Lang war es das Hin und Her, wie denn nun die Regionalliga Nord besetzt sein wird und wie die Gegner von RB Leipzig kommende Saison heißen würden. Knackpunkt war der Umgang mit der TuS Koblenz, die aus wirtschaftlichen Gründen aus der dritten Liga abgestiegen war und bei denen lange unklar blieb, ob sie die Voraussetzungen für die Regionalliga erfüllt haben würden.
Wie der Kicker heute kolportierte, hatten die Koblenzer ihre Lizenzunterlagen 52 Minuten zu spät eingereicht und so eigentlich die Voraussetzungen für die Regionalliga-Teilnahme nicht erfüllt. Der DFB sah dies ein wenig anders. Man war sich nicht sicher, ob die eigenen Fristsetzungen überhaupt rechtmäßig seien und ließ deshalb den Lizensierungsantrag der Koblenzer doch zu, der zwar nicht den Fristen, jedoch den wirtschaftlichen Anforderungen des DFB entsprach. Um juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, musste aber kein Team für die Koblenzer aus der Regionalliga weichen, sodass die Regionalliga West, in die die TuS Koblenz eingruppiert wird, mit 19 Mannschaften statt mit 18 Mannschaften starten wird.
Für die Regionalliga Nord und für RB Leipzig bedeutet dies, dass der letzte offene Platz (die Staffel war dank fehlenden Absteigers aus der dritten Liga bisher nur mit 17 Mannschaften belegt) an den letztes Jahr sportlich aus der Nordstaffel abgestiegenen TSV Havelse geht, die nun zusammen mit dem Berliner AK 07, dem FC St. Pauli II, Germania Halberstadt und dem SV Meppen quasi das Aufsteiger-Quintett geben. Dadurch sieht die Regionalliga Nord für die Spielzeit 2011/2012 so aus:
- VfL Wolfsburg II
- VfB Lübeck
- RB Leipzig
- Hallescher FC
- Holstein Kiel
- Hertha BSC II
- Hamburger SV II
- Hannover 96 II
- Energie Cottbus II
- ZFC Meuselwitz
- 1. FC Magdeburg
- SV Wilhelmshaven
- VFC Plauen
- TSV Havelse
- SV Meppen
- Germania Halberstadt
- FC St. Pauli II
- Berliner AK 07
Ich persönlich finde, dass die Regionalliga durch die neuen Vereine zumindest von den Namen her ausgeglichener und interessanter geworden ist. Türkiyemspor, Braunschweig II und Oberneuland ersetzt durch Meppen, Halberstadt und BAK 07, das klingt nach einem guten Tausch.
In der Spitze dagegen wird der Abgang des Chemnitzer FC für die Entwicklung der sportlichen Spannung und der Zuschauerzahlen durchaus sehr nachteilig sein. Da es keinen Zugang aus der dritten Liga gibt, dürfte das Niveau in der Spitze eher sinken. Dazu passt auch der durchaus umfassende Kaderumbruch beim Vorjahreszweiten VfL Wolfsburg II. Klos, Könnecke, Ahlschwede, Karimow und Wolze sind als Stammspieler gegangen und dürften kaum adäquat ersetzt werden können. Vorbehaltlich dessen, wen Felix Magath für die Bundesliga-Männer des VfL alles verpflichtet und wer davon eventuell zur U23 runter muss, glaube ich nicht, dass Wolfsburg II zum engsten Kreis der Titel- und Aufstiegskandidaten gehört.
Das sieht beim Halleschen FC schon ganz anders aus. Die wollen nicht nur hoch, wie die sportliche Leitung immer wieder betont, die haben sich auch gut verstärkt. Maik Wagefeld und Drittliga-Stammspieler (Babelsberg) Anton Müller sind die namhaftesten der Verpflichtungen. Andererseits verließen mit Selim Aydemir und Angelo Hauk auch Leistungsträger den Verein. Den Halleschen FC muss man, auch wegen des im September fertiggestellten Stadion, durchaus auf der Rechnung haben. Ich persönlich sehe aber – außer der offensiven Kampfansage – keine Parallelen zum Chemnitzer FC der letzten Saison. Von der Qualität her ist Halle definitiv nicht mit Chmenitz zu vergleichen, gehört nichtsdestotrotz zum engeren Favoritenkreis.
Dazuzählen muss man auch Holstein Kiel, die seit jeher den Anspruch haben, (mindestens) in die dritte Liga zu wollen und sich vor allem mit Kazior (HSV) und Siedschlag (Lübeck) sehr gut verstärkt haben. Ohne nah genug dran zu sein, um das 100% einschätzen zu können, würde ich behaupten, dass Kiel sich kadertechnisch zumindest auf Augenhöhe mit dem Halleschen FC bewegt und so auch zum engen Favoritenkreis zu zählen ist. Auf jeden Fall wird man im hohen Norden nicht noch so eine grottige Saison spielen wollen, wie es die letzte – gemessen an den Ansprüchen – mit Platz 6 eine war.
Mehr an Aufstiegsanwärtern sehe ich derzeit eigentlich nicht. Der VfB Lübeck schon letzte Saison sportlich über den eigenen Verhältnissen lebend, hat für die kommende Saison den Etat noch mal verkleinert und den Kader qualitativ ausgedünnt. Läuft alles normal, läuft es auf einen Mittelfeldplatz hinaus. Blieben noch die Zweitvertretungen als ewige Wundertüten. Da weiß man vor der Saison nie so recht, wohin die Reise geht. Wolfsburg II sehe ich wie gesagt nicht als Top-Favoriten, bei Hertha II und Hannover II muss man abwarten, inwieweit sie sich in die nächste Saison hineinsteigern können. Hamburg II sehe ich aufgrund des Umbruchs bei den Bundesliga-Männern unter dem Motto ‘Jugend forscht’ nicht als mögliches Überraschungsteam.
Bleibt noch der 1.FC Magdeburg, der sicherlich nicht noch mal so desaströs auftreten möchte, wie 2010/2011 und mit zum oberen Mittelfeld gehört. Ob Trainer Sandhowe wirklich ein guter ist und das Team zu einer größeren Überraschung führen kann, wage ich allerdings zu bezweifeln. Ohne es allerdings auch genau belegen zu können. Würde ich hier und heute den Tabellenendstand 2012 zumindest in der Tendenz voraussagen müssen, dann würde ich 4 Gruppen bilden:
- Aufstiegsfavoriten: RB Leipzig, Hallescher FC, Holstein Kiel
- Verfolger: Wolfsburg II, VfB Lübeck, Hertha II, Hannover II, 1.FC Magdeburg, HSV II
- Mittelfeld: Cottbus II, Plauen, Meuselwitz, Havelse
- Abstiegskandidaten: Wilhelmshaven, Meppen, Halberstadt, St. Pauli II, BAK 07
Wobei das mit den Abstiegskandidaten natürlich Quatsch ist, denn Absteiger gibt es ‘dank’ Regionalliga-Reform am Ende der Saison keine. Da die Staffelanzahl von drei auf fünf erhöht wird, bekommt der Nordostdeutsche Fußball(verband) (NOFV) eine eigene Regionalliga (Ost). Zu der werden alle Teams der Regionalliga Nord gehören, die Mitglied im NOFV sind und am Ende der Saison nicht aufsteigen. Also mindestens acht, maximal neun (Leipzig, Halle, Hertha II, Magdeburg, Cottbus II, Plauen, Meuselwitz, Halberstadt, BAK 07). Dazu kommen alle Ost-Teams, die aus der 3.Liga absteigen. Potenziell wären das maximal drei, weil es nur drei Absteiger aus der dritten Liga gibt. In Frage kämen Chemnitz, Jena, Erfurt und Babelsberg.
Alle denkbaren Varianten genommen, kommen zwischen 8 und 12 Mannschaften aus dritter und vierter Liga in die nächstjährige Regionalliga. Da der NOFV insgesamt 16 Mannschaften für die Regionalliga Ost zulassen möchte, bleiben zwischen vier und acht freie Plätze übrig. Für die NOFV-Oberligisten in den zwei Staffeln Nord und Süd heißt das, dass im Minimalfall jeweils zwei Mannschaften aus der Nord- und Südstaffel aufsteigen, im Maximalfall vier. Planungssicherheit sieht für die Vereine, unter anderem Lok Leipzig, die nächstes Jahr unbedingt in die Regionalliga wollen, jedenfalls anders aus. [Die kompletten Regelungen zur Regionalliga 2012/2013 hat der NOFV in seinen Amtlichen Mitteilungen [broken Link], Seite 3 und 4 und 18 dargelegt]
Planungssicherheit haben die Regionalliga-Vereine in der Breite dagegen mehr als ausreichend. Da nächstes Jahr nur Platz 1 irgendeinen sportlichen Wert hat (nämlich Aufstieg) und niemand absteigen kann, dürfte das Jahr von den meisten Clubs als Übergangsjahr angesehen werden, das man vergleichsweise locker angehen kann. Für den sportlichen Wert der Liga eher unangenehm. Für die Zuschauerzahlen vermutlich auch, was vor allem jene trifft, die sonst durch den spannenden Kampf gegen den Abstieg die eine oder andere große Kulisse verbuchen konnten (Teams wie Meuselwitz und Plauen im Sinn). Für RB Leipzig könnte dies auch bedeuten, dass man von der Nicht-Abstiegs-Regelung eher negativ betroffen ist, weil gegen RB jeder Gegner unabhängig der konkreten sportlichen Lage topmotiviert ist, während ein Meuselwitzer Spiel gegen Kiel jetzt nicht unbedingt zu 120% Gastgeber-Prozent führen wird, wenn man die Punkte nicht überlebensnotwendig braucht..
Wie auch immer, das wird die Liga nicht entscheiden. Entscheidend wird sein, wer 34 Spiele lang die ausgeglichenste, beste und ergebnisorientierteste Spielweise präsentiert und vor allem in den Topduellen punktet. In den Topduellen sah RB Leipzig letztes Jahr nicht unbedingt super aus, unterschied sich darin allerdings auch kaum von den anderen Partien. Trotzdem: die Duelle gegen Halle, Kiel und eventuell Wolfsburg II werden dieses Jahr noch mal wesentlich essenzieller.
Die Regionalliga Nord ist in der Spitze im kommenden Jahr sicherlich nicht besser als im letzten. Was aber auch egal ist, denn der Druck auf RB Leipzig ist im zweiten Anlauf sowieso noch mal deutlich höher als beim ersten (gescheiterten) Versuch. Ich würde behaupten, dass RB Leipzig stärker und ausgeglichener besetzt ist (meine Kaderbetrachtung folgt sicherlich demnächst) als im vergangenen Jahr und die Gegnerschaft schwächer geworden ist. Was im Endeffekt bedeutet, dass zum Schluss nach menschlichem Ermessen RB Leipzig auf Platz 1 stehen sollte. Ein Selbstläufer wird es trotz allem nicht, vor allem weil jeder RB Leipzig gerne ein Bein stellen würde wollen.
Den RasenBallsportlern beim Trotzen dieser Versuche zuzugucken, darauf freue ich mich langsam schon wieder. Meppen, Halberstadt, Meuselwitz, Plauen. Ich hoffe, Peter Pacult reibt seinen Spielern die Realitäten schon mal langsam unter die Nase und diese freuen sich nach dieser Nasen-Behandlung genauso auf eine neue Saison wie ich. Wegen dem Hier und Heute des Fußballs und nicht wegen dem möglichen Überüberübermorgen der Bundesliga.
Ja, deine Einteilung der 4 Gruppen kann ich so “unterschreiben”, wobei für mich RB wieder die größte Wundertüte ist, siehe letzte Saison.
Ich bin mir sicher, du wirst im nächsten Frühjahr diesen Beitrag zur Auswertung deiner Einschätzung ran nehmen. Hoffen wir mal, das RB am Ende auf Platz 1 steht.