Wenn man sich nach der Vorrunde fragt, was für die Zeit nach der Winterpause für RB Leipzig noch drinliegt, dann geht man eigentlich angesichts des Tabellenplatzes und der ausgeglichenen Konkurrenz an der Spitze nicht als Aufstiegsfavorit in die nur noch 15 Restspiele der Saison. Da man aktuell aber auf dem Transfermarkt noch mal ordentlich ein paar Millionen in die Offensivabteilung des Teams investiert bzw. investieren will, wird man allerdings (zurecht) nicht umhinkommen, dass man die Favoritenrolle für das Feld hinter Spitzenreiter Ingolstadt zugeschoben bekommt. Das kommt zwar genaugenommen in der Entwicklung des Teams etwas früh, lässt sich aber nicht vermeiden, wenn man wie ein besserer Erstligist in die Mannschaft investiert. Wie man in der Rückrunde mit diesem impliziten Aufstiegsdruck umgeht, bleibt abzuwarten. (Zwischenbilanz: RB Leipzig in der Saison 2014/2015)
Wenn man nur bei den Zahlen bleibt, dann war das sportliche Auftreten von RB Leipzig in der Saison 2014/2015 nach der Winterpause überschaubar erfolgreich. Vier Punkte Rückstand auf Platz 2 bzw. 3 standen nach 19 Spielen zu Buche. Am Ende der Saison stehen dort neun bzw. acht Punkte Rückstand.
Angesichts von irgendwas um die 10 Millionen, die man in der Winterpause in den Offensivbereich investierte und dafür auch nur 17 Tore in 15 Spielen zurückbekam (zuvor 22 in 19 Spielen) kommt man nicht umhin, dies als Misserfolg zu betrachten. Oder wahlweise als Beleg für die These, dass die Favoritenrolle in der zweiten Liga für den Entwicklungsstand des Teams noch viel zu früh kam. Denn es braucht mehr, als im Winter mal eben zwei, drei Spieler zu verpflichten, die anderswo mal Tore geschossen haben, um den Schritt hin zu einem aufstiegsfähigen Topteam zu machen.
Dabei stellte es sich auch als ungünstig bzw. nicht zielführend heraus, dass man bereits nach dem erste Spiel nach der Winterpause eine Trainerposse um Alexander Zorniger begann, den man über den Sommer hinaus nicht mehr weiterbeschäftigen wollte und der dann (egal ob vereinsseitig forciert oder selbstbestimmt) sein Amt sofort abgab. Ein Schritt, der nicht nur keine Befreiung des Teams nach sich zog, sondern für Unruhe in einem Kader sorgte, der eigentlich mit der Integration der Neuzugänge sowieso eine ausreichend große Aufgabe zu bewältigen gehabt hätte.
Vielleicht hat man die Probleme mit der Mannschaftshierarchie zu diesem Zeitpunkt auch einfach in Kauf genommen, weil man sich dachte, dass eine Verbesserung der Offensivabläufe per se auch zu einer Verbesserung der sportlichen Lage führen würde. Das Dilemma bestand nur darin, dass RB Leipzig offensiv zwar weder gefährlicher (im Schnitt nach dem Trainerwechsel nicht mehr Torschüsse als unter Zorniger, dafür zielte man mit den Schüssen etwas öfter auf das Tor statt daneben) noch effektiver, dafür aber defensiv anfälliger wurde. Etwas was sich dann eben auch in 19 Gegentoren in 15 Spielen 2015 ausdrückt (im Gegensatz zu 12 Gegentoren in 19 Spielen vor der Winterpause)
Insgesamt konnte man erkennen, was man durch den Trainerwechsel wollte, nämlich die eigenen Qualitäten in der Offensive, durch gezieltere spielerische Aktivitäten mit dem Ball und durch gezielteres Spiel in die Spitze stärker herauszukitzeln. Das gelang auch in manchen Ansätzen, allerdings ging dafür zumeist die Kompaktheit im Gegenpressing verloren, sodass man oft in der Rückwärtsbewegung verteidigen musste, anstatt den Gegner schon irgendwo in der gegnerischen Hälfte oder bis zur Mittellinie zu stoppen.
Die Spiele
Die Zeit vor der Winterpause lässt sich vermutlich ganz gut in einen Block bis zum neunten Spieltag und einen Block vom 10. bis zum 19.Spieltag unterteilen. Der erste Block war noch getragen von einer gewissen Euphorie und Leichtigkeit und brachte überzeugende Siege bei 1860 München oder gegen Braunschweig und Karlsruhe, sah mit dem 1:2 bei Union Berlin nur eine Niederlage und Spiele wie die gegen Aalen oder Heidenheim, die man eigentlich von den Chancen her hätte gewinnen müssen. Das einzige Spiel, von dem man sagen konnte, dass es tatsächlich nicht gut war, war das Auswärtsspiel beim FSV Frankfurt, wo man am 4.Spieltag mit dem 0:0 sehr zufrieden sein durfte.
Vierter und punktgleich mit Platz 3 (und vor Darmstadt und Düsseldorf stehend) war man entsprechend als bester Aufsteiger nach neun Spielen, in denen man sich meist gut präsentierte oder wie beim 2:2 in Düsseldorf mit personellen Umstellungen (Teigl im Sturm) überraschen konnte.
Der Rest der Zeit vor der Winterpause war dann eher zäh. Es folgten die teilweise ziemlich grausamen Auswärtsauftritte in Nürnberg, Darmstadt, Sandhausen, Aalen und auch Fürth mit insgesamt gerade mal einem Punkt und dafür fast schon rekordverdächtigen fünf Punkten, weil man im Gegenzug auch nur zwei Treffer kassierte. In den Heimspielen war es derweil wechselhaft. Überzeugenden Siege gegen indisponierte Bochumer und St. Paulianer wurden abgewechselt mit einem glücklichen Punkt gegen Kaiserslautern, einer eher unglücklichen Niederlage gegen Ingolstadt und einem verdienten Unentschieden gegen 1860 München.
Platz 7 zur Winterpause war entsprechend folgerichtig. Schlagdistanz zu den Aufstiegsplätzen nicht selbstverständlich. Es war bis dahin eine ordentliche Runde mit Negativtendenz zum Ende hin. Auch weil zentrale Kräfte des Kaders wie Kimmich, Demme, Kaiser oder Poulsen im Verlauf der Runde immer wieder mit physischen Problemchen kämpften und nicht immer ganz fit waren und insbesondere Poulsen auch mental etwas ausgebrannt wirkte.
So kam es dass man je länger das Jahr 2014 dauerte, immer mehr mit der Besetzung der Mannschaft kämpfte und zeitweise aufgrund der Ausfälle von Poulsen, Boyd und Rebic mit dem Doppelsturm Frahn/ Morys antrat, der gerade physisch angesichts vieler hoher Bälle völlig unsichtbar blieb und nicht umsonst mit die schlechtesten Zweikampfwerte der Liga hatte. Wobei sie es auch deswegen besonders schwer hatten, weil die Unterstützung aus dem Mittelfeld meist ausblieb und RB Leipzig in der gesamten Zeit vor der Winterpause kein Tor eines Nicht-Stürmers aus dem Spiel heraus verzeichnen konnte.
Das war letztlich zu wenig und zeigte deutlich, dass die Qualität im Kader nicht hoch genug ist. Alexander Zorniger sprach in dem Zusammenhang einmal davon, dass man Spieler brauche, die in der Offensive Bälle mit einem Kontakt verarbeiten können. Ralf Rangnick erklärte im Nachhinein, man habe im Winter Spieler verpflichten wollen, die schon mal gezeigt hätten, dass sie Tore schießen können, weil man selbst so wenig Tore erzielt habe.
Mit Damari, Forsberg und Reyna holte man sich Spieler, auf die das Anforderungsprofil im Groben durchaus zutraf. Dass die drei zusammen in den verbleibenden 15 Spielen gerade mal ein Tor machen sollten (Damari und Forsberg zusammen immerhin mit acht Torvorbereitungen), zeigt aber auch, dass man sich bei irgendwas zwischen Scouting und Integration ins Team komplett verrechnet haben muss.
Mit dem offensiv gepimpten Kader ging es am 20.Spieltag nach Aue. Wo es ein 0:2 setzte, bei dem man 20 bis 30 Minuten lang gar nicht schlecht aussah, dann aber in der Verteidigungskette ein paar mal patzte. Dass das nach einer ordentlichen Hinrunde reichte, um mal eben die Strukturen in der sportlichen Leitung mit dem Trainerwechsel von Zorniger zu Beierlorzer komplett auf den Kopf zu stellen, mag immer noch als große Erstaunlichkeit durchgehen, weil die Sache extrem unkoordiniert und ohne Plan B vonstatten ging und entsprechend nur Unruhe und keinen Aufbruch produzierte.
Dass der Wechsel auch an der Mannschaft nicht spurlos vorbeiging, sah man nicht nur daran, dass Dominik Kaiser im nächsten Spiel auf der Tribüne saß, weil er vom Kopf her nicht zum Mitspielen in der Lage war, sondern auch an den nächsten Spielen. Noch gar nicht mal so sehr am Heimspiel gegen Frankfurt, in dem man eher unglücklich mit 0:1 verlor, sondern vor allem an den nächsten Auswärtsspielen in Braunschweig, Karlsruhe und Heidenheim als man in unterschiedlichem Ausmaß als Mannschaft über Teile der Spiele komplett untertauchte und man wohl bis heute nicht weiß, warum man in diesen drei Spielen nicht zusammen zehn Gegentore statt der zwei, die es faktisch waren, kassierte und warum man überhaupt mit zwei Punkten nach Hause fuhr.
Zwischendrin gab es zwei recht überzeugende Heimsiege gegen Union und Düsseldorf, bevor man jene Serie startete, die noch mal Aufstiegshoffnungen brachte. Angefangen hatte es mit einem 2:1 gegen Nürnberg, das eigentlich eher an die Auswärtszusammenbrüche in den Spielen zuvor erinnerte, aber dank Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit und dank gegnerischem Keeper noch zu drei Punkten führte.
Gefolgt wurde das von den zwei besten Auswärtsspielen 2015. Einerseits ein überzeugender Dreier in Bochum, gefolgt vom extrem intensiven Unentschieden in Kaiserslautern, als man sich auf Bundesliganiveau duelliert. Und zum Abschluss des Positivblocks folgte noch ein wiederum glückliches 2:1 gegen Darmstadt nach mäßiger Partie und Magic Moment durch Coltorti-Tor.
Die kleine Hoffnung, die aufgrund der Tabellensituation, aber nicht unbedingt aufgrund der Mannschaftsentwicklung, noch glimmte, wurde dann durch einen mutlosen Kick beim FC St. Pauli zertreten und beim 0:4 gegen Sandhausen (eines von nur zwei Saisonspielen, das RB mit mehr als einem Tor Unterschied verlor) durch eine ganze Feuerwehrkolonne noch mal komplett zerstört.
Der Rest der Saison war dann Auslaufen. In seiner eher negativen Form bei der Niederlage in Ingolstadt, die den Gastgeber zum Aufsteiger machte. In seiner positiven Form dann beim Sieg gegen Fürth zum Saisonfinale, nach dem man dann doch noch mal ein wenig in Saisonabschlussfeierstimmung kam.
DFB-Pokal
Erstmals schaffte es RB Leipzig im DFB-Pokal in die dritte Runde einzuziehen und damit im Pokalwettbewerb zu überwintern. Runde 1 war mit einem 2:1 nach Verlängerung gegen den SC Paderborn ein Spiel auf Augenhöhe, das RB Leipzig gewann, weil man am Ende etwas mehr investierte, um die Partie noch für sich zu entscheiden.
Runde 2 sah eine Partie gegen starke Auer, die alle Trümpe in der Hand hielten, die Partie für sich zu entscheiden, aber wie so oft in der Saison am Ende doch mit leeren Händen dastanden. Weil man in der Nachspielzeit den 1:1-Ausgleichstreffer nach einer Ecke und einem Kopfball von Yussuf Poulsen kassierte und anschließend körperlich nicht mehr in der Lage war, noch mal umzuschalten.
Runde 3 alias das Achtelfinale war dann eher eine Demonstration der Stärke durch den VfL Wolfsburg, die einen insgesamt ungefährdeten Sieg nach Hause fuhren. Auch weil sie in einer ihrer besten Saisonphasen auf ein RB-Team in einer eher schwierigen Saisonphase trafen und die Leipziger die Geschwindigkeit des Bundesligisten nie verteidigt bekamen. Immerhin durfte man sich erstmals das Label ‘ausverkauft’ an die Red Bull Arena nageln.
Das Ausscheiden war deswegen etwas schade, weil man an einem möglichen Fußballfesttag nicht die absolute Höchstleistung abrufen konnte. Änderte aber nichts an einer schönen Pokalsaison mit drei zusätzlichen Heimspielen, bei denen man schon einmal ein wenig gen großen Pokalsensationen schnuppern konnte. In der kommenden Saison wartet allerdings erstmal das erste DFB-Pokal-Auswärtsspiel auf RB Leipzig. Denn zumindest in der ersten Runde wird man in jedem Fall als Profivertreter einem zu Hause antretenden ‘Amateur’team zugelost.
Taktisches
Taktisch gesehen war man 2015, wenn man es positiv sehen will, flexibler eingestellt. Wenn man es negativ sehen will, dann könnte man es auch als Inkonstanz und permanente Suche interpretieren. Probierte man es anfangs noch mit einem 4-3-3, ging man schnell in irgendwas zwischen einem 4-3-1-2 und 4-1-3-2 über, in dem Emil Forsberg eine Art freies Offensivradikal spielte. Nachdem man in Karlsruhe zur Halbzeit nach Platzverweis gezwungen war, auf zwei Viererketten umzustellen, probierte man es ein paar Spiele mit einem 4-4-2 mit zwei Sechsern. Um dann schließlich bei einer Art 4-1-4-1 zu landen.
Wichtiger als die pure Formation allerdings, dass man das Gegenpressing nach dem Trainerwechsel nicht mehr in der Intensität und Effektivität spielte wie zuvor. Was auch daran gelegen haben mag, dass die Neuzugänge gerade in vorderster Front diese Art des Spiels nicht kannten und es ihnen auch nicht so richtig nahe gebracht werden konnte. Auch deswegen bestand jedenfalls das Resultat darin, dass man beständig zwischen Formationen wechselte, weil man in jeder der Formationen mal gut und dann eben auch wieder nicht so gut aussah. Letztlich wird es für die kommende Saison darauf ankommen, dem Kader eine passende taktische Hülle zu verpassen. Wenn man es dann gern etwas tiefer stehend hätte, dann geht es halt eher Richtung 4-4-2, wenn man doch wieder bzw. weiter hoch angreifen will, dann geht es halt eher Richtung 4-1-4-1.
Problematisches und Unproblematisches
Dass man durch die erste Zweitligasaison mal so eben nach oben durchrauscht, konnte man beim besten Willen nicht erwarten. Bzw. konnten nur Menschen erwarten, die ihre Favoritenliste anhand von Ablösesummen aufstellen.
Dass es so einfach im Fußball kurzfristig nicht ist, hat RB Leipzig mal wieder gezeigt, denn der auch in der Winterpause völlig nachvollziehbare weitere Kaderumbau ging zulasten der Teamhierarchie und damit zusammen mit dem Trainerwechsel zulasten des sportlichen Erfolgs. Wohlgemerkt kurzfristig, denn lang- bis mittelfristig hat man mit Forsberg und Damari zwei Spieler in den Reihen, die in der zweiten Liga an jedem Wochenende den Unterschied machen können. In einem funktionierenden Team zumindest. Dass sie jetzt schon mal ein halbes Jahr zweite Liga in den Knochen haben, ist diesbezüglich sicherlich kein Nachteil.
Problematisch blieb aus RB-Sicht über die gesamte Saison die Chancenverwertung. Während vor der Winterpause die Unterstützung aus Mittelfeld und Verteidigung bei der Torerzielung schlecht war, blieben nach der Winterpause die hoch gehandelten Sturmneuzugänge unter ihren Erwartungen. Gerade mal fünf von 19-Nachwintertoren erzielten Stürmer. Emil Forsberg schaffte es bspw., aus 32 Torschüssen aus teilweise bester Position keinen Treffer zu erzielen. (Zum Vergleich: Daniel Frahn traf im Saisonverlauf bei 31 Versuchen viermal..) Angesichts der nominellen Qualität im Sturm blieb der Ertrag sicherlich deutlich unter den Erwartungen.
Problematisch auch, dass RB Leipzig vor allem gegen die Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel kaum zum Zuge kam. Aus den 14 Spielen gegen die sieben Mannschaften, die bis zum letzten Spieltag in Abstiegssorgen steckten, holte man gerade mal 20 Punkte (1,43 im Schnitt). Was bedeutet, dass man gegen die Mannschaften auf den Plätzen 1 bis 11 in 20 Spielen 30 Punkte holte (1,5 im Schnitt). Dass man gegen die besseren Teams der Liga mehr Punkte holte als gegen die schlechteren, ist kein Ergebnis, das man vorhersagen würde und kann man einerseits der Ausgeglichenheit der Liga zuschreiben, drückt aber auch aus, dass gegen RB Leipzig jede Mannschaft topmotiviert ist, während nicht jeder RasenBallsportler gegen jede Mannschaft gleichermaßen motiviert sein mag. Egal wie, nur fünf Siege aus 14 Spielen gegen Abstiegskandidaten sind zu wenig, wenn man um den Aufstieg mitspielen will.
Zu wenig waren auch die 16 Punkte in 17 Auswärtsspielen. Nur fünf Teams der Liga punkteten im fremden Stadion noch schlechter (und nur eins schoss noch weniger Tore). Zwei davon stiegen am Ende ab, keines wurde besser als Neunter. RB Leipzig hat im Saisonverlauf ein paar gute Auswärtspartien abgeliefert, wenn man an 1860, Düsseldorf, Kaiserslautern oder Bochum denkt, aber im Normalfall war die Reise in die Fremde aus sportlicher Sicht eine hochgradig unerfreuliche Sache. Durchaus möglich, dass man hier in noch mal lauteren Stadien und noch mal hitzigerer Atmosphäre erst einmal wieder Erfahrungen sammeln musste, von denen man in der kommenden Saison profitieren wird. Dass man fußballerisch mithalten kann, hat man jedenfalls vor allem in den Heimspielen gesehen. Nur drei Niederlagen bedeuten die viertbeste Bilanz der Liga.
Problematisch an der Saison, dass in Sachen Neuzugängen nicht jede Entscheidung ein Treffer war bzw. manches einfach noch nicht aufging. Mit Compper, Khedira und Forsberg haben es gerade mal drei Spieler in die Reihe der 11 meisteingesetzten Spieler geschafft. Wobei Compper auch nur 24 Spiele von Beginn an machte, Khedira in der Rückrunde drei Monate lang fehlte und Forsberg erst nach der Winterpause mit relativ wenig Eingewöhnungszeit kam. Sprich, der Umbau vom sehr guten Dritt- zum sehr guten Zweitligakader ist noch lange nicht vollzogen. Zumindest nicht auf dem Feld.
Wobei man dabei im Laufe der Saison auch viel Pech hatte. Dass vor allem ein Ante Rebic, aber auch ein Stefan Hierländer so wenig positiven Impact auf die Mannschftsleistung haben würden, war vor der Saison sicherlich kaum abzusehen. Beide blieben komplett ohne Torbeteiligung. Da sie unter beiden Trainern nicht so recht vom Fleck kamen, kann man auch nicht davon ausgehen, dass das Problem eines des Übungsleiters gewesen wäre.
Zudem ein Problem, dass Neuzugänge wie vor allem ein Terrence Boyd oder aber auch ein Omer Damari mit allerlei Verletzungsproblemen zu kämpfen hatten und entsprechend nur selten zur Verfügung standen oder nicht im Vollbesitz der körperlichen Kräfte waren. Nimmt man noch die körperlichen Problemchen bspw. eines Joshua Kimmichs dazu (nur 23 Startelfeinsätze), der sich, wenn er fit war, zum alles überragenden Mittelfeldkopf aufschwang oder auch die Anfälligkeiten eines Yussuf Poulsen vor der Winterpause oder eines Diego Demme, dann war die Besetzung der Mannschaft über die Saison gesehen ein permanentes Patchworken, ohne dass man mal über ein paar Wochen die Ruhe gehabt hätte, ein Kernteam einzuspielen.
Teilweise war diese Unruhe im Kaderwechsel auch hausgemacht, das meiste resultierte allerdings aus Sperren und Verletzungen. Dass man jedenfalls in Bezug auf eine eingespielte Kernelf einen deutlichen Nachteil hatte, zeigt sich darin, dass die 11 meisteingesetzten Spieler im Schnitt fast eine Viertelstunde weniger zusammen auf dem Platz standen wie die 11 meisteingesetzten Spieler in Ingolstadt. Nur die Top11 von Aue mit ihrem extremen Winterkaderumbruch und 1860 und St. Pauli mit ihren permanenten Trainer- und Kaderexperimenten verbrachten noch weniger Zeit zusammen auf dem grünen Rasen.
Sonstso
Die Personalrochaden bei RB Leipzig und die nicht immer befriedigenden sportlichen Leistungen führten nicht dazu, dass der Zuschauerzuspruch zurückgegangen wäre. Am Ende verfolgten im Schnitt mehr als 25.000 Zuschauer die Ligaspiele. Damit hat man knapp vor St. Pauli, die ihr Millerntor gerade umbauen, den viertbesten Schnitt der Liga. Allerdings mit vergleichsweise viel Rückstand auf den 30.000er-Club aus Kaiserslautern, Nürnberg und Düsseldorf.
Bei den Auswärtsspielen sind die Schwankungen teilweise enorm. Aue, 1860 und St. Pauli waren mit jeweils 2.000 oder mehr Auswärtsfahrern die Highlights, wobei man in Hamburg erstmals in dieser Saison einen ausverkauften RB-Gästeblock hatte. Auf der anderen Seite standen Spiele wie unter der Woche in Aalen und am Montagabend in Karlsruhe mit jeweils irgendwas um die reichlich 100 Gästefans.
Dabei mag auch eine Rolle spielen, dass bei Auswärtsspielen das Protestpotenzial seitens der Heimfans gegen RB Leipzig recht groß ist. Bzw. von Medienseite auch gern mal groß gemacht wird. Letztlich gab es vor allem ein paar diskursive Scharmützel mit Nazivergleichen, manchmal absurden Symboliken, dem Versuch (wie in Karlsruhe beim Hotelbesuch oder der Blockade der Stadionausfahrt) Drohkulissen aufzubauen und einiger Meinungsäußerung. Mit dem meisten davon muss und kann man im Umfeld von RB Leipzig leben.
Beim Rest wünscht man sich mehr klare Abgrenzungen und vor allem folgenreiches Arbeiten der beteiligten Vereine und weniger medial angeheizte öffentlich-aufgeregte Knüppelrhetorik, mit der man ein paar Tage lang die Sau durchs Fußballdorf treibt, um dann wieder davon zu schweigen. Ein Vorgehen, das zurecht sowohl bei Menschen, die es mit RB Leipzig halten, als auch bei jenen, die es gar nicht mit RB Leipzig halten, nicht sonderlich gut ankommt.
Fazit
Am Ende brachte die Saison mit dem fünften Platz ein Ergebnis, das am Anfang der Spielzeit absolut im Rahmen der Zielvorstellung, die erstes Tabellendrittel lautete, lag. Von daher müsste man grundsätzlich mit dem sportlichen Auskommen zufrieden sein.
Allerdings hätte man am Anfang der Saison auch nicht vermutet, dass die Qualität an der Spitze der zweiten Liga so gering sein würde. Bzw. es keine Mannschaft geben würde, die über die gesamte Saison Topniveau verkörpert. Ingolstadt hat es mit einem extrem kleinen Kernkader geschafft aufzusteigen. Darmstadt hat es fast ohne Fußballspielen geschafft aufzusteigen. Und in Kaiserslautern, Braunschweig, Karlsruhe, Düsseldorf oder Nürnberg hat man sich immer wieder längere Auszeiten genommen, in denen man wichtige Punkte hat liegen lassen.
Von der Seite her waren die Chancen, durch diese zweite Liga zu marschieren, so gut wie selten. Dass man diese Chance nicht genutzt hat, darf man entsprechend ein wenig betrauern, auch wenn es vor dem Hintergrund des nicht weit fortgeschrittenen Kaderumbruchs und der Unruhe um den Verein durch die eigenen Personalentscheidungen auch nicht unerwartet kommt.
Sowieso bleibt es dabei, dass der verpasste Aufstieg für den Verein auch positiv sein kann, weil so Zeit bleibt, dass vor allem das Umfeld mit dem Verein mitwächst und sich noch mal auf hohem Niveau konsolidiert und vielleicht auch wieder (ge)lernt (hat), den Augenblick mehr zu genießen als die Hatz nach dem nächsten großen Erfolg. Zudem bleibt so die Zeit, dass auch die Mannschaft wieder neu zusammenwächst und sich nach dem Abgang fast aller für die Teamchemie zentraler Persönlichkeiten eine neue Hierarchie herausbildet. Die Aufgabe lautet also, einen neuen Mannschaftskern zu bilden, der sich auf die Bundesliga vorbereitet und den Verein auch in diese trägt.
Am Ende der Saison überwiegt (wenn man mal von den Wünschen des Sportdirektors und der kleinen Enttäuschung über die verpasste Chance absieht) die Freude über das Erlebnis zweite Liga und eine Saison mit allerlei Höhe- und Tiefpunkten. Hängen bleiben wird von dieser Saison positiv der erste Zweitligasieg in München in der Allianz Arena. Im Ohr klingelt sicherlich auch noch der Jubel über Yussuf Poulsens Ausgleich im Pokal gegen Aue.
Der Magic Momnent der Saison schlechthin dürfte allerdings der 2:1-Siegtreffer durch Fabio Coltorti in der Nachspielzeit des 30.Spieltags gegen Darmstadt gewesen sein. Ein Torwarttort gegen den aktuellen Lieblingsrivalen in der Nachspielzeit und dazu noch die kleine Hoffnung auf den Aufstieg. Wie der Keeper anschließend eine halbe Stunde lang durchs Stadion getragen und gefeiert wurde, das hatte fast Aufstiegscharakter. In diesem einen Moment passte alles zusammen und war die Saison unabhänbgig von ihrem Fortgang in jedem Fall gerettet.
Bliebe noch ein Moment von der Saison, der in jedem Fall im Gedächtnis bleiben wird. Der Abschied von Daniel Frahn im letzten Spiel. Mit perfektem Drehbuch inklusive Tor zum 1:0 und Auswechslung kurz vor Schluss. Standing Ovations, viele verdrückte Tränchen und einige Erinnerungen an fünf Jahre mit Daniel Frahn. Auch dieser Moment war in Sachen Selbstvergewisserung, was Vereins- und Fanidentität angeht, ein wichtiger.
Spannend wird es, wie sich die ganze Geschichte dann in der kommenden Saison weiterentwickelt. Aktuell scheint man kadertechnisch, trainertechnisch und in allerlei anderen Bereichen eher Baustellen zu haben als feste Grundpfeiler. Wenn man diese Baustellen nicht im großen und ganzen bald schließt, baut man sich schon mal eine schwierige Ausgangssituation für die kommende Saison. Denn Mannschaften, die nicht in ihrer Gesamtheit als tragfähige Einheit daherkommen, zerreißt man in der zweiten Liga am liebsten.
In der aktuellen Spielzeit scheiterte man auch ein wenig daran, aus einem Team eine Einheit zu formen, das nicht mehr nur eine Sprache spricht, sondern viele Spiele unterschiedlicher Nationalitäten versammelt. Auch diesbezüglich wird es in der kommenden Spielzeit Lern- und Integrationseffekte brauchen, um nicht wieder dieselben Probleme zu bekommen. Mal sehen, welcher Trainer oder welche Spieler sich da zu Integrationsfiguren aufschwingen können.
———————————————————————————–
Bisherige Bilanzen:
- Zwischenbilanz: RB Leipzig in der Saison 2014/2015
- Bilanz: RB Leipzig in der Saison 2013/2014
- Zwischenbilanz: RB Leipzig in der Saison 2013/2014
- Bilanz: RB Leipzig in der Saison 2012/2013
- Zwischenbilanz: RB Leipzig in der Saison 2012/2013
- Bilanz: RB Leipzig in der Saison 2011/2012
- Zwischenbilanz: RB Leipzig in der Saison 2011/2012
———————————————————————————–
Bilder: © GEPA pictures/ 3 x Roger Petzsche
Du hast es mal wieder auf den Punkt gebracht.
Dieses erste Jahr 2.Liga war sehr interessant. Die Vorfreude auf das zweite Jahr 2.Liga dementsprechend.
Danke für Deine Analysen und Einschätzungen.
Ich hoffe, dass sich der Familienrat positiv für die neue Saison entscheidet.
AZ weg. DF weg. Rotebrauseblogger weg? Undenkbar!
Ist mir alles zu positiv:
Ein Aufstieg kommt nie zu früh, das Umfeld hätte sich schleunigst der 1. Liga angepasst, da bin ich mir mehr als sicher. Jetzt wird es wieder ein “Hauen und Stechen”, ich hoffe noch immer auf Belebung durch den HSV in Liga 2.
Ablösesummen spielen bei mir schon eine Rolle, da hat wohl das Scouting total versagt.
St. Pauli war der Offenbarungseid, da wollten einige nicht hoch, dabei bleibe ich. Jung in der 1. Liga – wer glaubt daran wirklich, ich nicht. Es gibt aber auch andere “Profiteure” des Nichtaufstieges in 2015, kann sich jeder selbst raussuchen.
Sandhausen – da hat die Antiaufstiegsfraktion im “Team” Nägel mit Köpfen gemacht.
Forsberg ist ein guter Passgeber, ein Knipser wird der nie.
Damari mehr kränkelnd als fit, das wird eng in der 2. Liga – Ausgang mehr als offen.
Da ich meine Aussagen nicht beweisen kann, entschuldige ich mich schon mal hier dafür, es ist alles aber wohlüberlegt!
Dauerkarte – wann kann ich die wo verlängern?
P.S.: Dank für alles an den Blogger, nur hier (auf meiner Startseite) bin ich frei!!!
Eine Saison ist so lang, aber inhaltlich ist alles im Blog dabei! Auch die Bildauswahl ist top!
Ich persönlich bin sehr zufrieden, habe Platz 4-6 im August 2015 getippt und es passt mMn. Die Gründe für so manche Spiele hast Du sehr gut erklärt.
Beim Teil Personal bzw Neuzugänge fehlt mir Lukas Klostermann. Nach Krankheit und Anpassung für mich der Beste Transfer von RR! In der Rückrunde spielte er RV, IV und gegen Fürth sogar LV und das alles mit guten Leistungen für sein Alter.
Und noch eine kleine Anmerkung zu den Zuschauerzahlen. Ob nun Glück oder Pech, aber die zukünftigen Auf- bzw Absteiger sind jenseits der 400km, mit Aue verlies uns ein “unter-100km-Verein” Dazu noch Montagsspiel und ich zähle 1+1 zusammen wieviele auswärts fahren können. Deshalb habe ich großen Respekt vor den Vielfahrern, die mit RBL unterwegs sind. Das ist ein Grund warum man neidisch auf die 3. (Ober)Liga schauen kann.