Alexander Zorniger hat ja für RB Leipzig gestern via BILD das Ende der Transferzeit ausgerufen (auch wenn ich nicht glaube, dass er sich gegen einen talentierten U23-Spieler egal welcher Position, so er denn vorbeischwebt würde, wehren würde), sodass es langsam und endlich an der Zeit ist, das zu machen, was ich schon seit einiger Zeit machen will, nämlich mal den aktuellen Kader von RB Leipzig unter die Lupe zu nehmen.
Mit sieben Neuzugängen hat RB in der aktuellen Transferperiode bisher vergleichsweise zurückhaltend agiert. Letztes Jahr war man am Ende bei 10 Zugängen (plus drei weiteren im Winter), im Jahr davor waren es sogar 15(!) (plus Rockenbach im Winter). Und von den sieben Neuen dieses Jahres ist einer schon wieder weg (Mrowiec) und einer kommt aus dem eigenen Nachwuchs (Nattermann). Bleiben nur fünf Spieler, die dann demnach auch nicht für einen kompletten Kaderumbruch stehen. Mit Coltorti, Judt, Kaiser, Karikari und Koronkiewicz kommt jedenfalls eine interessante Mischung aus viel Klasse und Potenzial dazu.
Auf der anderen Seite verließen insgesamt zehn Spieler den Verein. Für Rosin, Watzka, Geißler und Lewerenz war das relativ früh in der Sommerpause klar. Buszkowiak und Laas spielten sowieso schon lange keine Rolle mehr in den Kaderplanungen. Und Borel, Wisio, Lagerblom und Rost wurde der Wechsel an der Spitze der sportlichen Verantwortlichkeit zum Verhängnis. Von den zehn Spielern war lediglich Borel die ganze vergangene Saison Stammspieler. Wisio durfte aufgrund fehlender Konkurrenz in der Rückrunde dauerhaft linksverteidigen. Und Geißler war mal drin und mal draußen. Alle anderen spielten aus ganz unterschiedlichen Gründen in der vergangenen Saison mehr oder weniger gar keine Rolle. Auch die Abgänge sprechen nicht für einen extremen Kaderumbruch.
Schon der Vergleich von Zugängen und Abgängen zeigt, dass der Kader keine Qualität abgegeben, sondern nur welche dazugewonnen hat. Aber mal im Einzelnen:
(Die Kaderbetrachtung ist nach Positionen geordnet. Hinter jeder Position erscheinen die Spieler, die dort – ganz subjektiv bewertet – ihre Stammposition haben, in der Reihenfolge wie ich denke, dass ihre individuelle Stärke ist (ganz vorn steht also die jeweilige Nummer 1 auf jeder Position). Einfache Klammern bedeuten, dass der Spieler dort auch umstandslos spielen kann, doppelte Klammern bedeuten, dass der Spieler auf der Position im Notfall spielen könnte.)
Tor: Fabio Coltorti (31 Jahre), Benjamin Bellot (21), Andreas Kerner (23)
Im Tor scheinen die Verhältnisse geklärt. Neuzugang Fabio Coltorti, international erfahren, dürfte die klare Nummer 1 sein. Von seiner ganzen Ausstrahlung und auch verbalen Präsenz geht da kein Weg dran vorbei. Dahinter darf Benjamin Bellot auf mögliche Einsatzzeiten aufgrund von Verletzungen von Coltorti hoffen. Der aktuell verletzten Andreas Kerner ist in dieser Konstellation chancenlos. Nachwuchskeeper Matthias Hamrol, der bereits zwei Trainingslager mit den Profis absolviert hat, wartet für die Extremfälle. Insgesamt ist RB Leipzig im Tor sicher nicht schlecht besetzt, allerdings ist noch ziemlich unklar, wie das in der Pflichtspielpraxis funktionieren wird. In den Testspielen jedenfalls wurden Coltortis Qualitäten jedenfalls nicht getestet und sowieso wird es auch für ihn eine neue Situation sein, in einer Mannschaft zu agieren, die im Schnitt relativ wenige Torschüsse zulassen wird. Und Benjamin Bellot scheint mir jenseits der Stärken mit dem Fuß doch ein paar Schwächen in der Strafraumbeherrschung zu haben. Eigentlich sollte die Torwartposition keine Schwachstelle sein, aber ich würde mit einer Bewertung gern abwarten bis sich die Nummer 1 in ein paar Pflichtspielen beweisen musste.
Rechtsverteidiger: Christian Müller (28), Patrick Koronkiewicz (21), (Juri Judt, 26), ((Tim Sebastian, 28))
Zu Beginn der Vorbereitung hätte man Christian Müller für gesetzt halten können. Koronkiewicz schien keine ernste Konkurrenz, Judt wurde für links verpflichtet und dürfte nur die Notaushilfe für rechts sein und Tim Sebastian war eh nie mehr als eine Notlösung für rechts hinten. Dass der Abstand zu Patrick Koronkiewicz viel geringer als erwartet ist, liegt aber noch nicht mal unbedingt an Chrisitan Müller selbst, sondern an einer starken, äußerst engagierten Vorbereitung von Patrick Koronkiewicz, der vor allem mit Unbekümmertheit und Offensivgeist zu überzeugen wusste. Trotzdem glaube ich nicht, dass dies aktuell reicht, um Christian Müller von einem Stammplatz zu verdrängen, denn Müller ist weiterhin das komplettere Paket aus defensiven und offensiven Kompetenzen. Zudem spricht für Müller natürlich das sehr gute Zusammenspiel mit Timo Röttger weiter vorne rechts. Trotzdem beruhigt es mit ein bisschen, dass Christian Müller zukünftig rechts hinten kein Alleinunterhalter ist, sondern einen würdigen Vertreter hat. Einer, den man auch bspw. bei Unentschieden noch mal als frischen Offensivwind für die letzten Minuten bringen kann.
Innenverteidigung: Fabian Franke (23 Jahre), Tim Sebastian (28), Niklas Hoheneder (25), Marcus Hoffmann (24), (Henrik Ernst, 25)
In der Innenverteidigung hat sich im Vergleich zum Vorjahr, aufgrund fehlender Neuzugänge, nichts verändert. Und Alexander Zorniger ist im Verlauf der Vorbereitung wie schon Vorgänger Peter Pacult auf den Trichter gekommen, dass Henrik Ernst als zentraler Mittelfeldspieler sehr viel wertvoller ist, als in der Innenverteidigung. Das kann man so sehen, auch wenn es da sicherlich auch andere Meinungen gibt. In der Innenverteidigung ohne Ernst ist mir jedenfalls die Hackordnung aktuell noch nicht klar. Auf der linken Innenverteidiger-Position dürfte aber Fabian Franke, der im letzten Jahr wohl den größten Sprung gemacht hat, die Nase vorn haben, auch wenn er in der Vorbereitung (mich) bisher nicht 100% überzeugte und einige (auch taktische) Schwächen offenbarte. Aber Franke wird im Pflichtspielbetrieb voll auf der Höhe sein und mit Marcus Hoffmann würde ich den direkten Konkurrenten von Franke aktuell nicht auf Augenhöhe sehen.
Auf der rechten Innenverteidigerpostion duellieren sich offenbar derzeit Tim Sebastian und Niklas Hoheneder. Ein Duell, das ich nie und nimmer zu entscheiden haben wollte. Niklas Hoheneder ist der etwas ruhigere Typ der beiden, dafür aber auch offensiv einen Tick kopfballstärker. Im Zweikampf haben beide kleinere Schwächen, die sie aber mit viel Herz überdecken. Will man es positiv sagen, dann darf man feststellen, dass man beide Spieler jederzeit bedenkenlos einsetzen kann. Negativ gesagt hat man hier eine ziemlich knifflige Kaderentscheidung vor sich. In mir jedenfalls pendelt es permanent hin und her zwischen den beiden.
Linksverteidiger: Juri Judt (26 Jahre), Paul Schinke (21), Umut Kocin (24), (Patrick Koronkiewicz, 21)
Links hinten hat RB Leipzig in der Sommerpause eine Komplettveränderung hingelegt. Mit dem ausgemusterten Wisio und dem verletzten Kocin (der in den verbalen Planungen der sportlichen Leitung keine Rolle mehr zu spielen scheint) brach das etatmäßige Duo der Vorsaison weg. Dafür hat man nun Neuzugang Juri Judt und überraschenderweise Paul Schinke, der von Zorniger das absolute Vertrauen ausgesprochen bekommen hat, indem er erklärte, dass man keinen weiteren Linksverteidiger brauche, weil man ja Schinke habe. Trotzdem bleibt der Linksverteidigerposten eine unsichere Position. Juri Judt kann dort sicher spielen und besitzt als ehemaliger Bundesligaprofi auch einiges an Reputation, hat aber in den vergangenen Jahren nicht häufig hinten links gespielt, besitzt einen rechten Fuss und hat bei Ankunft in Leipzig schon gesagt, dass er am liebsten im defensiven Mittelfeld spielen würde. In den Vorbereitungsspielen habe ich bei zugegeben hohen Erwartungen von ihm viel solides gesehen, aber auch noch viel Luft nach oben.
Paul Schinke (der in seine dritte RB-Saison geht und doch erst 21 ist) dagegen kam vom anderen Ende des Erwartungsspektrums mit voller Wucht in mein Bewusstsein gerauscht. War es anfangs noch so ein ‘Ah, Schinke füllt links hinten auf’ hat er schnell gezeigt, dass er – bei entsprechendem taktischen Plan – auf dieser Position sehr zu glänzen weiß (und nicht wie weiter vorn links mit Rockenbach und Heidinger konkurrieren muss). Denn vor allem als offensiver Linksverteidiger hat er in der Vorbereitung vom Dribbling bis zu ganzen Steilpassserien sehr hübsche Sachen gezeigt. Trotzdem dürfte er im Normalfall das Nachsehen haben, denn defensiv sah Paul Schinke nicht übermäßig gut aus und gegen bessere Regionalligarechtsaußen kann das Experiment auch mal schnell ganz schön in die Hosen gehen. Trotzdem, wenn es der Matchplan erlaubt quasi mit einer Abwehrdreierkette anzutreten oder wenn es darum geht, noch mal zusätzlichen Druck zu entwickeln, hat man mit Schinke eine gute Waffe. Ansonsten dürfte Judt die Nase vorn haben.
Rechtes Mittelfeld: Timo Röttger (27 Jahre), Tom Nattermann (19), Carsten Kammlott (22) , Sebastian Heidinger (26)
Im rechten Mittelfeld läuft es aktuell offenbar darauf hinaus, dass Timo Röttger hier den Stammhalter gibt und Tom Nattermann als Backup eingeplant wird. Wobei dies eine recht formalistische Herangehensweise auf Testspielbasis ist. Im konkreten Ligenalltag kann es durchaus sein, dass Carsten Kammlott und Sebastian Heidinger, die Zorniger als Stürmer und linken Mittelfeldspieler eigentlich stärker sieht, bei Röttger-Ausfall den Vorzug vor Nattermann erhalten. Denn auch wenn ich einige der Qualitäten, von Tom Nattermann, was Auge für das Spiel und Zug zum Tor angehen sehr zu schätzen weiß, dürfte es für ihn mehr als nur schwer werden, sich ausgerechnet rechts außen einen Stammplatz zu erkämpfen. Näher am Tor scheint er jedenfalls deutlich stärker. Weswegen Timo Röttger im rechten Mittelfeld (zumindest unverletzt) ziemlich einsam seine Kreise drehen wird. Wenn er in Form ist, ist dagegen auch gar nichts einzuwenden. Und wenn alle Stricke reißen, hat man mit Nattermann, Kammlott und Heidinger drei Optionen und verschiedene Spielertypen, die um den Platz streiten können.
Zentrales Mittelfeld (defensiv): Dominik Kaiser (23 Jahre), Henrik Ernst (25), Jeremy Karikari (25), Bastian Schulz (27), (Juri Judt, 26)
RB Leipzig und das zentrale Mittelfeld war ja unter Peter Pacult, der ein Faible für Spieler dieser Position zu haben schien, eine ganz eigene Geschichte. Nach der Ausmusterung von Mrowiec, Lagerblom und Rost ist es auf der Position irgendwo zwischen Sechs und Acht überschaubarer geworden. Mit Dominik Kaier, der bisher einzigen Zorniger-Verpflichtung, hat man sich noch mal ein ordentliches Pfund an Qualität und Kreativität eingekauft. Kann er seine Klasse auf den Platz bringen, darf man sich auf viel Auge für den Mitspieler, viel Ballsicherheit und schnelles Spiel freuen. Aber auch ein Dominik Kaiser muss sich in der Regionalliga Nordost erst mal zurecht finden. Hinter Kaiser sehe ich Henrik Ernst und Jeremy Karikari um den zweiten Platz kämpfen. Dabei scheint Ernst in der ihm eigenen kämpferischen Ruhe derzeit die Nase vorn zu haben. Ernst hat gerade im Offensivspiel einige Defizite, aber er ist ein unheimlich kompletter und präsenter Spieler, der es dem Trainer nicht leicht macht, ihn nicht zu berücksichtigen.
Jeremy Karikari schien zu Beginn der Vorbereitung schon fast gesetzt als Sechser. Inzwischen scheint er sich etwas aus der Stammelf gespielt zu haben. Karikari in guter Verfassung steht für hervorragende Balleroberung und die einfachen, ballverteilenden Pässe. Karikari ist sicherlich keiner für die besonderen Einzelaktionen, aber in Sachen Spielübersicht und (positiv gemeint) einfachem Spiel ist er unheimlich gut. Ruft er seine Fähigkeiten ab, kommt man an ihm eigentlich nur schwerlich vorbei. Das gilt nicht ganz für die Nummer 4 in der Mittelfeldzentrale Bastian Schulz. Der wurde in der letzten Rückrunde von Pacult noch aussortiert und hat – für manche überrraschend – die Kaderreduzierung überlebt und darf nun neu angreifen. Alexander Zorniger scheint in Schulz passende Klasse für die Position zu sehen, mir missfielen in der Vorbereitung einige schlampige Querpässe im Mittelfeld, die zu Ballverlusten führten. Ich bin gespannt, was aus Bastian Schulz wird und ob er wieder in die Mannschaft findet. Dürfte insgesamt aber schwer werden.
Linkes Mittelfeld: Thiago Rockenbach (27 Jahre), Sebastian Heidinger (26), (Paul Schinke, 21), (Umut Kocin, 24)
Das linke Mittelfeld ist ähnlich wie die Innenverteidigung von Veränderungen verschont geblieben. Weswegen es auf dieser Position wie schon im letzten Jahr Rockenbach, Rockenbach und noch mal Rockenbach heißen dürfte. An ihm kommt man einfach nicht vorbei auf dieser Position (zumindest im 4-4-2 mit Doppelsechs). In der Vorbereitung zeigt Rockenbach auch einige Male warum. Als antrittsstarker Dribbler ist er einfach den meisten seiner Gegenspieler überlegen. Unter Alexander Zorniger hat er nun auch wieder die Freiheit, mal mit dem Ball nach innen zu ziehen. Was mit einem offensivstarken Linksverteidiger, der ihn dann hinterlaufen kann, einiges an Optionen böte. Und zudem dazu führt, dass Rockenbach desöfteren zum Torabschluss kommt. Aus ihm wird sicher kein Torjäger mehr, aber ein paar Tore könnten auf diese Art auf seinem Konto landen.
Sebastian Heidinger ist in dem Duell mit Rockenbach aus meiner Sicht chancenlos. Was nicht daran liegt, dass Heidinger keine Qualitäten hat, sondern vor allem daran, dass er nicht so komplett ist wie Thiago Rockenbach. Heidinger ist genaugenommen ein Linksaußen für Kontersituationen. Lang in seinen (schnellen) Lauf und anschließend entweder nach innen ziehen und abschließen oder zur Grundlinie und flanken. Das wäre Heidingers Spiel. Das ist aber im Normalfall nicht das Spiel von RB Leipzig angesichts defensiver Gegner. Da Heidinger im Dribbling gegenüber Rockenbach deutlich im Nachteil sein dürfte, ist er auch in Sachen Startformation deutlich im Nachteil. Heidinger scheint mir wie Schinke links hinten eher prädistiniert für spezielle taktische Situationen. Schinke links vorn wiederum wäre ein guter, dribbelstarker Notnagel. Und falls Umut Kocin irgendwann wieder Fußball spielt, wäre auch er eine Notfall-Option. Aber da stecken schon ziemlich viele Eventualitäten drin.
Zentrales Mittelfeld (offensiv): Thiago Rockenbach (27 Jahre), Dominik Kaiser (23), Tom Nattermann (19)
Die klassische 10 des Spielmachers. Die Position also, die im 4-4-2 mit Doppelsechs, auf das sich Alexander Zorniger bis auf weiteres, also bis es funktioniert, eingeschossen hat, gar nicht existiert. Macht man sich spaßeshalber trotzdem auf die Suche nach potenziellen Spielern für die 10, falls man sie denn mal bräuchte, dann fällt als erstes natürlich Thiago Rockenbach ins Auge. Bei dem ich aber inzwischen – entgegen früherer Ansichten – der Meinung bin, dass er links mit größeren Freiheiten und etwas mehr Raum besser aufgehoben ist. Dazu wäre der kleine ball- und passsichere Dominik Kaiser auf jeden Fall eine Option für einen Platz nahe an der gegnerischen Viererabwehrkette. Und als letztes bliebe Tom Nattermann, der dies auch in seiner Juniorenzeit schon spielte und auch das entsprechende Auge dafür hat. Allerdings wäre Nattermann wohl eher der Typ hängender Stürmer als tatsächlicher Ballverteiler und Ankurbler mit tollen Ideen. Naja, vielleicht reden wir ja in einem halben Jahr noch mal über die Position.
Sturm: Daniel Frahn (25 Jahre), Carsten Kammlott (22), Stefan Kutschke (23), Roman Wallner (30), (Tom Nattermann, 19)
Da ist er wieder der Problemsturm. Der deswegen ein Problem ist, weil er zu gut besetzt ist. Und weil man wegen ihm eigentlich nicht guten Gewissens zu einem System mit nur einer Sturmspitze wechseln kann. Denn aus dem Quartett Frahn, Kammlott, Kutschke und Wallner nur zwei Spieler nicht aufzustellen, wäre schon Frevel. Dasselbe mit drei Spielern wäre nah dran an Wahnsinn. Ich bin weiter der Meinung, dass ein Abgang Stefan Kutschkes (der am Veto Rangnicks und Zornigers scheiterte) die Situation etwas hätte entspannen können (was gar nichts gegen Stefan Kutschke aussagen soll). Aber nun wird man mit der Lage, so wie sie eben ist, umgehen müssen.
Kapitän Daniel Frahn dürfte damit am wenigsten zu tun haben. Wenn er nicht komplett die Seuche am Fuß hat, dürfte er in der Stammelf gesetzt sein. Doch dahinter sehe ich ein völlig offenes Rennen, das wohl eher durch spieltaktische Fragen und entsprechende spielerische Stärken als durch Form entschieden wird. Immerhin wage ich zu behaupten, dass an der Seite von Frahn im Normalfall eher ein spielender Stürmer (‘abklappender’ hat es Zorniger glaube ich in Bezug auf Kammlott mal genannt) auflaufen wird. Wodurch die Wahl dann Kammlott oder Wallner lauten dürfte. Mir scheint, dass Zorniger dabei aktuell Kammlott präferiert. Womit er der dritte Trainer wäre, der Kammlott wieder zu Erfurter Klasse führen will. Schafft auch er es – diesmal mit Kommunikation – nicht, dann hat Carsten Kammlott nicht mehr viele Argumente auf seiner Seite. Ich persönlich neige bei der Entscheidung Kammlott oder Wallner eher zum abgezockten, immer den Torabschluss suchenden Wallner.
Stefan Kutschke jedenfalls kommt bei all dem entweder als Frahn-Ersatz in Betracht. Also immer dann, wenn der Kapitän verletzt oder gesperrt ist. Oder wenn es darum geht, die Brechstange auszupacken. Braucht RB noch ein Tor und der Gegner hat sich am 16er verbarrikadiert, dann dürfte wohl spätestens die Wahl auf Kutschke fallen. Insgesamt sollte Kutschke aber nur selten als Stammkraft in Betracht kommen. Aber in Bezug auf diese Prognose hat man sich schon manchmal getäuscht und Kutschkes Ehrgeiz unterschätzt. Gut möglich, dass er sich auch diesmal wieder ins Team kämpft. Was angesichts Kutschkes kämpferischer Art auch nicht schlecht wäre.
Rundumblick: Auch wenn der Kader eigentlich auf fast allen Positionen nahezu gleichwertig doppelt besetzt ist (Ausnahme vielleich das Tor und das rechte Mittelfeld) scheint sich mir in einem 4-4-2 mit Doppelsechs doch eine klare, personelle Struktur abzuzeichnen. Denn mit Coltorti, Müller, Franke, Judt, Röttger, Kaiser, Rockenbach und Frahn sehe ich etwa acht Spieler für den Punktspielauftakt bereits als gesetzt an. Wodurch in der Mittelachse von Inennverteidigung hin zum Sturm nur noch 3 Plätze frei blieben.
Mein Wunsch-4-4-2: Coltorti – Müller, Sebastian, Franke, Judt – Röttger, Kaiser, Karikari, Rockenbach – Wallner, Frahn
Vermutetes 4-4-2: Coltorti – Müller, Sebastian/ Hohenender, Franke, Judt – Röttger, Kaiser, Ernst, Rockenbach – Kammlott, Frahn
Aus dem aktuellen Kader (mit Ausnahme von Kocin und Kerner) kann in diesem Jahr (mit aktuellem Wissen) jeder mit Einsatzzeiten rechnen. Und man kann auch jeden völlig bedenkenlos bringen. Das war in der Rückrunde der vergangenen Saison beileibe nicht so, als einige Spieler aussortiert waren. Letztlich dürfte es wohl vor allem taktischen Erwägungen folgen (neben Verletzungen und Sperren), wer in welcher Partie wann auflaufen darf. Alexander Zorniger hat da Woche für Woche ziemlich die Qual der Wahl. Und mitnehmen darf er auf die Bank trotzdem nur 18 Spieler. Angesichts der Tatsache, dass in dieser Saison nur 30 Regionaliga-Spiele plus maximal vier Sachsenpokal-Spiele warten, dürfte auch im verkleinerten, aber eben immer noch hochqualifizierten Kader, Unzufriedenheit über mangelnde Spielzeiten das Hauptmotiv für Destruktivität und Frust sein.
In der Theorie wäre ein breiter und sehr gut besetzter Kader im Saisonverlauf ein positiver Faktor. In den letzten beiden Jahren war er das aber aus unterschiedlichen Gründen nicht. Vielleicht hat ja Alexander Zorniger und sein Funktionsteam das Händchen, den aktuell 24 Profis ein Maximum an Engagement, Freude und sportlicher Höchstleistung abzuringen. Die Voraussetzungen sind kadertechnisch jedenfalls gut. Wieder einmal.
(Morgen und nächsten Mittwoch werden zwei Testspiele in Chemnitz und Sandersdorf weiteren Aufschluss über die aktuelle Kaderlage geben.)
Gute Analyse. Bei so ziemlich jedem Punkt würde ich dir zustimmen (nicht weiter schwer, da für jeden geübten Beobachter die meisten Optionen auf den Positionen recht klar sind). Im Moment haben wir mit Rocke, Röttger, Ernst und Frahn einfach die komplettesten oder zumindest auf dem Papier stärksten Spieler für ihre jeweilige Position (wobei ich Ernst auch irgendwo zwischen IV und Mittelfeld sehe). Da diese bisher auch in der Vorbereitung ihre Leistung zu zeigen wussten, wird es an diesen STellen wenig zu ruckeln geben. Kaiser bringt nat. den jugendlichen Wind, die Erfahrung aus Bundesliga und (!!) Regionalliga mit und wird als der einzige wirkliche Zorniger-Transfer sicher, sofern er sich nicht gleich beide Beine bricht, gg. Union Berlin II im Mittelfeld stehen.
Auf der Linksverteidigerposition vertrete ich aber eine geringfügig andere Meinung als du. Es gibt da einige Fakten, die eher für Schinke als für einen Judt sprechen.
Zum einen ist Schinke eigentlich genau der Typ Spieler, den Zorniger – er betont er selbst auch im Bildinterview mit dem Satz “Aber ich spiele lieber mit einem ausgebildeten Offensivspieler hinten” – aufstellt. Jung udn willig, für ihn ist RB Leipzig zumindest noch eine Möglichkeit einen Schritt nach vorne zu machen. Auf der anderen Seite hast du schon einen gesetzten Bundesligaspieler wie Judt, der selbst von sich sagt, dass er lieber im Zentrum spielt und für den, ganz objektiv gesehen, RB Leipzig erstmal ein dicker Schritt zurück war. natürlich ganz in der Hoffnung, dass es ein Sprungbrett wird.
Viel wichtiger für mich aber: Judt ist ein inversiver Außenverteidiger. Was ich so in der Vorbereitung sehen durfte, neigt er, leider ähnlich wie sein Vordermann Rocke, nat. dazu nach innen zu ziehen. Fraglich ob Zorniger, der selbst gerade von der Taktikschulbank kommt und mit Ragnick “Den Professor” an der Seite hat, gleich zwei bevorzugte Rechtsfüßler auf die linke Außenbahn setzen möchte. Da beide in der Vorbereitung einen ähnlichen guten Eindruck hinterlassen haben – auch wenn Zorniger hier nat. die Trainingsleistung mit einbeziehen kann – würd’ ich aktuell Schinke leicht vorne sehen.
Mein Favorit:
Coltorti – Müller (C), Hoheneder, Franke, Schinke – Röttger, Ernst, Kaiser, Rocke – Frahn, Kammlott
Man beachte das (C). ;)
Gruß bis zum nächsten Mal!
Frahn (C)
Das inverse Argument ist ein gutes. Das spräche tatsächlich ein wenig für Schinke. Ansonsten glaube ich auch, dass Zorniger auf Schinke steht, dass er ihn aber tatsächlich nur in recht eingeschränkten taktischen Situationen bringen wird. Aber wir werden sehen..
Ja, gut möglich, dass wir doch noch überrascht werden….auf die eine oder andere Art.
Bei Deinen Bemerkungen zu Kutschke habe ich kurz gezuckt. Nicht weil sie böse waren. Es liegt wohl daran, dass ich innigst auf Kutschkes Bleiben gehofft hatte. Nicht aus taktischen Erwägungen, sondern weil RB ihn der Identifikation wegen braucht. Achtung, jetzt wird’s platt: Er ist ein Kampfschwein, ein Publikumsliebling. Ein Typ, der sich in schlechten Zeiten klar zu RB bekannt hat. Herrlich provokativ. In Zeiten, in denen man fast täglich von Hass, Häme und Dummheit überschüttet wird, brauchte man das. Der Fanblock braucht das. Und ich auch. Trotz aller Gelassenheit, an der ich arbeite. Kutschke sorgt selbst in der blödesten Niederlage für einen kurzen versöhnlichen Moment. Okay, er ist auf dieser Position nicht allein, ist hier aber Stammspieler.
Super Analyse, die man nach den gesehenen Vorbereitungsspielen nur teilen kann.
Nach Fortuna Chemnitz tendiere ich auch ein bißchen zu Schinke, aber Judt nicht spielen zu lassen geht wohl auch nicht (Standards wie lange nicht gesehen). Und wer beobachtete, wie sich Kutschke reingehängt hat, wird wohl auch nicht in der Haut des Trainers stecken wollen…
Schade, dass man nur drei mal wechseln kann… (Nicht ganz ernst gemeint!)
Deine “Wunschelf”:
Coltorti – Müller, Sebastian, Franke, Judt – Röttger, Kaiser, Karikari, Rockenbach – Wallner, Frahn
Diese Aufstellung kommt meiner eigentlich genau gleich. Nur Wallner im Sturm wäre für mich nicht gestzt. Kammlot und vor allem Kutschke sehe ich dann doch lieber (subjektiv). Die Natter wird wohl in seiner ersten Saison mehr als Hängende Spitze, Off. Mittelfeld, RM oder wie gegen Chemnitz wo er berichten zu folge echt gut war im LM, spielen.
Ansonsten wie immer klasse Blog!
Klasse Analyse, finde es jedoch auch super das Stefan Kutschke definitiv bleibt. Ein super Typ, er wird seine Einsatzzeiten bekommen. Hat mir gestern in Chemnitz sehr gut gefallen!
Ich finde auch, dass Kutsche sportlich und als Typ sehr gut in den Kader passt. Ich sehe ausschließlich das Problem, dass der Sturm eigentlich zu gut besetzt ist. Die optimale Position von Kutschke wäre ja quasi, wenn er anstelle von Daniel Frahn nicht statt ihm auflaufen würde. Als Sturmpartner von Frahn wird er wohl nur in ausgewählten taktischen Situationen zum Zuge kommen (vor allem als Brechstangenduo). Und dass er Frahn dauerhaft ersetzt, glaube ich nicht. Insofern steht er bei RB (weiterhin) vor dem Problem, dass ihm wie schon in Babelsberg Frahn etwas vor der Nase sitzt und er mit Kammlott und Wallner, wenn Zorniger mit einem ‘abklappenden’, spielenden Stürmer neben Frahn auflaufen will, aus meiner Sicht nicht konkurrieren kann. Er wird seine Einsatzzeiten bekommen, dafür steht er als kämpferischer Typ, aber zum Kerngerüst der Mannschaft wird er vermutlich nicht gehören. Mal gucken, was die Saison ihm und den Stürmern im allgemeinen bringt. Auf jeden Fall sind bei den vier Stürmern auch Nichteinsatz-Enttäuschungen vorprogrammiert.