Schlagwort-Archive: Kommerz

Alternativer Kommerz

St. Pauli verkauft sich geschickt als der wenig kommerzielle Verein. Dabei belegt er in der Liga Platz zehn bei Merchandising-Verkäufen in Deutschland. Ist der Mythos FC St. Pauli also nur ein Marketing-Gag?
Ebbers: Der Mythos existiert schon. Auch wenn es Extrem-Beispiele wie Torwart Volker Ippig vielleicht nicht mehr gibt. Und natürlich wird mit der Marke St. Pauli auch Geld gemacht, das ist ganz normal.
Jansen: St. Pauli nutzt geschickt seine Stärken. Die machen auch Kommerz, aber eben nicht im Designer-Anzug. (Marcell Jansen vom HSV und Marius Ebbers vom FC St. Pauli  gegenüber Sport BILD vor dem Derby)

Dass St. Pauli bei einem geschätzten Jahresetat von 40 Millionen Euro, Businessseats, Logen und allem was dazu gehört ein ganz normaler Verein ist, also ein Verein, der Einnahmen und sportlichen Erfolg maximiert, ist vermutlich eine Banalität. Dass St. Pauli als Image und Marke derart gut funktioniert und sich ein derart großes Stück vom Fußballmarkt abgeschnitten hat, dass sie mit ihrem Merchandising deutschlandweit bereits auf Rang 10 liegen, ist da schon ein Stück überraschender, wenn auch nicht wirklich sensationell. (Dass sich in Deutschland mit dem Image der Alternativkultur (viel) Geld verdienen lässt, zeigt sich ja auch im Musiksektor.) St. Pauli ist ein Beispiel für sehr geschickte Markenarbeit, ein Beispiel dafür, dass das notorische Anders-Sein-Wollen Märkte und Geldquellen erschließt, die anderen unter Umständen verborgen bleiben. Lustig, dass die Paulianer mit diesem alternativen Markenmodell letztlich das selbe Geschäft betreiben, wie alle anderen großen ‘Kommerz’vereine auch, nur ein bisschen kreativer. Wenn es so etwas wie alternativen Mainstream gibt, dann ist das wohl der FC St. Pauli.

Keine Kommunikationsguerilla

Ach liebe Rasenballisten (alle folgenden Zitate kommen von Ihrer Fan Interessensgemeinschafts-Website): Ein bisschen habe ich das Gefühl, Sie handelten im vorauseilenden Gehorsam. Ähnlich wie die Ultras vom SV Wehen Wiesbaden, die dem Vorwurf ihr Verein sei nur ein Kunstprodukt entgegensetzen, dass sie doch Hoffenheim und RB Leipzig genauso wie alle anderen Fans als Zerstörer des Fußballs sehen und daraus schlossen, dass sie und ihr Verein deswegen zu den Guten gehören (siehe hier), haben Sie sich auf die Fahnen geschrieben, keine „Red-Bull-Opfer“ sein zu wollen, sondern „traditionalistische Fußballfans“, also auch irgendwie gut und dazugehörend. Keine Kommunikationsguerilla weiterlesen

Volker Rehboldt macht den Watzke

Nachdem die Rolle FC Bayern des Ostens an RasenBallsport Leipzig vergeben scheint, macht sich der Präsident des 1.FC Magdeburg Volker Rehboldt daran, den Hans-Joachim Watzke des Ostens zu geben. Watzke, seines Zeichens Wegbegleiter und Verhinderer der Dortmunder (Beinahe-)Insolvenz vor einigen Jahren übt sich in regelmäßigen Abständen in mehr oder weniger gelungenen Ausfällen gegen finanzstarke Konkurrenten wie Hoffenheim oder RasenBallsport Leipzig. Watzke ist auch derjenige, der als Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA und der BVB Stadion Holding GmbH (ja, Wiki-Wissen) den großartigen Satz kreierte „Ein Klub soll nicht wie ein Konzern geführt werden.“ Ah ja.

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Ultras vs. Aktiengesellschaften

„Der klassische Hooliganismus hat abgenommen. Gewalt entsteht heute eher situationsgebunden und heraus aus einigen Ultra-Gruppierungen. In Zeiten der Kommerzialisierung des Fußballs fühlen sich diese Fans mehr und mehr als reine Stimmungsmacher ausgenutzt, auf die – wenn es hart auf hart kommt – draufgeknüppelt wird. Die Ultras identifizieren sich vor allem mit sich selbst. Wer kann schon aus vollem Herzen Fan einer Aktiengesellschaft sein? Da liegt ein Problem. Der Protest und damit ein Teil der Gewalt ist heute viel mehr in der Kommerzialisierung und in einem sich gegenseitigen Hochschaukeln von Sicherheitsappart und Ultras zu sehen. Fan-Gewalt kann auch eine Reaktion auf die viel zu geringen Partizipationsmöglichkeiten für Fußballfans sein.“ (Gerd Dembowski gegenüber tagesschau.de)

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Die Sache mit der Fankultur

Wenn man Banner, die im Fanblock gezeigt werden als Maßstab nimmt, dann sind Lokfans der Meinung, dass „jeder, der bei RB steht, den ehrlichen Fußball verrät“ (zitiert nach Gedächtnis), in diesem Blog wurden die Zuschauer von RasenBallsport in einem Kommentar als „völlig grenzdebile Figuren“ (by Waldschrat) beschimpft und einem Kommentar zu einem Chemiebloggerblogeintrag kann man entnehmen, dass nur Fans, die zum bierduschenden, schiedsrichterbepöbelnden Auswärtsmob gehören „unter den Lebenden“ (by Alex) weilen. 3 prototypische Äußerungen über das Fandasein, wie es sie im Netz zuhauf gibt (und die gelegentlich in Verschwörungstheorien gipfeln, RB-Fans seien gekauft – ehrlich, ich hätte nichts dagegen).

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Fußball und Investment

Herr Beiersdorfer, in Hamburg waren Sie eine Integrationsfigur des Vereins, die Fans standen hinter Ihnen. Nun arbeiten Sie bei einem Klub mit Investment-Assoziation. Wie passt das zusammen?
Dietmar Beiersdorfer: Das ist eine spannende Frage, die auch ich mir gestellt habe. Ich als jemand, der von einem Fußballklub mit weit über 100 Jahren Tradition kommt, diese gelebt hat. Aber ich hätte nach der Zeit beim HSV auf absehbare Zeit nicht für einen anderen Bundesliga-Klub arbeiten können. Und die Aufgabe mit einer Verantwortung für ein weltweites Engagement ist eine Konstellation, die es in dieser Branche wohl selten noch einmal gibt. In den Gesprächen mit Dieter Mateschitz haben mich außerdem einfach seine Werte beeindruckt. […] Insgesamt will mir nicht einleuchten, dass sich Fußball und Investment ausschließen sollen. Das ist nicht mehr voneinander zu trennen. Oder glauben Sie, dass es bei Bayern, Wolfsburg, Leverkusen, Barca oder auch in Duisburg und Bielefeld nicht so ist. Es geht allein um eine nachhaltig gelebte Fußball-Kultur. (Dietmar Beiersdorfer am 19.03.2010 gegenüber spox.com)

Recht hat er, der Herr Beiersdorfer.

Aktivitäten gegen den modernen Fußball

Der moderne kommerzorientierte Fußball und die finanziell-sportlich dahinsiechenden Traditionsvereine, das sind für viele Fans zwei Seiten derselben Medaille. Aktivitäten gegen den modernen Fußball beschränken sich dabei oft auf Beschimpfungen und Drohungen (wie bspw. das ‘Wir kriegen euch alle’ der Lok Leipzig-Kurve beim Spiel gegen RasenBallsport Leipzig). Doch es gibt auch ganz praktische Handlungsanweisungen. Zwei seien hier in aller Kürze vorgestellt.

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Am Anfang war der Name

Ganz ehrlich: Ich bin froh, dass RB Leipzig nicht Red Bull Leipzig heißt/ heißen darf. Gar nicht mal unbedingt, weil ein Red Bull Leipzig gegen VW Wolfsburg oder SAP Hoffenheim unerträglich wäre. (Schließlich hat man sich im Basketball auch an das Spiel Telekom Baskets Bonn gegen Opel Skyliners Frankfurt gewöhnt.) Nein, weil RasenBallsport Leipzig der bestmögliche aller für den Red-Bull-Ableger in Leipzig denkbaren Namen ist. Sicher, Rote Brause Leipzig hätte mir aufgrund seiner grandiosen Selbstironie auch gut gefallen, aber das wäre für eine Firma im Red Bull-Maßstab wohl des Guten ein wenig zu viel gewesen.

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Tradition vs. Kommerz?

Eigentlich eine Banalität, aber gut genug, um es an dieser Stelle noch mal zitiert zu betonen:

“Natürlich ist uns der Konflikt Tradition gegen Kommerz bekannt, aber wenn man in der Bundesliga spielen möchte, sind gewisse wirtschaftliche Gegebenheiten Voraussetzung.” (RB Leipzig-Pressesprecher Hans-Georg Felder gegenüber sport1.de am 26.02.2010)

Fußball in Leipzig: von der Peripherie zum Nabel der Welt?

Arm an Geschichten war sie nie, die Leipziger Fußballwelt. Der VfB Leipzig (später Lok und dann wieder VfB und nun wieder Lok) wurde 1903 erster Deutscher Meister, der ‚Rest von Leipzig’ alias der BSG Chemie Leipzig (später der FC Sachsen Leipzig) wurde mythenreich und sensationell DDR-Meister 1964 und 1987 schaffte es der 1.FC Lokomotive Leipzig in einer historischen Europacupsaison zum Endspiel nach Athen – um nur die herausragendsten Ereignisse zu nennen.

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