Das sind dann die besonderen Geschichten, die der Fußball schreibt. Am Donnerstag darf Niklas Hoheneder bei der üblichen Pressekonferenz vor einem Heimspiel seinen Trainer vor die Mikrofone begleiten und den kommenden Gegner Hertha BSC II einschätzen. Im Heimspiel-Magazin tritt er im Doppelpack mit Innenverteidigerkollege Fabian Franke auf und witzelt mit diesem über die beiderseitigen (noch fehlenden) Offensivqualitäten (bei Standards), verbunden mit der ernsthaften Aussage, dass man als Innenverteidiger auch Tore erzielen muss. Und dann kommt Hoheneder in der 80. Minute und wuchtet den Ball nach einer Ecke mit dem Kopf zum ersten Saisontreffer und zur Führung über die Linie. Der Rest war Befreiung, weil ein Unentschieden oder gar eine Niederlage ein Witz gewesen wären, dem man zu diesem Zeitpunkt doch schon ein wenig ernsthaft ins hässliche Pointen-Antlitz blickte.
Ein Witz deswegen, weil dem ein Spiel vorausging, das so viele Top-Torchancen gesehen hatte, dass es niemals eines Standardtors bedürfen hätte müssen, um in Führung zu gehen. Alexander Zorniger gibt ja gerne die Pläne B und C in Form von Standards und zweiten Bällen aus. Aber ehrlich gesagt, hätte man annehmen dürfen, dass dies eher auf Spiele abzielt, in denen nichts läuft und in denen man sich jenseits der spielerischen Mittel dann doch mal ein dreckiges 1:0 sichert. Und dann kommt dieses komische Spiel gegen die Hertha-U23 mit seinen handgeschätzten acht großen Torchancen aus dem Spiel heraus und ausgerechnet ein Innenverteidiger bricht mit einem Eckball-Tor den Bann.
Das letzte Mal, dass einem Standard so befreit zugejubelt wurde, dürfte bei Hoheneders letztem Tor gewesen sein. Welches er zur zwischenzeitlichen Führung gegen Wolfsburg II Ende der letzten Saison erzielte und so der Aufstiegstraum kurz erweckt wurde, bevor ihn Sebastian Polter umso vehementer und schmerzhafter mit dem Ausgleich zerstörte. Für einen kurzen Moment hatte man die Angst, dass diesem extrem wichtigen Tor von Niklas Hoheneder ein (wenn auch auf viel niedrigerem Niveau) ähnlich depremierender Nachklapp folgen könnte, aber der Hertha-Nachwuchs war an diesem Tag nicht mehr in der Lage zurückzuschlagen.