Konstantes Trio wird gesprengt

Zuletzt wurde hier im Rahmen der zahlenmäßigen Auswertung der letzten Saison die Plus-Minus-Statistik präsentiert, die für jeden Spieler ausweist, wie das Torverhältnis nur in der Zeit war, in der er auf dem Platz stand. Die entsprechenden Abweichungen zum Durchschnittswert von RB Leipzig über die Saison könnten Auskunft darüber geben, welcher Spieler einen besonders positiven Einfluss auf das RB-Spiel hatte und welcher nicht.

Die Statistik ist nur eine grobe Annäherung. Genaugenommen müsste man noch einige Sachen gewichten. Es macht beispielsweise einen Unterschied, ob ich zu zehnt gegen Bayern München ein 0:0 halte oder zu elft. Auch der Spielstand macht einen Unterschied. Wenn man bei einer 3:0-Führung eingewechselt wird, dann ist es wahrscheinlicher, dass man nicht mehr viele Tore für sich verbuchen kann oder vielleicht sogar als Einwechsler mit einem negativen Torverhältnis verbucht wird. Nicht zwangsläufig, weil man so schlecht gespielt hat, sondern weil bei den Mitspielern die Luft schon raus war und es nur noch um Ergebnisabsicherung ging.

Auch wenig Spielzeit erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass man kurzfristig eher zufällige Effekte misst, die beispielsweise aus dem Spielplan oder aus unterschiedlichen Saisonphasen resultieren. Entsprechend sind die positiven Zahlen für Ademola Lookman auch noch mit Vorsicht zu genießen.

Im Baseball habe ich zudem mal eine Statistik gelesen, die deutlich machte, dass gute Statistiken in einer Saison keine gute Voraussage für die nächste Saison sind. Sprich, Spieler die in der einen Saison die Rekorde gebrochen haben, spielten in der kommenden Saison meist eher deutlich schwächer (wenn natürlich meist immer noch auf hohem Niveau). Auch das verweist darauf, dass viele Statistiken erst über lange Sicht ihre Relevanz entwickeln, weil sie dann durch die höhere Datenbasis konstante Entwicklungen und so etwas wie ein normales Leistungslevel darstellen können (während kurzfristige Statistiken für Saisonanalysen relevant bleiben).

Für die Plus-Minus-Statistik würde man annehmen, dass die Werte sich über einen längeren Zeitraum eher angleichen (weil einer sehr guten Saison nicht zwangsläufig eine sehr gute folgt) und zum Mittelwert hin entwickeln. Wer aber tatsächlich über einen längeren Zeitraum Werte aufweist, die sich vom Mittelwert deutlich unterscheiden, bei dem lässt sich dann schon eher was über seinen Wert für das Team oder seine Rolle im Team aussagen (wenn auch wiederum nicht zwangsläufig über seine fußballerische Qualität, die ja in ein anderes Team wesentlich besser passen kann).

Lange Rede, kurzer Sinn. Für die letzten beiden Bundesliga-Jahre von RB Leipzig habe ich die Plus-Minus-Werte mal zusammengezogen. Dabei kommen nur Spieler in die Betrachtung, die mindestens drei Halbserien absolviert haben und die in jeder dieser Halbserien mindestens 300 Spielminuten gekriegt haben. Das sind immerhin zwölf Spieler und damit dann doch ein recht großer prägender Kern für die Bundesliga.

Von den zwölf Spielern kommen Halstenberg und Upamecano jeweils nur auf drei Halbserien, weil der eine zuletzt in der Rückrunde komplett verletzt war und der andere erst im Winter der Saison 2016/2017 nach Leipzig kam. Entsprechend haben sie eine andere Vergleichsbasis. Während RB Leipzig über die zwei Jahre eine Tordifferenz von 0,46 pro 90 Minuten hatte, hatte RB in den drei Spielzeiten, in denen Upamecano dabei war, nur eine Tordifferenz von 0,24 und in den drei Spielzeiten, in denen Halstenberg mitspielen konnte, eine von 0,57. Für die beiden Spieler sind entsprechend diese Zahlen die Vergleichszahlen.

Wenn man über die Zahlen drübergeht, dann stellt man tatsächlich fest, dass die Abweichungen vom Mittelwert über einen längeren Zeitraum eher geringer werden (um die Zahlen vergleichbar zu machen, werden in der unten stehenden Tabelle nur die Abweichungen vom Mittelwert dargestellt, nicht die absoluten Tordifferenzwerte selbst). Trotzdem gibt es Spieler, die nach oben oder nach unten herausfallen.

Nach oben sind es vor allem Diego Demme, Bernardo und Naby Keita, die über zwei Jahre lang damit nachgewiesen haben, dass ihr Mitwirken das sportliche Ergebnis von RB Leipzig konstant verbessert. Bei Dauerläufer Demme und Kreativkraft Keita ist das ein Ergebnis, das plausibel erscheint. Demmes Fähigkeiten, das Spiel in beiden Richtungen des Feldes zusammenzuhalten, sind unbestritten und Keita ist als Unterschiedsspieler eh über jeden Zweifel erhaben. Dass Bernardo, der RB Leipzig diesen Sommer offenbar verlässt, in der Statistik auch auftaucht, überrascht vielleicht ein bisschen, weist aber eben auch darauf hin, dass der Brasilianer ein sehr verlässlicher, vor allem defensiv starker Spieler war. Der zwar auch immer mal einen Aussetzer in seinem Spiel hatte, aber insgesamt doch wesentlich solider und wertvoller agierte, als das der eine oder andere vielleicht vermuten würde.

Tendenziell steht auch Dayot Upamecano zumindest in Sachen Torverhältnis über dem Rest, während nach unten mit Willi Orban und Yussuf Poulsen zwei absolute Säulen der ersten Bundesligasaison abfallen. Beim Kapitän deutet sich darin so ein bisschen an, dass die Tatsache, dass er auf seiner Position zuletzt auch nicht mehr per se gesetzt war, durchaus auch einen Hintergrund hat. Poulsen hat wie auch ein Sabitzer gegenüber der Vorsaison statistisch deutlich verloren.

Interessant vielleicht, dass es über vier Halbserien hinweg im Schnitt statistisch keinen Unterschied machte, ob Timo Werner, Marcel Halstenberg oder Marcel Sabitzer auf dem Platz standen oder nicht. Sprich, in Sachen Tordifferenz gab es keinen Unterschied zwischen den Zeiten, in den das Trio auf dem Platz stand und den Zeiten, in denen das Trio fehlte. Das heißt dann nicht, dass man sie einfach gegen andere Spieler aka Neuzugänge austauschen könnte. Das heißt nur, dass sie ein normales RB-Niveau prägen, aber nicht konstant die Faktoren sind, die über dieses normale Niveau hinaus Einfluss auf die Mannschaftsergebnisse haben.

Angesichts der recht großen Datenbasis und der Tatsache, dass auch die Zeit, in denen sie fehlten, durchaus aussagekräftig groß war (im Gegensatz dazu liegt die Tendenz zum Mittelwert bei Gulacsi einfach daran, dass er fast immer auf dem Feld stand, es also kaum Fehlzeiten gab), ein bemerkenswertes Ergebnis, dass Bernardo, Demme und Keita in den letzten zwei Jahren wichtiger waren als Werner, Sabitzer oder Halstenberg und erst recht als Orban oder Poulsen.

Wird dann interessant in einem Jahr noch mal draufzugucken und dann zu sehen, wo der Plus-Minus-Überflieger der letzten Saison Jean-Kevin Augustin dann landet und ob er sich auch eher gen Mittelwert einordnet oder ob er weiter so über allen schwebt. Bis dahin bleibt zu konstatieren, dass RB Leipzig mit Keita und Bernardo gleich zwei der drei Spieler verliert, die zwei Jahre lang rein nach Statistiken den konstant positivsten Einfluss auf die RB-Ergebnisse hatten. Mit Ilsanker und Orban stehen den Gerüchten nach zudem auch zwei Spieler auf der Kippe, die zum Gerüst der Mannschaft gehörten.

[Differenz Tore = Abweichung der Tordifferenz vom Wert von RB Leipzig insgesamt zwischen 2016 und 2018 (0,16 bedeutet, dass pro 90 Minuten die Tordifferenz mit diesem Spieler auf dem Platz um 0,16 besser war als ohne ihn); Differenz Punkte = Abweichung der Punktezahl, die jeder Spieler zu dem Zeitpunkt sammelte, als er vom Platz ging von jener von RB Leipzig insgesamt.]

Spieler Differenz ToreDifferenz Pkt
Diego Demme0,160,09
Bernardo0,160,08
Naby Keita0,120,06
Dayot Upamecano0,10-0,04
Marcel Sabitzer0,000,05
Timo Werner0,000,01
Marcel Halstenberg0,000,00
Stefan Ilsanker-0,020,05
Emil Forsberg-0,020,00
Peter Gulacsi-0,030,01
Yussuf Poulsen-0,090,01
Willi Orban-0,09-0,04

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Diego Demme gehört zu den Spielern bei RB Leipzig mit dem größten Einfluss auf die Resultate. | GEPA Pictures - Andreas Pranter
GEPA Pictures – Andreas Pranter

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Ein Gedanke zu „Konstantes Trio wird gesprengt“

  1. Hi, hi, schöner Zufall.
    Denn drüben bei TM diskutieren wir gerade, wer der neue (alte?) Kapitän werden soll und ich habe Gulacsi und Orban eben rausgenommen und bin eher für Demme und Sabitzer.
    Und mit diesen Blog geht das Pendel dann eindeutig zu Demme.
    Danke.

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