RB Leipzig in der Bundesliga 2017/2018

Seit vorgestern und dem Sieg des VfL Wolfsburg in der Relegation gegen Braunschweig. steht die Besetzung der neuen Bundesliga-Saison fest. Für RB Leipzig gibt es dabei zwei neue Teams, mit denen man sich messen kann. Bisher trat man in Pflichtspielen nur gegen die zweiten Mannschaften von Hannover 96 und dem VfB Stuttgart an. Nun also die Premieren gegen deren Profimannschaften.

Für die Bundesliga sind die beiden Neulinge alte Bekannte. Weswegen diesmal kein Bundesliganeuling wie in den Vorjahren mit Paderborn, Ingolstadt oder Leipzig ins Haus geschneit kommt. Hannover war bis 2016 14 Spielzeiten lang Teil des Oberhauses. Für Stuttgart war die vergangene Saison sogar der erste Zweitligaausflug seit den 70ern.

Mit dem Aufstieg der beiden Teams wird auch noch mal deutlich, dass die Schere zwischen erster und zweiter Liga deutlicher auseinandergeht. Dass sie nach einem Jahr bei allen hausgemachten Problemen recht souverän wieder aufgestiegen sind und sich Wolfsburg trotz schwacher Leistung gegen Braunschweig durchsetzen konnte, zeigt den Vorsprung der alteingesessenen Bundesligisten gegenüber Zweitligaherausforderern. Ein Abstand, der durch die neue Fernsehgeldverteilung, die Erstligaabsteiger und Teams mit längerer Historie im Profifußball bevorteilt, noch größer werden dürfte.

Mit Hannover und Stuttgart kommen auch zwei ambitionierte Teams zurück in die Liga. Hannovers Ambitionen werden durch Martin Kind klargemacht, der den Verein gern in naher Zukunft übernehmen und von der Ausnahmeregel zu 50+1 Gebrauch machen möchte. In Stuttgart will man mittels Ausgliederung und Investitionen am ganz großen Rad drehen, das man vor gar nicht allzu langer Zeit noch relativ regelmäßig sportlich drehte.

Entsprechend wird das Hauen und Stechen in der kommenden Saison noch ausgeprägter werden. Einen aus der zweiten Liga nach oben kommenden, auf der Hand liegenden Abstiegskandidaten gibt es nicht mehr. In den vergangenen Jahren hatte man da mit Braunschweig oder Paderborn oder auch Ingolstadt und Darmstadt (die es aber immerhin auf zwei Jahre brachten) durchaus andere Spielzeiten.

Wenn man Stuttgart und Hannover in der komenden Spielzeit nicht zu den Abstiegskandidaten im ganz engen Sinne zählen will, dann wird das Zittern um die Klasse zum Programm für große Teile der Liga. Alle Mannschaften außer RB haben mindestens sechs der letzten zehn Spielzeiten in der Bundesliga verbracht, können also gewissermaßen als etabliert gelten. Augsburg ist mit sechs Spielzeiten vielleicht noch am wenigsten etabliert, absolvierte diese aber in den letzten sechs Jahren am Stück, während Teams wie Frankfurt, Köln, Hertha oder Freiburg in diesen sechs Jahren mindestens eine Spielzeit lang in der zweiten Liga spielten.

Entsprechend kann man sich die potenziellen Absteiger für die kommende Saison auch auswürfeln. Es gibt einen großen Kreis an Verdächtigen, aus dem es dann eher nach Tagesform und Momentum Teams erwischen könnte. Wobei Platz 16 ja inzwischen fast gleichbedeutend mit einem Nichtabstiegsplatz ist. Von neun Duellen seit Wiedereinführung der Relegation 2009 gingen sowieso sieben an die Bundesligisten. Die letzten fünf sahen allesamt das Oberhaus im Vorteil.

Zwei direkte Absteiger braucht es aber trotzdem. Vorsehen müssen sich wie immer Teams, die durch Europa reisen. Hertha und Köln überraschten diese Saison mit ihren Ergebnissen und müssen nun gucken, dass sie mit der Zusatzbelastung trotzdem gut durch die nächste Saison kommen. Immerhin lagen auch nur zwölf Punkte zwischen ihrem Europa-League-Platz und Wolfsburg auf Relegationsrang 16. Freiburg hat noch die Chance, um die Gruppenphase der Europa League herumzukommen. Aber auch für den SC wird es schwer nach einer optimal verlaufenen Saison (viele enge Siege, 48 Punkte trotz minus 18 Toren) noch mal so stark zu punkten. Reist man noch dazu durch Europa, dann kann da auch langer Abstiegskampf auf den Verein zukommen.

Augsburg sollte man für den Abstiegskampf sowieso auf der Rechnung haben. Wie gefestigt das Team ist und wie die Geschichte mit Trainer Manuel Baum weitergeht, ist kaum vorherzusagen. Ganz große personelle Sprünge sind sicher nicht drin. Frankfurt war in der abgelaufenen Rückrunde mit Abstand die schlechteste Mannschaft der Liga. Aus diesem sportlichen Loch muss man sich auch erst mal wieder befreien. Stimmungstechnisch ist es rund um den Verein dank DFB-Pokalfinale noch nicht gekippt. Startet man aber so in die neue Saison, wie man aus der alten ging, dann geht das mit der kippenden Stimmung ganz schnell.

Auch Mainz sollte man im Abstiegskampf nicht vergessen, selbst wenn man mit neuem Coach Sandro Schwarz durchaus Überraschungspotenzial hat und schwer einzuschätzen ist. Der HSV bleibt derweil die ewige Unbekannte. Von Kosten und Kader her eigentlich ein Kandidat für Europa, wenn man die Mannschaft an zwei, drei Stellen sinnvoll verstärkt. Aber es ist wie immer auch möglich, dass das Konstrukt nach fünf Spieltagen schon wieder auseinanderfällt und man zu zittern beginnt. Auf Markus Gisdol wartet da eine ordentliche Aufgabe, bei der er sich nicht mehr hinter dem schlechten Saisonstart eines Vorgängers verstecken kann. Das gilt ähnlich für Alexander Nouri und Bremen, bei denen in beide Richtungen der Tabelle auch einiges denkbar ist.

Leverkusen, Wolfsburg, Schalke und Mönchengladbach sind Mannschaften, die eigentlich nicht absteigen können. Alle Teams können sich ganz ohne europäische Wettbewerbe auf die Bundesliga konzentrieren und sind wirtschaftlich in unterschiedlichem Ausmaß vergleichsweise vernünftigt bis sehr gut situiert.

Alle Teams haben aber auch noch ordentliche Fragezeichen hinter ihren Trainerstühlen. Bei Jonker, Weinzierl und Hecking ist die Frage, ob sie tatsächlich in der Lage sind, ihre Teams auf das von ihnen erwartbare Niveau Richtung Top 6 der Liga zu bringen. In der abgelaufenen Spielzeit sind sie den Beweis noch schuldig geblieben. Bei Leverkusen stellt sich die Frage, wie man trainertechnisch überhaupt weitermacht und ob ein Mann mit Strahlkraft kommt , der auch den Kader weitgehend zusammenhält.

Interessant wird die Saison auch für Hoffenheim und Leipzig. Hoffenheim hat mit Süle und Rudy schon mal zwei Eckpfeiler verloren. Man wird sich wie in der jüngeren Vergangenheit sicher wieder vernünftig verstärken. Allerdings sind da trotz Champions-League-Quali keine ganz großen Sprünge drin. Zumal man ja auch erstmal durch die Playoffs muss. Entsprechend wird man wohl auf dem Niveau eines gut ausbalancierten Kaders weitermachen. Wenn auch Julian Nagelsmann bleibt, wonach es aussieht, dann ist eine sorgenfreie Saison in der oberen Tabellenhälfte ohne ganz große Ambitionen zu erwarten. Aber Nagelsmann ist auch zuzutrauen, dass er die neue Situation mit Europa und Ersetzen von zentralen Klubsäulen gut moderiert kriegt.

In Leipzig schielt man derweil nach oben. Europa soll es dann in der nächsten Spielzeit schon sein, da man ansonsten mit Abgängen einiger Topspieler rechnen müsste. Im Gegensatz zu Hoffenheim wird man wohl in der Lage sein, seine Stammspieler komplett zu halten und das Team auf recht hohem Niveau auch in der Breite zu stärken. Entsprechend dürften die Erwartungen an die Leipziger Mannschaft auch größer sein als an die Hoffenheimer. Trotzdem bleiben diverse Fragezeichen, inwieweit man mit der Doppelbelastung umgehen kann und inwieweit ein breiter werdender Kader nicht auch zu Unmut und Unzufriedenheit führt. Bisher hat man das sehr gut moderiert, aber wenn man an Neuzugangsgerüchte wie Bruma denkt, dann wird die Fallhöhe in Sachen Unzufriedenheit auch größer.

Ganz vorn wird man sich das Treiben in der Liga eher entspannt ansehen. Elf der letzten zwölf Titel in Deutschland gingen an den FC Bayern oder an Borussia Dortmund. Beide Teams sind in vielerlei Hinsicht vom Rest der Liga ein ganzes Stück entfernt und im Normalfall auf die Plätze 1 und 2 festgelegt. Wobei Bayern natürlich die klare Nummer 1 ist. 100 Punkte mehr als Dortmund holte man in den letzten acht Spielzeiten insgesamt. 69 Punkte Vorsprung hat aber auch Dortmund noch auf Platz 3 in der Wertung der letzten acht Jahre.

Es ist in der Bundesliga ja nicht nur der Abstand der Bayern der auffällt, sondern auch der immer größer werdende Unterschied zwischen Dortmund als Nummer 2 und dem Rest der regelmäßig in der Bundesliga vertretenen Vereine. Über 230 Punkte lagen in den letzten acht Jahren zwischen Dortmund als Nummer 2 und Hamburg als schlechtestem Team, das in dieser Zeit immer erste Liga spielte. In den jeweils acht Jahren zuvor seit 1993 waren es zwischen Platz 2 und schlechtestem Team weniger als 90 (1993 bis 2001) und weniger als 120 Punkte (2001 bis 2009). Oder anders gesagt, es läuft auf zwei Großklubs und dahinter einem großen Hauen und Stechen (bei auch hier unterschiedlich großen Waffen) heraus.

Entsprechend sind Bayern und BVB auch in der kommenden Spielzeit (egal, was auf dem Dortmunder Trainerposten noch passiert) die Kandidaten für die Meisterschaft. Bei Bayern wird interessant, wie man den Kaderumbruch voranbringt und ob Ancelotti dafür der richtige Mann ist. Bei Dortmund wird interessant, ob die junge Mannschaft mit Zugängen wie Dahoud und Toprak den nächsten Schritt machen kann und wie man mit einem eventuellen Aubameyang-Abgang umgeht.

Es ist natürlich eigentlich viel zu früh, um prognostisch über die kommende Saison zu reden. Aber viele Tendenzen ergeben sich schlicht aus den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Vereine, aus historischen Tendenzen zur Entwicklung der Liga generell und Fakten wie der anstehenden Doppelbelastung im kommenden Jahr (oder eben nicht). Der unbekannte Faktor X resultiert dann aus konkreter Umsetzung von Spielideen und wie passend die Mannschaften dafür besetzt sind und wie man mit Ausfällen und Problemen umgehen kann. Dinge, die sich erst so richtig im Saisonverlauf zeigen werden.

Dabei ist anzunehmen, dass die Abstände hinter der Tabellenspitze wieder sehr eng sein werden und dass es nur ein schmaler Grat ist, ob man um Europa oder gegen den Abstieg spielt. Mit Dortmund und Bayern werden zwei Teams sicher nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Mit Leipzig, Hoffenheim, Leverkusen, Schalke, Mönchengladbach und Wolfsburg gibt es zumindest sechs weitere Teams, bei denen schlechte Spielzeiten, aber eigentlich kein Abstieg denkbar ist. Aber was heißt das beispielsweise mit Blick auf eine Mannschaft wie Wolfsburg schon, die gerade erst an der zweiten Liga vorbeigeschrammt ist.

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[Punkte = Anzahl der Punkte aus den letzten 24 Spielzeiten; Spielzeiten = Anzahl der in der Bundesliga absolvierten Spielzeiten seit 1993; Pkt/Schnitt = Punkte pro absolvierter Bundesligaspielzeit]

 PunkteSpielzeitenPkt/Schnitt
Bayern17362472,3
Dortmund14172459,0
Leverkusen13602456,7
Schalke12702452,9
Bremen12282451,2
Stuttgart11252348,9
Hamburg11172446,5
Wolfsburg9522047,6
Mönchengladbach9222143,9
Hertha8521847,3
Frankfurt7161839,8
Freiburg6831740,2
Kaiserslautern6611447,2
Köln6221638,9
Hannover5861441,9
Nürnberg4901337,7
Mainz4811143,7
Bochum4631238,6
Rostock4381139,8
18604351043,5
Hoffenheim399944,3
Bielefeld319935,4
Karlsruhe306743,7
Duisburg292836,5
Augsburg248641,3
Cottbus211635,2
St. Pauli116429,0
Düsseldorf103334,3
Unterhaching79239,5
Ingolstadt72236,0
Leipzig67167,0
Dresden64232,0
Darmstadt63231,5
Uerdingen58229,0
Ulm35135,0
Aachen34134,0
Paderborn31131,0
Wattenscheid29129,0
Braunschweig25125,0
Fürth21121,0
VfB Leipzig20120,0

[09/17 = Punkte in den acht Spielzeiten von 2009 bis 2017; SpZ 09/17 = Anzahl der absolvierten Spielzeiten in den Jahren 2009 bis 2017; 01/09 = Punkte in den acht Spielzeiten von 2001 bis 2009; SpZ 01/09 = Anzahl der absolvierten Spielzeiten in den Jahren 2001 bis 2009;  93/01 = Punkte in den acht Spielzeiten von 1993 bis 2001; SpZ 93/01 = Anzahl der absolvierten Spielzeiten in den Jahren 1993 bis 2001]

 09/17SpZ 09/1701/09SpZ 01/0993/01SpZ 93/01
Bayern638856685328
Dortmund538842784528
Leverkusen469843484578
Schalke431846683738
Bremen343848883978
Stuttgart294746083718
Hamburg322842483718
Wolfsburg386837681904
Mönchengladbach403825572646
Hertha230641182114
Frankfurt288718752416
Freiburg28878633097
Kaiserslautern69220753857
Köln244612142576
Hannover2907296700
Nürnberg19052256752
Mainz3668115300
Bochum28125461815
Rostock0017952596
18600012733087
Hoffenheim344855100
Bielefeld0021761023
Karlsruhe007222345
Duisburg005622366
Augsburg24860000
Cottbus001725391
St. Pauli291221652
Düsseldorf30100732
Unterhaching0000792
Ingolstadt7220000
Leipzig6710000
Dresden0000642
Darmstadt6320000
Uerdingen0000582
Ulm0000351
Aachen0034100
Paderborn3110000
Wattenscheid0000291
Braunschweig2510000
Fürth2110000
VfB Leipzig0000201

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Erster vager Tabellentipp inklusive Spannbreite der möglichen Platzierungen für 2017/2018

  • Bayern München – 1. bis 2.
  • Borussia Dortmund – 1. bis 3.
  • RB Leipzig – 2. bis 8.
  • Schalke 04 – 3. bis 8.
  • TSG Hoffenheim – 3. bis 8.
  • Bayer Leverkusen – 3. bis 9.
  • Borussia Mönchengladbach – 4. bis 10.
  • VfL Wolfsburg – 5. bis 11.
  • VfB Stuttgart – 8. bis 14.
  • 1.FC Köln – 9. bis 15.
  • Werder Bremen – 10. bis 16.
  • HSV – 10. bis 16.
  • Mainz 05 10. bis 16.
  • Hannover 96 – 11. bis 17.
  • Hertha BSC – 12. bis 17.
  • Eintracht Frankfurt – 12. bis 18.
  • SC Freiburg – 13. bis 18.
  • FC Augsburg – 14. bis 18.

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Ralph Hasenhüttl will auch in der nächsten Saison in der Bundesliga was zu Lachen haben. | Foto: Dirk Hofmeister
Foto: Dirk Hofmeister

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