Transfers: Bruma, Konate, Khedira, Bellot

Na, da ist doch in den letzten Wochen dann doch einiges passiert auf dem Transferkarussell. Nicht nur auf der Abgangsseite, wo fleißig weiter diverse Spieler aus dem Nachwuchsbereich den Verein nach der Abmeldung der U23 verlassen. Sondern auch auf der Zugangsseite.

Mit der Kaderplanung ist man entsprechend schon relativ weit. Aus dem Kader der letzten Saison sucht nur noch Marius Müller einen neuen (Leih-)Verein. Dazu müssen die Leihspieler Atinc Nukan, Massimo Bruno, Anthony Jung und Nils Quaschner untergebracht werden. Bei ersteren beiden bieten sich die Leiclubs Besiktas Istanbul und RSC Anderlecht an. Letztlich auch eine Geldfrage.

Auf Neuzugangsseite ist man nicht mehr weit von der Zielgröße 20 plus 4 Nachwuchsspieler (wobei Palacios als Nachwuchsspieler zählt) entfernt. Genaugenommen braucht man nur noch einen defensiven Mittelfeldspieler, einen Stürmer und einen Nachwuchsspieler (vermutlich eher defensiver Natur), um vollständig zu sein. Wobei es manchmal früh so scheint, als sei die Kaderplanung abgeschlossen und dann fallen am Ende doch noch ein paar Steinchen, sodass man umplanen muss. Möglich dass ein solches Steinchen Forsberg heißt. Möglich aber auch, dass so ein Steinchen eine schlicht unschlagbare, plötzliche Chance auf dem Transfermarkt ist. Also quasi ein neuer Burke.

Bruma

Als Chance auf dem Transfermarkt hat man offenbar Bruma wahrgenommen. So etwas wie der (bisherige) Königstransfer in diesem Sommer. Bis zu 15 Millionen Euro wird er RB Leipzig inklusive Bonuszahlungen kosten. Also ungefähr in dem Bereich, was man auch für Naby Keita und Oliver Burke gezahlt hat.

Macht auch schön die Bandbreite dessen klar, was man für 15 Millionen so an sofortiger Qualität bekommt. Bzw. macht es klar, dass die Summen wenig aussagekräftig sind, sondern einer Eigenlogik von Markt, Angebot und Nachfrage und Potenzial, Alter und ähnlichem entsprechen.

In jedem Fall kommt Bruma mit einem kleinen Ablöserucksack nach Leipzig. Und mit entsprechenden Erwartungen. Damit hat er schon sehr früh zu tun bekommen. Schon mit 18 galt er in Portugal und in Europa als der kommende Superstar. Einer, dem die Türen aller großen Klubs offenstanden.

Wenn man das als Maßstab nimmt, dann ist Brumas Karriere nicht gerade geradlinig verlaufen.  Denn er wechselte von Sporting Lissabon zu Galatasaray Istanbul, kam dort nicht so richtig auf die Füße, wurde innerhalb der Türkei verliehen, riss sich das Kreuzband und ging vor zwei Jahren dann leihweise nach Spanien. Dort kam er wieder so ein bisschen auf die Beine und spielte zuletzt nach seiner Rückkehr zu Galatasaray eine gute Saison. Und sich damit auch in den Fokus bei RB Leipzig, die ihn schon seit ein paar Monaten auf dem Zettel hatten.

Bruma ist auch ein Beispiel, wie früh verschiedenste Interessen an Talenten zerren. Der Spiegel führte schon letzten Dezember aus, dass Eltern und Verwandten noch zu Zeiten Brumas Minderjährigkeit bis zu sechsstellige Summen geboten wurden, damit man sich mit einem englischen Erstligisten überhaupt nur trifft. Onkel Catio Balde, der immer noch als Brumas Berater auftritt, verkaufte später die Bildrechte von Bruma und Teile der Transferrechte (inzwischen verboten) für eine sechsstellige Summe an einen italienischen Spielerberater. Bis 2023 soll der entsprechende Vertrag, der auch Bonuszahlungen für Vertragsunterschriften beinhaltet, gelten. Später stritt man sich juristisch um die Verträge, die Balde nicht mehr wollte.

Das ist relativ lange her. Berater und Onkel Catio Balde, der Lissabon mit Talenten aus Afrika versorgen sollte, ist geblieben. Und immer noch einer, der gern über den Stand der Dinge bei seinem Schützling Auskunft gibt. Und auch schon zu Protokoll gab, dass der Schritt nach Leipzig richtig ist, weil man sich in der Bundesliga ins Schaufenster stellen und von größerem träumen kann. Also dahin, wo Bruma schon vor vier Jahren hinzugehören schien.

Diesbezüglich ist es eher ein untypischer Transfer, den RB Leipzig da gelandet hat. Relativ unruhiger (Berater-)Hintergrund (wobei das inzwischen ja kein Einzelfall mehr ist) und ein Spieler, dessen Karriere eben nicht stringent von unten nach oben, sondern von sehr weit oben ein ganzes Stück nach unten und nun wieder ein bisschen nach oben ging. Auf der anderen Seite ist Bruma in Sachen Talent und Alter sicherlich einer, der ins Beuteschema bei RB Leipzig passt und von dem man sich einen entsprechenden Entwicklungsschritt erhoffen kann.

Mit Bruma bekommt man einen, der von der linken Außenbahn mit Tempo und gutem Dribbling agieren kann. Einer, der offensiv den Unterschied machen und auch Tore erzielen kann. Aber man bekommt auch einen ganz anderen Spielertypen als es Forsberg als spiel- und vorlagenstarker linker Zehner ist. Bruma ist dann doch eher der schnelle Außenbahnstürmer mit Zug nach innen und zum Tor, dem die Fähigkeiten als Spielmacher und als Kombinationsspieler ein wenig abgehen. Von daher wird es auch interessant, wie man ihn einbaut. Mit Oliver Burke hat man einen (weniger dribbelstarken) Spieler ja letzte Saison bereits als Zehner eher erfolglos versucht.

Interessant wird auch, was Bruma für die Defensive beisteuern kann. Gerade beim defensiven Umschalten wird bei ihm noch einige Luft nach oben gesehen. Dahingehend und in Sachen Anlaufen des Gegners wird er sich bei RB Leipzig einpassen müssen, wenn er kein zweiter Ante Rebic werden will. Meinungsverschiedenheiten mit dem Trainer auszutragen, mit dem er sich in Istanbul Anfang der letzten Saison ein wenig überworfen haben soll, dürften da auch nicht sonderlich zielführend sein.

Insgesamt wird die Frage sein, wie gut man Brumas Qualitäten in das System von RB Leipzig integriert kriegt und welche Rolle er angesichts vor allem der Konkurrenz von Forsberg und Sabitzer spielen kann. In der letzten Spielzeit hat Ralph Hasenhüttl bewiesen, dass er für viele Spieler (wenn man mal von Selke absieht) eine Rolle findet, in der diese mit ihren Stärken glänzen können. Bei Bruma werden Trainer und Spieler den Willen brauchen, einen solchen Zustand herstellen zu wollen.

Funktioniert das, kann Bruma (wie lange er am Ende auch immer bliebt; bei guter Entwicklung ganz sicher nicht die fünf Jahre, für die er unterzeichnet hat) ein sehr spektakulärer, passender Transfer werden. Aber vieles am Drumherum hat auch Potenzial zu Drama und einer gewissen Unruhe, die wenig förderlich sein würde. Von daher bleibt Bruma ein fußballerisch vielversprechender Transfer mit kleinen Fragezeichen.

Ibrahima Konate

Nicht ganz so viele Fragezeichen muss man Stand heute hinter Ibrahima Konate setzen. Denn der 18-jährige Innenverteidiger gehört sicherlich zu der Kategorie Neuzugänge, von denen man nicht sofort erwartet, die Abwehr von RB Leipzig zu tragen und auf ein neues Niveau zu heben. Vielmehr dürfte er als Innenverteidiger Nummer 4 hinter Willi Orban, Dayot Upamecano und Marvin Compper auf Einsatzzeiten lauern.

Die hat man ihm, so die Darstellung in Frankreich, auch als Perspektive mitgegeben. Weswegen der FC Sochaux mit der Idee scheiterte Konate noch mal über eine Leihe zurückzuholen. Sowieso war man beim französischen Zweitligisten überhaupt nicht amüsiert, das Talent, dem man unbedingt einen Profivertrag geben wollte, zu verlieren. Man habe ihn ausgebildet und ihm die Chance gegeben, im Männerbereich zu spielen. Die Entscheidung, den Klub zu verlassen, habe man mit “Enttäuschung und einer gewissen Bitterkeit” aufgenommen.  Als Ausbildungsklub leide man “unter Teams, die Jagd machen nach sehr jungen Spielern”.

Sportlich gesehen macht die Entscheidung von Konate für Leipzig aber durchaus Sinn. Als 1999er-Jahrgang ist er noch für die U19 des Vereins und auch für die Youth League, in der RB Leipzig kommende Saison antreten darf, spielberechtigt. Sprich, selbst wenn Konate nicht regelmäßig bei den Männern zum Einsatz kommt, kann er national und international Spielzeit sammeln und dann immer wieder mal auch in der Bundesliga hereinschnuppern. Ausbildungstechnisch ist das sicherlich durchaus ein optimaler Fall, um den Schritt in eine europäische Topliga zu wagen.

Was Konate fußballerisch drauf hat, wird man sehen. Aufgrund seines Alters gibt es diesbezüglich wenig Material und aufschlussreiche Berichte. Fakt ist, dass er gerade im Vergleich mit seinen neuen Kollegen noch mal eine ordentliche Kante und 1,92 groß ist. Dazu bringt er aber auch eine entsprechende Physis mit, während Atinc Nukan einst mit seinen 1,96 m eher schmächtig wirkte. Man wird sehen, wie sich Konate dann tatsächlich auf dem Platz präsentiert und wie schnell er Anschluss an die anderen finden kann.

Letztlich gehört Kanote zur Kategorie Perspektivtransfer, von dem man nicht gleich morgen erwarten sollte, dass er in der Bundesliga durchstartet. Interessant wird dabei aber auch der Quervergleich mit Dan-Axel Zagadou. Auch Franzose. Auch 18 (beide trennen nur neun Tage). Auch Innenverteidiger. Auch mal bei RB Leipzig auf dem Zettel, aber vor kurzem in Dortmund gelandet.

Rani Khedira

Dortmund ist ein gutes Stichwort. Denn die Partie beim BVB war die einzige Partie von Rani Khedira, bei der er in dieser Saison bei RB in der Startelf stand. Dass das nicht befriedigend sein kann, dafür muss man nun das Innenleben des 23-Jährigen nicht im kleinsten Detail kennen. Von daher war es nachvollziehbar und voraussehbar, dass Khedira im Sommer nach Auslaufen seines Vertrags den Verein wechselt. Mit Augsburg hat er auch einen solide geführten Bundesliga-Klub gefunden, bei dem er nach dem Abgang von Dominik Kohr auf Spielzeiten hoffen darf.

2014 kam Rani Khedira vom VfB Stuttgart, wo er als hoffnungsvolles Talent ein wenig verheizt wurde und nach einem schnellen Bundesliga-Aufwind ebenso schnell auf der Bank landete. In Leipzig war Khedira unter Zorniger relativ unumstrittener Stammspieler. Die Zeit unter Beierlorzer in der Rückrunde verpasste er fast vollständig wegen einer Verletzung. Und dann ging es unter Rangnick schon wieder bergab.

Denn im zweiten Zweitligajahr stand Khedira nur noch selten in der Startelf. Insgesamt reichte es nur zu neun Spielen von Beginn an. Rangnick erklärte dazu einst, dass Khedira von allem was, aber nichts überragend könne und ihm entsprechend eine Art Spezialität fehlt. Vielleicht ist das eine ganz treffende Beschreibung und vielleicht klingt das auch negativer als es tatsächlich ist.

Khedira selbst nahm sich das in der Zweitligazeit zu Herzen, arbeitete an seiner Ernährung, versuchte noch spritziger zu werden. Geholfen hat ihm das in dieser Saison relativ wenig. Hinter Demme, Ilsanker und später Keita stand er auf verlorenem Posten. Gelegentlich durfte er in der Endphase von Spielen ran, um beim Verteidigen von Führungen zu helfen. Einmal spülte ihn eine lange Ausfallliste ins Team. Zu wenig für einen, der spielen und in seiner Karriere durch Aktionen auf dem Platz auffallen will.

Wie bei Davie Selke führte die Situation aber auch bei Rani Khedira nicht zum Murren oder Querschießen. Seine Unzufriedenheit über die Situation wusste er schon zu äußern, wenn man ihn fragte, aber über die Mannschaft stellte er sich dabei nicht. Er traf halt früh die Entscheidung, dass sein nächster Karriereschritt das Versprechen auf Spielzeit beinhalten muss. In Leipzig konnte man ihm das nicht aufzeigen, auch wenn man einen wie ihn für die Breite des Kader durchaus gern behalten hätte, von daher war der weitere Weg vorgezeichnet.

Der FC Augsburg kriegt nun einen Sechser, der relativ breit aufgestellt ist. Eine richtige Schwachstelle ist bei ihm nicht auszumachen. Solide erfüllt er seine Aufgaben in der Verbindung von Offensive und Defensive. Für eine Spielidee, die auch immer wieder auf Balleroberung und Ansprinten setzt, war Khedira nie der ganz optimale Spielertyp. Aber er fügte sich in das System ein, so gut es ging. In Augsburg wird er in einer Rolle eher als defensiver Stabilisator und Ballverteiler mit eingestreuen Offensivausflügen vielleicht schon wesentlich besser aufgehoben sein. Hängt halt davon ab, was man dort in ihm sieht und was für Aufgaben man ihm anvertraut. Letztlich waren es keine ausschließlich schlechten Jahre für Khedira in Leipzig, aber der letzte Grad an Erfüllung war es für beide Seiten sportlich gesehen sicherlich nicht.

Benjamin Bellot

Mit Benjamin Bellot verlässt zudem ein Spieler den Verein, der zuletzt gar nicht mehr zum Profikader gehörte, sonder dauerhaft in die U23 versetzt war. Trotzdem durfte er gegen Darmstadt noch mal hinter Fabio Coltorti auf die Bundesliga-Bank, weil Gulacsi und Müller krank bzw. verletzt ausgefallen waren. Gänsehaut habe er beim Einlaufen zum Warmmachen bekommen, so bekannte Bellot zuletzt in der LVZ.

Der warme Empfang für ihn (und Coltorti) lag auch daran, dass sich der Keeper in Leipzig durchaus größerer Beliebtheit erfreut. Dabei spielt sicherlich auch eine Rolle, dass er seit 2009 im Verein und damit schon früh das einzige echte Urgestein in der Mannschaft war. Selbst wenn er in der ersten Saison mit seinen 19 Jahren gerade mal einen Einsatz als Ersatzkeeper hatte.

Viel mehr sollten es auch in den Folgejahren nicht werden. Immer war er irgendwas zwischen Nummer 2 und Nummer 3. Als Nummer 1 wollte der Verein nie so richtig auf den 1,88 m großen Schlussman setzen. Kein Spiel unter Oral 2010/2011, weil der lieber auf Christopher Gäng setzte. Ein Ligaspiel unter Pacult. Zwei Ligaspiele im ersten Jahr unter Zorniger. Erst 2013/2014 kam man nach den Ausfällen von Coltorti und Domaschke nicht mehr an ihm vorbei. Elf Drittligaspiele, darunter sieben ohne Gegentor standen schließlich in dieser Saison, in der er sich als solider Rückhalt präsentierte, auf dem Zettel.

Auch in der folgenden Zweitligasaison stand Bellot für zehn Spiele im Tor, weil Coltorti verletzt war und machte seine Sache ordentlich. Was ihm nichts half, denn 2015/2016 machte ihn Rangnick zur Nummer 3 hinter Gulacsi und Coltorti und für die Bundesliga zur Nummer 4, weil man mit Marius Müller noch einen weiteren Keeper verpflichtete.

Bellot machte sein Studium zu Ende und trug seine Rolle mit Fassung, auch wenn er zuletzt eine gewisse Enttäuschung durchklingen ließ, dass dauerhaftes Vertrauen in ihn im Verein nicht so richtig vorhanden war. Außer vielleicht bei Alexander Zorniger, der ihn nun auch nach Dänemark zu Bröndby IF holt. Ob Bellot dort die Bank droht, wird im wesentlichen davon abhängen, ob Dänemarks Nationalkeeper Frederik Rönnow wie allgemein erwartet noch den Verein verlässt.

Alexander Zorniger weiß natürlich recht genau, was er mit Bellot kriegt. Nämlich einen Keeper, der ein recht gutes Spiel mit dem Fuß hat und auf der Linie meist sicher und mindestens gut ist. Probleme hatte er in seinen Zeiten bei den RB-Männern vor allem beim Herauslaufen. Das fiel aber vielleicht auch nur so stark auf, weil sein Kontrahent Coltorti war, der in Sachen Herauslaufen vor nichts und niemandem Angst hatte und eine Dampframme war/ ist.

Letztlich ist es genau der richtige Schritt von Benjamin Bellot, mit 26 Jahren zu einem ambitionierten Team in einer nicht ganz so großen Liga zu wechseln. Zu einem Trainer, der genau weiß, was er sich mit Bellot in die Mannschaft holt und entsprechend vielleicht auch einen klaren Plan hat, wie er seinem Keeper zu Einsatzzeiten verhelfen kann. Benjamin Bellot war acht Jahre lang bei RB Leipzig in erster und zweiter Mannschaft von der zweiten Liga bis runter in die Bezirksliga eine treue Vereinsseele. Ein stiller Vertreter im lauten Fußballbusiness. Als solcher wird er aber manch einem vermutlich länger positiv in Erinnerung bleiben.

Gipson, Fechner, Grauschopf, Mauer, Placheta

Nur wenig zurück bleibt dagegen von Ken Gipson. Der bei RB Leipzig kein Glück fand. Bzw. keines, das seinem Temperament und seinen Karrierezielen entsprochen hätte. Vor zwei Jahren kam er zu RB Leipzig. Hoffnungsvolles Rechtsverteiger-Talent. In seiner ersten Saison hatte er ein gutes Spiel in Sandhausen (nach Einwechslung) und ein schwaches gegen Kaiserslautern und war nach diesen zwei Einsätzen am 13. und 14. Spieltag komplett außen vor und bei der U23.

Eigentlich stand schon vor der aktuellen Spielzeit ein Wechsel im Raum. Damals konnte man sich vereinsseits aber nicht so recht dazu durchringen, ihn ziehen zu lassen. Zu dünn schien die Außenverteidigerposition besetzt. Eine Entscheidung, die sich überhaupt nicht auszahlte. Denn Gipson spielte im Bundesliga-Team auch nach der Klostermann-Verletzung gar keine Rolle.

Dazu trug auch bei, dass er sich bei der U23 Ende September das Sprunggelenk brach. Seine zweite schwere Verletzung, nachdem er sich in der Jugendzeit schon mal Schien- und Wadenbein gebrochen hatte. Wegen seiner Verletzung verpasste Gipson große Teile der Hinrunde und wegen der Nachbehandlung auch größere Teile der Rückrunde. Nach dem Aus für die U23 war auch der Abschied von Gipson klar. Wäre er aber wohl auch so gewesen.

Mit dem SV Sandhausen hat Gipson einen guten Zweitligisten gefunden, der auch diesen Sommer schon mit ein paar gut klingenden Verpflichtungen aufgefallen ist und der mit Kenan Kocak auch einen guten Trainer zu haben scheint. Dieser Schritt könnte für den 21-Jährigen entsprechend ein sehr guter werden bzw. einer, bei dem ihm der Anschluss an den Profifußball gelingen kann.

Dafür muss er aber auch noch einiges lernen. Er bringt eine gute Portion Wildheit, Dynamik und hohes Engagement mit. Es macht immer viel Spaß, ihm beim Kicken zuzuschauen, weil immer Action ist und immer was unvorhergesehenes passieren kann. Damit verbunden ist aber auch ein taktisch ausbaufähiges Verhalten in allem, was mit Positionsspiel und Defensivarbeit zu tun hat. Vielleicht findet er ja in der zweiten Liga in Sandhausen ein Setting, das eine gute Lernkurve mit sich bringt.

Auch Gino Fechner kam wie Gipson vor zwei Jahren zu RB Leipzig. Auch er eigentlich mit der Perspektive eher kurzfristig an den Profibereich herangeführt zu werden. Teilnahme am Trainingslager der Profis inklusive. Jetzt verlässt er den Verein schon wieder gen Kaiserslautern und steht ein bisschen sinnbildlich dafür, dass die RB-Nachwuchsarbeit der letzten zwei, drei Jahre einfach so den Verein verlässt. Vor zwei Jahren hat man sich noch sehr um ihn bemüht. Über 50 Spiele hat er in U19 und U23 gemacht. Nun zieht er ohne Einsatz bei den Profis mit knapp 20 Jahren für gerade mal 50.000 Euro weiter.

Kaiserslautern darf sich bei diesem Deal über einen talentierten Defensivspieler freuen, der zuletzt mit Deutschland auch bei der U20-WM war. Fechner kann von der Sechs über den Rechtsverteidiger bis hin zum Innenverteidiger alles spielen. Für die Innenverteidigung reicht es in der zweiten Liga sicher noch nicht. Rechtsverteidiger oder Sechser kann man sich je nach Spielausrichtung mit ihm schon recht solide vorstellen.

Ob es dann für einen wie ihn auch reicht, aus dem Nachwuchsbereich heraus im Männerfußball Fuß zu fassen, weiß man natürlich nicht. Der Schritt ins RB-Bundesligateam war für ihn, der in mancher Hinsicht vielleicht auch an eine defensivere Version von Rani Khedira erinnert, wohl etwas arg groß. Trotzdem ist es irgendwie bezeichnend für den Stand der Dinge nach der Abmeldung der U23, dass Fechner den Verein nach zwei Jahren komplett verlässt, ohne dass er je eine richtige Chance bei den Profis bekommen hätte.

In abgeschwächter Form gilt das auch für drei andere Spieler aus dem Nachwuchsbereich, die neue Vereine gefunden haben. Nominell am höchsten wechselt dabei Paul Grauschopf. Der hat beim FC Ingolstadt in der zweiten Liga unterschrieben. Allerdings soll er über das Regionalliga-Team an die zweite Liga herangeführt werden. Vor gerade mal einem Jahr hatte RB den Defensivmann aus Fürth geholt. Mit demnächst 19 Jahren wechselt der 2016 noch Hochgelobte nun ohne Leihe weiter nach Ingolstadt, weil er keine Perspektive in Leipzig hat..

Mit Timo Mauer und Przemyslaw Placheta könnte man zudem zwei Spieler künftig in der dritten Liga wiedersehen. Timo Mauer hatte RB Leipzig im Januar 2015 aus Jena geholt, weil er sich dort in die Bücher der Scouts gespielt hatte. In Leipzig durchlief er U19 und U23 und spielte sich im Regionalliga-Team fest. Der Sprung in die Bundesliga wäre für den quirligen Offensivmann aber deutlich zu früh gekommen. Weswegen er sich nun in Paderborn versuchen darf. Placheta wiederum kam vor zwei Jahren aus Polen und galt als vielversprechender linker Außenbahnspieler, sowohl defensiv als auch offensiv. Auf den großen Durchbruch muss der polnische Nachwuchsnationalspieler nun bei der SG Sonnenhof Großaspach hoffen. Für ihn und seine Karriere sicherlich wie bei den Herren Fechner, Grauschopf, Gipson und Mauer der richtige Schritt.

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Rani Khedira und Coach Ralph Hasenhüttl in einer typischen Situation, bei der man nicht weiß, wer unglücklicher aussieht. | GEPA Pictures - Roger Petzsche
GEPA Pictures – Roger Petzsche

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