Drittes Testspiel von RB Leipzig in der Saisonvorbereitung. Gleichzeitig das dritte Testspiel binnen einer Woche. Und das dritte Testspiel ohne Gegentor. Dem 7:0 gegen gegen den siebtklassigen VfB Zwenkau folgte vor ein paar Tagen ein 11:o beim sechstklassigen MSV Neuruppin. Und gestern packte RB Leipzig noch ein 4:0 gegen den Viertligisten TSV Havelse, gegen den man schon vor einem Jahr in der Saisonvorbereitung antrat und 2:0 gewann, oben drauf.
Dabei hatte die erste Halbzeit aus Leipziger Sicht ein eher überschaubares Niveau. Gerade zu Spielbeginn fehlte den Aktionen von RB Leipzig ein wenig der Schwung und das Tempo, sodass vor allem auch im Spiel mit dem Ball einige (nicht unbekannt wirkende) Probleme entstanden. Insgesamt wurde zwar über die erste Halbzeit gesehen deutlich, dass RB Leipzig über die größere individuelle Klasse verfügt, aber im mannschaftlichen Zusammenspiel gab es doch einigen Leerlauf.
Man hatte ein wenig das Gefühl, dass einigen der Spieler, die in der vergangenen Saison viele Einsatzzeiten bekamen, die ganz große Fußballlust noch abgeht. Was man insgesamt angesichts der zu diesem Zeitpunkt ziemlich anstrengenden Saisonvorbereitung sicherlich nachvollziehen könnte.
Auf der anderen Seite spielte der TSV Havelse 45 Minuten lang taktisch und individuell eine sehr gute Partie. In Ballnähe stellte man permanent Überzahlsituationen her, mit denen man bei Ballbesitz von RB Leipzig die Gegenspieler gar nicht zur Entfaltung kommen ließ und immer wieder Ballgewinne hatte, aus denen gefährliche oder potenziell gefährliche Tempogegenstoßsituationen entstanden.
Was Havelse auf den Rasen brachte, sah insgesamt ziemlich gefällig aus, ohne dass sie die zwei, drei größeren Gelegenheiten hätten in Zählbares verwerten könnten. Auf Seiten von RB Leipzig konnte man insgesamt mehr Torgelegenheiten verzeichnen, die ganz große Gefahr wurde dabei nur sehr selten ausgestrahlt. Insbesondere gefährliche, zielgerichtet herausgespielte Situationen fehlten fast vollständig.
Dieses Bild änderte sich in der zweiten Halbzeit, als eher jene Spieler aufliefen, die letzte Saison bzw. aktuell bei RB Leipzig eher die zweite Garde bildeten bzw. bilden dürften. Was einerseits damit zusammenhing, dass einige Spieler (wie z.B. ein Denis Thomalla), deren Zukunft im Team nicht völlig sicher ist, offenbar ihre Chance nutzen wollten, zu zeigen, dass sie in diese Mannschaft auch in der kommenden Saison hineingehören.
Andererseits spielte sicher auch eine Rolle, dass RB Leipzig (bis auf Kimmich) eine komplett frische Elf mit Dritt- bis Zweitliganiveau auf das Feld schicken konnte, die dort auf in Sachen Intensität und Zweikampfführung deutlich abbauende Gäste traf und die dadurch entstehenden Räume gern nutzte. Vom TSV Havelse kam nun, auch wegen der fehlenden Ballgewinne, so gut wie gar nichts mehr, sodass Neuzugang Thomas Dähne im RB-Tor im Gegensatz zu Fabio Coltorti praktisch nichts zu tun hatte.
Dass RB Leipzig die deutliche Überlegenheit der zweiten Hälfte in Tore ummünzte, war letztlich nur folgerichtig. Der spielfreudige, technisch starke Federico Palacios Martinez, der sich langsam auch in Zweikämpfen versucht, eröffnete den Torreigen. Nachwuchsmann Smail Prevljak, der insgesamt unauffällig, aber vor dem Tor zielstrebig agierte, markierte schon seinen vierten Treffer in der Vorbereitung (zweitbester Torschütze hinter Kapitän Daniel Frahn). Matthias Morys, bei dem das Ego manchmal über das Maß des positiv nutzbaren hinausgeht, versenkte nach schnellem Gegenzug zum 3:0. Und Denis Thomalla, der als Achter eine gute Figur machte, wollte nach einem eher überflüssigen Foulelfmeter in der Schlussminute auch unbedingt noch aufs Scoreboard.
Insgesamt spiegelt das 4:0 ganz gut das Kräfteverhältnis der zweiten Halbzeit wieder. Auffällig neben den engagierten Thomalla, Palacios Martinez und Morys vor allem Joshua Kimmich, der als einziger mehr als 45 Minuten spielte und dem man seine Spiellust deutlich anmerkte. Auch wenn nicht alles gelang, war er an vielen torgefährlichen Situationen direkt beteiligt und machte deutlich Werbung für sich. Dass er die zweite Juli-Hälfte wegen der U19-EM eventuell verpasst, ist vor diesem Hintergrund aus Vereinssicht eher tragisch.
Interessant auch die Aufstellung vom gerade mal 18jährigen John-Patrick Strauß in der Innenverteidigung, wo er angesichts seiner körperlichen Voraussetzungen (Größe) nicht unbedingt eine Zukunft haben dürfte, wo er aber gegen Havelse seine im Mittelfeld gelernten Fähigkeiten im Passspiel und sein gutes Stellungsspiel einbringen und so Werbung in eigener Sache machen konnte. Heidinger und Jung mit sehr präsenten Außenverteidigerauftritten, während Neuzugang Khedira im Mittelfeld zeigte, dass er ein prima Lückenstopfer ist, dem noch ein wenig die spielerische Bindung zum Team fehlt.
Auffällig dass André Luge als einziger erst Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde. Könnte bedeuten, dass mehr als Lückenbüßer für ihn nicht drin ist, wenn er den Sommer nicht noch für einen Vereinswechsel nutzt. Was ganz gut dazu passt, dass Luge gerade im Vergleich zum auffälligen Thomalla, der vorher auf Luges Position spielte, ziemlich unauffällig blieb.
Unauffällig auch Mikko Sumusalo, der in der ersten Halbzeit Linksverteidiger spielte. Dass fast alle Angriffe von RB Leipzig über die rechte Seite und den sehr auffälligen Georg Teigl vorgetragen wurden, sagt schon relativ viel. Sumusalo wurde auf der anderen Seite dagegen fast gar nicht eingebunden, sodass er meist nur dann stattfand, wenn der Ball vom Gegner kam bzw. sich Sumusalo den Ball vom Gegner holte.
Die Rechtslastigkeit führte für Sumusalo zudem zum Problem, dass er nach innen einrücken und defensiv fast schon in Innenverteidigerposition stehen musste, weil die beiden Innenverteidiger nach rechts nachrutschen mussten, um Teigl abzusichern und in hohen Pressingsituationen helfen zu können. Auch dadurch wurde Sumusalo noch zusätzlich aus dem Offensivspiel genommen. Trotzdem blieb auffällig, dass er relativ wenig Bälle von den Mitspielern bekam und auch von der Bank vermehrt Hinweise zu seinem Stellungsspiel kamen. Sumusalo scheint auch ein halbes Jahr nach seinem Wechsel noch nicht ganz bei RB Leipzig angekommen zu sein.
Nicht mitwirken konnten in der Partie aufgrund von Verletzungen Fabian Franke, Clemens Fandrich und Henrik Ernst. Zudem fehlte mit Benjamin Bellot einer der drei Torhüter.
Sonst noch auffällig? Tim Sebastian vielleicht, der einen Carsten-Janker-Gedächtniskopf über den Platz führt. Oder ein stets zweikampfsicherer Niklas Hoheneder. Und dass trotz bis zum Anpfiff strömendem Regen offiziell 400 Zuschauer (de facto dürften es ein paar mehr gewesen sein) ins Stadion fanden und mit dem Anpfiff mit nachlassendem und alsbald ganz aufhörendem Regen belohnt wurden.
Fazit: Ein Testspiel mit zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten. Die erste mit etwas zu wenig Dynamik und Engagement und entsprechend überschaubarem Offensivoutput, die zweite (auch dank körperlich stark nachlassender Gäste) mit viel Offensivgeist und einer ganzen Reihe hoher Ballgewinne und gefährlicher Situationen vor dem gegnerischen Kasten. Wobei insbesondere Spieler aus der zweiten Reihe Werbung in eigener Sache betreiben konnten. Weiter geht es am Mittwoch in Markranstädt, bevor RB Leipzig ins Trainingslager nach Österreich düst.
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Tore: 1:0 Palacios Martinez (56.), 2:0 Prevljak (61.), 3:0 Morys (81.), 4:0 Thomalla (90. /FE)
Aufstellung 1. Halbzeit: Coltorti – Teigl, Hoheneder, Sebastian, Sumusalo – Kimmich, Demme, Hierländer – Kaiser – Poulsen, Frahn
Aufstellung 2. Halbzeit: Dähne – Heidinger, Strauß, Willers, Jung – Thomalla, Khedira, Kimmich (68. Luge) – Palacios Martinez – Morys, Prevljak
Zuschauer: 400 (in Grimma)
Links: RBL-Bericht, RB-Fans-Bericht