Archiv der Kategorie: Zitierter RasenBallsport

Leipziger Öffentlichkeitsextreme

Es bringt doch nichts, schon die große Keule rauszuholen, draufhauen kann man immer noch, wenn wir unsere Ziele nicht erreichen. Wir sitzen alle im gleichen Boot, deshalb sollten jetzt auch alle das Projekt RB pushen. (Timo Rost, LVZ vom 19.08.)

Ich persönlich verstehe Timo Rosts an Medien und Öffentlichkeit gerichtete Kritik zumindest ansatzweise. Als Fast-Kapitän und Führungsspieler muss er sich natürlich auch öffentlich vor die Mannschaft stellen dürfen. Und darauf hinzuweisen, dass man gleich nach Saisonbeginn nicht eine neu zusammengestellte Mannschaft runterputzen muss, ist mehr als legitim. Zumal es tatsächlich albern ist, wenn man immer so tut, als müssten Fußballspieler – nur weil sie mit ihrem Job gutes Geld verdienen – maschinengleich ihr Pensum herunterspielen können. Fußballmannschaften sind fragile Systeme, die gerade in Bezug auf das Spielverständnis auch Zeit brauchen, sich zu finden und gerade in Zeiten, in denen es nicht so läuft, öffentliche Unterstützung gebrauchen können. Leipziger Öffentlichkeitsextreme weiterlesen

Bayernjäger?

Mateschitz hat erklärt, Leipzig solle “in fünf bis sieben Jahren” international spielen. Suchen nicht auch Sie, der mit dem HSV schon ganz oben mitspielte, die Augenhöhe zum FC Bayern?
Dafür müssten wir sehr, sehr viel Geld in die Hand nehmen – sehr viel mehr, als wir es jetzt tun. Der FC Bayern wächst seit 1965, also seit knapp fünf Jahrzehnten. Was wir den Bayern aber gern streitig machen würden: Im Moment sind sie geografisch gesehen der östlichste Bundesligaklub. Das würden wir ganz gern werden. Für weiterführende Kampfansagen stehe ich nicht bereit. (Dietmar Beiersdorfer, Welt vom 12.08.2010)

Ich hatte bereits in meiner Auseinandersetzung um die 50+1-Regel darauf hingewiesen, dass die alteingesessenen Bundesliga-Klubs einen sportlich-wirtschaftlichen Vorsprung haben, den man nicht einfach durch den Einsatz von Geld aufholen kann. Schon das Ziel, auf Augenhöhe mit Dortmund, Bremen, Hamburger SV, Schalke, Wolfsburg oder Leverkusen zu agieren, ist hochgradig ambitioniert und keineswegs ein Selbstläufer. Ein Verein und das entsprechende Publikum müssen sich über Jahre entwickeln, um bundesligareif zu werden. Das braucht auch entsprechend Geduld, insbesondere wenn man erst mal in den ersten zwei Profiligen angekommen sein sollte. An den Punkt zu kommen, sich auf Dauer mit den Bayern messen zu können, also Jahr für Jahr gejagt zu werden und sich durchsetzen zu müssen, ist nicht nur nicht planbar, sondern überhaupt erst in Ansätzen denkbar, wenn RasenBallsport Leipzig ein paar Jahre lang national und später auch international gewachsen sein sollte. Bis dahin fließt noch extrem viel Wasser die den jeweiligen Regionen entsprechenden Flüsse hinunter. Und sowieso heißt die sportliche Realität derzeit Havelse und Meuselwitz oder auch Magdeburg und Kiel, eine Realität, die für den Moment anspruchsvoll genug ist, als dass man über Kampfansagen an alteingesessene (Erst-, Zweit- oder Dritt-) Bundesligisten nachdenken müsste.

Geschärfter Realitätssinn

„Ich sage nur willkommen in der Realität.“ (Tomas Oral nach dem 1:1 gegen Türkiyemspor Berlin [broken Link])

So kurz, knapp und richtig lässt sich der Saisonstart von RasenBallsport Leipzig zusammenfassen. Nach den Testfestspielen gegen diverse in- und ausländische Hochkaräter war wohl der Mannschaft noch nicht ganz klar, dass in Liga 4 auch die weniger namhaften Mannschaften eine vernünftige Spielorganisation hinkriegen. Und so lieb mir ein Auftaktsieg gewesen wäre, finde ich es auch gut, dass die RasenBallsport-Spieler und auch -Anhänger ein wenig geerdet in die nächsten Spiele gehen und mit dem leben müssen, was zum Fußball gehört, nämlich Rückschläge wegzustecken, weiter zu machen, besser zu werden, anschließend gemeinsam Erfolge zu bejubeln und zwischendrin eventuell weitere Rückschläge wegzustecken. Alles, was einen ganz normalen Verein wie auch RB Leipzig auf dem Platz einer ist eben ausmacht. Bleibt zu hoffen, dass von den 4000 Besuchern (ja, es waren 4000) vom Türkiyemspor-Spiel möglichst viele das Team durch die gesamte Saison begleiten werden und in der Schüssel die sympathische Atmosphäre des ersten Regionalliga-Pflichtspiels weiter wachsen kann.

Pflichten

Was sind die Ziele für die neue Spielzeit?
Wir müssen einfach eine gute Saison spielen. Die großen Ziele des Vereins sind ja kein Geheimnis: Aber in meinen Augen ist die Meisterschaft nicht Pflicht für uns.
Der Hauptsponsor Red Bull will aber so schnell es geht in die Bundesliga.
Sicher, aber der Druck ist in diesem Jahr nicht so groß wie noch in der Oberliga. Aber ratsam wäre es sicherlich für uns, wenn wir aufsteigen. (Lars Müller im Westfälischen Anzeiger vom 26.07.2010)

Kommt wahrscheinlich drauf an, was man unter Pflicht versteht. Wenn Pflicht bedeutet, dass man bei Nichterfüllung mit Freiheitsentzug rechnen muss (wie bei der Wehrpflicht zum Beispiel), dann hat Lars Müller sicher Recht damit, dass die Meisterschaft für RasenBallsport Leipzig nicht Pflicht ist. Wenn man Pflicht eher als das zu leistende Soll oder den Anspruch an den Verein interpretiert, dann ist die Meisterschaft schon Pflicht. Und wenn man die sportliche Ausgangslage von RB Leipzig und seinem Kader sieht, dann kann nichts als die Meisterschaft das Ziel sein. Dann würde aber eher der Satz ‘Die Meisterschaft ist Pflicht’ Sinn machen. Drei Ligen weiter oben würden die Bayern jedenfalls nicht lange herumdrucksen..

Leipzig und der Profifußball

Praktisch als Nachtrag zum gestrigen Eintrag die Gedanken von Christoph Metzelder zu RasenBallsport Leipzig.

„Ich glaube, dass das, was hier dahinter steckt und die Art und Weise, wie das umgesetzt wird, hochprofessionell ist. Es sind auch genügend finanzielle Mittel da. Die Frage wird sein, wie nehmen die Leipziger diesen Verein, wie nehmen die Leipziger möglicherweise dann Profifußball bald an.“ (Christoph Metzelder im Red Bull Audioplayer [broken Link] vom 25.07.2010)

Fehlende Konkurrenz

Wir suchen noch einen Torwart, der Sven Neuhaus Druck macht, damit er seine Topleistungen bestätigt. (Tomas Oral in der BILD vom 21.07.2010)

Man sollte sowas ja nicht immer allzu hoch hängen, aber hier scheint mir die sportliche Leitung doch einen Sinneswandel vollzogen zu haben. Bisher hieß es immer, dass man noch einen Torwart für die Position 2 oder 3 sucht, möglichst Marke jung, talentiert und entwicklungsfähig. Franco Flückiger war ein Kandidat, dessen Verpflichtung an den zu hohen Ablöseforderungen der Magdeburger scheiterte. Nun sucht RasenBallsport Leipzig also doch eher einen Kandidaten, der bereits jetzt auf dem Niveau von Neuhaus spielt. Warum? Fehlende Konkurrenz weiterlesen

Fußball und Retorte

Sie sprechen häufig von “Unser Projekt” oder “Unsere Vision”. Aber hatten Sie keine Skrupel, dass Sie als Kind eines Traditionsvereins wie dem FSV zu einem Retortenklub gehen?
Überhaupt keine Skrupel! Tradition ist etwas Schönes – aber sie darf im Fußball nicht zum Totschlag-Argument verkommen. Es gibt so viele Traditionsvereine, die sich nicht mehr erholen, weil sie von der Tradition erdrückt werden. Ungeduldige Fans, die noch immer von der goldenen Vergangenheit träumen. Eingefahrene Strukturen. Selbstdarsteller, die ins Rampenlicht wollen. Dann ist mir ein Projekt wie RB Leipzig lieber, bei der in einer Stadt, die nach Fußball lechzt, etwas mit Substanz geschaffen wird. (Tomas Oral gegenüber spox.com)

Womit Tomas Oral in dieselbe Kerbe schlägt wie vorher schon Huub Stevens und Dietmar Beiersdorfer. Gelebte Fußballkultur ist das Zauberwort, das Substanz, professionelles Arbeiten und Erfolgsorientierung impliziert.

Keine Transfergerüchte mehr: Ismaili

Kaum war es ein Gerücht, schon ist es wieder erledigt. Shaban Ismaili wird wie vermutet und gewünscht in der kommenden Saison für RasenBallsport Leipzig antreten. Das war nicht sonderlich überraschend, war doch das Gerücht von handfester Natur. Überraschend eher, was Tomas Oral zum Neuzugang zu sagen hat: Keine Transfergerüchte mehr: Ismaili weiterlesen

Die Sache mit dem Kelch

Neben illusorischen Namen wie Hitzfeld oder Klinsmann hörte man in der Trainersache Leipzig auch den Namen Peter Pacult. War da jemals etwas dran?
Ja, ich habe darüber nachgedacht. Ich finde ihn gut, er ist im heutigen Fußball, in dem sich viele nur arrangieren, einer der wenigen, die noch Vorstellungen haben. Pacult und Leipzig, das kann man eventuell einmal ab der 2.Liga machen. (Dietmar Beiersdorfer in der Kronen-Zeitung vom 19.06.2010)

Puh, da werden aber einige, die Herrn Pacult noch aus seiner eher erfolglosen Zeit bei Dynamo Dresden kennen, froh sein, dass der Kelch an Leipzig vorüber gegangen ist. Auch in Österreich werden Pacults Fähigkeiten eher kritisch gesehen, wie man in diesem (auch ansonsten mit kompetenten Taktik-Analysen aufwartenden) Blog nachvollziehen kann. Und sowieso: Zwar sollte man – wenn denn alles gut läuft in den nächsten zwei bis drei Jahren – nach dem Aufstieg in die zweite Liga noch mal den kompletten, sportlichen Bereich auf den Prüfstand stellen, aber jetzt schon über Orals Nachfolger zu philosophieren, ist eventuell der nicht ganz perfekte Zeitpunkt.