischten Gefühle in Bezug auf die Football Leaks hatte ich schon anlässlich einer Rezension eines Buches dazu formuliert. Einerseits interessante Dokumente, die mit hoher Rechercheleistung ein paar interessante Zusammenhänge in den Abläufen des sonst an der Oberfläche glattgebügelten Fußballgeschäfts verdeutlichten. Auf der anderen Seite ein skandalisierend-moralisierender Zugang zum Thema, der relativ schnell ermüdete.

Daran hat sich auch in der neuesten Runde an Enthüllungen nichts geändert. Nur dass es etwas unübersichtlicher geworden ist, den Beiträgen dazu zu folgen, weil mal hier und mal dort irgendwas in irgendeiner Sprache aufploppt, was dann kleinere oder größere Geschichten sind. Und weil es dann auch weiterhin darum geht, das größtmögliche Skandalpotenzial mitzunehmen und dazu passende Themen in den Mittelpunkt zu stellen.

Entsprechend wurde dann die Wahrnehmung der neuesten Football-Leaks-Dokumente, die der Spiegel, die ARD und ein Recherchenetzwerk zuletzt präsentierten, erstmal mit Debatten um eine europäische Superliga überflutet, für die verschiedene Großklubs in Europa bereits fertige Pläne in der Schublade haben oder gehabt haben sollen. Ein Thema, dessen Spannungsgrad (jenseits konkreter Ausformungen) wenig spannend ist.

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Road to Lyon

Kurz vor Ostern, die letzte Phase der Saison steht vor der Tür und auch Champagner statt Bier ist wieder da, nachdem die letzte Folge doch schon arg weit zurück lag. Dirk, Frank und Sebastian meine bloggende Wenigkeit trafen sich zu einem Rundumschlag um all die Themen, die rund um RB Leipzig gerade so diskutiert werden.

Dabei geht es natürlich auch um die Road to Lyon, die mit unterschiedlichem Optimismus beschritten wurde. Es ging um den Kampf um die Champions League, um die Kaderplanung und (große Überraschung) auch um Fanthemen und den Fanverband. Wie immer in epischer Länge, vielleicht auch in einer epischen Länge wie nie zuvor.

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Die 50+1-Regel ist tot, es lebe die 50+1-Regel

Sechseinhalb Jahre ist es nun her, dass Reinhard Rauball in seiner Rolle als DFL-Funktionär darüber jubelte, dass “die 50+1-Regel im Kern erhalten bleibt”. Damals hatte man sich vor dem Schiedsgericht mit Martin Kind geeinigt, den Stichtag aus der Regel zu streichen. Ursprünglich lautete die Regel so:

Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem 1.1.1999 den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes.

Sprich, der Regel nach sollte es Ausnahmen von der 50+1-Regel, dass ein Verein immer die Mehrheit über eine ausgelagerte Kapitalgesellschaft, in der Profifußball gespielt wird, halten muss, nur in historischer Form für Vereine geben, die vor 1999 schon von ihren jeweiligen Gönnern (Bayer, VW) mindestens 20 Jahre lang gefördert wurden.

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Leben nach dem Tod

Diskussionen über 50+1 kommen mir persönlich ja meist recht seltsam vor. Bzw. kommt es recht seltsam , wenn Menschen darüber streiten, ob man die 50+1-Regel behalten soll oder nicht. Weil 50+1 eigentlich schon seit ein paar Jahren tot ist. Nämlich spätestens seit der DFB im Streit mit Hannovers Martin Kind nicht etwa die Regel stärkte, sondern sie quasi zu einer permanenten Ausnahmeregel machte, die jeder Verein nach 20 Jahren kippen kann.

Sprich, nach 50+1 ist es so, dass der eingetragene Verein an einer ausgelagerten Spielbetriebsgesellschaft die Stimmmehrheit und ergo die formale Entscheidungshoheit besitzen muss. Bayer und VW sind in Leverkusen und Wolfsburg historische Ausnahmen. Seit knapp sechs Jahren ist es so, dass die Stimmmehrheit auch dann an einen Investor, an eine Firma oder an eine Einzelperson gehen kann, wenn diese mehr als 20 Jahre lang “den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat”. Wenn man dann den Amateursport weiterfördert, dann kann der DFB auf Antrag der DFL (wenn ein Verein dies will) eine weitere Ausnahme von 50+1 zulassen. Wie eben bei Dietmar Hopp und Hoffenheim vor zwei Jahren geschehen.

Man hat also mit Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim drei reale Ausnahmen zur 50+1-Regel und mit Leipzig und 1860 München zwei kreative Umgangsweisen mit 50+1 (bzw. Umgehungstatbestände, wenn man es scharf formulieren will) und mit Hannovers Kind einen Verein, der demnächst gern die 20-Jahre-Regel in Anspruch würde. Wobei bei letzteren die Frage steht, ob die DFL einen entsprechenden Antrag weitergeben würde (die Geschäftsführung der DFL müsste dies entscheiden). Und falls sie das nicht tut, besteht die nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass Kind (der eigentlich einen Kompromiss sucht) die Regel juristisch prüfen wird und dann von einem Gericht komplett kassiert wird.

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Bayernjäger, Bayernjäger. Hey, hey. (Oder so.)

Nach Aufstiegen von RB Leipzig wiederholt sich das Spielchen regelmäßig, dass der bundesweite Journalismus seine ‘Was mit der … (hier die jeweilige Liga einsetzen) oder dem deutschen Fußball nun passiert’-Texte aus der Schublade holt.

In der Vergangenheit war der Unterton eher düster und es drohte der Untergang der Fußballkultur und der alteingesessenen Clubs. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga hat sich, abgesehen von den üblichen Verdächtigen von Christoph Ruf bis 11 Freunde, vor allem bei der bundesweit publizierenden Presse der Wind ziemlich gedreht.

Exemplarisch dafür die Welt, die vor drei Jahren, vor dem Aufstieg Leipzigs in die dritte Liga in einer kritischen Auseinandersetzung mit den RB-Vereinsstrukturen noch im düsteren Ton davon sprach, dass “der deutsche Fußball auch Rasenballsport Leipzig verkraften müssen wird”. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga titelte nun das selbe Blatt und derselbe Journalist vergleichsweise euphorisch, dass “RB Leipzig eine große Chance für die Bundesliga ist”.

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Bekenntniszwang als Debattensackgasse

Der folgende Text ist die ungekürzte Langfassung eines Beitrags der vorgestern bei Zeit Online erschien und zu (kleinen) Teilen auf einem älteren Blogbeitrag fußt.

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Die öffentliche Auseinandersetzung um RB Leipzig hat in den letzten Wochen noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen, sodass die Ausläufer sogar Bundesinnenminister Thomas de Maizière erreichten, der sich genötigt sah, die Form der Proteste gegen RB Leipzig zu kritisieren. Es bleibt ein grundlegendes Dilemma der Debatte, dass es zu großen Teilen eine Bekenntnisdebatte und somit ein Scheingefecht ist, bei dem die relevanten Fragen danach, wie man sich den Wettbewerb im Profifußball wünscht, meist nur am Rande behandelt werden.

Sicher, die Vorkommnisse rund um das Spiel von RB Leipzig beim Karlsruher SC, angefangen beim Besuch des RB-Mannschaftshotels durch KSC-Anhänger über die Blockade des RB-Bus und das Beschimpfen von Sportdirektor Ralf Rangnick bis hin zum erzwungenen Rücktausch eines KSC-Trikots überschritten die Grenzen des guten Geschmacks. Daraus eine Art Ausnahmezustand zu machen, auf den mit dem typischen Law-and-Order-Forderungsinventar von personalisierten Tickets bis hin zur Strafrechtsverschärfung reagiert werden muss, war dann wohl doch eher eine Kanone zu heftig. Zumal das Strafrecht schon jetzt alle Möglichkeiten bieten würde, auf bestrafenswerte Extreme zu reagieren und personalisierte Tickets bei Vorkommnissen abseits des Stadions auch nichts helfen.

Es müsse möglich sein, Kritik an RB Leipzig zu äußern, hört man nach solchen Tagen immer wieder. Ganz so als ob dies in Frage stünde und diese Kritik in den letzten sechs Jahren nicht ausgiebig praktiziert worden wäre. Interessant in dem Zusammenhang eher die Frage, wo die Grenzen für diesen kritischen Zugang sind bzw. wo Kritik offensichtlich den ideologischen Nährboden für über die Grenzen hinausschießende Aktionen liefert.

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Mitgliederversammlung mit interessierten Zuschauern

Immer mal was neues rund um den Leipziger RasenBallsport im Themenfeld der Vereinskonstruktion. Gestern wurde wegen entsprechender Einladungsschreiben an die nicht stimmberechtigten Fördermitglieder bekannt, dass am 02.12.2014 bei RB Leipzig eine außerordentliche Mitgliederversammlung stattfinden soll, auf der man auch beschließen will, dass alle Mannschaften ab B-Jugend aufwärts aus dem eingetragenen Verein in eine GmbH ausgelagert werden.

Ein etwas überraschender Move, weil er auf den ersten Blick abseits von Formalien nur wenig ändert. Zwar wird durch die GmbH nun die 50+1-Regel auch für RB Leipzig relevant, aber letztlich auch wiederum nicht wirklich. Denn da die Regel nur besagt, dass der eingetragene Verein mehr als 50% der Stimmanteile an der GmbH halten muss, um im Fall der Fälle die Entscheidungsfäden in der Hand zu halten, wandert der Blick wieder zurück zum e.V., für den mögliche Änderungen aktuell unklar sind.

Bleibt es bei der Konstitution des RasenBallsport Leipzig e.V. mit seinen (je nachdem wen man fragt) irgendwas knapp über 10 geldgeberfreundlichen, stimmberechtigten und einigen Hundert nicht stimmberechtigten Mitgliedern, dann ändert sich an der Grundsituation, dass über die Zusammensetzung des e.V. dem Geldgeber Red Bull auch ein Mindestmaß an finaler Kontrolle eingeräumt ist, nicht viel.

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Wir sind Lizenz! (Das vorläufige Ende einer Farce..)

So gesehen läuft alles auf eine Kompromisslösung DFB-RB heraus, die den Weg vor ein bundesdeutsches Gericht zur Klärung der vereinsrechtlichen Fragen vermeidet. Denn beide Seiten dürften daran kein gesteigertes Interesse haben. In diesem Sinne wird auch Wolfgang Loos mit seiner Behauptung Recht behalten, dass RB Leipzig genau wie in den letzten Jahren auch im kommenden Jahr die Lizenz erhalten wird. Nur der Preis dafür muss noch in juristischen Kompromissen ausgehandelt werden. (RB Leipzig im Spiegel der DFB-Statuten, 16.09.2011)

Seit knapp drei Jahren ist die Lizenzierung durch DFB und DFL hier im Blog immer wieder Begleiter gewesen. Ein Begleiter wohlgemerkt mit meist überdurchschnittlichem Interesse seitens der Leserschaft. Ein liebgewonnener Begleiter sozusagen, der schon allein deswegen so gut funktionierte, weil die Beteiligten meist nur in Nebensätzen ihre Positionen mitteilten und man sich nach Herzenslust im Graubereich zwischen Wissen und Spekulation austoben konnte.

Mit dem gestrigen Tag und der erfolgreichen Zweitligalizenzierung durch die DFL – so scheint es – wurde vorerst ein Schlussstrich unter die knapp drei Jahre umfangreicher und manchmal auch erhellender Debatten und Auseinandersetzungen um Vereinsrecht, Verbandsstatuten und Gemeinnützigkeit gezogen. Mit einem Ende, das so schon – siehe oben – am Anfang aller Debatten, als es noch um die Lizenzierung beim DFB ging, prognostiziert wurde. Nämlich einem Kompromiss, der einen gerichtlichen Streit bis zum bitteren Ende vermeidet.

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