Wochen(end)splitter VI

Es ist ja nun endgültig Sommerpause und ein wenig wird die fußballerische Lethargie dieser Zeit auch fühlbar. Nichtsdestotrotz war die Woche durchaus ereignisreich. Das fing bereits bei den Diskussionen an, ob nun der VfL Wolfsburg  für RB leipzig ein gutes DFB-Pokal-Los sei oder nicht. Während die LVZ in ihrer Online-Version am 11.06.2011 folgendermaßen titelte:

Ganz großes Los verpasst – RB Leipzig trifft im DFB-Pokal auf Wolfsburg

sah man das ganze bei der Mitteldeutschen Zeitung zwei Tage später so:

Traumlose für Dynamo und RB Leipzig

Nun ja, ich hatte es ja schon erwähnt, dass jeder das Los finden darf, wie er will. Und sicherlich bleibt es auch mit einwöchigem Abstand kein hochemotionales, aufgeputschtes Duell (wie es das Sachsenpokal-Finale gegen den Chemnitzer FC war). Trotzdem darf man ja mal auf dem Teppich bleiben und feststellen, dass ein Viertligist (!) einen Bundesligisten mit dessen schillerndem, ehemaligem Meistertrainer gezogen hat. Mir reicht das völlig aus, um das ganze sehr schick zu finden und alles andere wird sich dann Ende Juli zeigen. Auch, ob viertklassige Flügel mit erstklassigen Breitreifen mithalten können.

Weiter ging es zeitnah mit medialen Schlagzeilen. Am 15.06. titelte die Financial Times Deutschland [broken Link] so:

Red Bull bastelt sich einen Fußballklub

Unter diesem Titel startete der Autor Roger Repplinger eine recht dürftige Melange aus Meinung und Beobachtung. Einige richtige Fragen zur 50+1-Regel, zur Rolle der Mitgliedschaft in Fußballvereinen oder zu den Imagezielen von Red Bull und deren Neuartigkeit im Fußballmaßstab im Kopf, wurde Herr Repplinger der Blick auf die Antworten leider zu Teilen durch die eigene Meinung verstellt. RB Leipzig verstoße gegen die 50+1-Regel und den DFB störe dies nicht (was formal Unsinn ist, auch wenn man es dem Gefühl nach stimmig finden möge; wers nicht glaubt, dem bleibt zur Überprüfung schließlich und endlich der juristische Weg). Dem Verein fehlen Zuschauer (was Quatsch ist, da der Verein den zweithöchsten Zuschauerschnitt aller Teams der Regionalliga Nord hat – in einer Stadt, die drei große Zuschauer-Fan-Gruppen ihr eigen nennt). Die Dose sei im Stadion allgegenwärtig (mag für den journalistischen Besucher stimmen, für den Zuschauer wie mich ist sie fast schon erstaunlich unsichtbar). Dazu noch eine eingestreute Information vom fehlenden Zahn des Geschäftsführers, die im Zusammenhang zu nichts steht und vermutlich irgendeinen Kontrast zur heilen Imagewelt bei RB kreieren soll. Auch noch eingefügt die Darstellung einer Bitte der Pressestelle, dass der Autor nicht Worte von Dietrich Mateschitz zitieren darf, die Geschäftsführer Dieter Gudel aus dem Gedächtnis wiedergegeben hat (wow, was für eine extreme Forderung und Zensur..). Fertig ist ein ziemlicher Brei aus Wertung, Beobachtung und subjektiv interpretiertem. Fast schon blogwürdig. Mit einem hat Herr Repplinger aber absolut Recht. RB fehlt der sportliche Erfolg. Zumindest, wenn man in den selbstformulierten Dimensionen von Red Bull denkt.

Am selben Tag wie die Financial Times kam die Sport BILD auch mit einem Bericht über RB Leipzig [broken Link] auf den Markt. Im Gegensatz zu Herrn Repplinger scheint die Sport BILD in Person von Herrn Wichert keine Fragen zu haben, sondern lässt sich mal über die Baustelle zum neuen Trainingszentrum führen und erzählt ansonsten die prototypische RB-Geschichte. Holpriger Start mit vielen verbalen Anfeindungen. Inzwischen wachsende Akzeptanz in der Stadt, die sich auch in Zuschauerzahlen niederschlägt. Dazu sportlicher Misserfolg, der aber – so selbst die Konkurrenz – nicht langfristig anhalten wird. „Noch 4.Liga, bald Europa?“ heißt der programmatische Titel des Beitrags in der Sport BILD, der ohne Fragen zu stellen zumindest ein paar wenige Antworten findet, nämlich die von der allmählich wachsenden Akzeptanz bei den Zuschauern und den langfristigen Investitionen (die eben das ziemliche Gegenteil vom Geldverbrennen darstellen).

Schön wär es gewesen, man hätte beide Artikel und somit die Fragen des Herrn Repplinger mit dem Versuch des Herrn Wichert ohne tiefere Frage Antworten zu finden (also zuerst einmal explorativ einen Gegenstand von Interesse zu beleuchten) kreuzen können. Man hätte einen interessanten Einblick in die Widersprüchlichkeiten eines auf vielen Ebenen neuartigen Vereins erhalten können. So blieb es dann doch bei ärgerlichem bzw. altbekanntem.

Ohne Pause ging es weiter. Die Verkündung der Verpflichtung von Sportdirektor Wolfgang Loos übernahm die LVZ am 16.06.2011 für den Verein. Ich hatte meine tendenziell skeptische Meinung zur Personalie schon vorgestern zum virtuellen Papier gebracht. Schön fand ich – das nur als Randbemerkung – dass man bei SPOX eine ganz eigene Sicht auf den Tätigkeitsbereich des Neuen hat(te):

Wolfgang Loos bei SPOX
Screenshot 17.06.2011 – inzwischen bei SPOX bereits korrigiert

Von Spielern erwartet man sich im Optimalfall ja, dass sie flexibel auf verschiedenen Positionen eingesetzt werden können. Im Bereich der sportlich Verantwortlichen ist das immer noch eine eher ungewöhnliche Option, zumindest wenn man bereits einen 52jährigen Peter Pacult im Team hat..

Den vorläufigen Schlusspunkt unter die Woche setzte dann Michael Ballack bzw. zuerst vielmehr Joachim (genannt Jogi) Löw, der einem unwürdigen Jahr ohne klare Ansagen zur Zukunft Ballacks in der Nationalelf die passende Krone aufsetzte und via Mitteilung auf der DFB-Homepage [broken Link] (!) dessen Aus verkündete. Interessanterweise eine Mitteilung, die ohne O-Ton des nun tatsächlich ehemaligen Capitanos auskommt bzw. auskommen musste. Der äußerte sich lieber einen Tag später via Presseaussendung (wie man im befreundeten österreichischen Nachbarland so schön sagt). Nein, er möchte nicht am angebotenen Abschiedsspiel im August gegen Brasilien teilnehmen, da das eine Farce sei. Er empfinde den Löwschen Umgang mit seiner Person als scheinheilig. Da musste wohl jemand mal jenen Dampf ablassen, der sich im letzten Jahr angestaut hatte. Es wirkt sicherlich nicht professionell. Ich finde es trotzdem gut, denn endlich spricht in dieser ganzen Causa, die in typisch Löwscher Harmonie-Atmosphäre verhandelt werden sollte, jemand Klartext und zeigt, dass einem manchmal auch als Profifußballer Dinge einfach auf die Nuss gehen.

Ich habe hier im Blog eigentlich schon all die Wertschätzung untergebracht, die ich für Michael Ballacks fußballerische Karriere habe. Einerseits in einem Beitrag, in dem es um die spezielle Tragik des WM-Aus Ballacks vor einem Jahr ging und andererseits in einem Beitrag, in dem ich die Führungspersönlichkeit Ballack gegen die moderne, kantenlose Spielergeneration verteidigt hatte. Zum Abschied von Ballack aus der Nationalelf wiederum gibt es die absolut passenden Worte drüben bei angedacht.de [broken Link]. Hier bleibt mir nur noch einmal den Hut zu ziehen, vor dem wichtigsten deutschen Fußballer der Vor-Özil- und Nach-Matthäus-Generation. Dem deutschen Fußballer, der sich – beispiellos in der jüngeren Vergangenheit – von unten (Chemnitz) Schritt für Schritt nach ganz oben (Chelsea) gekämpft hat. Im Nachhinein hat Uli Hoeneß recht behalten, der Ballack vor einem Jahr bereits den Rückzug aus der Nationalmannschaft empfohlen hatte. Wer will es dem Sportler Ballack allerdings verdenken, dass er weiterhin nach höchsten internationalen Erfolgen streben wollte.

Michael Ballack steht sicherlich (sportlich und vom Führungsstil her) für eine aussterbende Spielergeneration. Er steht hingegen nicht für den Misserfolg, wie einem jetzt ja auch wieder alle weismachen wollen. An diversen nationalen Titeln federführend beteiligt, fehlte ihm oder einem seiner Mitspieler im entscheidenden Moment das Quentchen Glück, das zum Können dazu kommen muss, um den ganz großen internationalen Erfolg zu feiern. Nicht dass ich sonderlich dran glaube, aber vielleicht gelingt Michael Ballack im kommenden Jahr bei Bayer noch mal ein Husarenstück a la 2002, diesmal mit finaler Krönung. Jenseits dieser Unwahrscheinlichkeit sei ihm zumindest eine individuell stimmige Saison gewünscht. Weniger um es dem Bundestrainer noch mal zu zeigen, als vielmehr für sein eigenes Ego und Wohlergehen.

Viel Glück Michael Ballack für die restliche, nationalmannschaftsfreie Karriere und allen anderen ein schönes Wochenende.

Ein Gedanke zu „Wochen(end)splitter VI“

  1. Da M.B. den falschen Berater an seiner Seite hat, so möchte ich mich hier nicht über ihn äußern, eine tolle Karriere hat er trotzdem hinter sich, seine Fußball-Zukunft ist völlig offen, menschlich kommt er z.Z. nicht so gut rüber (s. Berater), meine Meinung.

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