Kaderrückblick RB Leipzig: 2.Liga 2014/2015 – Teil I

Weiter geht es mit den Rückblicken auf die Zweitligarunde. Traditionell dabei auch der subjektiv-qualitative Blick auf alle Spieler und ihre Leistungen. Auch teilweise unter Berücksichtigung ihrer möglichen Zukunftsperspektiven. Geordnet ist das ganze wie immer nach Positionen (Tor, Verteidigung, Mittelfeld, Sturm) und innerhalb dieser Positionen nach Einsatzzeit. Los geht es heute mit den Keepern und den Verteidigern. In den nächsten Tagen geht es dann mit Mittelfeldspielern und den Angreifern weiter.

Tor

Fabio Coltorti (34 Jahre, 23 Spiele, 2100 Minuten): Hatte ein schwieriges Jahr 2014 mit vielen Verletzungssorgen und entsprechend auch jeweiligen Startschwierigkeiten in den Pflichtspielalltag zurückzufinden. 2015 präsentierte sich Coltorti nach dem Tiefpunkt des Spiels gegen den FSV Frankfurt, als er das Gegentor zur Niederlage selbst vorbereitete, aber wieder in alter Form und hatte bspw. in Braunschweig, Karlsruhe oder Kaiserslautern große Auftritte. Gekrönt wurde seine Saison durch das Tor zum 2:1-Sieg gegen Darmstadt, nach dem der Schweizer ewig durch die Arena getragen und gefeiert wurde. Fabio Coltorti war in der abgelaufenen Spielzeit weiter die klare Nummer 1. Künftig wird es so klar nicht mehr zugehen. Die aktuellen Gerüchte um Peter Gulacsi und die letztjährigen Gerüchte um andere Torwartlösungen lassen vermuten, dass man Coltorti einen Herausforderer auf Augenhöhe und einen Ersatz bei Verletzungen zumindest an die Seite, wenn nicht gar eher kurz- als mittelfristig über ihn stellen will.

Fußball verkehrt - Die Stürmer Daniel Frahn und Dominik Stroh-Engel als interessierte Beobachter des 2:1-Siegtreffers von Torwart Fabio Coltorti | GEPA Pictures - Roger Petzsche

Benjamin Bellot (24 Jahre, 14 Spiele, 1290 Minuten): Hatte eine prima Zweitligazeit in der Hinrunde als er ein paar Spiele am Stück bekam und seine vorhandenen Qualitäten zeigen konnte. 2015 meist nur auf der Bank. Nur in der undankbaren Saisonschlussphase nach Coltorti-Verletzung wieder im Kasten. Gegen Sandhausen der arme, alleingelassene Tropf, der die Bälle aus dem Kasten holen muss. In Ingolstadt mit Patzer beim Siegtor der Gastgeber (nach klaren Patzern steht es im Saisonverlauf zwischen Bellot und Coltorti damit 1:1). Und gegen Fürth unbeschäftigt. Hätte Bellots Saison nur aus den letzten drei Spielen bestanden, es wäre eine undankbare Spielzeit gewesen. Die Qualitäten des einzigen RB-Spielers, der seit 2009 im Team ist, sind unbestritten und liegen weiter in seinen fußballerischen Qualitäten und auch auf der Linie. Bei RB wird er sich aber wohl künftig als Nummer 3 einreihen müssen. Womit er wieder da angekommen ist, wo er 2009 in der Oberliga einst startete.

Thomas Dähne (21 Jahre, 0 Spiele, 0 Minuten): Keine Einsatzminuten bei den Profis. Deshalb hier auch ohne Wertung. Dähnes Idee, für ein Jahr in Leipzig zu unterschreiben, hat sich zumindest in Sachen Einsatzzeit und Zeigen für andere Clubs nicht ausgezahlt. Ob es ein verschenktes Jahr war, muss der 21jährige selber wissen. Wird spannend, wo ihn sein weiterer Karriereweg hinverschlägt. Wenn man da an ehemalige, durchs Sieb gefallene RB-Schlussleute wie Andreas Kerner, Erik Domaschke oder Alexander Moritz denkt, dann gibt es nicht extrem viel Grund für Optimismus.

Verteidigung

Anthony Jung (23 Jahre, 35 Spiele, 3080 Minuten): Wer vor der Saison prognostiziert hätte, dass Anthony Jung von allen RB-Spielern am nächsten an einer perfekten Saison mit Einsätzen in allen Pflichtspielen dran sein würde, hätte man vermutlich ein bisschen geschmunzelt. Am Ende stehen allerdings 35 Startelfeinsätze in 32 Zweitliga- und 3 DFB-Pokalspielen. Insgesamt 32mal stand er dabei über die volle Spielzeit auf dem Platz. Nur zweimal musste er komplett zugucken, weil er gesperrt war. Die Kritiker werden behaupten, das habe nur daran gelegen, dass es auf seiner Position keine Konkurrenz gab. Das mag zu Teilen stimmen. Auf der anderen Seite hat Jung in Sachen Konstanz einen erheblichen Schritt nach vorn gemacht und seine linke Verteidigungsseite meist gut im Griff gehabt. Nach der Winterpause gab es gelegentlich kritische Worte vom Sportdirektor und vom Interimstrainer gen Jung, die vielleicht ein wenig überzogen waren, wenn man bedenkt, dass Einzelkritik sonst eher selten ist. Anthony Jung spielte über weite Strecken einen dynamischen Linksverteidiger, hatte viele Ballkontakte, gewann im Mannschaftsvergleich viele Zweikämpfe und mühte sich auch in der gegnerischen Spielhälfte um Kontrolle. Gerade an letzterem muss er bei allen Bemühungen sicherlich noch arbeiten. Nur ein Tor und eine Vorlage sind angesichts seiner Spielzeit zu wenig.

Als Linksverteidiger die Konstanz in Person - Anthony Jung mit seinem endgültigen Durchbruch bei RB Leipzig | GEPA Pictures/Citypress24

Georg Teigl (24 Jahre, 32 Spiele, 2622 Minuten): Der rechte Außenverteidiger, der zwischendurch von Zorniger mal in den Sturm gestellt und später von Beierlorzer ins Mittelfeld geschoben wurde. Man sollte sich bei Teigl vielleicht mal einig werden, was man aus ihm machen will. Wenn er Rechtsverteidiger sein soll, sollte man ihm dort auch dauerhaft Einsätze geben, damit er in dieser Position, die er erst nach seinem Wechsel nach Leipzig begann zu bekleiden und die er inzwischen angenommen hat, auch wachsen kann. Mit seiner Geschwindigkeit hat er weiterhin in der Defensive Vorteile gegenüber den Konkurrenten rechts hinten. Nachteil bleibt die individuelle Zweikampfführung, auch wenn er dabei und im Spiel aus der Abwehr heraus inzwischen wesentlich sicherer wirkt, als noch vor ein paar Monaten. Wie bei Jung gilt für den eigentlich auch offensiv sehr agilen Teigl, dass drei Tore (davon zwei als Stürmer) und eine Vorlage eigentlich zu wenig sind für die Position des Rechtsverteidigers und für Teigls Qualitäten.

Tim Sebastian (31 Jahre, 30 Einsätze, 2514 Minuten): Neben Benjamin Bellot der einzige aus der Prä-Rangnick-Ära, der auch in der kommenden Saison noch zu den Profis bei RB Leipzig gehören wird. Schon unter Oral ins Team gekommen, tat er sich lange schwer und war auch unter Zorniger lange ‘nur’ Ergänzungs- und Rollenspieler. Letzte Saison schon mit viel Spielzeit. Diese Saison wieder in einem unruhigen Kader eine verlässliche Konstante. Erledigt seinen Job unaufgeregt und mit guten Zweikampfwerten. Wobei er nicht so viele Zweikämpfe bestreitet wie andere Spieler im Team, sondern viele Situationen durch Erfahrung und Stellungsspiel löst. Tim Sebastian wird es künftig mit einem Orban und vielleicht noch anderen Neuzugängen als Konkurrenten nicht einfach haben, aber auch in der sechsten Saison RB wird man von ihm das erwarten können, was man in den letzten Jahren von ihm gekriegt hat. Immer da zu sein, wenn man ihn braucht, ganz egal wo man ihn braucht. Prima Teamplayer.

Marvin Compper (29 Jahre, 27 Spiele, 2112 Minuten): Kam Anfang der Saison vom AC Florenz und tat sich anfangs ein bisschen schwer mit dem Verteidigen nach vorn. Spielte insgesamt eine solide Saison ohne Dominanz auszustrahlen oder die Innenverteidiger-Kollegen zu übertrumpfen. Bekam sowohl unter Zorniger als auch unter Beierlorzer recht viel Spielzeit und war um Sicherheit und Spielaufbau bemüht. An guten Tagen gab er seinen Nebenleuten Halt und half aus, wenn nötig. An schlechten Tagen wirkte Compper unsicher und defensiv anfällig. Wird spannend, wie er sich in seiner zweiten Saison bei RB Leipzig entwickeln wird.

Lukas Klostermann (19 Jahre, 15 Spiele, 1293 Minuten): Der Aufsteiger der Rückrunde. Bis zur Winterpause gerade mal 3 Minuten in Fürth und 120 Minuten inklusive Eigentor im Pokal gegen Aue. Nach der Winterpause gesetzter Stammspieler. Zeigte in seinen Einsätzen als Außenverteidiger egal ob links oder rechts sehr ansprechende Leistungen, weil er über eine ordentliche Zweikampfführung, vernünftige Geschwindigkeit und gute Ballbehandlung verfügt. Was ihn als Gesamtpaket sowohl offensiv als auch defensiv gut aussehen ließ. In seinen Einsätzen als Innenverteidiger wirkte Klostermann dagegen gelegentlich ein wenig überfordert. Das Stellungsspiel und die Tatsache, dass es hinter ihm keine Absicherung mehr gibt, schienen ihm Probleme zu bereiten. Was mit 18 Jahren, die er unter der Saison noch alt war, auch absolut kein Wunder ist, denn gerade so etwas wie Stellungsspiel braucht gegen Zweitligaoffensiven sicherlich auch einiges an Erfahrung. Das Talent Klostermann jedenfalls mit einem vielversprechenden Start in seine Profikarriere. Da wartet noch einige Arbeit, aber das Fundament sieht sehr gut aus.

Sebastian Heidinger (29 Jahre, 16 Spiele, 941 Minuten): Insgesamt eine eher enttäuschende Spielzeit für den Außenverteidiger, der unter Zorniger noch einigermaßen Einsätze sammelte, aber später unter Beierlorzer komplett durch den Rost fiel. Die geringe Einsatzzeit führte auch dazu, dass Heidinger, wenn er denn mal eine Chance bekam, eher unsicher und uneingespielt wirkte. Und Chancen bekam er selten, da man selbst Diego Demme eher als Alternative heranzog. Heidinger kommt nun erst mal in Heidenheim unter, wo er sich hoffentlich mehr Einsatzzeit organisieren kann. Leicht wird es für ihn sicherlich nicht, sich auf Dauer in der zweiten Liga durchzusetzen.

Niklas Hoheneder (28 Jahre, 11 Spiele, 824 Minuten): Eigentlich zu Saisonbeginn Stammkraft in der Innenverteidiger verletze er sich bei seinem Horrorsturz im Spiel gegen Aue schwer und war mit seinen folgenden Muskelproblemen weg von der Mannschaft. Sein Siegtor in Fürth vor der Winterpause schien alles wieder gut werden zu lassen. Doch die Muskelprobleme im Arm blieben und nach Zornigers Abgang lagen die Präferenzen des Trainerteams bei anderen. Schade für Hoheneder, der sich hinter Konkurrenten wie Compper und Sebastian sicherlich nicht verstecken muss. Dass man seinen Vertrag nicht verlängert hat, erscheint angesichts des wartenden Umbruchs in der Innenverteidigung und angesichts des nicht sehr ausgeprägten Vertrauens der Vereinsverantwortlichen in seine sportlichen Fähigkeiten logisch. Für einen Vertrag mindestens in der dritten Liga wird es in jedem Fall reichen.

Rodnei (29 Jahre, 7 Spiele, 630): Sehr physischer Spieler, der zwischenzeitlich mal ins Team gefunden zu haben schien und sich mit seiner robusten Zweikampfführung Respekt verschaffen konnte. Sieben Spiele am Stück lief er für RB Leipzig in März und April auf. Dann war er wieder raus aus einer Verteidigung, in der auch nominell nie Ruhe einzog. Rodnei verfügt als Innenverteidiger-Maschine sicherlich über Qualitäten, besonders in der Defensive. Als moderner Innenverteidiger in einem Team, das modernen Fußball spielen will, wird es Rodnei, der RB Leipzig nach nur einem halben Jahr wieder verlässt, wohl auch künftig schwer haben.

Fabian Franke (26 Jahre, 0 Spiele, 0 Minuten): Ein echt ätzendes Jahr für den Innenverteidiger. Von Achillessehnen-Problemen verfolgt verpasste er bis auf ein paar U23-Einsätze zum Schluss die komplette Saison. Und verpasste es dadurch auch, sich nachhaltig für ein vernünftiges Angebot zur Verlängerung seines Vertrages bei RB Leipzig zu empfehlen. Fabian Franke bleibt ein schneller, zweikampfstarker Abwehrmann. Wenn er künftig auch gesund bleibt, wird er über die dritte Liga und den SV Wehen Wiesbaden, zu dem er wechselt, auch die zweite Liga noch mal angreifen können.

Fazit

Im Defensivbereich zeigen sich ein paar der Probleme, die RB Leipzig über die Saison gesehen eine bessere Platzierung kosteten. Es gab wenig Konstanz. Sei es durch Verletzungen, wie zum Beispiel auf der Torwartposition. Oder sei es durch eine immer wieder neu besetzte Viererkette in der Innenverteidigung, in der nur Anthony Jung eine dauerhafte Konstante war und ansonsten auf allen Positionen häufige Wechsel zu verzeichnen waren. Sowohl im Tor als auch in der Verteidigungskette steht ein mindestens kleiner Umbruch an, der aufgrund des Alters einiger Protagonisten und im Sinne der perspektivischen Entwicklung des Teams auch absolut naheliegt.

—————————————————————————————–

Bisherige Kaderrückblicke:

—————————————————————————————–

Bilder: © GEPA pictures/ Roger Petzsche, Citypress24

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert