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Streitobjekt Zweitligalizenz

Zu Beginn der Saison war nach einem Interview mit den DFL- Leuten Rauball und Seifert bereits klar, dass die Frage, inwieweit die Vereinskonstruktion von RB Leipzig mit den Anforderungen der DFL als lizenzierendem Verband für das Fußballspiel in 1. und 2. Bundesliga zusammenpasst, im Zuge des Lizenzverfahrens, das offiziell ab März beginnt, als öffentliches Thema Fahrt aufnehmen wird. Mitte Januar erreichen die Debatten darum in den Weiten der Online-Welt einen ersten Peak unter dem sinngemäßen Titel ‘RB Leipzig mit Problemen bei der Zweitligalizenz’.

Verantwortlich ist dafür DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig, der am vergangenen Wochenende den Fankongress [broken Link] in Berlin besuchte, an dem insgesamt 700 Fußballanhänger aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Und im Rahmen einer Diskussion im Panel “Der Verein & seine Mitglieder” laut Kicker verlauten ließ, dass “wir klar für die 50+1-Regel stehen”. Diesbezüglich habe “die DFL mit den Fans keinen Dissens”. Geldgeber aller Art würde man begrüßen, “sofern sie sich an die Spielregeln halten”.

Die Passage kam ohne Nennung von Vereinsnamen aus. Der Bezug zu RB Leipzig, die in diesem Jahr erstmals eine Lizenz bei der DFL beantragen werden, wurde implizit hergestellt. Und ist aber in Bezug auf die 50+1-Regel, die besagt, dass die Vereine mehr als 50% der Stimmen an ausgegliederten Kapitalgesellschaften halten, sprich sie letztlich mehr Stimmen haben müssen als beteiligte Geldgeber, falsch hergestellt. Denn RB Leipzig ist formal ein e.V. ohne Ausgliederung der Lizenzmannschaft. Sodass alleinig der Verein die Entscheidungen trifft.

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Wettbewerbsvorteil DFL-Club

Das entscheidende Jahr für den aktuellen Fußball ist 2001. Es war die Gründung der DFL. Sie hat den Profifußball auf eine ganz andere Ebene gehoben. 36 gleichberechtigte Gesellschafter können als Stammverein e.V. oder mit Tochter- und Kapitalgesellschaften in der DFL spielen. Leistungszentren wurden verbindlich. (…) Heute erhalten die Zweitligisten über vier Millionen Euro TV-Geld, die DFL gesamt 550 Millionen. (…) Das ist heute eine „ganz andere Veranstaltung“. (Helmut Kalthoff, ehemaliger Manager beim VfL Osnabrück gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung)

Übersetzt heißt die These, dass sich mit der Gründung der DFL und der Vermarktung der ersten zwei Ligen ein relativ abgeschotteter Kreis an Clubs gebildet hat, in den einzudringen letztlich fast nicht mehr möglich ist, weil die Vereine der ersten zwei Ligen über eine Finanzkraft verfügen, die schwerlich angreifbar ist.

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Klappernder Auftakt

Start der Bundesligasaison ist ja medialerseits auch immer die Zeit für viele Interviews zur Lage der Fußballnation. Gern auch mal mit Offiziellen, die über Vermarktung, Fans, Favoriten und Sonstiges aus dem unerschöpflichen Reservoire von ledrigen Geschichten erzählen dürfen. So traf es sich, dass gestern via Frankfurter Rundschau und Welt [broken Link] die DFLer Reinhard Rauball (Präsident) und Christian Seifert (Vorsitzender der Geschäftsführung) zum 50. den jeweiligen Journalisten ein paar Worte mit auf den Weg gaben.

Da mit RB Leipzig ein Verein an die Türen des heiligen, von der DFL organisierten Profifußballs tritt, der bundesweit eher kritisch-kontrovers diskutiert wird, geht es in Randaspekten der Interviews auch um die Frage, wie denn die DFL bei der Lizensierung mit den RasenBallsportlern und deren Sponsor umgehen wird.

Es ist schon bezeichnend für die öffentliche Debatte um RB Leipzig, dass beide betonen müssen, dass man bei der Lizensierung nicht nach “Geschmacksfragen” (Seifert), sondern nach den entsprechenden Statuten vor dem Hintergrund der bundesdeutschen und europäischen Gesetzeslage entscheiden werde. Insbesondere Geschäftsführer Seifert scheint sehr genau zu wissen, dass die Monopolstellung der DFL und mögliche Versuche, auf RB zugeschnittene Verbandsstatuten über dieses Monopol durchzudrücken, bei juristischen Auseinandersetzungen um abgelehnte Lizenzanträge durchaus nicht unproblematisch sind.

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Diskursive Sicherheitsmeilensteine

Ein bisschen fühlt es sich an, als hätte jemand an einer Straße, auf der noch nie jemand schneller als 70 km/h gefahren ist, ein Schild aufgestellt, das eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ausweist, worauf hin jene, die die Straße nutzen, empört aufschreien und prostestierend anmerken, dass sie sich vom Fahren mit 70 km/h nicht abhalten lassen werden. Eine Situation, in der weder die Schildaufsteller, noch die Protestierer eine sonderlich gute Figur abgeben.

Klar, es geht um die gestrige Entscheidung der DFL bzw. der Vollversammlung aller 36 Profifußballvereine, die 16 Anträge, mit der die Sicherheit in den Stadien verbessert werden soll, mehrheitlich zu verabschieden. Was den Bundesvorsitzenden der Polizeigewerkschaft Wendt zur mehr als gewagten These trieb, dass “es höchste Zeit war, der zunehmenden Gewalt in und um deutsche Fußball-Stadien mit konkreten Maßnahmen” zu begegnen und aus der Ecke der Fans die ebenso gewagte These laut werden ließ, dass durch die DFL-Entscheidung die Fankultur untergehen würde.

Das hohe Maß an emotionaler Aufladung der Debatte erschließt sich nicht wirklich, bedenkt man, dass die 16 Anträge, wie sie im Vorfeld veröffentlicht wurden (pdf-Datei), entweder nichts beinhalteten, was nicht sowieso schon Praxis gewesen wäre (Möglichkeit situationsabhängig in Eigenverantwortung Einlasskontrollen durchzuführen, Reduzierung der Auswärtskontingente bei Risikospielen) oder aber harmlos bis durchaus positiv ist (Qualifizierung des Ordnerpersonals, Dialog zwischen Vereinen und Fans, Einbindung von Fanbetreuern und Ordnern des Gastvereins beim Spieltagsablauf, Vorrang der Polizei beim Zugriff auf die Videoüberwachung etc.).

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Schlüpferstürmer

Letzte Woche erst ging es hier im Blog um das weite Themenfeld Sicherheit und den zumeist humorlos-irreal-aufgeladenen Umgang damit. Pragmatische, kommunikationsorientierte Lösungsansätze scheinen jedenfalls im Kampf mit aufgeladenen Sicherheitsdebatten zu unterliegen. Letzten Samstag setzte der FC Bayern einen weiteren Baustein in das abstruse Gebilde, indem man am Gästeeinlass Zelte aufbaute, in denen sich Gästeanhänger potenziell sogenannten Ganzkörper- bzw. Nacktkontrollen unterziehen hätten müssen. Frei nach dem absurden Motto ‘Zeig mir Deine Unterhose und ich sage Dir, ob Du ein Fußballspiel gucken darfst’.

Ziel der Aktion soll es gewesen sein, Pyro oder allerlei gefährliche Materialien nicht ins Stadion kommen zu lassen. Der FC Bayern präsentierte dann nach dem Spiel in einem atemberaubendem Akt kommunikativer Cleverness auch gleich die passenden Zahlen. 30-40 AnhängerInnen der Frankfurter Eintracht seien ins Zelt gebeten worden, aber nur um Jacke und Tasche abzulegen. Gefunden worden seien „20 Messer, 2 Schlagstöcke, 1 Schlagring, 1 Sturmhaube, Pfefferspray und Kokain“.

Nicht schlecht, erfolgreiche Kontrollen und Zelte also. Nicht ganz, denn bis auf die Messer wurde alles sowieso abseits des Stadioneinlasses bei Kontrollen aufgetan. Und die Messer wurden nicht in den Zelten gefunden, sondern bei der Kontrolle von allen 71.000 Besuchern des Spiels (wie viele Messer die im Zelt durchsuchten Gäste bei sich hatten, kann niemand sagen). 20 Messer bei 71.000 Besuchern? Könnte da das eine oder andere Taschenmesser im Spiel gewesen sein? Wer noch nie beim Fußball oder im Flugzeug saß und merkte, dass er aus Versehen etwas in der Tasche hatte, was da nicht unbedingt hin gehörte, werfe den ersten Stein. (Im Blog-G [broken Link] wird die ganze Story und die Wirkung der falsch kontextualisierenden Bayern-Meldung auf die Medienberichte sehr schön und mit allerlei Links dargestellt.)

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ich-fuehl-mich-meist-sicher-aber-das-ist-noch-lange-kein-argument-fuer-irgendwas.de

Sicherheitsfragen werden den Auftritt von RB Leipzig in Magdeburg zwar nicht zuvorderst bestimmen, aber sie werden zumindest ein Teil des Sonntags werden. Womit sich das Spiel nur unerheblich von so ziemlich allen anderen Spitzenspielen der Regionalliga Nordost ohne Beteiligung von U23-Mannschaften unterscheidet. Das Thema Sicherheit war es auch, welches in den letzten Wochen die Diskurse rund um den Fußball (mit-)bestimmte.

Schon seit ein paar Monaten stehen politische Drohkulissen wie bspw. Stehplatzverbote im Raum. Oftmals kaum mit Bezug zu realen Vorkommnissen geht der leicht populistische Gaul mit manchem gelegentlich durch. Verbände wie die DFL als Vereinigung der Proficlubs und der DFB ließen sich davon ein wenig vor sich hertreiben und präsentierten in jüngerer Vergangenheit jeweils eigene Papiere, mit denen auf eine offenbar reaktionswürdige Realität reagiert werden sollte. “Sicheres Stadionerlebnis” [broken Link] heißt das eine Papier, das eher eine Arbeitsstandspräsentation ist, ein 10-Punkte-Plan [broken Link] (beides pdf’s) wartet auf der anderen Seite.

Die Papiere haben sich viel Kritik eingehandelt. Einiges zu Unrecht, vieles zu Recht. Ein ziemliches Novum dürfte es jedenfalls sein, dass selbst ein großer Teil der Proficlubs, die auf das DFL-Papier zum sicheren Stadionerlebnis reagieren sollten, dieses und seine Logik tatsächlich ablehnten. In einer Fußballwelt, in der selten argumentative Differenzen auch offen ausgetragen werden und in der gerade zwischen Proficlubs und DFL meist die Ruhe gepflegt wird, ist das fast schon eine Wohltat.

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Sanfter Druck

Es stellt sich ja ein bisschen die Frage, warum derzeit ein (durchaus nicht uninteressanter) öffentlicher Rumor um die Lizenz von RB Leipzig betrieben wird. Klar, es wird medial darüber berichtet, aber das offenbar neuartige, besondere Interesse des DFB an der RB-Satzung wird dadurch ja nicht erklärt.

Eventuell erhellt ja eine Aussage von HSV-Vorstandsboss Carl-Edgar Jarchow ein wenig die Sachlage. Die Aussage wurde von einem HSV-Mitglied und Teil der Initiative Pro HSV bei einer Sitzung des sogenannten Satzungsausschusses am 03.05.2011 aufgezeichnet und in einem Forum veröffentlicht [broken Link] (in dem Zitat geht es um ein durch den HSV abgesagtes Freundschaftsspiel gegen Red Bull Salzburg):

Da es von einigen Bundesligavereinen Protest gegen die neue, eigenartige Satzung von RB Leipzig gibt, wurde Salzburg abgesagt.

Diese Aussage würde zumindest erklären, warum der DFB-Mediendirektor Ralf Köttker gegenüber BILD vom 15.09.2011 erklärte, dass der DFB zusammen mit der DFL eine Arbeitsgruppe zu RB Leipzig gegründet hat. In der Jarchow-Version käme der Druck auf den DFB, etwas in Bezug auf die RB-Satzung zu unternehmen, nämlich via DFL von einigen (ungenannten) Bundesligisten.

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RB Leipzig im Spiegel der DFB-Statuten

Angestoßen durch einen Hinweis in einem Kommentar habe ich mich mal dem DFB-Statut der dritten und vierten Liga (pdf) (broken Link) angeschaut. Beide Ligen werden mit eigenem Statut im Verantwortungsbereich des DFB ausgetragen, während die ersten zwei Ligen die DFL und die Ligen unterhalb der Regionalliga die jeweiligen Regionalverbände organisatorisch betreuen.

Das Statut ist ein 114 Seiten starkes Papier in typischem Verbandsdeutsch, das die Zulassung zu den Spielklassen und die Anforderungen an die beteiligten Vereine regelt. Und so auch für RB Leipzig und den DFB in ihrem vermuteten Streit um die Zulassungsvoraussetzungen für die kommende Spielzeit relevant ist.

Nur um das in Erinnerung zu rufen: Glaubt man den medialen Berichten, dreht sich der Streit und die kolportierte Meinung des DFB (der laut gestriger BILD und dem DFB-Mediendirektor sogar zusammen mit der DFL eine Arbeitsgruppe zu RB Leipzig gebildet hat), dass RB Leipzig derzeit wegen seiner Vereinsstrukturen keine Lizenz für die kommende Spielzeit erhalten würde, um die Allmacht des Ehrenrates, möglicherweise um die fehlende Mitbestimmung der Mitglieder und um zu viel (formalen) Einfluss durch den Sponsor Red Bull.

Erste wichtige Erkenntnis des virtuellen Blätterns im Statuten-Papier: Es gibt keine Differenz zwischen der dritten und der vierten Liga in Bezug auf die organisatorischen Voraussetzungen, die ein Verein erfüllen muss. (Zumindest wenn es um Mitglieder, Organe und Vorstände geht, bei Stadiongröße und Co natürlich schon.) Was mich in meiner Position bestärkt, dass es doch sehr erstaunlich ist, dass der DFB plötzlich einen Verein unter Beobachtung nimmt, dem man bereist zweimal die Lizenz erteilt hat und bei dem sich seither nichts (zumindest nichts öffentlich wahrnehmbares) geändert hat und auf den keine neuen Statuten anzuwenden sind.

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50+1 oder doch -1? Glas halb voll oder doch halb leer?

Manchmal sind Interpretationen schon erstaunlich. Das gilt auch für DFL-Präsident Reinhard Rauball, der der Meinung ist, dass die Empfehlung des Schiedsgerichts die sogenannte Stichtagsregelung aus der 50+1-Regel zu streichen, bedeute, dass “die 50+1-Regel im Kern erhalten bleibt.” [broken Link] 50+1 heißt bisher, dass der Mutterverein die Mehrheit an der Kapitalgesellschaft halten muss, die bei vielen Vereinen ausgegliedert wurde und den Spielbetrieb der Mannschaften in den Profiligen organisiert. Aufgrund der Stichtagsregelung ist es Bayer und VW als Ausnahmen möglich in Leverkusen und Wolfsburg jeweils die Entscheidungsträger, also die Besitzer zu sein. Die zu verändernde Regel (die Profivereine müssen der Empfehlung des Schiedsgerichts noch in einer Mitgliederversammlung zustimmen) ist diese hier (zu finden in der DFL-Satzung [broken Link]):

Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem 1.1.1999 den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes.

Die der Logik folgend dann so heißen würde:

Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes.

Heißt, dass wenn die DFL zustimmt, zukünftig alle Vereine ihre mehrheitliche Beteiligung an den Kapitalgesellschaften an Unternehmen abgeben können, die 20 Jahre lang als Sponsor im Verein tätig waren. Was dabei ununterbrochen und erheblich bedeutet und ob die Entscheidungsgewalt der DFL nicht juristisch noch mal zum Zankapfel werden kann, sei einmal dahin gestellt. Mir jedenfalls scheint die entscheidendere Interpretation die zu sein, dass man aus einer verpflichtenden 50+1-Regel eine freiwillige gemacht hat, denn nichts anderes bedeutet es, wenn man nun zu einem Zustand kommt, in dem potenziell jeder Verein seine Stimmmehrheit einem Wirtschaftsunternehmen übertragen kann.

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Wochen(end)splitter VIII

Montag war es als die mündliche Anhörung vor dem Ständigen Schiedsgericht stattfand, bei der es um die 50+1-Regel ging. Hannovers Präsident Martin Kind sucht bekanntermaßen seit geraumer Zeit nach Wegen, diese Regel zumindest aufzuweichen. Nachdem dies auf dem kooperativen Wege nicht ging und die Lizenzvereine gegen seine Vorschläge votierten (die nie auf die komplette und ersatzlose Abschffung der 50+1-Regel abzielten, sondern eher deren Lockerung erreichen sollten), war die angedrohte Zielrichtung bisher, die Regelung von europäischen Gerichten kippen zu lassen, wofür ihm das eine oder andere Rechtsgutachten gute Karten attestierte.

Vor dem Schiedsgericht nun, das – so wie ich es verstanden habe – die Rechtskompatibilität der 50+1-Regel und Kinds Contra prüft, kam Martin Kind mit einem überraschenden Kompromissvorschlag. In der aktuellen 50+1-Regel gibt es die Ausnahmeklausel, dass Firmen auch die Mehrheit an den Fußball-Kapitalgesellschaften (Profi-Clubs sind meist aus den Vereinen ausgelagerte Kapitalgesellschaften) erwerben können, wenn sie vor 1999 bereits mindestens 20 Jahre lang einen Verein gefördert haben. Wodurch es Bayer Leverkusen und den VfL Wolfsburg in ihren Konstellationen gibt, bei denen nicht die Mehrheit an der Kapitalgesellschaft beim Verein verbleiben muss. Der Kompromissvorschlag sieht nun vor, das Datum 1999 ersatzlos zu streichen und so zu einer Regelung zu kommen, bei der die Mehrheit an einer Kapitalgesellschaft auch dann auf einen Investor, eine Firma übertragen werden kann, wenn diese nur in den letzten mindestens 20 Jahren in den Verein investiert hat und die DFL dem zustimmt. In welchem Umfang diese Unterstützung stattgefunden haben muss und ob die DFL demnach auf der Basis eines harten Kritieriums oder eher nach Gefühl entscheidet, bleibt derzeit unklar.

Vermutlich ist der Kompromiss zum jetzigen Zeitpunkt das beste, was allen Beteiligten passieren kann. Die 50+1-Bewahrer-Seite kann ihr Gesicht wahren, das vor Gericht vermutlich durchgefallen wäre. Und Martin Kind könnte zumindest potenziell die Mehrheit in Hannover übernehmen. Inwieweit dies – mal abgesehen von der Juristerei – für den Fußball gut oder schlecht ist, mag jeder selbst beurteilen. Ich denke weiterhin, dass man den Wunsch nach einer auch aktiv ausgelebten aktiven Mitgliedschaft am besten in Vereinen ohne Profiambitionen in den Ligen 4 abwärts pflegen kann. Und sowieso erlaubt die heutige Meinungswelt Wege der Meinungsbildung, die wiederum gänzlich neue Möglichkeiten der Einflussnahme schaffen. Man schaue nur auf die Schalker Auseinandersetzungen um Felix Magath oder das Bayern-Theater um Manuel Neuer. Das sind nicht unbedingt die offiziellen Kanäle der Vereinspartizipation, die da genutzt werden, sondern via Facebook, Offline-Presse, Foren und Co angefachte Auseinandersetzungen um Vereinsentscheidungen, die in letzter Konsequenz auch die Meinungsäußerung im Stadion beinhaltet. Will heißen, die Aufweichung von 50+1 verhindert nicht die Möglichkeit der Einflussnahme. Nirgendwo. Und der Kompromiss führt zumindest dazu, dass verhindert wird, dass Vereine einem permanenten Besitzer-Wechsel unterliegen. Der Kompromiss begünstigt nachhaltige Investitionen. Und das kann man durchaus für akzeptabel halten. Wobei mir weiterhin eine offene Diskussion über die (nicht erreichten) Ziele, Zwecke und Absichten von 50+1 fehlt. Wochen(end)splitter VIII weiterlesen