Wieder mal ein Vogel-Abschied – RB Leipzigs Nachwuchssaison 2015/2016

Für die U23 begann bereits am Montag, also vorgestern die Vorbereitung auf die neue Saison. Heute tritt man schon zum ersten Testspiel beim Thüringenligisten SV Rositz an. Fünf Wochen Pause waren das. Nicht übermäßig viel.

Die vergangene Saison der U23 von RB Leipzig, die erste in der Regionalliga Nordost, brachte am Ende einen sicheren Klassenerhalt, der sich in der Form lange nicht abgezeichnet hatte. Was einerseits daran lag, dass erst spät klar war, wie viele Teams absteigen würden (nämlich zwei statt im schlimmsten, theoretisch denkbaren Fall fünf) und andererseits daran, dass sich der Nachwuchs vor allem in der ersten Saisonhälfte reichlich schwer tat.

Man brauchte ziemlich lange, um in die Saison hineinzufinden, weil zu Beginn teilweise die Abgeklärtheit und Routine fehlte, was sich in einigen Platzverweisen (am Ende sieben) und einigen frühen Rückständen zeigte. Wenig vorteilhaft dabei, dass man wenig Kaderruhe hatte. Insgesamt setzte man über die Saison 40 Spieler ein. Viel zu viel, um früh ein eingespieltes Team zu etablieren.

Und das lag nicht nur daran, dass immer mal Profis von oben geschickt wurden, um Spielpraxis zu sammeln. Ein Zustand für ein Nachwuchsteam, der nie so richtig optimal ist, weil die Talente sich natürlich fragen, warum sie sich die ganze Woche im Training zeigen, wenn sie am Wochenende eh per se auf die Bank geschickt werden können, weil der Profi von oben kommt. Ein Zustand aber auch, der halt ist wie er ist bei einem Team, das als Profianschlusskader fungiert.

Die Kaderrunruhe bekam man aber im Laufe der Saison in den Griff, sodass man spätestens nach der Winterpause mit einem im Rahmen der Möglichkeiten Stamm an Spielern auflief. Was dann dazu führte, dass man in den 17 Rückrundenspielen mit 26 Punkten vierbestes Team war. Wobei anzumerken ist, dass man damit eher Zweitbester des Rests (die Plätze 3 und 12 trennnten in der Zeit gerade mal sechs Punkte) war und nicht überlegenes Spitzenteam. Denn die Überflieger aus Zwickau und vom BAK waren mit 14 bzw. 18 Punkten Vorsprung aus den letzten 17 Spielen mehr als deutlich vom RasenBallsport-Nachwuchs entfernt.

Ein Grundstein, auf dem man aufbauen kann, wurde trotzdem in der Rückrunde der vergangenen Saison gelegt. Neun der zwölf meisteingesetzten Spieler der abgelaufenen Spielzeit werden nach aktuellem Stand der Dinge auch in der kommenden Spielzeit zum U23-Kader gehören und tragen zur Hoffnung bei, dass eine Steigerung Richtung besseres Mittelfeld oder gar Topdrittel der Liga möglich ist. Mit Cottbus, dem BAK, Nordhausen, BFC Dynamo und Jena hat man wohl die Topfavoriten auf Platz 1 versammelt. Aber an dieses Quintett ein kleines Stück heranzuschnuppern, dürfte die Aufgabe für das Team in der nächsten Spielzeit sein.

Wie immer geht es aber beim Kaderneuaufbau bei der U23 auch darum, Talenten Spielzeit und Entwicklungsmöglichkeiten zu geben, die Richtung Profibereich schielen. In der vergangenen Spielzeit waren nicht so viele Spieler häufig in der U23 im Einsatz, denen man den Sprung in ein Bundesligateam zutrauen würde. U19-Nationalspieler Gino Fechner gehört mit seiner schon in der abgelaufenen Saison gezeigten Sicherheit im Männerbereich sicherlich dazu. Timo Mauer, Ken Gipson und Patrick Strauß (letztere beide gehörten ja formal schon zu den Profis) kann man mit kleineren oder größeren Abstrichen vielleicht noch dazurechnen.

Für die kommende Saison wird der U23-Kader noch mal mit diversen U19-Spielern aufgestockt. Am interessantesten dabei sicherlich die 1998er-Jahrgänge, die auch noch U19-Bundesliga spielen könnten. Also Felix Beiersdorf, Dominik Franke und Vitaly Janelt. Interessant auch, dass Idrissa Touré offiziell (bisher) nicht zu den Zugängen zum U23-Kader gehört. Was nur bedeuten kann, dass er weiter Einsätze in der U19 kriegt (wo er in der abgelaufenen Rückrunde nicht so präsent spielte, wie er das könnte oder wie man das von jemandem, der bei den Profis schon debütierte erwartet hätte) oder im Profikader gesehen wird.

Eines der wichtigsten Ergebnisse der abgelaufenen Saison war bei der U23 der Abgang von Tino Vogel, dem RB-Trainerurgestein, der bereits in der Winterpause beschlossen wurde. Eine Vereinsentscheidung, mit der Vogel nicht so richtig glücklich war und die er inhaltlich schwerlich nachvollziehbar fand. Nicht ganz zu Unrecht verwies Vogel darauf, dass seine Arbeit hinsichtlich der Entwicklung von Talenten noch gar nicht bewertbar sei, weil bisher noch kaum Talente bei ihm angekommen waren.

Tatsächlich war die abgelaufene Spielzeit die erste, bei der man ein paar Spieler hätte erkennen können, die eine Karriere bei RB Leipzig vor sich haben könnten. Und die Entscheidung, Vogel bei der U23 zu entlassen, zu einem Zeitpunkt zu treffen, zu dem der Tabellenplatz auch eine Folge der gewollten Vereinspolitik, extrem viele Spieler testweise in die U23 zu schmeißen war, war auch nicht sonderlich glücklich.

Tino Vogel arbeitete seit 2009 bei RB Leipzig. Er führte zuerst die Männer in die Regionalliga, um dann am Tag nach der Aufstiegsfeier und an seinem Geburtstag gekickt zu werden. Er übernahm dann die U19 für ein Jahr, wo er mit Aufstiegsträumen startete, aber im gehobenen Mittelfeld landete. 2011 kam er dann zur U23 in die Landesliga. Drei Spielzeiten dauerte es, bis der Aufstieg in die Oberliga gelang. Mindestens eine Spielzeit davon war nicht vorgesehen und Vogel zwischenzeitlich immer mal wieder schon abgeschrieben und ersetzt. Nach dem Aufstieg in die Oberliga ging es aber schnell. Durchmarsch in die Regionalliga und dort dann am Ende ein sicherer Klassenerhalt.

Tino Vogel mag in der Außensicht sicherlich nicht der modernste Übungsleiter der Welt sein. Ex-Spieler wie Sven Neuhaus warfen ihm mehr oder minder durch die Blume vor, dass das Training nicht auf allerhöchstem Niveau stattgefunden habe. Zu einer Zeit allerdings als bei RB Leipzig in Bezug auf die Rahmenbedingungen nicht viel auf allerhöchstem Niveau ablief.

Tino Vogel war in seiner Zeit bei RB Leipzig (und mit sieben Jahren Vereinszugehörigkeit ist er nun mal ein Urgestein) dem Verein gegenüber immer loyal, selbst wenn deren Entscheidungen nicht immer in seinem Interesse waren. Er machte hier seinen Fußballlehrerschein und ging seine Wege, die am Ende eben auch durchaus erfolgreich waren. Dass er zweimal in die Regionalliga aufstieg und nun beide Male dort seine Mannschaft verliert, ist eine böse Ironie der Geschichte.

Was aus Tino Vogel, der in dieser Höher-Schneller-Weiter-RB-Welt immer ein wenig wie aus der Zeit gefallen wirkt, wird, ist unklar. Entsprechende Gespräche stehen noch aus. So richtig kann man sich aber keinen sinnigen Job für Vogel im RB-Nachwuchsuniversum vorstellen. Zumindest keinen Job, der auch Verantwortung in einem Ausmaß beinhaltet, wie sie einer wie Tino Vogel tragen sollte und wie er sie sicherlich auch tragen will.

Dass Vogel vornehmlich repräsentative Aufgaben wie ein Perry Bräutigam übernimmt, kann man sich jedenfalls nicht vorstellen. Vielleicht ergibt sich ja in naher bis mittlerer Zukunft noch ein guter Regionalligajob irgendwo oder es öffnet sich doch noch ein überraschendes RB-Türchen.

Für Tino Vogel übernimmt Robert Klauß, der bisherige U17-Coach die U23. Was in gewisser Hinsicht konsequent ist, wenn man daran denkt, dass es ja vereinsintern auch darum geht, Trainertalente selbst zu entwickeln. Erstaunlich an der Besetzung lediglich, dass Klauß noch gar kein Fußballlehrer ist und beim in den nächsten zwei, drei Spielzeiten angestrebten Aufstieg in die dritte Liga gar nicht auf der Bank sitzen könnte.

Was darauf verweisen könnte, dass Klauß auch eher eine Übergangslösung ist. Bzw. darin auch ein Stückweit eine neue Herangehensweise im Verein steckt. Wie bei Frank Leicht, der nach zwei Jahren als RB-U19-Trainer (und vorher zwei Jahren als U17-Trainer) nun ein Jahr mit Weiterbildungen, Hospitanzen und Scouting einschiebt und dann wieder in den Trainerbetrieb eingegliedert werden soll (vielleicht ja sogar bei der U23).

Vielleicht ist der Plan bei Robert Klauß ja ähnlich. Nach seiner Zeit als U17-Trainer (reichlich ein Jahr) kann er nun Erfahrung in einem höheren Jahrgang sammeln, bevor er dann noch mal eine Auszeit nimmt, um Fußballlehrer zu werden, seine Erfahrungen zu reflektieren und aufzuarbeiten und dann vielleicht bereit für den nächsten Schritt bereit zu sein.

Wie auch immer es läuft, die bei Frank Leicht erprobte Idee, mal ein Jahr ohne den Alltag als Trainer einzulegen, um all die Dinge aufzuarbeiten, für die sonst keine Zeit bleibt, ist eine interessante. Mal sehen, ob sich das als sinnige Maßnahme erweist und die aus dem Trainingsbetrieb genommenen Akteure auch nach einem Jahr wieder einen passenden Einstieg bei RB finden. Die Posten bleiben ja derweil nicht unbesetzt.

Frank Leichts U19 absolvierte in der vergangenen Spielzeit jedenfalls eine durchwachsene Saison, in der wesentlich mehr möglich gewesen wäre. Doch gerade mal Platz 7 in der Rückrundentabelle und nur 6 von 13 gewonnenen Spielen waren viel zu wenig. Nur ein Punkte aus den vier Spielen gegen Bremen und Wolfsburg, die beiden Topteams der Liga, die zwischenzeitlich auch schwächelten, verweisen darauf, wo man primär die Punkte hat liegen lassen. Aber auch die fünf Auswärtsniederlagen (vier mehr als Spitzenreiter Bremen) waren zu viel.

Problem dabei auch, dass die zentralen Figuren der U19 Gino Fechner, Idrissa Touré und Vitaly Janelt durch U23-Delegierungen, Profikaderabstellungen und Verletzungen vor allem in der Rückrunde nicht mehr in dem Maße zur Verfügung standen, wie es vielleicht nötig gewesen wäre. Aber das sind halt die Probleme eines Nachwuchsteams, mit denen eben fehlende Konstanz fast schon zwangsläufig verbunden ist. Im Mittelpunkt steht halt die individuelle Entwicklung von Spielern und das diesbezügliche Interesse korrespondiert nicht immer mit Teamerfolg.

Näher dran am Teamerfolg in Form des Staffelsiegs in der Bundesliga Nord/Nordost und damit an der Teilnahme an der Endrunde um die deutsche Meisterschaft war die U17 von RB Leipzig unter Robert Klauß. Auch hier fehlte zwischenzeitlich ein wenig die Konstanz. Zweiter mit vier Punkten Rückstand auf Wolfsburg geht aber durchaus als mindestens ordentliche Saison durch für ein Team, das ja so ein bisschen die erste Jahrgangsstufe ist, in der bundesweit gescoutete Talente eingebaut werden.

Wobei der Paradigmenwechsel im Jugendbereich, viel Klasse extern aus anderen Nachwuchsleistungszentren abzuwerben, auch noch nicht ganz bis zur U23 durchgedrungen ist. Viele Spieler in der höchsten Nachwuchsaltersstufe sind schon recht lange bei RB Leipzig. Gino Fechner (aus Bochum) und Timo Mauer (aus Jena) gehören im kommenden U23-Kader zu denen, die erst im U19-Alter nach Leipzig gekommen sind. Der kroatische U19-Nationalspieler Dominik Martinovic kam zudem als bisher einziger externer Neuzugang von der U19 des FC Bayern zur RB-U23.

Insgesamt gibt es im Nachwuchsbereich viel Qualität, die langsam auch in der U23 durchschlägt. Inwieweit sie das Regionalliga-Team auch tragen und in den nächsten ein, zwei Jahren auf ein neues Leistungsniveau, also auf Spitzenniveau in der Regionalliga heben kann, muss man abwarten. Der Schritt dort ganz an die Spitze ist ein vergleichsweise großer. Zumal für ein so extrem junges U23-Team, wie es das von RB Leipzig in dieser Saison ist, in einer Liga, in der Robustheit oft über Fußballkunst siegt. Dass der RB-Nachwuchs in der abgelaufenen Rückrunde auch mal dreckige Punkte mitnahm, kann da als kleines Hoffnungszeichen durchgehen.

Alles in allem war die Nachwuchssaison in den höheren Altersklassen von RB Leipzig ordentlich, aber nicht überragend. Die U23 schaffte nach anfänglichen Problemen sicher den Klassenerhalt. Was Minimalziel nach dem Aufstieg war. Die U19 (wird künftig von Achim Beierlorzer betreut) blieb sicherlich ein Stück unter den Erwartungen, die auf Mitspielen um den Staffelsieg in der Bundesliga Nord/Nordost hinausliefen. Zehn Punkte Rückstand auf Bremen waren etwas arg viel. Und die U17 (bekommen Sebastian Hoeneß als neuen Coach) belegte mit Platz 2 in der Bundesliga einen ordentlichen Platz.

Das alles natürlich nur unter dem Fokus von Teamerfolg. Wichtiger die individuelle Ausbildung von Talenten. Positives Zeichen diesbezüglich, dass mit Idrissa Touré, Vitaly Janelt, Gino Fechner und auch Agyemang Diawusie vier Spieler nah an den Profikader heranrückten. Erstere drei durften sich im Wintertrainingslager zeigen und auch sonst oft mit den Profis trainieren. Touré wurde der jüngste je bei RB Leipzig in einem Pflichtspiel eingesetzte Spieler. Diawusie wurde nur vom Schlusspfiff in der Partie gegen 1860 an seiner Einwechslung gehindert.

Bleibt natürlich weiter die Frage, wie die Durchlässigkeit bei RB Leipzig aussieht. Die kommende Spielzeit könnte da schon ein paar weitere Aufschlüsse geben, weil ein paar größere Talente in den Männerbereich hineinwachsen und sich über die U23 zeigen können. Klar bleibt aber auch, dass es nur wenige schaffen werden, sich ins Profiteam zu spielen. Die zentralen Spieler, die man im Auge behalten sollte, wurden in diesem Artikel benannt. Überraschungen sind natürlich immer möglich. Nur zu empfehlen, immer mal bei einem der Teams in den höheren Altersklassen vorbeizugucken und sich am Cottaweg oder in Markranstädt selbst ein Bild von den Kandidaten und vom Leistungsstand zu verschaffen. Guten Sport gibt es meistens als Zugabe obendrauf.

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Tagesaktuell und mit viel mehr Tiefe aufbereitet wird das Thema natürlich im Nachwuchsbereich der offiziellen Vereinshomepage, wo man zeitnah zu den Spielen auch meist die Spielberichte (zumindest zu den höheren Altersklassen) findet oder im Nachwuchsforum von rb-fans.de. Die einst gern genutzte und immer informative RBL-Wiki ist leider verstaubt, weil ihr zur Pflege helfende Hände fehlen. Dafür findet man bei Twitter mit @crankrbl einen, der an den Entwicklungen des Nachwuchses und vor allem an der U23 sehr nah dran ist. Wer ergebnistechnisch immer auf dem laufenden bleiben oder wissen will, wer wann wo spielt, sollte sich zudem die RB-Vereinsseite bei fussball.de merken, wo man alle Nachwuchsmannschaften von RB Leipzig finden kann.

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Bisher schon erschienen:

Ein Gedanke zu „Wieder mal ein Vogel-Abschied – RB Leipzigs Nachwuchssaison 2015/2016“

  1. Stadion, Hymne oder Spielplan, über alles wird wild diskutiert und da geht der Blog hier ein wenig unter. Obwohl er inhaltlich doch die Vorraussetzung ist, damit in ein paar Jahren der eigene Nachwuchs zu den Profis zu stossen soll.

    Das mit Toure ist in der Tat ein guter Hinweis. Vielleicht bekommt er ja einen Profivertrag und ist im erweiterten Kader? (Gib doch da diese 3-Mann-Eigengewächs-Regel von der DFL?)

    Man kann Tino Vogel für seine geleistete Arbeit nur danken und ihm alles Gute für seinen weiteren Weg wünschen.

    Die neue U23 wird wieder soetwas wie Jugend forscht, wenn ich sehe, wer da alles nachrückt! Auf jedenfall werde ich wieder zum Bad radeln (mittlerweile kenne ich so einige Abkürzunge), das hat richtig Spaß gemacht und es roch immer nach Bratwurst, Bier und Fußball gleichzeitig ;-)

    Ach ja, bei all der Stadiondiskussion muss man auch bedenken, was passiert, wenn mal die U23 aufsteigen sollte, was ja auch geplant ist. Und da kann man mMn nicht mehr am Bad spielen.

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