25. Spieltag in der Bundesliga. RB Leipzig empfängt mit dem FC Augsburg einen personell ordentlich gebeutelten Abstiegskandidaten. Eine gute Gelegenheit, um den ersten Heimsieg im Jahr 2019 einzufahren. Doch diese Gelegenheit ließen die RasenBallsportler beim 0:0 liegen.
Ralf Rangnick veränderte seine Mannschaft im Vergleich zum 1:0 in Nürnberg nur auf einer Position. Yussuf Poulsen musste verletzungsbedingt passen. Timo Werner kam nach auskurierter Grippe für ihn in die Partie. Von der Formation her blieb es beim 4-2-2-2.
Manuel Baum musste seine Mannschaft auf drei Positionen verändern. Stafylidis, der schon letzte Woche früh verletzt vom Platz musste, der gesperrte Hahn und kurzfristig auch noch Ji fehlten neben einigen sowieso schon ausfallenden Spielern. Jensen, Cordova und Teigl (erster Startelfeinsatz diese Saison für den Ex-RBLer) kamen in die Partie.
Organisiert war der FCA in einem 4-5-1, wobei die Viererkette in der Abwehr je nach Spielsituation noch von den Außenspielern Teigl und Jensen unterstützt wurde, sodass ein breites 6-3-1 entstand. Augsburg verteidigte schon sehr früh sehr tief und war durch die Formation im Zentrum sehr dicht besetzt und gleichzeitig in der Lage, auf den Außenbahnen in Strafraumnähe Überzahl herzustellen.
Die Gästeformation prägte den Verlauf der Partie. RB hatte den Ball und suchte die Lücke. Augsburg verteidigte und lauerte auf einen Konter. Der FCA hatte dabei in der ersten Halbzeit keinen einzigen Torschuss und abgesehen von zwei frühen Ecken auch keinerlei Optionen für ein Tor. Bei RB dauerte es auch lange, bis man zu relevanten Torgelegenheiten kam. Cunha hatte nach 37 Minuten nur eine kleine Lücke, um aufs kurze Eck zu schießen, wo Kobel schnell genug unten war. Werner hatte freistehend bei einem Kopfball nicht das nötige Timing für den etwas hohen Ball, um die Sabitzer-Hereingabe im Tor unterzubringen.
Es war eine lange uninspirierte Halbzeit, die RB spielte. Durch die dichte Spielfeldmitte und die eigene Formation spielte man den Ball immer wieder quer und dann irgendwann auf den Flügel. Wo man sich aber nur selten einmal durchkombinieren konnte, weil dazu die defensiv eingestellten FCA-Außenbahnspieler zu gut mithalfen, Überzahl herzustellen. Eines der wichtigsten Mittel der RasenBallsportler, wenn man mal aus dem Ballbesitz heraus tief stehende Gegner bespielen musste, war diese Saison bisher die Überladung der linken Seite, wo man mit Halstenberg, Werner und Kampl auch diesmal wieder einige Versuche setzte. Aber genau dieses Mittel hatte Augsburg durch die eigene Formation sehr gut aus dem Spiel genommen.
Zu den Problemen, den gegnerischen Defensivblock sinnvoll zu bespielen, kamen auch noch Probleme bei der Entscheidungsfindung in entscheidenden Situationen oder bei der Verarbeitung von Bällen dazu. Timo Werner diesbezüglich über 90 Minuten mit einem unglücklichen Spiel, in dem der Ball oft nicht das machte, was der Stürmer wollte bzw. gern gehabt hätte. Dazu kamen dann auch Situationen wie ein Werner-Abspiel in sehr guter Schussposition auf den klar im Abseits stehenden Sabitzer in einer der seltenen Situationen, in denen RB mal mit Tempo Richtung Augsburger Tor ziehen konnte.
Das 0:0 zur Pause war für die Augsburger ein wenig glücklich, aber auch Folge einer weitgehend tadellosen Defensivleistung, die von ganz starken Innenverteidigern (Danso als Zweikämpfer, Khedira als sehr schlauer Spieler mit sehr gutem Blick für die Situation) abgerundet wurde. Dazu leistete man sich in den wichtigen Spielfeldzonen wenig Fehler, sodass RB den Ball meist erst wieder in der eigenen Verteidigung erobern konnte und das Spiel im überwiegenden Teil von hinten aufbauen musste.
Problem dabei auch, dass die Zentrale bei RB Leipzig offenisv nicht gut besetzt war. Laimer als linker Zehner ist in engen Räumen nicht zwangsläufig gut aufgehoben. Sabitzer war als rechter Zehner aufgestellt und hatte ein paar gute Aktionen, wenn er etwas zentraler agierte. Grundsätzlich blieb aber ein Loch im Zehnerraum, den ein Cunha nicht nachhaltig besetzen kann. Da die Bälle zu früh auf die Außenpositionen kamen und aufgrund der Formation fast schon kommen mussten, hatte Augsburg da meist leichtes Spiel, das zuzustellen. Es gab ein paar ganz gute Verlagerungen in den Lauf eines Außenbahnspielers auf der ballfernen Seite, nach denen es noch am gefährlichsten wurde, aber ansonsten war da Ruhe.
Sprich, es brauchte eine Option im Zehnerraum, um an der Spielanlage etwas zu verändern und mehr Möglichkeiten herzustellen, auf die Augsburg nicht auf einfache Art und Weise reagieren kann. Diese Veränderung kam mit der Einwechslung von Emil Forsberg und dem Umstellen auf ein 4-3-3 nach einer Stunde. Bis dahin war das Spiel von RB Leipzig in der zweiten Hälfte weitgehend so weitergegangen wie vor der Pause. Viel Ballbesitz, wenig Durchschlagskraft. Und als Timo Werner nach Ecke mal die große Chance auf die Führung hatte, köpfte er den Ball freistehend neben das Tor.
Kurz nach der Forsberg-Einwechslung wäre das Spiel erstmal fast komplett auf den Kopf gestellt worden. Die Gäste in der zweiten Hälfte mit etwas mehr Offensivaktionen und nach einer Stunde mit der großen Chance auf die Führung. Gregoritsch stand plötzlich allein vor Gulacsi, weil er handlungsschneller war als Konaté (der seinen Trend der letzten Spiele bestätigte und nicht immer sicher wirkte). Aber der RB-Keeper lenkte den Ball mit einer blitzschnellen Parade um den Pfosten.
Von da ab bis zum Schlusspfiff war es allerdings dann ein Handballspiel um den Augsburg-Strafraum herum, bei dem Ralf Rangnick immer mehr offensive Optionen in die Partie warf. Kurz nach Forsbergs Einwechslungen ein paar im Ansatz gute Aktionen in der Mitte, bei denen die Augsburger Abwehr auch mal ernsthaft zu arbeiten hatte. Dadurch gab es verschiedene Möglichkeiten, nämlich von der Mitte aus den Abschluss zu suchen oder den durch den Fokus auf die Mitte etwas freieren Außenbahnspieler zu suchen. Einige Situationen in der letzten halben Stunde, in denen gerade über links dann doch mal Spieler relativ frei in die Situation kommen, den Ball in den Strafraum zu bringen.
Ganz konsequent wurde das grundsätzlich sinnige Spiel über den Zehnerraum trotz der direkt nach der Forsberg-Einwechslung guten Ansätze nicht durchgezogen. Viel zu oft wurden Flanken aus dem Halbfeld eingestreut, die Kobel oder wer auch immer meist locker abwehrten. Viel zu oft ließ sich Forsberg auch zu tief auf die Sechs fallen, statt im Zehnerraum präsent zu bleiben. Viel zu oft wählte man auch nicht den langen Ball auf die ballferne, sondern auf die Außenbahn, auf der man schon war und die entsprechend zugestellt war. Kevin Danso freute sich da ein ums andere Mal, die Bälle einfach wieder rauszuköpfen.
Dass im Spiel gegen einen Zehnerriegel Pässe aus der Abwehrreihe oder von der Sechs Richtung Zehnerraum auch mal schiefgehen können, ist klar. Erstaunlich war, dass irgendwann das Positionsspiel bei RB Leipzig nicht mehr passte und man hinterm Ballverlust keine direkte Absicherung zum Gegenpressing mehr hatte (oder schlimmer noch nach Ballverlust einfach stehenblieb und darauf setzte, dass die Abwehrreihe den Job schon machen würde). Das führte nicht wirklich zu Gefahr für das eigene Tor, weil für Konter die Wege für die so tief stehenden Gäste einfach zu weit waren. Aber es führte halt dazu, dass man wenig Bälle direkt wieder eroberte, sondern man das Spielgerät meist irgendwo in der eigenen Hälfte einsammelte und von dort neu aufbaute (hatte phasenweise ein bisschen was von einem Testspiel gegen einen unterklassigen Gegner, bei dem die Abwehrspieler vor allem die Ballholer sind, die die Kugel dann wieder zurück in die gegnerische Hälfte spielen).
Es passte insgesamt von der Spielanlage in der letzten halben Stunde offensiv etwas besser als in der ersten Halbzeit, was später auch daran lag, dass Bruma noch mal ein Stück Ballsicherheit in die Partie brachte, aber es war in vielen Aspekten auch noch lange nicht gut. Chancen auf den Siegtreffer gab es nur noch wenige. Halstenberg mit einem Schuss aus spitzem Winkel, der etwas schwächer geschossen eine Vorlage für den in der Mitte freien Sabitzer hätte sein können. Sabitzer selbst wurde in bester Position noch abgeblockt. Ein Fernschuss von Kampl sah im Ansatz auch gut aus. Dazu kamen einige Szenen im Strafraum, bei denen RB mit sich selbst kämpfte und man sich gegenseitig den Ball vom Fuß nahm oder ihn dem Gegner in die Füße spielte.
Über 70% Ballbesitz hatte RB in der letzten halben Stunde. Man schnürte den Gegner am eigenen Strafraum dauerhaft ein. Nur ins Tor wollte die Kugel nicht. Die vier, fünf guten Chancen auf ein Tor waren über 90 Minuten gesehen locker da. 13:3 Torabschlüsse von innerhalb des Strafraums verweisen auch auf ein deutliches Bild. Aber es passte zu einem Spiel, in dem RB Leipzig zu selten die richtigen Mittel in der Offensive hatte, dass mit den wenigen guten Chancen dann auch zu schludrig umgegangen wurde.
Fazit: Zwei verschenkte Punkte, weil RB Leipzig trotz nicht immer guter Ideen, wie man den Gegner knackt, genug Chancen hatte, um die Partie zwingend für sich zu entscheiden. Augsburg verdiente sich das 0:0 durch eine tadellose Abwehrleistung, mit der sie RB die Stärken beim Spiel in die Tiefe und bei der Überladung der Außenbahn nahmen. Dass der FCA nicht mit einer 0:1- oder 0:2-Niederlage nach Hause fuhr, die das Spiel besser beschrieben hätte, hatte am Ende aber auch mit Glück zu tun.
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Randbemerkung 1: Nach 25 Spielen RB Leipzig mit sieben Punkten mehr als in der Vorsaison zum selben Zeitpunkt. Gegen dieselben Gegner wie im Vorjahr holte man bisher auch sieben Punkte mehr (wenn man den HSV durch Düsseldorf und Köln durch Nürnberg ersetzt) (verglichen werden jeweils die Heimspiele der Vorsaison mit den Heimspielen in dieser Saison gegen die jeweiligen Gegner und analog die Auswärtsspiele). Gegenüber der Hinrunde (Ziel ist es ja in der Rückrunde noch mal 31 Punkte zu holen) hat Leipzig nach acht Spielen seit der Winterpause genauso viele Punkte auf dem Konto. Bedeutet weiter Platz 3 in der Tabelle, nun punktgleich mit Mönchengladbach. Wenn Leverkusen und Frankfurt ihre Spiele heute bzw. morgen gewinnen, dann sind es auch nur noch drei bzw. vier Punkte auf die Plätze 5 und 6. Schade, dass RB die zwei Punkte gegen Augsburg hat liegenlassen. Verpasste Gelegenheit und so.
Randbemerkung 2: Heimspiele im Jahr 2019. Nichts für Erfolgsfans. 1:2 Tore und drei Punkte aus vier Bundesligaspielen. Dazu ein 1:0 gegen Wolfsburg im Pokal. Bei aller defensiver Stabilität, das ist offensiv mehr als dürftig, wenn aus fünf Spielen (mit teilweise sehr vielen Chancen) gerade mal zwei Tore herausspringen.
Randbemerkung 3: Ja, das waren sehr defensive Augsburger bei diesem Spiel in Leipzig. Aber man muss sich auch mal anschauen, wo die Mannschaft herkommt. Vor der Winterpause in einigen guten Spielen viele Punkte unglücklich liegenlassen und entgegen der Leistungen in die Abstiegszone gerutscht. Das Theater mit Hinteregger und Caiuby nach der Winterpause. Unmengen an Ausfällen und Verletzungen. Klatschen in Bremen und Freiburg. Für einen Verein wie Augsburg eigentlich eine Gesamtlage, in der es ganz schnell ganz dunkel werden kann, wenn plötzlich fünf, sechs der wichtigsten Spieler wegbrechen. Und dann bleiben sie aber trotzdem ein Team und erkämpfen sich gegen Dortmund und in Leipzig bei nur einem Gegentor vier Punkte. Das mag nicht schön aussehen, was da gespielt wurde, aber persönlich kann ich angesichts der Umstände nur den Hut ziehen, wie Baum und der Klub, ohne über all die fehlenden Spieler zu jammern, einfach den pragmatischen Spielplan durchziehen und allen Widerständen trotzen (auch wenn ich manche Ingolstadt-Gedächtnisszenen nicht lustig fand). Im Vergleich mit Nürnberg, Hannover oder Stuttgart machte Augsburg tatsächlich den bestorganisiertesten Eindruck von den Abstiegskandidaten, gegen die RB in den letzten Wochen so spielte.
Randbemerkung 4: Und auch noch mal zu Manuel Baum: Durchaus schwierig, den Baum an der Seitenlinie, wo er der wohl am engagiertesten coachende Trainer der Bundesliga ist und den Baum abseits des Spiels, wo er nüchter und zutreffend die Situation analysierte, zusammenzubringen. Ihn auf defensive Desktruktivität zu reduzieren, würde nicht dem gerecht werden, was er in seiner Zeit in Augsburg gemacht hat. Bei den Partien, die ich von Augsburg diese Saison gesehen habe, waren sehr reife, auch fußballerisch ansprechende Partien dabei. Dass er in Leipzig das Fehlen von mehr als einer halben Mannschaft und quasi einer ganzen Angriffsreihe mit einem Abwehrriegel kompensiert, spricht beileibe nicht gegen ihn.
Randbemerkung 5: Zwei Spiele gegen Augsburg diese Saison. Beide endeten 0:0. Beide waren auf ihre je eigene Art nicht sonderlich schön. Wenn man die bisherigen beiden Spiele hochrechnen will, kann man sich schon mal fragen, wie man die 120 Minuten bis zum Elfmeterschießen im Viertelfinale des DFB-Pokals in Augsburg als Zuschauer so rumbringen will.
Randbemerkung 6: Umgedrehte Fußballweisheiten bei RB Leipzig nach dem Spiel gegen Augsburg. Willi Orban sinngemäß mit einem ‘Wenn man bei Standards nicht trifft, muss eben mal einer aus dem Spiel heraus reingehen’. Und Ralf Rangnick mit einem ‘Wenn man die Auswärtsspiele gewinnt und zu Hause einen Punkt holt, kommt man auch auf im Schnitt zwei Punkte’. Da kann ich als Statistiker nicht mal widersprechen..
Randbemerkung 7: Ralf Rangnick in der PK nach dem Spiel mit der auch irgendwie denkwürdigen Aussage, dass es schwer ist, sich auf Mannschaften wie Augsburg oder Frankfurt vorzubereiten (also Mannschaften, die nicht mitspielen wollen), weil man gar nicht die Spieler dafür habe, das im Training zu simulieren. Man hat keine zehn Spieler, die ein 6-3-1 simulieren können? Das wäre schon seltsam. Irgendwie wirkte die Rangnick-Analyse zur Spielweise Augsburgs und dazu, dass man hoffentlich zu Hause mal wieder Teams kriegen wird, die mitspielen wollen, nun ja ein wenig respektlos oder zumindest wenig wertschätzend (auch wenn es mit einem einleitenden ‘das ist gar nicht wertend gemeint’ relativiert wurde). Letztlich ist es die Aufgabe für RB Lösungen für solche Situationen zu finden, denn je öfter Teams damit durchkommen, gegen RB einfach den Bus zu parken, desto häufiger werden das Teams machen. Und ich bin mir sicher, auch das Auflösen von Situationen gegen sehr defensive Mannschaften und das Positionsspiel gegen solche Teams lässt sich üben und simulieren..
Randbemerkung 8: Passend dazu, dass Marcel Sabitzer die Kreativität im Spiel nach vorn gegen tief stehende Gegner vermisst. Diesbezüglich hinke man hinterher. Simple und treffende Zustandsbeschreibung, die nicht die Spielweise des Gegners, sondern die eigenen Methoden und deren Macken in den Mittelpunkt stellt.
Randbemerkung 9: Ralf Rangnick diesmal schon nach einer Stunde mit dem ersten Wechsel, als Emil Forsberg für Cunha kam und aus dem 4-2-2-2 ein 4-3-3 mit Raute wurde. Eine sinnige und nachvollziehbare Einwechslung, mit der der Zehnerraum besser besetzt wurde. Seltsamer wurde es dann nach 73 Minuten, als Bruma kam und etwas überraschend Adams vom Platz musste. Überraschend deswegen, weil dann Laimer plötzlich auf auf die zentrale Sechserposition gehen musste. Gegen einen tief stehenden Gegner, gegen den man präzise Pässe aus der Zentrale gebraucht hätte, um diesen zu knacken. Nun mit einem Spieler auf der zentralen Sechs, der ganz viel Gutes hat in Sachen Dynamik, Einsatz oder Balleroberung, aber dessen herausragende Qualität nun beileibe nicht sein Passspiel von hinten heraus ist. Das wäre bei ein paar Harakiri-Aktionen auch fast schief gegangen und wurde dann mit der Einwechslung von Augustin acht Minuten später behoben. Aber seltsam war es doch, dass man nach 70 Minuten mit gerade in Sachen Passspiel überschaubaren Laimer-Aktionen (schlechteste Passquote aller RB-Spieler) ausgerechnet ihn auf eine Position stellte, von der heraus im Normalfall die Spieleröffnung strukturiert wird. Vielleicht war die Idee, bei Ballverlusten einen guten Balljäger auf der Position zu haben (Adams hatte sich diesbezüglich zuvor ein-, zweimal zu leicht austanzen lassen), aber in Sachen Passspiel und Spielstrukturen ging das eher nach hinten los.
Randbemerkung 10: Vielleicht am interessantesten am Spiel gegen Augsburg, wie aus der besten Formation im Spiel gegen den Ball im Laufe der zweiten Halbzeit durch die Einwechslungen die (nominell) vielleicht beste Formation im Spiel mit dem Ball wurde. Das war dann am Ende mit dem Dreiermittelfeld Kampl, Sabitzer, Bruma und mit Augustin, Forsberg, (na gut) Werner schon noch mal eine andere Offensivpower, die da auf dem Platz stand. Ist halt letztlich sowieso die Frage für die kommenden Wochen, wie du das sehr gute Spiel gegen den Ball seit der Winterpause mit kreativem Spiel und kreativen Spielern kombiniert kriegst. Wenn ein Forsberg sagen wir statt Laimer auf der linken Zehn spielt, verlierst du in Sachen Dynamik und Anlaufen durchaus ein paar wichtige Prozent, kriegst dafür aber die eine oder andere gelungene Ballverarbeitung mehr. Tatsächlich sehe ich Forsberg in einem 4-2-2-2 aktuell nicht unter den ersten Zehn, weil du dann auf der Außenbahn zu viel im Spiel gegen den Ball verlierst. Im 4-3-3 sieht das schon anders aus. Da passt Forsberg perfekt auf die Zehnerposition, weil er da beim Zugriff auf den Sechser oder einen zentralen Innenverteidiger nicht so viel Dynamik, sondern nur gutes Positionsspiel braucht. Generell bleibt es ein spannendes Puzzle, wenn dann in den nächsten Wochen vielleicht mal der komplette Kader zur Verfügung steht. Bisher hatte RB zumindest meist so viele Ausfälle, dass es für jeden einen Kaderplatz gab. Die Zeiten sind vielleicht irgendwann auch mal vorbei. Und schon jetzt gibt es vor allem mit Augustin, Mukiele, Bruma, Saracchi oder auch Forsberg ja in Sachen Einsatzzeiten einige Rückrundenverlierer im Team.
Randbemerkung 11: Interessante Statistiken zum Laufaufwand beim Spiel zwischen RBL und FCA. Gerade mal 113,5 km riss RB ab, Augsburg kam auf 116,6 km. Die Differenz erklärt sich natürlich auch daraus, dass die einen den Ball hatten und laufen ließen und die anderen hinterherlaufen und verschieben mussten. Bei den schnellen Läufen und den Sprints war dann RB ein Stück überlegen, aber auch deutlich von den Durchschnittswerten der Saison entfernt. Insgesamt spiegelt sich darin durchaus wieder (auch in den nicht sehr hohen Werten beim FCA), dass RB es nicht geschafft hat, die Gäste wirklich in Bewegung zu kriegen und durch schnelle Läufe die gegnerische Verteidigung aufzureißen und Lücken zu laufen. Gab durchaus Situationen, in denen der Ball hinten rumgespielt wurde, während es vorn keine Bewegung gab. Dann wird es natürlich schwierig gegen einen Gegner, der mit zehn Mann am eigenen Strafraum verteidigt und gegen den du ganz besonders viel Laufaufwand abseits(!) des Balles bräuchtest (und nicht einen Mittelfeldspieler, der parallel zum Strafraum mit dem Ball am Fuß über den Platz rennt), um für Verwirrung und Lücken und Passoptionen zu sorgen.
Randbemerkung 12: Mit Rani Khedira und Georg Teigl gleich zwei Ex-RB-Spieler beim Gegner in der Startelf. Passiert auch nicht alle Tage sowas. Der eine machte ein prima Spiel, lag aber ein-, zweimal mit etwas zu viel Theatralik am Boden rum. Der andere fiel 90 Minuten lang nicht wirklich auf, bekam dafür nach dem Spiel bei Twitter aber ganz viel Liebe von RB-Anhängern und freute sich sehr darüber. Ob sich Teigl dafür beim FCA-Anhang mal wieder entschuldigen muss?
Randbemerkung 13: Timo Werner diesmal wieder in der Startelf. Mit einem in vielen Situationen unglücklichen Auftritt. Ging immer wieder gut in Lücken, verpasste dann aber die Ballmitnahme oder traf falsche Entscheidungen im Passspiel oder traf das Tor nicht. Bemüht, aber letztlich spielerisch überschaubar und ohne Durchschlagskraft (null von vier Dribblings gewonnen, drei erfolglose Torschüsse). Quasi als Beschreibung, die auch für die Mannschaft insgesamt gilt. In der Bundesliga steht Werner diese Saison nun bei 75 Torschüssen, aus denen elf Tore resultierten (15% Erfolgsquote). Poulsen machte aus 51 Schüssen zwölf Tore (24%). Augustin brauchte für drei Tore nur 13 Schüsse (23%). Cunha brauchte für ein Tor 24 Schüsse (4%). In Eins-gegen-Eins-Situationen steht Werner bei 20 gewonnenen Dribblings in 69 Versuchen (29% Erfolgsquote). Poulsen steht bei 20 von 53 (38%), Augustin bei acht von 19 (42%) und Cunha bei elf von 22 (50%).
Randbemerkung 14: Aktueller Stand bei RB Leipzig in Sachen Standards nach 25 Bundesligaspielen: 97:68 Torabschlüsse nach ruhenden Bällen. Statistikoffiziell sind daraus 8:2 Tore gefallen (Elfmeter zählen statistisch nicht als Standard, direkte Freistöße schon). Defensiv ist RB das beste Team der Liga(!), offensiv seit der Winterpause sehr gut. Auch die Effizienz passt, wenn man die Anzahl der Torabschlüsse mit der Anzahl der Tore vergleicht. Gegen Augsburg waren die ruhenden Bälle aber überschaubar gut ausgeführt. Ein Werner-Kopfball, ein durch den Strafraum segelnder Ball. Da hätte durchaus mehr gehen dürfen.
Randbemerkung 15: Oliver Mintzlaff und Ulli Wolter vor dem Spiel im Fanblock auf Selfie-Tour. Und erwischen dabei auch einen Fan mit L.E.-United-Shirt. Ein Foto, das dann über einen Fanclubaccount bei Twitter landet und dort vom Verein stolz (weil irgendwas mit Lob für Mintzlaff drin) retweetet wird. Geschichten, die nur der Fußball, äh die nur RB… Äh, auf jeden Fall eine Geschichte, die geschrieben wurde.
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Lichtblicke:
- Willi Orban: Vor allem vor der Pause und vor allem defensiv wieder mit der ihm eigenen Ruhe. Sicher im Stellungsspiel und im Luftzweikampf. Ruhig am Ball. Gegen einen Gegner wie Augsburg hätte es von einem ballsicheren Innenverteidiger wie Orban aber auch noch mehr Versuche geben müssen, Bälle in den Zehnerraum zu spielen. Gerade dann ab der 60. Minute, als Forsberg im Spiel war.
- Peter Gulacsi: Ist schon irre, was der Ungar diese Saison so hält. Gegen Augsburg absolut unterbeschäftigt und dann in der entscheidenden Szene, als Gregoritsch frei vor ihm auftaucht, dann doch wieder da und blitzschnell unten, um den Ball um den Pfosten zu lenken.
- ??? (Vielleicht noch Marcel Sabitzer für die eine oder andere Offensividee, seinen wie immer bis zum Schlusspfiff vorhandenen Willen, seine Genervtheit über sinnlose Flanken aus dem Halbfeld in die Arme von Kobel und seine klare Zustandsbeschreibung in Bezug auf die fehlende Kreativität im RB-Offensivspiel.)
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Tore: keine
Aufstellung RB Leipzig: Gulacsi – Klostermann, Konaté, Orban, Halstenberg – Adams (73. Bruma), Kampl – Sabitzer, Laimer (81. Augustin) – Cunha (58. Forsberg), Werner; Bank: Mvogo, Saracchi, Mukiele, Ilsanker; Nicht im Kader: Demme (krank), Poulsen, Haidara, Smith Rowe, Upamecano (alle verletzt), Nukan, Müller
Aufstellung FC Augsburg: Kobel – Schmid, Danso, Khedira, Max – Teigl, Koo, Baier, Gregoritsch, Jensen (83. Janker) – Cordova (59. Richter)
Schiedsrichter: Sven Jablonski (Insgesamt mit ganz guter und konsistenter Linie. Die beiden gelben Karten kamen in den richtigen Situationen und waren auch in der Anzahl dem Spiel angemessen. Im Laufe der Partie dann zwei-, dreimal aus Stadionsicht etwas schnell auf Foulspiel gegen RB entschieden. Aber das war eher ein Problem im Detail. Das versuchte Zeitspiel von Kobel hat Jablonski relativ früh in den Blick genommen, sodass das zumindest nicht ausuferte (dass der FCA-Keeper Abstöße nicht binnen zwei Sekunden ausführt, liegt nahe). Cunha hat Jablonski nach einigen (wenig schlauen) Fouls gut eingenordet und runtergeholt und so auch an einer gelben Karte vorbeigelotst. Ätzend bleibt generell, dass Dinge wie den Ball nach Freistoß-Pfiff noch mal wegzuspitzeln und sich die zwei, drei Sekunden vor den Ball zu stellen, die es braucht, dass die Defensive sich ordnen kann, nicht konsequent bestraft werden. Das geht gar nicht gegen Jablonski speziell, sondern gegen die generelle Schiedsrichter-Linie, diese Situationen nicht mehr mit gelben Karten zu bestrafen (außer jemand schießt provokativ den Ball richtig weg). Das nervt übelst und sollte mal wieder mit einer konsequenten Linie geahndet werden. Wer aus dem Defensivteam nach einem Pfiff die Spielfortsetzung egal in welcher Form und welcher Länge verzögert, sollte gelb sehen. Dann hat man das als Thema binnen vier Wochen vom Tisch (wie im Handball, wo du eine Zeitstrafe kriegst, wenn du nach dem Pfiff nicht den Ball liegen lässt und dich nicht von der Freiwurfstelle wegbewegst).)
Gelbe Karten: Konaté (7.) | Danso
Zuschauer: 38.590 (davon 200 Gästefans)
Links: RBL-Bericht, RB-Fans-Liveticker, FCA-Bericht, Kicker-Bericht
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- Torschüsse: 16 : 5
- Torschüsse innerhalb des Strafraums: 13 : 3
- Schüsse auf das Tor: 4 : 3
- gewonnene Zweikämpfe: 50,0% : 50,0%
- Ballbesitz: 63,5% : 36,5%
- Passquote: 82,7% : 65,0%
- Laufstrecke: 113,5 km : 116,6 km
- Sprints: 209 : 165
- Intensive Läufe: 607 : 517
- Fouls: 13 : 9
- Ecken: 7 : 4
- Abseits: 3 : 3
- Meiste Torschüsse: Werner, Sabitzer: je 3 – Richter: 3
- Meiste Torschussvorlagen: Sabitzer: 4 – fünf Spieler mit je 1
- Beste Zweikampfquote (mindestens 10 Zweikämpfe): Halstenberg: 75,0% – Khedira: 73,3%
- Meiste Ballkontakte: Orban: 124 – Schmid: 57
- Beste Passquote (mindestens 20 Pässe): Konaté: 89,2% – Khedira: 82,1%
- Größte Laufstrecke: Klostermann: 11,6 km – Baier: 12,1 km
- Meiste Sprints: Klostermann: 29 – Teigl: 32
Statistiken von bundesliga.de, whoscored.com, sport.de
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Saisontorschützen: Poulsen – 12; Werner – 11; Orban – 4; Sabitzer, Augustin, Klostermann – je 3; Forsberg, Kampl, Cunha, Bruma, Laimer, Konaté, Halstenberg – je 1
Saisonvorlagengeber: Halstenberg, Werner – je 6; Kampl, Poulsen – je 5; Forsberg, Sabitzer – je 4; Demme – 3; Laimer, Klostermann – je 2; Orban, Bruma, Cunha, Adams, Konaté – je 1
Saisontorbeteiligungen (Entstehung des Tors jenseits der direkten Vorlage): Halstenberg – 12; Sabitzer – 11; Kampl – 8; Upamecano, Konaté, Orban – je 6; Forsberg, Demme, Poulsen, Klostermann – je 5; Adams – 4; Saracchi, Mukiele – je 3; Werner, Ilsanker, Gulacsi, Bruma – je 2; Laimer, Cunha – je 1
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Bild: © GEPA pictures/ Sven Sonntag
Red Bull weiterhin ziemlich hilflos im Ballbesitz und Timo Werner ein Totalausfall. Bitte zum höcgstmöglichen Preis verkaufen und das verdiente Geld in Mannschaftsverstärkungen investieren. Ansonsten bleibt es bis zum nahenden Saisonende weiterhin ein Hoffen auf Nagelsmann und dringend benötigter gesteigerte spielerischer Leistungen. Das momentan gezeigte ist halt nur bolzen auf hohem Niveau.
Perfekte Analyse, diesmal bin ich wirklich 100% beim rotebrauseblogger, incl. Lichtblicke und Schiedsrichterbewertung.
Hatte mit vor dem Lesen des Beitrags ein paar Dinge zurechtgelegt, die ich noch ergänzen wollte, aber dann stand schon alles drin ;-) !
hi, hi, geht mir genauso.
Der gute Matthias kann im Blog ja auch gerne mal was vergessen oder falsch (be) schreiben, aber nein macht er nicht. ;-)
Zum Spiel.
Wenn Herr RR später in der PK sagt, das er es so erwartete, warum dann nicht vorher reagieren?
Sprich Sabitzer hat völlig Recht, wenn da auf der 10 kein Forsberg / Bruma spielt und an der Stelle Laimer. Nix gegen Conny, gegen die Bayern z.B. bestes Mittel.
Tja und dann die Wechsel.
Im Grunde waren die Einwechslungen alle richtig.
Nur nicht in der Reihenfolge und diejenigen, die dann rausgegangen sind. (Würde ich auch schreiben, wenn am Ende ein dreckiges 1:0 wäre)
1. Forsberg =>Laimer
2. Jika=>Werner
3. Bruma=>Adams/Kampl
Dieses 90 minütige Festhalten an Werner ist doch nicht mehr nachzuvollziehen. Selbst im Spiel gegen den Ball war das unmotivierend. Dazu hat er erst ab Dienstag mit dem Training wieder angefangen.
Mit dem Vor den Ball stellen nach Pfiff sehe ich genauso, absolut unsportlich von den Spielern (auch von unseren) . Gelbe Karte oder aber wie im Handball einfach 2 oder 5 Minuten runter. Die Schiris können lt. Regelwerk nix dagegen unternehmen.
Lichtblicke sehe ich auch so.
Die Parade von Gulacsi in der 2. Hz. war Weltklasse.
Wieder kein Gegentor bekommen, die Tordiffernz könnte am Ende sehr wichtig sein.
Mir erschien das RB-Spiel gegen die defensiven Augsburger am Ende ziemlich hilflos. Irgendwie fehlten absoluter Zug und Willen zum Tor. Ein frühes Tor und man hätte ein entspanntes Spiel gehabt. Sabitzer fiel vor allem durch Meckern auf, etwas weniger Fehler im Spiel würden den Fan auch erfreuen. Und Augustin hätte eine Chance von mehr als 10 Minuten verdient, wenn schon Poulsen verletzt ist und Cunha keinen guten guten Tag hat.
Ja das Ballweggespitzel und vor den Ball stellen. Übel. Muss dringend immer mit Gelb bestraft werden. Kann doch nicht sein, dass so Foulspiel noch belohnt wird.