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Masse gewordene Antithese

Spaß mit Studien, die die Beliebtheit oder eben fehlende Beliebtheit von Fußballvereinen nachweisen sollen, gibt es immer wieder mal. So gab es letztens wieder mal eine Umfrage (der sogenannte IRIS-Elfmeter) nach den beliebtesten Fußballclubs in Deutschland. Bei der wenig überraschend mit Abstand Bayern und recht deutlich dahinter Borussia Dortmund an der Spitze aufgeführt wurden. Danach sortiert sich dann mit 5% abwärts der ganze Rest.

Das ist grundsätzlich wenig spannend und vielleicht auch was, was man intuitiv so annehmen bzw. als gesichert ansehen würde, dass Bayern und Dortmund in diesem Land den überwiegenden Teil des Interesses ziehen. Interessant war nur wieder mal, dass man auf der Basis von reichlich 1.000 Befragten versuchte, eine Rangliste zu erstellen. Was bei Werten von 5% abwärts (also rund 50 Menschen pro Verein abwärts) auch eine Maßnahme ohne jegliche Aussagekraft ist.

Oder um es anders zu sagen: RB Leipzig kam mit 2,4% der Stimmen in der Rangliste auf Platz 11 aller Bundesligavereine. Eine Steigerung von 1,1% wurde attestiert. Nimmt man allerdings mal die insgesamt 1.017 Befragten, dann basiert die Einschätzung zu RB Leipzig auf 24 bis 25 abgegebenen Stimmen. Und die Steigerung gegenüber der letzten Befragung basiert auf gerade mal auf irgendwas um die elf Stimmen. Wer aufgrund dieser Zahlen wirklich Einschätzungen über die Welt treffen will, kann das gern tun, aber so richtig erfolgreich sein, wird er damit nicht.

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Mediale Strippenzieher?

In der heutigen Zeit ist relativ egal, ob der in den Medien erzählte Bürgerkrieg wirklich stattgefunden hat oder nicht. Es gibt Videos, die ihn suggerieren. Es gibt angegriffene Menschen, die ihn empfunden haben. Und es gibt einen Weltkonzern, der seit 25 Jahren sein Geld mit Publicity macht und dem eine derart erzählte Geschichte nutzt. Also wird sie so erzählt. (schwatzgelb.de)

Das wird seit einer Woche an verschiedenen Stellen jenseits der großen Medienkanäle gern in verschiedenen Variationen erzählt. Die RB-Medienmacht, die aus einem Vorfall, der verurteilenswert, aber nicht einzigartig ist, eine Medienwelle gemacht hat, wegen der Borussia Dortmund und deren Fans und die Kritik der Fans an RB quasi zu Opfern wurden.

Muss man sich auch erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Da werden Menschen zu Opfern, die darum nicht gefragt und dazu nur durch pure Anwesenheit beigetragen haben. Und dann zeigt man aus dem Verein, aus dem die Täter kommen auf den Verein, aus dem die Opfer kommen mit dem Zeigenfinger und sagt ‘Überdramatisierung!’. Als hätten die Angreifer im Nachhinein noch die Definitionsmacht darüber, wie beschissen sich die Angegriffenen fühlen und verkaufen dürfen oder eben nicht.

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Throwback KW 35 bis 41

Vor fünf Jahren stand man als erklärter Favorit in der ersten Regionalligasaison nach dem dritten Spieltag und drei Unentschieden schon ordentlich unter Druck vor der Fahrt nach Kiel in den ganz hohen Norden. 1:0 führten die Gastgeber bis fast in die Schlussviertelstunde hinein. Die Häme, die über den Verein mit dem vielen Geld und der Erfolgslosigkeit ausgeschüttet werden sollte, war in Teilen des Landes schon vorbereitet. Aber Lars Müller und Timo Rost kurz vor Schluss drehten die Partie noch in ziemlich emotionaler Art und Weise. Es war einer dieser besonderen Momente rund um den RasenBallsport, als man es der Umwelt unter ordentlichem Druck gezeigt hatte. Was sich auch in befreiten Jubelszenen manifestierte.

Druck war damals durchaus ein besonderes Thema. Anfeindungen bei den Auswärtsspielen, dazu ein beschädigter Mannschaftsbus beim Auswärtsspiel in Braunschweig. Klar, dass das in den Köpfen der Spieler eine Rolle spielte. Bzw. laut Carsten Kammlott offiziell keine Rolle spielte (bzs. spielen durfte), weswegen er auch einen Mentaltrainer (den man später unter Rangnick und Zorniger richtigerweise trotzdem holte) überflüssig fand. Der Sieg in Kiel, der Jubel dort und die Worte von Stefan Kutschke, der eine ablehnende Atmosphäre als besonders motivierend empfand, zeigten aber recht deutlich, dass der nicht immer freundliche Umgang mit RB Leipzig bei den Spielern sehr wohl in den Köpfen steckte und die Ummünzung dessen in positive Energie durchaus ein Erfolgsbaustein sein konnte. Wurde es aber so richtig erst unter Zorniger, als man eine recht verschworene Gemeinschaft zusammen hatte.

Inwieweit bei dieser Entwicklung hin zu einer verschworenen Gemeinschaft auch die immer wieder mal auftretenden RB-kritischen Vereinsoffiziellen eine Rolle spielten, ist nicht zu benennen. Fakt ist, dass Magdeburgs Volker Rehboldt in dieser Regionalliga-Saison der erste Vereinschef war, der vor dem Spiel gegen RB die Atmosphäre mit ein paar Äußerungen noch anheizte. Äußerungen mit Versatzstücken, die es in verschiedensten Variationen aus verschiedensten Mündern auf verschiedensten intellektuellen Stufen seitdem immer wieder gab.

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Zwischen Not und Tugend

Ulrich Wolter, Geschäftsführer bei RB Leipzig im Interview mit der Sportbild vor zwei Wochen (08.05.2013) unter anderem (alle eingerückten Zitate von dort):

Also keine Gefahr, dass Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz Einfluss aufs Tagesgeschäft nimmt?
Nein, diese Gefahr sehe ich nicht.

Nun, lassen wir das mal – Stichwort Beiersdorfer, Linke, Pacult, Rangnick und Co – einfach so als statutengetreue Rhetorik stehen. Was soll man auch anders machen, als das was Ulrich Wolter im weiteren Interview macht, nämlich Nachhaltigkeit und Langfristigkeit im sportlichen Bereich in den Mittelpunkt und über die Mateschitz-Frage zu stellen.

Trotzdem werden die Fragen im Laufe der nächsten Jahre, zumindest wenn es nicht nur um den sportlichen Teil und die (Fan-)Akzeptanz im Leipziger hierzulande geht, sondern eben auch um Sportjournalismus in einem hinterfragenden Sinne, in Bezug auf die Strukturen des Vereins nicht verstummen. Und eine Antwort wie die obige wohl ziemlich schnell als Schutzbehauptung charakterisiert werden.

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Fan(streit)kultur

“Fans im Clinch” titelte die LVZ letzte Woche Freitag. Womit man ein Thema aufgriff, welches bei rb-fans.de unter dem Titel “Fanblock -adé” [broken Link] angesprochen wurde. Grundtenor: es gibt einen Konflikt zwischen den offiziellen Fanclubs (Fanclubs, die vom Verein anerkannt wurden und deshalb ein paar Privilegien genießen) und vereinsunabhänigen Fanclubs, die aus ersteren entstanden seien, aber ein weniger an Vereinskontrolle wünschten. Man habe unterschiedliche Ansichten zum Thema Fankultur bei RB. Der eine distanziere sich vom anderen, der andere fühle sich ungerecht behandelt, etc. Man möge doch bitte seine Streitigkeiten zumindest während der Spiele beiseite wischen und gemeinsam die Mannschaft unterstützen, so die Aufforderung des rb-fans-Beitrags.

Wer es genauer wissen will, der lese den oben verlinkten Text. Ich jedenfalls habe dazu inhaltlich nichts beizutragen, da ich vom Innenleben der Fanclubs und der Fankultur essenziell keine Ahnung habe. Grundsätzlich gesprochen wundert mich der publizierte Streit aber nun wirklich nicht, noch finde ich ihn sonderlich schlimm. Nicht nur, dass ich sowieso ein Anhänger von offener, inhaltlich begründeter Streitkultur bin, vielmehr noch finde ich es wenig überraschend, dass ein etwas über zwei Jahre alter Verein in Bezug auf seine Fankultur noch nicht ausgewachsen ist. Wenn man ehrlich ist funktionierte die Fan-Werdung gerade in der Anfangszeit (also vor der möglichen Entwicklung von Emotionen und Leidenschaft) doch höchst rational: für die einen war es das Ziel Bundesliga, für den nächsten gewaltfreier Fußball, für den anderen Fußball jenseits des Leipziger Dualismus, für einige Red-Bull-Sport-Populärkultur, für die allernächsten Leipzig. Ein buntes Potpourri an Gründen, sich RB Leipzig zuzuwenden. Und damit auch ein guter Ausgangspunkt für einen potenziellen Kampf um die Definitionsmacht in der Kurve. Also der Kampf darum, wie Fankultur aussehen sollte, was sie ausmacht, wie man sie lebt oder ganz banal, was man in der Kurve singt.

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Neue grün-weiße Landesliga-Welten

Los ging es letztes Wochenende nicht nur für RB Leipzig in der Regionalliga, sondern auch in der Sachsenliga, deren besonderen Reiz ich ja schon in der Vorschau auf die Leipziger Fußballsaison zumindest ansatzweise beschrieben habe. Am ersten Spieltag marschierte das noch ungewohnte und ungleiche grün-weiße Doppel aus BSG Chemie und SG Leipzig Leutzsch jedenfalls mit zwei 2:0-Siegen im sportlichen Gleichschritt voran.

Zu ihrem Heimspiel im Alfred Kunze Sportpark (gegen Eilenburg) begrüßte Chemie dabei durchaus bemerkenswerte knapp 1.700 Zuschauer, die für ordentlich Anfangseuphorie sorgten. Währenddessen besuchten den Bildern nach zu urteilen reichlich 100 grün-weiße Anhänger aus der anderen Ecke auch das Auswärtsspiel der SG LL in Plauen (gegen Oelsnitz). Bleibt die spannende Frage, wieviele Zuschauer die SG LL nächste Woche zum Heimspiel in den Alfred Kunze Sportpark ziehen wird.

Angesichts dessen, dass im grün-weißen Lager alles oder ziemlich viel neu ist, kann man schon mal den Überblick verlieren, wie sich auch in der LVZ (09.08.2011) gezeigt hat:

Bei der BSG Chemie kamen zum Auftakt gegen den FC Eilenburg fast 1700 Zuschauer. Hat Sie das überrascht?
Tino Vogel (Trainer RB Leipzig II): Eigentlich nicht, in Leutzsch werden sicher noch oft über 1000 Fans kommen. Besonders gefreut hat mich, das mit Vincent Markus ein Spieler zum 1:0 getroffen hat, den ich in den Junioren trainiert habe.

Dummerweise spielt Vincent Markus aber nicht für die BSG Chemie, sondern für die SG Leipzig Leutzsch und erzielte für diese den Führungstreffer gegen Oelsnitz. Ob tatsächlich Tino Vogel der Fauxpas unterlief oder der interviewbearbeitenden LVZ-Redaktion ist nicht überliefert.

Man könnte nun einwenden, dass das ja auch egeal und Leutzsch überall da ist, wo grün-weiß ist. Und SG LL oder BSG Chemie eben alles eine Suppe. Was die Beteiligten wohl weit von sich weisen würden und auch durch ihre Praxis hartnäckig dementieren. Während die Chemie-Ultras bspw. gegen den LL-Chef Jamal Engel schießen (Spruchband beim Eilenburg-Spiel: “Nur kleine und dumme Kinder glauben an Engel …”), lässt der kaum eine Gelegenheit aus, um den Chemie-Ultras  als prägendem Teil des Konkurrenz-Vereins eine mitzugeben. Währenddessen werden in den jeweiligen Foren vermeintliche oder tatsächliche Fehler und Pannen des jeweils anderen genauestens dokumentiert und somit die jeweilige Frontstellung zementiert. Kaum vorstellbar, dass sich beide Vereine (und auch Fans) im Laufe der Saison einander annähern. Schwer vorstellbar bereits, dass man die grün-weißen Landesliga-Duelle als gemeinsame Feste organisieren kann..

Zwischen Projektion und Normalität

Es ist schon eine Weile her, dass es hier in diesem Blog um eine Fake-Ultra-Gruppierung ging, die sich als Red-Bull-Leipzig-Ultras ausgab und eine Website kreierte, auf der sie mit Mobfotos andere Fangruppen anpöbelten, um gewaltaffines Ultragehabe auf die Schippe zu nehmen. Neulich passierte es, dass dieses Thema durch die Twitter-Welt lief, was den twitternden Chemieblogger zur verwunderten Frage trieb, wieso die Zwitscherer denn ausgerechnet jetzt auf dieses alte Thema kommen.

Nun, da das Thema direkt (so weit dies nachvollziehbar ist) von Bayern-Fans aufgegriffen wurde, liegt die Vermutung nahe, dass der Ausgangspunkt das Gerücht ist, dass RB Leipzig im Sommer ein Testspiel gegen den FC Bayern bestreiten würde (LVZ vom 28.04.2011). Was, so trifft sich das derzeit mit Freundschaftsspielen der Leipziger, bei der in letzter Zeit oft in der Öffentlichkeit auftauchenden Münchener Schickeria zum Beißreflex und zur Behauptung führte, dass es für einen fußballliebenden Bayern-Fan undenkbar wäre, ein Testspiel beim „Marketing-Produkt“ gut zu finden. Dieselbe Schickeria, die damit weit hinter dem zurückbleibt, worauf sie selbst auf ihren Blogseiten mit einem Text einer Pauli-Fangruppierung verweist. Dieser Text – man mag zu Kapitalismus-Kritik stehen wie man will – macht deutlich und plausibel, warum Red Bull nicht das böse Andere, sondern das normale Alltägliche des Fußballs ist. Zwischen Projektion und Normalität weiterlesen

BAFF almighty

Man kann davon ausgehen, dass die Fans keine Träne des Bedauerns darüber verdrücken werden, dass Leipzig wohl nicht aufsteigt. So ein Projekt funktioniert vielleicht in der Formel 1, aber der Fußball ist zum Glück nicht kalkulierbar.* (Wilko Zicht, Sprecher des Bündnisses Aktiver Fußball-Fans [BAFF] bei sportschau.de (broken Link))

Es ist manchmal schon seltsam, mit welchem Allmachtsgedanken sich Einzelpersonen oder Fangruppen (als Vertreter von Partikularinteressen) zum Sprecher aller Fans erheben. Seltsam schon deswegen, weil sie eben jene eine Homogenität des Fan-Seins konstruieren, die es in keinem Stadion der Welt gibt. Es gibt bei allen Vereinen verschiedenste Gruppen mit verschiedenstem sozialen, politischen oder meinetwegen kulturellen Hintergrund. Sicherlich haben viele Vereine die eine oder andere dominierende Schicht, aber Homogenität als etwas was behauptet, dass alle gleichgeschaltet die selben Gedanken pflegen, ist das noch lange nicht. Oder anders gesagt: Was – aus Fankultur-Sicht – der Kurven-Ultra beim FC Bayern mit dem Haupttribünen-Gelegenheitsbesucher gemein hat, muss mir erst noch jemand erklären. BAFF almighty weiterlesen

Zivilrecht vs. Gewalt

Deswegen nochmal in allerdeutlichster Form: Wenn ihr uns angreift, bewegt ihr euch nicht innerhalb des durch euren “Ultra-Kodex” geschützten, rechtsfreien Raumes! Wir werden IMMER sofort die Polizei verständigen, eure Übergriffe zur Anzeige bringen und alle weiteren uns zur Verfügung stehenden zivilrechtlichen Mittel gegen euch einsetzen. (dieL.E. Bulls [broken Link] nach dem Überfall auf ihren Fanbus am Leipziger Hauptbahnhof, verübt durch 20 vermummte Schläger)

Es gibt vermutlich kaum eine vernünftigere Reaktion auf eine schwere Straftat (gewalttätiger Raub) als klar zu machen, dass man sich nicht für seinen Fußballverein prügeln möchte, dass man es auch nicht für normal hält, sich für seinen Fußballverein prügeln zu müssen und dass für das Vorgehen gegen schwere Straftaten und den (auch körperlichen) Schutz des Individuums in Deutschland Exekutive und Judikative auf der Basis der Gesetzgebung verantwortlich sind. Respekt für diese Distanzierung von fußballbegleitender Gewalt und die Entscheidung gegen das im Fußball viel zu oft vertretene Faustrecht.

Ultras vs. Aktiengesellschaften

„Der klassische Hooliganismus hat abgenommen. Gewalt entsteht heute eher situationsgebunden und heraus aus einigen Ultra-Gruppierungen. In Zeiten der Kommerzialisierung des Fußballs fühlen sich diese Fans mehr und mehr als reine Stimmungsmacher ausgenutzt, auf die – wenn es hart auf hart kommt – draufgeknüppelt wird. Die Ultras identifizieren sich vor allem mit sich selbst. Wer kann schon aus vollem Herzen Fan einer Aktiengesellschaft sein? Da liegt ein Problem. Der Protest und damit ein Teil der Gewalt ist heute viel mehr in der Kommerzialisierung und in einem sich gegenseitigen Hochschaukeln von Sicherheitsappart und Ultras zu sehen. Fan-Gewalt kann auch eine Reaktion auf die viel zu geringen Partizipationsmöglichkeiten für Fußballfans sein.“ (Gerd Dembowski gegenüber tagesschau.de)

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