Stärker in den Blickpunkt wird in dieser Saison die U19 von RB Leipzig rücken. Nach der Abmeldung der U23 ist es das höchste Nachwuchsteam des Vereins und entsprechend stärker an das Profiteam angeschlossen als zuvor. So zumindest die Absicht.
Die Abmeldung der U23 hat jenseits davon, dass der Aufwand vielleicht nicht den Nutzen gerechtfertigt hat, ein paar unangenehme Nebeneffekte für die Nachwuchsausbildung. Weil jungen Spielern kein Team mehr zur Verfügung steht, in dem man früh in den Männerfußball hineinschnuppern kann. Weil eine Ausbildung in der Breite auch über den 18. Geburtstag hinaus nun nicht mehr durchgeführt wird. Weil es gerade für defensive Talente nun noch schwerer bis unmöglich geworden ist, sich nach oben hin bei RB durchzusetzen.
Für die größeren Talente aus der U19 hat die Entwicklung aber auch etwas gutes. Durch die enge Verzahnung mit dem Profibereich sind die Wege in die Bundesliga für einige vergleichsweise kürzer geworden als zuvor, als immer auch noch U23-Spieler zwischen U19 und Bundesliga standen. Da der Profikader mit 20 Spielern recht knapp geplant wurde bzw. zuletzt praktisch kein Bundesligist mit 20 Feldspielern durch die Saison kam, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das eine oder andere Talent in der kommenden Saison in der Bundesliga zum Einsatz kommen wird. Elias Abouchabaka und Nicolas Kühn sind ja bereits in das Profitreaining integriert und sind nur für die Spiele bei der U19.
Schön auch für die U19-Spieler, dass sie in der kommenden Saison in der Youth League, also der Champions League für den Nachwuchs an den Start gehen dürfen. Dabei tritt man in der Gruppenphase gegen dieselben Gegner wie die Profis an. Wenn RB also bei der Auslosung Ende Augsut Real Madrid zieht, dann spielt auch der Real-Nachwuchs gegen RB.
Für die Youth League muss der Verein eine Kaderliste von 40 Spielern, davon drei Torhütern einreichen. Die Kaderliste kann aber von Spieltag zu Spieltag noch verändert werden. Auf dieser Liste müssen drei Torhüter stehen. Die Spieler müssen Jahrgang 1999 oder jünger, also für die U19 in Deutschland spielberechtigt sein. Drei Spieler auf der Liste dürfen allerdings auch bereits im Jahr 1998 geboren sein. Allerdings müssen sie dann bereits zwei Jahre bei RB gespielt haben. Entsprechend fallen Torwart Philipp Köhn oder Dayot Upamecano (beide Jahrgang 1998) als theoretisch denkbare Youth-League-Optionen weg, weil sie noch nicht lange genug im Klub sind. Ibrahima Konaté könnte als 1999 geborener aber in der Youth League für RB antreten.
Der U19-Kader von RB Leipzig für die aktuelle Spielzeit wurde fast gar nicht durch externe Spieler verstärkt. Das ist erstaunlich für einen Verein, der in den letzten Jahren sehr stark davon lebte, immer wieder neue Nachwuchsspieler aus ganz Deutschland zu verpflichten (wobei das bei der U19 von Jahr zu Jahr höchst unterschiedlich ausfiel). Allerdings ist es im U19-Alter dafür auch meist schon ein bisschen spät. Im Idealfall holt man Spieler für die U17 und entwickelt sie dann bis in das U19-Alter. Möglich aber auch, dass die U19 für externe Spieler künftig nicht mehr so richtig interessant ist. Weil man durch die Abmeldung der U23 bei RB nur noch zwei Jahre Ausbildung kriegen würde, bevor man entweder reif für die Bundesliga oder für einen Wechsel sein muss.
Mit Niclas Stierlin hat RB Leipzig einen Neuzugang aus Kaiserslautern geholt. Der andere ist Shaft Brewer, ein US-Nachwuchsnationalspieler, der seinen Wechsel nach Leipzig einst selbst per Twitter verkündete. Brewer ist bereits Jahrgang 1999 und hat damit nur noch eine Saison im Nachwuchsbereich. Ab kommenden Sommer ist er für die U19 entsprechend aus Altersgründen nicht mehr spielberechtigt.
Der offizielle Kader der U19 von RB Leipzig umfasst derzeit 21 Feldspieler und drei Torhüter. In der Kaderliste vermisst man lediglich den letztjährigen Außenverteidiger Tim Schüler, der eigentlich noch für die U19 spielberechtigt wäre.
21 Feldspieler plus drei Torhüter. Das ist wie bei den Profis nicht übermäßig üppig besetzt. Zumal wenn man bedenkt, dass bei Verletzungen beim Bundesliga-Team die U19 so etwas wie die Spielerreserve des Vereins ist. Zudem hat das Nachwuchsteam mit DFB-Pokal, Bundesliga, Sachsenpokal und Youth League einige Aufgaben zu bewältigen, spult also ein Pensum ab, bei dem auch immer mal wieder jemand eine Pause braucht. Auch hier wird es interessant, wie man mit diesem Kader vernünftig durch die Saison kommt.
Zum Auftakt in die Saison empfing RB Leipzig im DFB-Pokal Eintracht Frankfurt. Fast 500 Besucher wollten die Begegnung verfolgen. Eine durchaus beachtliche Kulisse für eine Nachwuchsspiel am Sonntagmittag. Nach der Abmeldung der U23 könnte das Team über die Saison gesehen auch konstant mehr Zuschauer haben.
Gegen Frankfurt erlebten die Zuschauer nicht unbedingt ein Fußballleckerbissen. Fußballerisch gab es da durchaus noch einige Luft nach oben. Aber man bekommt am Cottaweg aufgrund der Nähe zum Spielfeld immer einen ganz guten Eindruck von der Geschwindigkeit, die eigentlich in so einem Spiel wirklich drin steckt. Mit wenigen Pausen bekämpften und besprinteten sich gestern die Nachwuchsteams von Leipzig und Frankurt mal eben über 120 Minuten. Interessant wäre mal ein Vergleich der Laufleistungen von Nachwuchs und Profis. Viel Unterschied dürfte es in den Laufstrecken und absolvierten Sprints nicht geben. Die entscheidende Differenz zwischen Profis und Nachwuchs liegt weiter in der Handlungsschnelligkeit.
Es war also ein sehr schnelles Spiel, dem lange komplett die Torgefahr abging. Die ersten halbwegs vernünftigen Torabschlüsse gab es in den letzten Minuten vor der Pause. Nach der Pause gab es dann schon mehr Torraumsszenen. Nicht immer stimmte dabei der letzte Pass. Trotzdem holte sich RB Leipzig durch den kleinen, quirligen Nicolas Paul Fontaine, der aus dem Gewühl heraus zum 1:0 traf, die Führung. Wer nun dachte, dass RB mit der Führung im Rücken das Spiel nach Hause bringen würde, sah sich getäuscht, denn fast postwendend schoss Frankfurt nach Standard den Ausgleich.
Insgesamt war Leipzig das bestimmende und dominantere Team, das in Sachen Torgefahr oder potenziell torgefährlichen Spielsituationen etwas mehr zu bieten hatte. Aber Frankfurt verteidigte meist gut und hatte auch kleinere Möglichkeiten für Torerfolge. Aber die Offensivspieler der Gäste blieben doch zumeist auf sich allein gestellt.
Da in der regulären Spielzeit niemand mehr treffen wollte, ging es folgerichtig in die Verlängerung. Dort war es dann Erik Majetschak, der das umjubelte 2:1 durch einen strammen Schuss unter die Latte erzielte. Der eingewechselte Emre Aslan sorgte kurz vor Schluss für die endgültige Entscheidung.
Insgesamt standen bei RB Leipzig gleicht sieben Spieler, die 2000 geboren sind und damit zum jüngeren der zwei U19-Jahrgänge (1999,2000) gehören, in der Startelf. Auch das ein Hinweis, dass RB Leipzig darauf setzt, Talente früh zu fördern und dann auszusieben, wer den Sprung nach oben schaffen kann und wer nicht. Drei der vier eingewechselten Spieler waren ebenfalls vom Jahrgang 2000. Insgesamt schien man auch körperlich dem Gegner durchaus unterlegen zu sein. Inwieweit das eine Frage der körperlichen Entwicklung ist, bleibt offen.
Aus Sicht der Profimannschaft und entsprechend der Perspektiven der RB-Talente sind sicherlich vier U19-Spieler am interessantesten. Allesamt 2000er-Jahrgang, also in dieser und auch noch in der kommenden Saison bei der U19 spielberechtigt. Neben Elias Abouchabaka und Nicolas Kühn sind das die weiteren U17-Nationalspieler Erik Majetschak und Kilian Ludewig.
Ludewig hatte am Samstag noch mit den Profis im Test gegen Stoke City ein paar Minuten gespielt und durfte nun auch mit den Profis gegen Eintracht Frankfurt ran. 120 Minuten lang ackerte er erst im Sturm(!) und später meist auf der rechten, offensiven Außenbahn, aber auch mal auf der linken Außenbahn. Vom Pensum her (und auch phasenweise von der Qualität und vor allem der Geschwindigkeit her) durchaus beeindruckend. Für das RB-Spielsystem mit Pressing und Aggressivität sicherlich passend. Manchmal erinnert Ludewig aber mit seinem hektisch wirkenden Spiel an Ken Gipson. Hasenhüttl sieht Ludewig derzeit offenbar am ehesten als Rechtsverteidiger-Backbackbackup. Das ist bei Ludewigs engagierter, aber unruhiger Spielweise durchaus nicht unmutig.
Sehr viel ruhiger agiert da ein Erik Majetschak, der mit seinen 17 Jahren bereits ganz viel Blick für Spielsituationen hat und defensiv auf der Sechserposition mit viel Übersicht die Lücken schließt und Zweikämpfe gewinnt. Auch mit dem Ball ist es ganz ordentlich, was Majetschak zu bieten hat. Dass ausgerechnet er das 2:1 erzielte, war vielleicht nicht ganz zufällig, da Majetschak einer der reifesten Spieler auf dem Platz war.
Während Profi-Mittrainierer Nicolas Kühn verletzt ausfiel (was man der Qualität und Besetzung im Sturm deutlich anmerkte), durfte auch Abouchabaka beim Nachwuchs ran. Meist agierte er auf der rechten Zehn in einem 4-2-2-2, das dem der Profis nachempfunden war. Der 17-Jährige war nicht immer perfekt eingebunden, was vielleicht auch der Tatsache geschuldet war, dass er die Vorbereitung praktisch komplett bei den Profis absolvierte. Aber auch ihm merkte man eine gewisse Reife im Spiel an. Die offensive Durchschlagskraft fehlte jedoch, sodass später Aslan die etwas quirligere, auffälligere Option war.
Neben den vier Spieler, die dem Profiteam mehr (Abouchabaka, Kühn) oder minder (Ludewig, Majetschak) nahe sind, stehen bei der U19 auch noch vier Spieler im Kader, die frisch mit Lizenzspieler-, also Profiverträgen ausgestattet wurden. Kilian Senkbeil, Dominik Minz und Mert Yilmaz standen auch in der Startformation und besetzten drei von vier Positionen in der defensiven Viererkette. Marc Dauter schaute sich die Dinge von draußen an.
Alle vier Spieler sorgen mit ihren Verträgen dafür, dass bei den Profis die Local-Player-Regel (mindestens vier Spieler, die zwischen 15 und 21 im eigenen Klub ausgebildet wurden) und die Deutschquoten-Regel (mindestens 12 Deutsche im Profikader) erfüllt werden. Bei allen vier Spielern sind alle anderen Optionen völlig offen. Solide Akteure, für die der Sprung nach oben schwer ist. Vielleicht auch, weil sie Defensivakteure sind und diese sowieso im Schnitt etwas später mit ihrer Entwicklung durchstarten als Offensivspieler.
Trainiert wird das Team in dieser Saison von Robert Klauß, der letzte Saison noch die U23 unter seinen Fittichen hatte. Assistiert wird er dabei von Neuzugang Tobias Nubbemeyer, der mit dem Hombrucher SV in der letzten Saison sensationell den Klassenerhalt in der U17-Bundesliga schaffte. Interessantes Duo. Interessant auch, dass Klauß in dieser Saison seinen Fußballlehrer-Schein machen will. Vier Wettbewerbe mit der U19 und nebenbei den Fußballlehrer beim DFB. Das wird auch eine ordentliche Herausforderung.
Aber im ersten Jahr nach der Abmeldung der U23 wird sich sowieso erst noch manches einschleifen müssen. Von daher muss man vielleicht von der U19 nicht die ganz großen Wunderdinge erwarten. Auch weil die Kaderunruhe größer wird, wenn immer wieder Spieler für Trainingseinheiten bei den Profis fehlen oder gar komplett dort integriert sind und nur für die Spiele zurückkehren. Wird interessant wie Klauß (bzw. unter der Woche Nubbemeyer) das moderiert bekommt. Der Start ist mit dem Weiterkommen im DFB-Pokal geglückt. Nächste Woche geht es in der Bundesliga mit dem Spiel gegen Union Berlin los (Samstag, 12.08.2017, 13 Uhr am Cottaweg).
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Tore: 1:0 Fontaine (64.), 1:1 Stich (68.), 2:1 Majetschakt (104.), 3:1 Aslan (118.)
Aufstellung RB Leipzig: Krahl – Yilmaz (94. Born), Minz, Senkbeil, Hoppe – Mekonnen (73. Stierlin), Majetschak – Abouchabaka (82. Aslan), Schimmel (67. Krüger) – Ludewig, Fontaine
Aufstellung Eintracht Frankfurt: Herzig – Okyere, Neves Oliveira, Stich, Torcuatro, Ostrowski, Rodwald (C), Safaridis (106. Borzellino), Muhmadov, Mbouhom (103. Quartuccio), Kabuya (90. Haeuser)
Zuschauer: 470
Links: RBL-Bericht
Fotos: Dirk Hofmeister
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Echt, fast 500 Zuschauer?!?!
Das ist ja richtig stark! Habe es selber verpasst.
Danke für die gute Zusammenfassung.
Und auch für den Ausblick auf die UYL.
Da freue ich mich auch schon drauf. Ich habe nur mal ein bissl gegoogelt und festgestellt, daß die Anstoßzeiten teilweise in den frühen Nachmittag bzw. Mittag gehen. Wäre nicht so dolle für Arbeitnehmer. Ich hoffe echt, so 17:00 am Cottaweg und dann rüber in das große Stadion.
Die Belastung scheint ja auch für die jungen Spieler auch sehr hoch zu werden. Man hat also nur 2 Zugänge in der U19? Aber ok, Deine Begründung ist ja nachvollziehbar. Also alle Blicke Richtung U17/16.
Schade, daß Upa und Kühn da nicht mitspielen dürfen.
Bin echt gespannt, wie sich Klauß und die Jungs da schlagen werden.