So, es ist nun bereits Mitte März. Zeit, dass die Fußballsaison auch in den unteren Spielklassen mal wirklich und nicht nur tröpfchenweise startet. Und auch wenn es derzeit nicht gesichert ist, dass die Saison tatsächlich durchstartet, scheint die Zeit reif, einen kurzen Blick auf die Chancen und Potenziale der bestplatzierten Leipziger Vereine zu werfen.
Zuerst natürlich die RasenBallsportler: 7 Punkte Vorsprung waren es vor Beginn der Rückrunde: ungefährdet auf Platz 1. Derzeit sind es bei einem Spiel Rückstand nur noch 4 Punkte Vorsprung. Unklar ist, ob die Insolvenz des FSV Zwickau dazu führt, dass die Ergebnisse ihrer Spiele annulliert werden. In diesem Fall würden die RasenBallsportler 2 Punkte Vorsprung verlieren (ihnen gehen drei Punkte aus dem Sieg gegen Zwickau verloren, Verfolger Bautzen verliert nur einen, weil sie unentschieden gespielt haben). Bei virtuell demnach nur 2 Punkten Vorsprung winkt den Budissen aus Bautzen bei einem Sieg im Spitzenspiel (12.03.2010) gegen den RB Leipzig sogar die virtuelle Tabellenspitze. Bei einem Sieg der Bullen hingegen könnte man die Saison wohl tatsächlich ad acta legen und den RasenBallsportlern eine schöne Freundschaftsspielrückrunde wünschen, in der noch zwei Lokalderbys blieben: das erste am 28.März gegen die Eisenbahnfreunde in der Schüssel, das zweite zum Abschluss der Serie gegen die Ex-Chemiker im – so bekundet es der FC Sachsen immer wieder – Alfred-Kunze-Sportpark. Nimmt man Atmosphäre und Intensität der Hinrundenderbys als Maßstab dürfte nur das Spiel gegen Lok als Derby empfunden werden (‚legendär’ immer noch die Lok-Fans bei der Einwechslung von Ronny Kujat: „Chemischweine raus“ – da überfällt einen eine Mischung aus Belustigung und Kopfschütteln; mal von diversen anderen Bekundungen abgesehen). Je nachdem wie Lok sich in der Rückrunde fängt, könnte dies ein offenes, spannendes, turbulentes Spiel werden, also das Gegenteil des Hinrundenspiels. Egal wie es mit den Derbys auch sein mag, je nachdem wie das Budissenspiel ausgeht, werden die RasenBaller den Rest der Saison routiniert-professionell (und gelegentlich langweilig) runterspielen oder vom Druck des bloß-nicht-stolpern begleitet werden. Letzteres wäre sicher unterhaltsamer, ersteres liegt mir als RasenBallsportanhänger näher. Weitere (dringliche) Aufgaben für die Rückrunde in Vorbereitung der neuen Saison: Kaderzusammenstellung für die Männermannschaften, Stärkung der Jugendarbeit, Zuschauerwerbung, Klärung der Stadionfrage.
FC Sachsen Leipzig [broken Link]: Für den FC Sachsen gibt es diese Saison nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren. Vermutlich wird die Rückrunde der Hinrunde in ihrer gehobenen Durchschnittlichkeit gleichen. Das Dilemma ist vor allem, dass der Verein auch perspektivisch finanziell keine großen Sprünge machen wird können, was auch daran liegt, dass man derzeit nicht gerade von Fans überrannt wird. Eine Chance bietet hier die angedachte Zusammenarbeit mit der gerade erst abgespaltenen BSG Chemie. Wie allerdings die Diablos wieder in den Schoß des FC Sachsen und deren Fans (Metastasen!) integriert werden sollen, ist mir ein Rätsel. Größtes Plus des Vereins bleibt der Trainer, der in der Vorinsolvenzregionalligasaison aufgrund seiner defensiven Taktik von den eigenen Fans noch oft angefeindet wurde, inzwischen aber als Heilsbringer gefeiert wird und gerade erst einen neuen Zweijahresvertrag unterzeichnet hat. Dilemma für Dirk Heyne (den ich mir perspektivisch gut als Trainer der U23-Jungbullen vorstellen könnte) bleibt, dass er für seine defensiv-kompakte Taktik ein, zwei überdurchschnittliche Offensivkräfte bräuchte. Da die fehlen, bleibt dem Spiel des FC Sachsen nicht viel mehr Gefahr als die, die aus Standards resultiert. Deshalb mein Tipp für die Rückrunde: der FC Sachsen kommt irgendwo zwischen Platz 5 und 9 ein.
Lok: Eigentlich geht es Lok in dieser Rückrunde ähnlich wie dem chemischen Lokalrivalen. Man hat keine Chancen nach ganz oben oder nach ganz unten zu gelangen. Trotzdem dürfte der Druck hier ungleich höher sein, waren die Fans doch schon von der – zumindest gemessen an den Erwartungen – miserablen Hinrunde genervt. Eine genauso miserable Rückrunde dürfte weitere Fans kosten und Herrn Präsidenten Kubald weiter in die Schusslinie der Vereinsmitglieder rücken. Andererseits könnte selbst Erfolg für Lok ein Problem sein. Eine Rückrundensiegesserie würden die Fans wohl alleinig dem beliebten Trainer Uwe Trommer in die Schuhe schieben, was einen langen Schatten werfen würde auf den Neuanfang unter Trainer Frank Baum zur neuen Saison. Zumal der neue Trainer offenbar nicht mit Trommer als Co-Trainer plant, dieser aber nur zu gern Co-Trainer geworden wäre. Wenn Frank Baum dann in den ersten Spielen ähnlich unerfolgreich bleibt wie Jörg Seydler im Spätsommer 2009 (der bei den Fans auch nie eine Chance hatte), könnte es bei Lok recht schnell ungemütlich werden. Da dies Zukunftsmusik ist, hier noch meine Vermutung für die Rückrunde: Trommer wird das Team mitreißen und überdurchschnittlich viele Punkte holen, sodass man am Ende 4. oder 5 wird und somit das Saisonziel (Platz 2 bis 5) erreicht.
Der Rest: Unterhalb der Oberliga gibt es diverse Mannschaften, nur wenige verdienen größere Aufmerksamkeit. Blau-Weiß wird es schwer haben, in der Landesliga die Klasse zu halten. Eine Klasse tiefer in der Bezirksliga wäre alles andere als der Aufstieg der zweiten RasenBallsport-Mannschaft eine Überraschung, zumal das Niveau der restlichen Liga sehr ausgeglichen ist und sich die Verfolger gegenseitig Punkte klauen. Noch eine Klasse tiefer wird es spannend sein zu beobachten, wie sich die Sterne von ihrem Brandis-Nichtspiel erholen. In der Hinrunde gelang in den Spielen nach diesem Überfall nur noch wenig, vorher war man Tabellenführer und Aufstiegsanwärter. Noch eine Klasse tiefer (inzwischen in der Stadtliga angekommen) kämpft die dritte RasenBallsport-Mannschaft um den Aufstieg (bisher erfolgreich). Und weitere zwei bzw. drei Ligen (2. und 3 Kreisklasse) unterhalb sind der BSG Chemie und der vierten RasenBallsport-Mannschaft die Aufstiege kaum noch zu nehmen.