Gerade mal fünf Tage ist das Ende Wintertransferperiode her. Eine Zeit, die vornehmlich vom Gerücht um Stefan Kutschke geprägt wurde. Der wohl letztlich nur deswegen nicht von Wolfsburg nach Leipzig zurückwechselte, weil Rangnick nicht soviele Geldscheine überweisen wollte, wie Allofs gern gehabt hätte.
Auf der Abgangsseite wiederum konnte sich Thiago Rockenbach, mit dem bei RB Leipzig nicht mehr geplant wird, noch kurz vor Toresschluss dazu durchringen, es woanders, nämlich bei der U23 von Hertha BSC, die in der Regionalliga gegen den Abstieg kämpft, zu versuchen. Allerdings vorerst nicht dauerhaft, sondern nur per Leihe bis zum Saisonende. Rockenbach eingeschlossen verließen insgesamt fünf Spieler im Winter den Verein, so viele wie noch nie zuvor im Winter. Was auch deutlich zeigt, dass bei RB Leipzig nach einem halben Jahr dritter Liga der Umbau zu einem (potenziellen) Zweitligateam weiter im Eiltempo voranschreitet.
Gut zu erkennen ist dies auch an gleich vier Winterneuzugängen, übrigens auch so viel wie nie zuvor. Mit Federico Palacios Martinez verpflichtete man ein 18jähriges Toptalent für den Sturm, das in den nächsten Jahren ligentechnisch mit RB mitwachsen soll. Mit Diego Demme (21) kam ein weiter entwicklungsfähiger Spieler, der in Paderborn schon nachgewiesen hat, dass er auf Zweitliganiveau sehr gut mitspielen kann. Mit Mikko Sumusalo kam ein Außenverteidiger, der mit 23 seinen nächsten Karriereschritt machen will und bei einigen Zweitligisten auf dem Zettel stand. Und schließlich kam auch noch als Ersatz für den langfristig verletzten Christian Müller Georg Teigl (22), der in Österreich mit Salzburg auf nationalem Topniveau spielte und auch zu einigen europäischen Einsätzen kam.
Alle vier Verpflichtungen weisen in ihrer Idee bereits über die dritte Liga hinaus, ganz egal, ob die zweite Liga bereits in der kommenden Saison ins Haus steht oder in der kommenden Saison mit neuer und verstärkter Energie angegangen werden soll. Insgesamt geht man von einer Verlustsumme in Sachen Transfers von etwas über 2.000.000 Euro aus (der Löwenanteil für die sehr jungen Spieler Palacios Martinez, Kimmich, Poulsen und den auch noch jungen Demme). Eine Summe, die – wie die RB-Fans kürzlich zeigten – auch einem durchschnittlichen Bundesligisten zu Ehren gereichen würde.
Mal abgesehen davon, wie man das werten will, – letztlich sind dies Investitionen, die sich bei Entwicklung der Spieler über die nächsten Jahre sportlich und wirtschaftlich auszahlen wird – steigt die Qualität in der Mannschaft noch mal enorm. Auch in der Breite. Da ist es für den einen oder anderen Spieler, der Angst um Chancen auf einen Platz im Kader hat, vielleicht ganz angenehm, dass der Kader durch die geringere Anzahl an Neuzugängen und durch die unselige Müller-Verletzung auf 23 Spieler, also 20 Feldspieler + drei Keeper zusammenschrumpfte. Immer noch groß genug, um Härtefälle zu produzieren (am vergangenen Wochenende traf es Thomalla und Luge, die zwar fit waren, aber nicht mit nach Duisburg reisen durften), aber auch relativ überschaubar.
Taktisch schrumpfte RB Leipzig in der Vorrunde auf zwei System zusammen. Häufiger gespielt wurde das 4-3-3, das aber in unterschiedlichen Ausprägungen bspw. als 4-1-4-1 oder als 4-3-2-1 oder als 4-1-2-3 interpretierte und mal mit hängenden Außenstürmern, aber auch mal mit hängendem zentralen Stürmer gespielt wurde. Dazu kam zu Saisonbeginn und nun auch wieder in Duisburg das aus der Regionalliga bekannte 4-3-1-2 mit Hang zur Raute zum Einsatz. Was im Normalfall keine Rolle mehr spielt, ist das 4-2-2-2 mit zwei Sechsern und zwei schnellen Außenbahnspielern.
(Die Kaderbetrachtung ist nach Positionen geordnet. Hinter jeder Position erscheinen die Spieler, die dort – ganz subjektiv bewertet – ihre Stammposition haben, in der Reihenfolge wie ich denke, dass ihre individuelle Stärke ist bzw. ihre Einsatzchancen sind. (ganz vorn steht also die jeweilige Nummer 1 auf jeder Position).)
Tor: Fabio Coltorti (33 Jahre), Erik Domaschke (28), Benjamin Bellot (23)
Im Tor ist die Hierarchie eigentlich klar. Wenn Fabio Coltorti fit ist, dann ist er die klare Nummer 1. Eine Position, die er in seinen eineinhalb Jahren bei RB Leipzig in jedem Spiel immer wieder bestätigt hat. Danach folgen Domaschke und Bellot mit leichtem Vorsprung für ersteren. Domschke wirkte als Vertreter von Coltorti, wenn der mal geschont wurde, immer bombensicher und selbstbewusst. Seit Ende November muss Domaschke allerdings den verletzten Coltorti ersetzen und wie lange er das noch tun muss, ist aktuell unklar. In dieser neuen Rolle als dauerhafter Ersatz-Nummer 1 wirkt Domaschke etwas nervöser und unsicherer. Was vielleicht nur der fehlenden Wettkampfpraxis geschuldet ist, aber auch an der neuen Rolle liegen kann. Benjamin Bellot war in der Winterpause kurz ernster Herausforderer im Kampf um die Position des Coltorti-Ersatzes. Inzwischen ist er wieder auf die gewohnte Position hinter Domaschke zurückgerutscht. Letztlich ist es egal, wer anstelle von Fabio Coltorti im Tor steht. Wenn derjenige durch die Spielpraxis Sicherheit gewinnt, dann sind sowohl Domaschke als auch Bellot gute Drittligatorleute.
Rechtsverteidiger: Georg Teigl (22 Jahre), Mikko Sumusalo (23), Sebastian Heidinger (28), Tim Sebastian (30), [Christian Müller (30 Jahre)]
Eine Position, die durch die Verletzung von Christian Müller ein bisschen eine Baustelle ist. Georg Teigl ist zwar sicherlich ein guter Fußballer, war aber bisher kein Außenverteidiger, sondern Offensivspieler. In seinen ersten zwei Partien auf der neuen Position wirkte er wie Sebastian Heidinger, als der in der vergangenen Saison gegen Ende seine ersten Schritte auf der Position machte und in Sachen Stellungsspiel und Zweikampfverhalten nicht extrem gut aussah. Und inzwischen links hinten fast schon wie ein alter Hase verteidigt. Vielleicht macht es ihm Teigl nach, dafür wird er aber sicher ein paar Spiele brauchen. Seine Geschwindikgeit macht es jedenfalls einfacher, den einen oder anderen Stellungsfehler zu kompensieren. Heidinger selbst wäre rechts auch eine sehr gute Option, ist aber durch den Ausfall von Sumusalo und zuletzt auch Jung links gebunden. Und auch Sumusalo kann nicht nur links spielen, sondern auch rechts. Es gibt also einige Kandidaten für rechts hinten, die aber aufgrund ihrer Frische im Team oder gar auf der Position (Teigl, Sumusalo) auch Wackelkandidaten sind. Dürfte sicherlich noch ein paar Wochen dauern, bis sich hier Ideallösungen gefunden haben.
Innenverteidiger: Niklas Hoheneder (27 Jahre), Tobias Willers (26), Fabian Franke (24), Tim Sebastian (30),
In der Innenverteidigung hat man letztlich vier Spieler, bei denen es sich potenziell von Woche zu Woche ändern kann, wer die Nase vorn hat und bei denen die Wahl davon abhängt, was man für Qualitäten sucht. Sucht man eher den rustikal-sicheren Zweikämpfer, dann dürfte die Wahl auf Franke fallen. Wenn es Leader-Qualitäten sein sollen, dann Willers. Wenn man von allem ein bisschen haben will, dann Hoheneder. Und dann hat man auch noch Tim Sebastian, ein Allrounder, der immer einsetzbar ist und trotzdem über die Rolle des Notfall-Backups für die Rückrunde kaum hinauskommen dürfte. Was in seinem Fall eher eine Auszeichnung ist, denn von dieser Position aus ist immer auf ihn Verlass. Aufgrund der eher unsicheren Außenverteidiger-Besetzung wäre es sicherlich günstig, das Innenverteidiger-Duo vorerst nicht allzu oft zu wechseln. Welches Duo davon letztlich am meisten profitieren wird, ist aber absolut offen. Aktuell haben Willers/ Franke die Nase vorn und bis zum nächsten eklatanten Fehler oder bis zur nächsten Kartensperre wird dies wohl auch so bleiben. Ohne Gewähr. Insgesamt eine gut besetzte Position, auf der ein wenig ein Nachwuchstalent fehlt, das man an die höheren Aufgaben heranführen könne. Insgesamt auch eine Position, auf der in der Hinrunde noch keine Ruhe einzog und einige individuelle Fehler passierten. Mal sehen, ob die verbleibenden 15 Spiele mehr Ruhe bringen werden.
Linksverteidiger: Sebastian Heidinger (28), Anthony Jung (22 Jahre), Mikko Sumusalo (23)
Hinten links ist es ein bisschen überschaubarer als hinten rechts, weil vorne dran zwei Spieler stehen, die schon in der Hinrunde die Position besetzt haben. Dementsprechende gibt es stabile Lösungen. Im Moment ist hier Sebastian Heidinger die Option Nummer 1. Eine Position, die er sich im letzten halben Jahr erkämpft hat. Dahinter lauert Anthony Jung, der dran ist mit dem nächsten Schritt in seiner Leistungsentwicklung. Macht er den, müsste er vom Potenzial her Heidinger eigentlich verdrängen können. Sollte das der Fall sein, wäre Heidinger frei für die rechte Außenverteidigerposition und Sumusalo könnte den Backup für links hinten spielen. Der Finne hat größere Teile der Vorbereitung verpasst und noch kein Testspiel bestritten. Bei ihm dürfte es wohl noch ein wenig dauern mit dem Anklopfen an der ersten Elf. Wo er dann anklopfen könnte, hängt auch an der Entwicklung von Teigl rechts hinten und der Qualität von Jung links hinten.
Zentrales Mittelfeld (defensiv): Henrik Ernst (27), Diego Demme (22), Dominik Kaiser (25 Jahre), Joshua Kimmich (18), Tim Sebastian (30)
Auf der zentralen Sechserposition in den bisher durchgängig gewählten Dreiermittelfeldkombinationen hat sich einer durchgesetzt, von dem man das vor der Saison nicht unbedingt erwarten musste. Nach der Winterpause dachte man erneut, dass Ernst angesichts der Konkurrenz von Demme, Kaiser und Kimmich nun aus dem Team rutschen würde. Doch vorerst hat Zorniger das Problem gelöst, indem er Kaiser auf die Zehn schob und so genügend Plätze für die anderen drei blieben. Letztlich heißt die zentrale Frage auf der Sechs Ernst oder Demme und die ist einerseits von der Leistung der beiden abhängig, aber auch davon, wo Kaiser spielt. Rutscht Kaiser zurück ins äußere Mittelfeld und Zorniger will auf Kimmich und Demme nicht verzichten, wird Ernst aus dem Team rutschen. Aktuell ist aber weiter Ernst gesetzt. Was angesichts seiner Körpergröße (16 cm größer als Demme) von Vorteil in Mittelfeldluftduellen ist. Letztlich fehlt auf der Sechserposition ein großgewachsener Herausforderer. Demme, Kaiser und Kimmich sind vergleichsweise klein. Und Sebastian ist ein sehr guter Backup und Notnagel, aber aktuell keine ernsthafte Stammelfalternative.
Äußeres Mittelfeld: Dominik Kaiser (25), Joshua Kimmich (18), Diego Demme (22), Timo Röttger (28 Jahre), Clemens Fandrich (23), André Luge (22)
Vergleichsweise klare Hierarchien bilden sich auf den äußeren Mittelfeldpositionen ab. Also auf der Achterposition, mal offensiver mal defensiver interpretiert, im Dreiermittelfeld. Dominik Kaiser wäre hier, solange er nicht auf die Zehn rutscht, absolut unumstritten gesetzt. Über Kimmich muss man, in Normalfall und wenn Patzer wie in Duisburg nicht zur Normalität werden, auch nicht diskutieren. Und Demme bringt auch genug Klasse mit, um unumstritten zu sein. Da es aber nur zwei äußere Positionen gibt, läuft es eben auf Lösungen wie Kaiser als Zehner oder Demme als Sechser hinaus, um alle drei auf dem Feld zu haben. Enorm schwer wird es bei dieser Konstellation für Timo Röttger (der sich mit seiner Joker-Rolle allerdings bereits angefreundet hat), Clemens Fandrich (der als viertes Rad am Wagen gerade ein wenig den Anschluss an Spielzeiten verliert) und André Luge (der aber sowieso kein Achter ist, sondern eher Außenbahnspieler im derzeit nicht genutzten 4-2-2-2 wäre oder als Sturmalternative zur Verfügung steht). Insgesamt gibt es im äußeren Mittelfeld klare Hierarchien. Was unter Umständen gut ist für das sportliche Auftreten, könnte für einigen Missmut bei den Spielern sorgen, die hinten an stehen.
Zentrales Mittelfeld (offensiv): Dominik Kaiser (25 Jahre), Timo Röttger (28), Clemens Fandrich (23)
Seit neuestem wieder im Angebot ist die Position des Zehners. Just nach Abgang von Rockenbach, der die Position früher immer besetzte, entschied sich Zorniger dafür, dass Kaiser doch ein guter Zehner wäre. Was man vorher bereits ahnte, aber trotzdem etwas überaschend kam. Letztlich eine Antwort auf die Frage, wer aus dem Trio Kaiser, Kimmich, Demme nicht auf der Acht spielen kann, weil es nur zwei Achter gibt. Das Modell mit Kaiser darf durchaus als zukunftsfähig und nicht als einmaliger Ausrutscher angesehen werden. Unwahrscheinlich allerdings, dass man am System mit Zehner festhält, wenn Kaiser wieder zurück auf die Acht rutscht. Zwar gäbe es mit Röttger und Fandrich Alternativen für die Position, aber diese würden wohl nur bei besonderen Spielsituationen irgendwann in der zweiten Halbzeit einer Partie gezogen werden. Insgesamt hat man auf der Zehn auch nach dem Abgang von Rockenbach viel Potenzial. Ob man ein System mit einer Zehn vermehrt sehen wird, bleibt erst mal unklar. Klar scheint dagegen, dass im System mit Zehn diese zentrale Offensivposition wohl ziemlich ausschließlich mit Kaiser besetzt sein wird.
Sturm: Daniel Frahn (26 Jahre), Yussuf Poulsen (19), Federico Palacios Martinez (18), Matthias Morys (26), André Luge (22), Denis Thomalla (21)
Relativ klare Hierarchien auch im Sturm, wo Daniel Frahn als Kapitän in der Sturmmitte gesetzt ist und an Yussuf Poulsen als körperlich präsentem, unheimlich schnellen Flügelestürmer auch kein Weg vorbeigeht. Wenn man ein Zweisturmsystem spielt, war es das dann schon. Spielt man mit drei Stürmern, dürften sich Palacios Martinez, Morys und Luge bzw. vor allem die ersteren zwei um den letzten verbleibenden Platz auf dem Flügel streiten. Aktuell ein offenes Rennen. Palacios Martinez hat wegen seines Status als Talent allerdings per se einen kleinen Vorteil, da er mit seinen 18 Jahren eine besondere Förderung erfahren soll. Für André Luge wird es da – solange es keine Verletzungen oder anderweitige Ausfälle gibt – ziemlich eng. Vielleicht läuft es ja perspektivisch eher auf eine Joker-Rolle wie bei Röttger hinaus. Auch hinten an steht Frahn-Backup Denis Thomalla, der noch das Glück hat, dass Stefan Kutschke im Winter nicht kam und nicht auch noch seine Rolle hinter Frahn klaute. Trotzdem, der Weg aufs Feld wird weit. Und selbst wenn Frahn ausfällt, könnte es sein, dass sich Thomalla erst noch mit Palacios Martinez duellieren muss, bevor er ins Team rutscht. Der Sturm ist insgesamt top besetzt. Allerdings fehlt auch ein wenig die Torgefahr. Poulsen und Morys waren bisher nicht unbedingt die Torjäger. Bei Palacios Martinez weiß man es für den Männerbereich noch nicht. André Luge strahlt zwar Torgefahr aus, ist aber von seinem Gesamtauftreten auf der Position als Flügelstürmer nicht so überzeugend, dass er dauernd spielen würde. Und Denis Thomalla ist wohl letztlich eher der hängende Stürmer als der Knipser. Bliebe noch Daniel Frahn, der das alles in guten Wochen vergessen macht. In schlechten Wochen wie den letzten vor der Winterpause wird allerdings auch deutlich, dass es durchaus zielführend wäre, wenn sich die Torgefahr im Sturm stärker auf mehrere Schultern verteilen würde.
Fazit
Insgesamt hat man sich bei RB Leipzig durch die Kaderumbauten im Winter noch einmal mehr Breite und entwicklungsfähiges Talent in die Mannschaft geholt. Und sich damit ein wenig die Favoritenrolle für die aktuelle Saison aufgehalst. Eine Rolle, die sich auch als zu groß erweisen kann. Einerseits weil das geringe Alter von einigen Protagonisten natürlich auch Fehler auf dem Platz bedingt, wie man bei Joshua Kimmich in Duisburg gut gesehen hat. Andererseits weil mit vier Neuzugängen bei kurzer Wintervorbereitung sportlich auch immer Reibungsverluste verbunden sind. Sprich, die Mannschaft muss sich erst noch finden, um wieder auf Topniveau zu spielen.
Und das betrifft letztlich auch die internen Hierarchien, da in der Winterpause auch Spieler den Verein verließen, die schon lange dabei waren und entsprechend auch eine nicht unwichtige Rolle im Mannschaftsgefüge spielten. Insbesondere Bastian Schulz ist hier zu nennen. Auch das Füllen dieser Lücken wird Zeit brauchen, weil Spieler erst in die entsprechenden Rollen hineinwachsen müssen.
Fehlende Hierarchien kennzeichnen auch den zentralen Abwehrverbund. Was einerseits daran liegt, dass man eigentlich vier Innenverteidiger hat, die auf Augenhöhe agieren und permanent gegeneinander gewechselt werden könnten. Dazu fällt mit Coltorti der Stammkeeper und gleichzeitig mit seiner Persönlichkeit ein Abwehrstabilisator auch. Auch der Ausfall des erfahrenen und angesehen Rechtsverteidigers Müller ist nicht zu unterschätzen, da er völlig neue Lösungen zur Besetzung der Position nach sich zieht. Links hinten geht es da mit Heidinger noch am stabilsten zu, aber selbst da dürfte ein Jung mit den Füßen scharren.
Der Abwehrverbund ist also nach der Winterpause auf dem Pfade der Neuorientierung und Konsolidierung. Ein Prozess, der schnell gehen möge, denn nicht viel ist wichtiger als funktionierende Defensivabläufe. Für die eine eingespielte Viererkette, die auch der Nummer 2 im Tor Stabilität mitgibt, nicht ganz irrelevant ist.
Insgesamt bietet der Kader viele, viele Optionen, auf Ausfälle und Systemanforderungen mit der entsprechenden Besetzung mit Spielern zu reagieren. Im Gegensatz zur Hinrunde dürfte keiner der Spieler komplett chancenlos hintenan stehen. Trotzdem könnte es bspw. ein Denis Thomalla schwer haben, ins Team zu kommen. Auch bei einem Clemens Fandrich müsste viel passieren (in der eigenen Entwicklung oder in Bezug auf Ausfälle im Kader), um dauerhaft gute Chancen auf einen Platz im Team zu haben. Bei Mikko Sumusalo muss man noch abwarten, wie er aus seiner Verletzung kommt. Als Neuzugang dürfte der Weg ins Team naturgemäß steiniger sein. Timo Röttger wird auch weiter viel auf der Bank sitzen, aber mit ein paar Spielen als Joker leben können. Ob dies André Luge ähnlich geht, darf man eher bezweifeln. Mit einem dauerhaften Bank- oder gar Tribünenplatz dürfte der 22jährige unzufrieden sein.
Will man das ganze auf Systeme herunterbrechen, dann sähe die Stammbesetzung aktuell vermutlich so aus:
4-3-1-2: Domaschke (Coltorti) – Teigl (Heidinger), Willers (Hoheneder), Franke, Heidinger (Jung) (Sumusalo) – Demme, Ernst, Kimmich – Kaiser – Poulsen, Frahn
4-3-3: Domaschke (Coltorti) – Teigl (Heidinger), Willers (Hoheneder), Franke, Heidinger (Jung) (Sumusalo) – Kaiser, Ernst (Demme), Kimmich- Poulsen, Frahn, Morys (Palacios-Martinez)
4-2-2-2: Domaschke (Coltorti) – Teigl (Heidinger), Willers (Hoheneder), Franke, Heidinger (Jung) (Sumusalo) – Fandrich, Kaiser, Kimmich (Demme), Luge – Poulsen, Frahn
Gut zu sehen dabei, dass die größeren Fragen und Unwägbarkeiten vor allem in der Verteidigung existieren. Das kann sich zwar im Saisonverlauf und bei Verletzungen auch auf andere Mannschaftsteile übertragen, aber insgesamt gibt es in Mittelfeld und Angriff doch in stärkerem Maße eine Hierarchie.
Mannschaftlich gesehen gibt es nach dem Ausfall von Coltorti nur noch zwei absolute Fixpunkte im Team. Einmal Kapitän Daniel Frahn und dazu Vizekapitän Dominik Kaiser. Und dahinter viel Platz für Spieler, die schon immer das Leadergen in sich spürten. Tobias Willers wäre sicherlich von der Mentalität her ein Kandidat, eine Lücke zu schließen. Ob er allerdings die Qualität hat, als Innenverteidiger auch zum sportlichen Fixpunkt zu werden, muss als völlig offene Frage unbeantwortet bleiben.
Sicherlich, bei Ausgaben von unterm Strich mehr als 2.000.000 Euro als pure Ablöse für einen Drittligakader ist jedes Aber jammern auf extrem hohen Niveau. Trotzdem kann man abseits der Feststellung, dass RB Leipzig definitiv einen aufstiegsreifen Kader mit viel Entwicklungspotenzial hat, auch bemerken, dass die Frage der Jugendlichkeit und damit Fehleranfälligkeit einzelner Protagonisten, die viel Unruhe mit sich bringenden Wechsel in der Winterpause und ein Abwehrverbund ohne ganz klare sportliche Hierarchien auch durchaus Bausteine sind, die das Umsetzen des guten Kaders und meinetwegen auch des guten Geistes im Team in entsprechende sportliche Leistungen verhindern könnten. Zumal völlig unklar ist, inwieweit Verletzungen und Sperren wie in den letzten Wochen auch zukünftig eher das Mannschaftskorsett treffen und in welchem Umfang entprechende Ausfälle zu beklagen sein werden.
Sag ich doch, habe es nur etwas drastischer formuliert, von Spielsystemen etc. habe ich eh nur bedingt Ahnung, gehe dafür aber auch montags arbeiten, manchmal habe ich am Wochenende “Dienst”, was nicht mein Hobby ist…
Die Analyse gefällt mir wieder einmal mehr als gut!
Du hast vor allen Dingen gesagt, dass sich kein Spieler unter dem aktuellen Trainer verbessert hat. Dabei ist es nicht wichtig, wieviel Ahnung du von Spielsystemen hast oder wie lange oder oft du malochen bist. Es zeugt davon, dass du davon ausgehst, dass man Verbesserungen immer sofort sieht oder überhaupt als Zuschauer wie du oder ich es sind sieht. Ist doch kein Computerspiel, bei dem die Spieler sich von 60 Stärke auf 80 entwickeln und dann auf einmal die 3. Liga dominieren nach Belieben. Fußball ist zwar nur ein Sport, aber wenn man schon darüber schreibt, muss man auch mal die komplexe Seite des Sports und auch die komplexen zwischenmenschlichen Beziehungen und Hierarchien bedenken. Und nicht einfach raus hauen, wie wenig gut Alles ist. Wir reden alle von 2. Liga, perspektivisch 1. Bundesliga in LE, aber es ist nun mal nicht alles so einfach wie man es sich wünscht. Denk ich.