Neuland unterm Fußball

Ich werde nie dazu neigen die Fußballgeschichte in Leipzig als gemeinsame Stadtgeschichte zu verallgemeinern. Spiele, die der VfB Leipzig oder der FC Sachsen oder Lok oder wer auch immer bestritten haben, eignen sich nicht unbedingt als geschichtliche Bezugsnahme, wenn man über die kommende Drittligasaison von RB Leipzig reden will. Jeder dieser Vereine hatte seine ganz eigene Geschichte, die sich schlecht unter einem globalen Stadtlabel vereinnahmen lässt.

Trotzdem ist es ganz interessant, mal zu gucken, wann in dieser Stadt eigentlich so das letzte Mal gegen jene Vereine gespielt wurde, gegen die RB Leipzig 2013/2014 in der dritten Liga antreten wird. Denn in den entsprechenden Daten zeigt sich auch, wie lange es eigentlich her ist, dass eines der Leipziger Teams Fußball höherklassig Fußball spielte. 1997/1998 spielte mit dem VfB Leipzig letztmalig ein Club aus Leipzig in einer eingleisigen, bundesdeutschen Liga, nämlich in der zweiten Bundesliga. 20o3/2004 war ein Leipziger Team letztmalig drittklassig. Damals der FC Sachsen Leipzig im Rahmen der zweigleisigen Regionalliga. Am Ende stand der Abstieg und wohl eines der entscheidenden Ereignisse, die einen Einstieg von Red Bull in Leipzig überhaupt erst möglich machten. Die These steht weiterhin, dass eine erfolgreiche Konsolidierung des FC Sachsen damals im frisch umgebauten Zentralstadion und im Profifußball der Idee Red Bull einen frühen Riegel vorgeschoben hätte.

Schaut man sich an, wann genau in den letzten Jahren jeweils ein Pflichtspiel gegen eines der aktuellen Drittligateams bestritten wurde, fallen vier größere Cluster auf. Einerseits die Zeit des VfB Leipzig in der zweiten Liga, aus der viele bundesweite Duelle resultieren. Zweitens die Zwischenjahre ab der Jahrtausendwende, in denen der FC Sachsen Leipzig die Nase in der Stadt (mehr oder weniger stark) vorn hatte. Die jüngere Geschichte mit RB Leipzig und den entsprechenden Duellen. Und zuletzt die nie stattgefundenen Duelle mit einigen  – größtenteils erst in der jüngeren Vergangenheit erfolgreicher gewordenen – Vereine aus dem Süden bis Südwesten der Republik:

  • 27.02.1993: VfB Leipzig vs. SV Darmstadt 98 2:0 – zweite Bundesliga
  • 23.04.1993: VfL Osnabrück vs. VfB Leipzig 1:1 – zweite Bundesliga
  • 28.04.1995: VfB Leipzig vs. Hansa Rostock 0:1 – zweite Bundesliga
  • 18.06.1995: VfB Leipzig vs. 1.FC Saarbrücken 3:3 – zweite Bundesliga
  • 18.03.1996: MSV Duisburg vs. VfB Leipzig 5:1 – zweite Bundesliga
  • 15.02.1998: Stuttgarter Kickers vs. VfB Leipzig 2:3 – zweite Bundesliga
  • 17.04.1998: SpVgg Unterhaching vs. VfB Leipzig 1:1 – zweite Bundesliga
  • 29.04.2000: Rot-Weiß Erfurt vs. Sachsen Leipzig 2:1 – Regionalliga Nordost (viergleisige dritte Liga)
  • 07.03.2004: FC Sachsen Leipzig vs. Borussia Dortmund II 0:1 – Regionalliga Nord (zweigleisige dritte Liga) – erstes Pflichtspiel im Zentralstadion nach dem Umbau
  • 14.03.2004: FC Sachsen Leipzig gegen Preußen Münster 0:0 – Regionalliga Nord (zweigleisige dritte Liga)
  • 21.04.2012: Holstein Kiel vs. RB Leipzig 1:0 – Regionalliga Nord (dreigleisige vierte Liga)
  • 19.05.2012: Hallescher FC vs. RB Leipzig 0:0 – Regionalliga Nord (dreigleisige vierte Liga)
  • 15.05.2013: RB Leipzig vs. Chemnitzer  FC 4:2 – Sachsenpokal
  • Nie: Wacker Burghausen
  • Nie: Jahn Regensburg
  • Nie: 1.FC Heidenheim
  • Nie: SV Wehen Wiesbaden
  • Nie: VfB Stuttgart II
  • Nie: SV Elversberg

Ist natürlich nichts weiter als eine kleine Übersicht. Die aber nichtsdestotrotz zeigt, wie wenig Anknüpfungspunkte es hierzulande mit dem bundesweiten Ligenbetrieb in den letzten 10, 15 Jahren gab. Gerade für eine jüngere Fußballgeneration, die schon bei Spielen rund um die Jahrtausendwende mit einem lockeren “Früher, hör auf mit früher” abwinken würde. Die dritte Liga ist in ihrer Zusammensetzung für viele Anhänger von RB Leipzig schlicht Neuland. Was sie mit ihren vielen Namen mit Klang gleichzeitig interessant, aber auch sportlich schwer einschätzbar macht. Vorfreude ist schon da, livehaftig erfahrene, ligabezogene Fußballfachkunde muss sich in dieser Stadt jenseits der lange Jahre gepflegten Duelle mit Meuselwitz, Plauen oder Zwickau aber sicherlich erst wieder ausbilden. Sehr schöne Aufgabe..

PS: Die – auf transfermarkt.de-Vereinsstatistiken – beruhenden Daten sind wie immer ohne Gewähr. Fehler dürfen die geneigten Leser entweder behalten oder in einem Kommentar anmerken.

4 Gedanken zu „Neuland unterm Fußball“

  1. Nochmal zurück in die Liga 4: Findet ihr es eigentlich nicht peinlich, wie RB offiziell mit Anzeige und Presse gegen die Jena-Zaunfahnen nachtritt? Man kann vom FC Carl Zeiss halten was man will, aber ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem Jena wirklich größere Probleme hat (Hochwasser im Stadion) und die Saison gelaufen ist?

    Was meint die Zuschauerbasis von RB, die sich doch so gern (arg gekünstelt aber letztendlich doch) fast selbstironisch mit RB-Schweine-Doppelhaltern und Gesängen präsentiert? Oder gibt es dazu keinen Kommentar vom Rotebrauseblogger?

    1. Nein, obwohl dem Auslöser der arg unsportlichen Aktion das Lachen inzwischen im Hals steckengeblieben sein dürfte.

    2. dem Statement von IT-Wolle kann ich mich nur anschließen – ich finde schon das es mehr als Respektlos ist — es kam ja nicht mal eine offizielle Entschuldigung für die sogenannten “Fans” die das organisiert und durchgeführt haben…ganz im Gegenteil von einem Hochoffiziellen – dem Stadionsprecher – kam nur hämisches nachgekicke und Beifalls-Avancen ohne sich zu distanzieren – also das geht gar nicht. Man stelle sich nur mal vor wenn ein paar RBL Fans so etwas lostreten würden, was da fürn Geschrei wäre…mit Dünnheutigkeit hat das gar nix zu tun – eher mit Ignoranz seitens CZ Jena, denn ohne diese Ignoranz wärs gar nicht soweit gekommen.

  2. Doch gibt es. Unter anderem diverse Male drüben bei Twitter – kommentiert und auch in den (fast) täglichen Newsupdates [broken Link]

    Und mal runtergebrochen. Es geht hier um die Beschwerde (und letztlich also um die Frage ob der Verein tatsälich dafür verantwortlich war) wegen eines ungenügenden oder unsportlichen Ordnungsdienstes und um einen Streitwert vermutlich im unteren dreistelligen Bereich. Also letztlich um eine Sache nah dran an der Irrelevanz. Und ich persönlich finde die Beschwerde in gleichem Maße überflüssig, wie ich die (Nicht-)Reaktionen der Jenaer Verantwortlichen im Nachgang daneben fand. Ein einfacher Telefonanruf im Hintergrund und ohne Öffentlichkeit seitens der Jenenser hätte die Sache wohl ziemlich locker aus der Welt geschafft.

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