Größer werdende Herausforderungen

Eine engere Verzahnung von U19 und Profibereich ist ab kommender Saison bei RB Leipzig angesagt. Es sollen nur noch herausragende Talente, die aber dafür umso früher an den Männerbereich herangeführt werden. Ohne den Umweg über die abgemeldete U23. Soweit der Plan.

In der Praxis der gesamten Bundesliga ist die Heranführung von U19-Spielern an den Männerbereich derzeit noch die absolute Ausnahme. Wenn man mal als Indiz nimmt, dass entsprechend junge Spieler auch ein paar Pflichtspiele bei ihren Klubs kriegen

Gerade mal acht Spieler hatten in der abgelaufenen Spielzeit mindestens fünf Bundesliga-Einsätze, die vom Alter her noch für die U19 spielberechtigt gewesen wären. Lediglich Kai Havertz kam (als Einziger aus allen drei Profiligen im deutschen Fußball) aus dem jüngeren Jahrgang der U19 und wurde erst 1999 geboren. Die anderen waren alle Jahrgang 1998 und wachsen damit in diesem Sommer aus dem U19-Bereich heraus.

Immerhin 16 Spieler bekamen mindestens fünf Einsätze, die im Jahr 1997 geboren wurden, also vor einem Jahr aus dem U19-Bereich herauswuchsen und nun in den Männerbereich mussten. Was auch ein bisschen zeigt, dass der Übergang in den Männerbereich, auch wenn Spieler immer früher sehr gut ausgebildet sind, auch weiterhin nur im Ausnahmefall im U19-Alter, vor allem aber danach stattfindet. Der Bruch zwischen Nachwuchs- und Männerbereich mit 18 (oder 19, je nachdem, wann man im entsprechenden Jahrgang geboren ist), kommt einfach ein Jahr zu früh.

Nicht anders sieht es in der zweiten Liga aus. Dort spielten insgesamt sechs Spieler im U19-Alter bereits bei den Männern in mindestens fünf Partien mit. Darunter war auch Vitaly Janelt, den RB Leipzig mit Kaufoption nach Bochum verliehen hat, weil man nach disziplinarischen Geschichten keinen gemeinsamen Nenner mehr fand. 17 Spieler gehörten zum 1997er-Jahrgang, der seine erste Saison oberhalb der U19 absolvierte.

Noch schlechter ist die Bilanz in der dritten Liga, wenn man mal die beiden U23-Teams aus Mainz und Bremen außen vor lässt. Dann wurden dort gerade mal noch vier 1998er-Jahrgänge, also U19-Spieler mindestens fünfmal eingesetzt. Gerade mal zwölf Spieler waren 1997er-Jahrgänge (darunter der ehemalige RB-Nachwuchsakteur Patrik Dzalto). Ein gutes Pflaster, um Spieler, die aus der U19 herauskommen, dort zu entwickeln, scheint die 3. Liga nicht wirklich zu sein. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die sehr guten Talente bei Bundesligisten unter Vertrag stehen und so früh noch nicht verliehen werden (zumindest im U19-Alter nicht).

Insgesamt ergibt sein ein recht klares Bild, vor was für einer Herausforderung RB Leipzig mit der Fokussierung auf U19-Talente, die an den Männerbereich herangeführt werden sollen, steht. In der abgelaufenen Saison schaffte es Dayot Upamecano als alterstechnischer U19-Akteur bei RB in die Bundesliga. Aber Upamecano ist in Sachen Talent auch tatsächlich eine absolute Ausnahme und in seiner physischen Entwicklung schon sehr weit. Der Normalfall ist das für 18-Jährige jedenfalls nicht. Von dieser Sorte müsste das Talentniveau allerdings sein, wenn das Verzahnen der Toptalente aus dem U19-Bereich und dem Männerteam hinhauen soll.

Bisher war die U23 das höchste Nachwuchsteam bei RB Leipzig. Dort spielten letzte Saison mit Beiersdorf, Franke und Janelt (vor seinem Wechsel nach Bochum) gleich drei Spieler aus dem U19-Jahrgang 1998. Dazu kamen noch sieben Spieler aus dem 1997er-Jahrgang. Mainz und Bremen setzten in der dritten Liga bei ihren U23-Teams gerade mal vier bzw. sieben Spieler mit Jahrgang 1997 oder jünger für mindestens fünf Partien ein. Zumindest in Sachen Einsatzzeit hat die U23 in der letzten Saison ihre Funktion, U19-Spielern den Übergang zu den Männern zu ermöglichen, sehr gut erfüllt. Dass es schon ein knappes Dutzend der Akteure der letzten Saison bei der Suche nach einem neuen Verein in die dritte Liga oder höher geschafft haben, ist letztlich auch ein Nachweis, dass die Arbeit dort nicht ganz schlecht gewesen sein kann.

Letztlich ist es aus Sicht des Bundesliga-Teams natürlich eine Frage von Talent. Wenn deine Nachwuchsakteure Havertz, Passlack, Pulisic oder Upamecano heißen, werden sie auch im U19-Alter bereits ihre Einsätze bei den Profis bekommen. Dass danach auf Topniveau in der Bundesliga in dem Alter nicht mehr viel kommt, zeigt aber auch deutlich, wie schwierig es ist, solche Talente überhaupt zu finden, geschweige denn bei sich zu halten. Und für die normalen oder sehr guten Talente dahinter, die mit 18 noch nicht überragend sind, bleibt da schon nicht mehr viel Platz.

Es wird also schwierig für RB Leipzig, schon bei Spielern im U19-Alter zu entscheiden, ob man sie gern behalten möchte oder nicht. Was man künftig wegen fehlender U23 muss. Der Weg über Leihen in die zweite Liga oder die dritte Liga, um ein, zwei Übergangsjahre nach dem U19-Bereich noch abzuwarten, dürfte da eigentlich ein sinnvoller Weg sein. Angesichts der Tatsache, dass gerade in der dritten Liga kaum junge Spieler konstant eingesetzt werden (vermutlich, weil es für viele Vereine permanent ums Überleben in der Liga geht und nicht nur, weil Leihen in die dritte Liga in dem Alter noch nicht so verbreitet sind), kann sich das aber auch schnell als Schuss in den Ofen erweisen.

Vor allem muss man am Ende des U19-Alters als Verein entscheiden, ob man einen Akteur im Verein behalten will oder nicht. Da kann man sich natürlich auf die absoluten Toptalente zurückziehen, die mit 18 schon auf ein paar Bundesligaeinsätze kommen. Da das nicht der Normalfall ist, braucht man allerdings noch andere Kriterien, um diese Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidung, die eigentlich auf jeden Fall ein Jahr zu früh kommt.

Genaugenommen wäre die U19-Bundesliga wohl im idealen Fall eine U20-Bundesliga, um besser den normalen Übergang vom Nachwuchs- in den Männerbereich abzubilden. Zumindest wenn immer mehr Mannschaften auf ihre U23-Teams verzichten. Auch in Bochum haben Verantwortliche in der jüngeren Vergangenheit man von ähnlichen Erfahrungen berichtet. Von der Verzahnung von U19 und Profis und dem Verzicht auf die U23 war man weiter voll überzeugt, nur das Ende des Nachwuchsbereiches hätte man gern ein Jahr nach hinten verschoben.

Bisher ist dem aber nicht so und so wird man in den nächsten Jahren sehen, wie der RB-Plan, den Übergang von der U19 zu den Profis so zu gestalten, dass man da jährlich oder zumindest regelmäßig jemanden an die Porifs heranführen kann, aufgehen wird. Das ist ja seit geraumer Zeit der eigentliche Plan der Nachwuchsausbildung. Bisher steht dort noch eine dicke Null. Und weder werden die Ansprüche bei den Profis kleiner, noch wird der Weg aus dem Nachwuchs in die Bundesliga leichter, wenn man ihn bis 18 oder maximal 19 geschafft haben muss.

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Spieler der Jahrgänge 1997 bis 1999 in der Bundesliga, die diese Saison mindestens fünfmal eingesetzt wurden. (1998 und 1999 sind U19-Jahrgänge, also Spieler, die auch noch in der U19 hätten eingesetzt werden können; 1997 ist der erste Jahrgang, der in der abgelaufenen Saison nicht mehr für die U19 spielberechtigt war)

  • Kai Havertz – Leverkusen – Deutschland – 1999
  • Christian Pulisic – BVB – USA – 1998
  • Felix Passlack – BVB – Deutschland – 1998
  • Salih Özcan – Köln – Deutschland – 1998
  • Bakery Jatta – HSV – Gambia – 1998
  • Kevin Danso – Augsburg – Österreich – 1998
  • Aymen Barkok – Frankfurt – Deutschland – 1998
  • Dayot Upamecano – Leipzig – Frankfreich – 1998
  • Renato Sanchez – Bayern – Portugal – 1997
  • Emre Mor – BVB – Türkei – 1997
  • Ousmane Dembele – BVB – Frankreich – 1997
  • Leon Bailey – Leverkusen – Jamaika – 1997
  • Benjamin Henrichs – Leverkusen – Deutschland – 1997
  • Laszlo Benes – Mönchengladbach – Slowakei – 1997
  • Fabian Reese – Schalke – Deutschland – 1997
  • Breel Embolo – Schalke – Schweiz – 1997
  • Suat Serdar – Mainz – Deutschland – 1997
  • Allan – Hertha – Brasilien – 1997
  • Maximilian Mittelstädt – Hertha – Deutschland – 1997
  • Jannes Horn – Wolfsburg – Deutschland – 1997
  • Borja Majoral – Wolfsburg  – Spanien – 1997
  • Ousman Manneh – Bremen – Gambia – 1997
  • Jesus Vallejo – Frankfurt – Spanien – 1997
  • Oliver Burke – Leipzig – Schottland – 1997

Spieler der Jahrgänge 1997 bis 1998 in der zweiten Liga, die diese Saison mindestens fünfmal eingesetzt wurden. (1998 ist ein U19-Jahrgang, also Spieler, die auch noch in der U19 hätten eingesetzt werden können; 1997 ist der erste Jahrgang, der in der abgelaufenen Saison nicht mehr für die U19 spielberechtigt war)

  • Josip Brekalo – Stuttgart – Kroatien – 1998
  • Berkay Özcan – Stuttgart – Türkei – 1998
  • Görkem Saglam – Bochum – Deutschland – 1998
  • Vitaly Janelt – Bochum – Deutschland – 1998
  • Patrick Sontheimer – Fürth – Deutschland – 1998
  • David Raum – Fürth – Deutschland – 1998
  • Eduard Löwen – Nürnberg – Deutschland – 1997
  • Patrick Kammerbauer – Nürnberg – Deutschland – 1997
  • Cedric Teuchert – Nürnberg – Deutschland – 1997
  • Lukas Mühl – Nürnberg – Deutschland – 1997
  • Fabian Reese – Karlsruhe – Deutschland – 1997
  • Marvin Mehlem – Karlsruhe – Deutschland – 1997
  • Benedikt Gimber – Karlsruhe – Deutschland – 1997
  • Matthias Bader – Karlsruhe – Deutschland – 1997
  • Dominik Schad – Fürth – Deutschland – 1997
  • Robin Becker – Heidenheim – Deutschland – 1997
  • Leandro Putaro – Bielefeld – Deutschland – 1997
  • Keanu Staude – Bielefeld – Deutschland – 1997
  • Emmanuel Iyoha – Düsseldorf – Deutschland – 1997
  • Arianit Ferati – Düsseldorf – Deutschland – 1997
  • Marin Pongracic – 1860 – Kroatien – 1997
  • Ohis Felix Uduokhai – 1860 – Deutschland – 1997
  • Florian Neuhaus – 1860 – Deutschland – 1997

Spieler der Jahrgänge 1997 bis 1998 in der dritten Liga, die diese Saison mindestens fünfmal eingesetzt wurden. (1998 ist ein U19-Jahrgang, also Spieler, die auch noch in der U19 hätten eingesetzt werden können; 1997 ist der erste Jahrgang, der in der abgelaufenen Saison nicht mehr für die U19 spielberechtigt war)

  • Mohamed Morabet – FSV Frankfurt – Deutschland – 1998
  • Steffen Tigges – Osnabrück – Deutschland – 1998
  • Tobias Warschewski – Münster – Deutschland – 1998
  • Nico Rodewald – Aalen – Deutschland – 1998
  • Cagatay Kader – FSV Frankfurt – Deutschland – 1997
  • Lukas Boeder – Paderborn – Deutschland – 1997
  • Tim Mannek – Paderborn – Deutschland – 1997
  • Mohamed El-Bouazzati – Osnabrück – Marokko – 1997
  • Tom Baumgart – Chemnitz – Deutschland – 1997
  • Marcel Damaschek – Großaspach – Deutschland – 1997
  • Lukas Hoffmann – Großaspach – Deutschland – 1997
  • Maximilian Pommer – Erfurt – Deutschland – 1997
  • Arne Sicker – Kiel – Deutschland – 1997
  • Sebastian Vasiliadis – Aalen – Deutschland – 1997
  • Jann Bangert – Wiesbaden – Deutschland – 1997
  • Patrik Dzalto – Regensburg – Kroatien – 1997
  • Heinz Mörschel – Mainz II – Deutschland – 1997
  • Florian Müller – Mainz II – Deutschland 1997
  • Suat Serdar – Mainz II – Deutschland – 1997
  • Marvin Sverko – Mainz II – Kroatien – 1998
  • Niklas Schmidt – Bremen II – Deutschland – 1998
  • Johannes Eggestein – Bremen II – Deutschland – 1998
  • Enis Bytyqi – Bremen II – Kosovo – 1997
  • Thore Jacobson – Bremen II – Deutschland – 1997
  • Ousman Manneh – Bremen II – Gambia – 1997
  • Leon Jensen – Bremen II – Deutschland – 1997
  • Ole Käuper – Bremen II – Deutschland – 1997

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Profifußball ist keine lockere Zaunlümmelei. Vitaly Janelt, Idrissa Touré und Gino Fechner durften das bei RB Leipzig bereits erfahren. | GEPA Pictures - Roger Petzsche
GEPA Pictures – Roger Petzsche

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3 Gedanken zu „Größer werdende Herausforderungen“

  1. Mir ging gerade ein Gedanke durch den Kopf. Es gibt ja zur Zeit die U21 EM. Also warum kann es wie bei U17 bzw U19 nicht eine gemeinsame U21 aller Buli Vereine geben, die einen Titel ausspielen. Dann kann man die U23 alle abschaffen und allen wäre doch geholfen?
    Die U19er hätten eine kleine Alternative, Kadertechnisch kann man einige dort abstellen. usw.
    Aber das wird bestimmt am DFB bzw sogar der UEFA scheitern.

    Das heisst, weisst Du wie es in den Top5-Ligen Europas mit den Nachwuchsabteilungen aussieht?

  2. Ich weiß, dass es in England eine eigene Nachwuchsrunde gibt. Ob bis 21 oder 23 weiß ich nicht. Eine eigene Runde für die U21 fände ich auch nicht schlecht, wurde aber früher von der DFL strikt abgelehnt, weil sie es wichtig fand, dass die Nachwuchsakteure Spielmöglichkeiten im Männerbereich bekommen und nicht wieder in einer eigenen Nachwuchsrunde gegeneinander kicken.

  3. Ich finde die Idee super. Sollten nicht genügend Erstligisten mitmachen wollen könnten auch interessierte Zweitligisten mitmachen.

    Wenn ich noch weiter spinne, so fände ich sogar einen (mittel-)europäischen Ansatz gut, der auch Mannschaften aus Österreich oder anderen Nachbarn wie BeNeLux einschließen könnte.

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