Archiv der Kategorie: Personenkult

Über Geld spricht man nicht, eine Rangnick-Zwischenbilanz

Die Storylines für die kommenden Saison sind bei vielen vermutlich schon fertiggeschrieben und dürften sich auf die Pole ‘Favorit scheitert sensationell’ und ‘RB Leipzig steigt wie erwartet auf’ konzentrieren. Nicht ganz unverständlicherweise möchte man hinzufügen. Denn in den vergangenen 12 Monaten hat man bei RB Leipzig für mehr als 30 Millionen Euro Spieler vor allem im entwicklungsfähigen Alter eingekauft. Und da sind noch nicht mal jene Fußballer dabei, die aufgrund der engen Verbindungen ablösefrei aus Salzburg kamen oder die inzwischen nicht mehr in Leipzig kicken. Wie ein Omer Damari, der ja auch noch mal 7 Millionen gekostet haben soll.

Wenn ein Zweitligaclub binnen so kurzer Zeit allein für Ablösen so viel Geld ausgibt, wie die meisten anderen Vereine in mehreren Jahren nicht als Profietat haben, dann kommt man nicht dran vorbei, diesen Club auch als absoluten Favoriten für die Liga auszurufen. Selbst wenn Zweifel bestehen, ob die junge, in vielen Positionen neu besetzte Mannschaft dem Aufstiegsdruck standhalten kann und ob sich die vielen guten Fußballer auch zu einem Team zusammenfinden, das sich dem Gegenwind im Ligaalltag entgegenstellt.

Angesichts der Summen kann man den klassischen Fußballkulturpessimismus wispern hören. (Die kaufen sich doch nur eine Mannschaft zusammen. Das hat doch nichts mit Wettbewerb zu tun. Der Fußball stirbt.) Im Sinne des Wettbewerbs ist es wohl auch sinnlos, wenn ein Team sich im Sommer in einer Art austoben kann, von der alle anderen Mitkonkurrenten nur träumen können. Aber letztlich bleibt das eben eine Frage der allgemeinen Wettbewerbskonstruktion. Und solange diese keine Grenzen für die wirtschaftlichen Voraussetzungen festlegt, ist es eben wie es ist und Mannschaften haben unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten. Mal sind die Unterschiede halt größer, mal kleiner, aber immer vorhanden.

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Daniel Frahn – Fünf Jahre für die Geschichtsbücher

Nach fünf Jahren heißt es Abschied nehmen von Daniel Frahn, der einst als vielversprechender Stürmer aus Babelsberg kam und binnen kurzer Zeit zum Sturmchef und Kapitän durchstartete. In 154 Pflichtspielen für RB Leipzig (wenn man Sachsenpokal-Partien mal rauslässt) war Frahn an 124 Toren beteiligt, 88 davon schoss er selbst. Alle 98 Minuten ein Tor mit Frahn-Beteiligung, alle 138 Minuten ein Tor geschossen. Über fünf Jahre gesehen eine sehr konstante und imposante Bilanz.

Diese Bilanz ließ natürlich vom Start in der Regionalliga aus nach den Aufstiegen jeweils nach. Einen richtigen Knick gab es (wie bei manchem Spieler um ihn herum, der den Weg aus der Regionalliga mitgemacht hatte) aber erst in Daniel Frahns erster Zweitligasaison. Was nach dem zweiten Aufstieg in Folge nicht ganz überraschend sein kann.

  • Regionalliga: 92 Spiele, 62 Tore, 29 Vorlagen, alle 125 Minuten ein Tor, alle 85 Minuten eine Torbeteiligung
  • 3.Liga: 34 Spiele, 19 Tore, 6 Vorlagen, alle 148 Minuten ein Tor, alle 112 Minuten eine Torbeteiligung
  • 2.Liga: 23 Spiele, 4 Tore, 1 Vorlage, alle 299 Minuten ein Tor, alle 239 Minuten eine Torbeteiligung

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Enges Torwartduell

Die Torhüterposition ist im Fußball eine spezielle. Kann im Handball bspw. immer wieder mal und je nach Spielverlauf und Tagesform frei gewechselt werden, steht im Fußball die Nummer 1 doch meist fest. Und bei Vereinen, in denen das nicht so ist, wirkt sich das oft eher nachteilig aus. Wenn man nicht gerade FC Barcelona heißt und den Luxus hat, zwei absolute Topleute auf unterschiedliche Wettbewerbe aufzuteilen.

Es wäre natürlich im Fußball auch schwerlich denkbar, Torleute wie im Handball je nach Spielsituation und -verlauf permanent zu wechseln, da es keine permanente Abfolge von Keeper-Action gibt. Die Kunst des Fußballtorwarts besteht meist darin, die Konzentration über 90 Minuten auf Höchstniveau zu halten, auch wenn manchmal über lange Phasen gar nichts passiert oder man in einem ganzen Spiel vielleicht keinen einzigen Torschuss abwehren und trotzdem immer so vorbereitet sein muss, als wäre der nächste Schuss der schwierigste der Saison. Diese Aufgabe würde sich eher noch erschweren, wenn man durch Ein- und Auswechseln in Bezug auf die Konzentraton in einen Hoch- und Runterfahrmodus geraten würde.

Das Torwartspiel ist also schon rein psychologisch ein schwieriges. Oder wie es Fabio Coltorti vor ein paar Wochen sinngemäß sagte: Die erste Aktion im Spiel muss sitzen, egal wann sie kommt und egal, ob man vorher schon mit dem Spiel warm wurde oder nicht. Bei RB Leipzig stellten sich in der abgelaufenen Spielzeit zwei Keeper dieser Aufgabe. Denn auch wenn Fabio Coltorti immer die Nummer 1 war, kam auch Benjamin Bellot aufgrund von Coltorti-Verletzungen zu immerhin 13 Ligaspielen. 10 Spiele zu Saisonbeginn und 3 zum Abschluss. Die 21 Spiele dazwischen gehörten logischerweise dann Coltorti.

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Spieler der Rückrunde: Dominik Kaiser

Eine Stammrubrik in der Rückschau auf die vergangene Saison bzw. im konkreten Fall Rückrunde fehlt noch. Die subjektive Entscheidung, wer denn der Spieler der Saison ist, steht an. Ganz viele Kandidaten gibt es nach einer Spielzeit mit einigen Höhen, aber auch einige Tiefen nicht wirklich.

Fabio Coltorti könnte man als ziemlich nah dran sehen. Nach dem dicken Klops beim 0:1 gegen den FSV Frankfurt am zweiten Nachwinterpausenspieltag hatte er einige grandiose Partien, gerade auf fremden Plätzen, als er vom Gegner oft sehr warm geschossen wurde. Dazu kommt das historische, weil im Profifußball noch nie dagewesene Siegtor durch einen Keeper im Spiel gegen Darmstadt. Für den Kicker war Fabio Coltorti der Zweitliga-Torhüter der Saison. Hier im Blog fehlt am Ende doch ein schwer definierbares Eckchen für den Spieler der RB-Rückrunde.

In die engere Auswahl wäre wohl auch ein Emil Forsberg gekommen. Wenn er denn vor dem Tor effektiver gewesen wäre und seinen vier Torvorlagen noch drei, vier Tore beigesteuert hätte. Auch Dauerbrenner Anthony Jung, der bei RB Leipzig in den letzten Monaten die meisten Spielzeiten bekommen hat, wäre eine Option gewesen, wenn sein Offensivspiel effektiver und gerade in der Rückrunde auch weniger fehleranfällig gewesen wäre. Und Joshua Kimmich hätte sich vor seinem Wechsel zu den Bayern die Krone auch verdienen können, wenn er ein wenig konstanter und dominanter gespielt hätte.

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Kaderrückblick RB Leipzig: 2.Liga 2014/2015 – Teil I

Weiter geht es mit den Rückblicken auf die Zweitligarunde. Traditionell dabei auch der subjektiv-qualitative Blick auf alle Spieler und ihre Leistungen. Auch teilweise unter Berücksichtigung ihrer möglichen Zukunftsperspektiven. Geordnet ist das ganze wie immer nach Positionen (Tor, Verteidigung, Mittelfeld, Sturm) und innerhalb dieser Positionen nach Einsatzzeit. Los geht es heute mit den Keepern und den Verteidigern. In den nächsten Tagen geht es dann mit Mittelfeldspielern und den Angreifern weiter.

Tor

Fabio Coltorti (34 Jahre, 23 Spiele, 2100 Minuten): Hatte ein schwieriges Jahr 2014 mit vielen Verletzungssorgen und entsprechend auch jeweiligen Startschwierigkeiten in den Pflichtspielalltag zurückzufinden. 2015 präsentierte sich Coltorti nach dem Tiefpunkt des Spiels gegen den FSV Frankfurt, als er das Gegentor zur Niederlage selbst vorbereitete, aber wieder in alter Form und hatte bspw. in Braunschweig, Karlsruhe oder Kaiserslautern große Auftritte. Gekrönt wurde seine Saison durch das Tor zum 2:1-Sieg gegen Darmstadt, nach dem der Schweizer ewig durch die Arena getragen und gefeiert wurde. Fabio Coltorti war in der abgelaufenen Spielzeit weiter die klare Nummer 1. Künftig wird es so klar nicht mehr zugehen. Die aktuellen Gerüchte um Peter Gulacsi und die letztjährigen Gerüchte um andere Torwartlösungen lassen vermuten, dass man Coltorti einen Herausforderer auf Augenhöhe und einen Ersatz bei Verletzungen zumindest an die Seite, wenn nicht gar eher kurz- als mittelfristig über ihn stellen will.
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Turm in der Schlacht

Zwei Pflichtspiele brauchte Fabio Coltorti nach seinem Wechsel zu RB Leipzig im Jahr 2012, um bleibenden Eindruck auf der Torhüterposition zu hinterlassen. Nach drei, von den Torwartleistungen her eher blassen Jahren unter dem diskursfreudigen Sven Neuhaus und der tragischen Figur Pascal Borel, der am vorletzten Spieltag 2011/2012 das aufstiegsverhindernde Gegentor entscheidend mitverursachte, war Coltorti noch gar nicht richtig da und schon präsenter als seine Vorgänger.

Es war das Spiel in Neustrelitz am 26.08.2012, das derart Eindruck hinterließ und stilbildend für seitdem knapp drei Jahre wurde. Hier im Blog hieß es damals nach der Partie:

Fabio Coltorti: Wie schon oben geschrieben der überragende Turm in der Schlacht, der durch sehr gutes Herauslaufen ohne Kompromisse wohl eine Niederlage verhinderte. Wenn Coltorti zum Fliegen abhob, hielt man manchmal den Atem an und staunte. Ein Spiel macht noch keinen Sommer, ich weiß, aber das war eine verdammt großartige Show, mit der er sich auch beim Gegner ordentlich Respekt verschaffte. Gegen Coltorti würde wohl nur Kutschke angstfrei ins Duell gehen und der spielt glücklicherweise für RB..

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Yussuf Poulsen: Auf der Suche nach einer Prise Dennis Rodman

Im Sport gibt es ja immer wieder mal großartige Geschichten. Eine meiner Lieblingsgeschichten stammt aus der NBA-Finalserie 1996 als der basketballerisch mäßig begabte Frank Brickowski für die Seattle Supersonics mit einer besonders physischen und provozierenden Spielweise versuchen sollte, Dennis Rodman zu stoppen. Rodman konnte im Trikot der Chicaco Bulls basketballerisch auch nicht sonderlich viel. Aber er konnte rebounden ohne Ende, was ihn für eine Sonderbehandlung empfahl, die ihm den Zahn ziehen und im besten Fall foulbelastet, weil auf die Provokationen reagierend, aus dem Spiel nehmen sollte.

Doch Dennis Rodman war viel zu cool für dieses Spielchen. Nicht nur, dass er eine besonders gute Finalserie spielte, die gegen ihn gerichtete, physische Spielweise schlug direkt auf den Verursacher Brickowski zurück, der schnell die Nerven verlor und zu einer tragischen Figur und zum Symbol des Scheiterns der Supersonics in dieser Serie werden sollte. Unvergessen die Szene als sich Rodman bei einem Freiwurf direkt neben Brickowski aufbaut und ihn von der Seite einfach grinsend anschaut und ihm zeigt, dass er dieses Spielchen nicht nur besser beherrscht, sondern auch noch eine besondere Motivation daraus zieht.

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Achim Beierlorzer: Interimsjob als Karrierechance

Den fünften Trainer im sechsten Jahr der Vereinsgeschichte darf man seit einer Woche bei RB Leipzig bei der Arbeit beobachten. Nach Tino Vogel (heutiger U23-Coach), Tomas Oral (vereinslos), Peter Pacult (vereinslos) und Alexander Zorniger (vereinslos) wird es mit Achim Beierlorzer nach Lage der Dinge eine Interimslösung bis zum Saisonende, also zum ersten Mal auch ein Trainer, der gar kein Weihnachtsfest im Verein erleben wird (zumindest nicht als Coach der Profis), wenn man diese von Vorgänger Alexander Zorniger eingebrachte Erfolgsrechnung aufmachen will.

Für Beierlorzer, der wie Zorniger 47 Jahre alt ist, ist der Sprung in die zweite Bundesliga ein enormer und in der Kürze der Zeit auch unerwarteter Karrieresprung. Schließlich kam der Coach erst zu Beginn der Saison aus dem Nachwuchsbereich von Greuther Fürth zu RB Leipzig, wo er wie schon beim alten Club die U17 in der Bundesliga betreute.

Auch wie für Zorniger ist der Posten als Cheftrainer bei RB Leipzig für Beierlorzer der erste Job im Profifußball, denn im Männerbereich coachte er zuvor lediglich ein Jahr lang in der damals noch viertklassigen Bayernliga (2002/2003) und konnte damals den SC Schwabach noch vor dem Abstieg retten. Zudem stehen neben der Nachwuchsarbeit in Fürth und Leipzig sechs Jahre mit dem SV Kleinsendelbach im Bezirksligafußball als Spielertrainer zu Buche.

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Hey, hey, hey, hier geht Alex

Gibt ja immer mal wieder Ereignisse, bei denen man sich genau erinnern kann, wie man davon erfahren hat oder, wo man in dem Moment war. “Was hast du eigentlich gerade gemacht, als du erfahren hast, dass Alexander Zorniger nicht mehr Trainer bei RB Leipzig ist?”, könnte zumindest bei Menschen, die enger an RB Leipzig dran sind, in diesem Zusammenhang eine Frage bleiben, die man auch zukünftig spontan und jederzeit gut beantworten kann.

Ob sich noch irgendjemand daran erinnern kann, wo er oder sie war, als Alexander Zorniger zum Cheftrainer bei RB Leipzig geworden ist, ist wohl eher zweifelhaft. ‘Bitte wer?’ war wohl damals eine der gebräuchlichsten Reaktionen. Lehrgangsbester bei der Trainerausbildung und zwei Jahre in Großaspach seine Spielphilosophie eingebracht, standen in jenen Tagen auf der Haben-Seite. Ein Trainer also, der den Schritt in den Profifußball machen wollte und in Leipzig einen Platz unter einem Sportdirektor fand, unter dem er seine Spielidee finanziell abgesichert umsetzen konnte.

Eine Trainerwahl Rangnicks, die in vielerlei Hinsicht komplett aufging. Nach durchwachsenen Jahren unter Oral und Pacult brachte Zorniger eine klare Strategie mit, die er zusammen mit Rangnick in die Kaderplanung einfließen ließ und so ziemlich direkt nach seinem Amtsantritt ein paar der älteren Spieler mit höherklassiger Vergangenheit, die nicht ins Spielsystem passten, aussortierte (man erinnere sich nur an die Geschichte, dass Mittelfeldmann Adrian Mrowiec als Pacult-Neuzugang zwei Wochen nach seinem Dienstantritt bei RB Leipzig unter der neuen Führung schon wieder gegangen wurde).

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Spieler der Hinrunde: Tim Sebastian

In der Rückschaureihe hier im Blog fehlt nur noch der Spieler der Hinrunde. Wobei die Wahl etwas schwierig ist, nach insgesamt 21 Pflichtspielen, in denen sich niemand so richtig aus dem Team abhob. Zumindest nicht so sehr, dass es unmöglich wäre, an ihm vorbeizukommen.

Anthony Jung wäre sicherlich keine schlechte Wahl gewesen. Der 23jährige Linksverteidiger darf mit Fug und Recht als konstantester Spieler der Hinrunde bezeichnet werden und hat nur wegen einer gelb-roten Karte in Aalen überhaupt Spielminuten verpasst. Anthony Jung hat nach einer ersten Saison in Leipzig mit Höhen und Tiefen in seinem zweiten Jahr noch mal einen erheblichen Sprung gemacht und sich zu einem absoluten Stammspieler mit defensiver Sicherheit und dynamischem Auftreten entwickelt. Offensiv fehlt ihm trotz aller Bemühungen allerdings das letzte Quentchen Gefährlichkeit, das aus einer sehr guten eine überragende Saison gemacht hätte.

Immer nennen könnte man natürlich Yussuf Poulsen, der sich in seinem zweiten RB-Jahr zum absoluten Topstürmer entwickelt hat, der an manchen Tagen die Offensivgefahr fast schon im Alleingang herstellen musste. Mit acht Toren ist Poulsen der mit Abstand treffsicherste Spieler in Leipzig und zeigte an guten Tagen, warum er perspektivisch auf jeden Fall in die erste Liga gehört. Allerdings hatte er zwischendurch auch schlechte Tage, weil er nach einem intensiven Jahr, in dem bis zur Einladung zur Nationalmannschaft ziemlich viel auf ihn einprasselte, irgendwann körperlich und wohl auch mental nicht mehr in Topverfassung war. Dazu kommen gelegentliche Allüren z.B. in Sachen (teilweise nachvollziehbarer) Klagen über den Schiedsrichter.

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