Ralph Hasenhüttl war nach dem Spiel gegen Mainz vor der Sky-Kamera nur ein müdes Lächeln zu entlocken, als er auf die weiteren Saisonziele mit RB Leipzig angesprochen und mit der Statistik konfrontiert wurde, dass man gar nicht mehr schlechter als Siebter werden könnte.
“Statistiken helfen nicht dabei, das nächste Spiel zu gewinnen”, ließ er den geneigten Zuschauer noch wissen. Womit er als Übungsleiter natürlich recht hat. Was aber auch ein bisschen einen falschen Eindruck davon vermittelt, was Statistiken leisten können und was nicht.
Im Falle historischer Vergleiche bleibt natürlich erst einmal der Punkt, dass die Vergangenheit ein nicht sehr verlässliches Instrument ist, um die Zukunft vorherzusagen. Weil immer Dinge passieren können, die noch nie passiert sind. Davon lebt der Bereich der Sportstatistiken ja im medialen Diskurs nicht unwesentlich (‘Der erste Sieg von xyz in einem Freitagsspiel, bei dem Krähen von links nach rechts über das Stadion geflogen sind.’).
Wenn man sich anschaut, wie in der Historie Teams am Ende einer Saison abgeschnitten haben, die nach zehn Spielen mindestens 24 Punkte auf dem Konto hatten, dann kann man daraus trotzdem Erkenntnisse ableiten. Zuerst einmal nämlich, dass die Punktebilanz nach zehn Spielen nicht mehr zufällig oder vom Spielplan bestimmt ist, sondern Auskunft über den Leistungsstand gibt.
In 21 Spielzeiten seit Einführung der Dreipunktregel ist in der Bundesliga noch nie ein Team tiefer als auf Platz 7 ‘abgestürzt’, das nach 10 Spielen mindestens 24 Punkte hatte. Wäre der Stand nach zehn Spielen ohne Aussagekraft, müsste da auch mal ein Team dabei sein, dass 13. wird oder 15. oder was auch immer. Ist es aber nicht.
Insgesamt gelang es in 21 Spielzeiten sowieso nur 18mal die 24-Punkte-Marke in zehn Spielen zu knacken (und wir reden hier nicht nur über Aufsteiger). Schon das allein sollte ausweisen, dass dahinter eine besondere und nicht nur zufällige Leistung steht. Dass diese Teams danach eben nicht mehr leistungstechnisch komplett ins Gegenteil umschlugen, unterstreicht die Dinge noch mal sehr deutlich.
RB Leipzig ist erst das siebte Team der Bundesliga, das seit Einführung der Dreipunktregel die 24 Punkte so früh knackt. Die Bayern schafften es in 21 Anläufen neunmal (mit dieser Saison in 22 Anläufen zehnmal). Leverkusen war immerhin noch in drei Spielzeiten ein derart gutes Startteam. Dortmund und Kaiserslautern folgen mit je zweimal. Und Stuttgart und auch Mainz schafften es jeweils noch einmal.
Insgesamt neunmal gelang es gar keinem Team mit mindestens 24 Punkten aus zehn Spielen in eine Saison in der Bundesliga zu starten. Die letzten vier Spielzeiten war aber immer mindestens ein Team dabei. Einen so langen Zeitraum (mit dieser Saison sind es sogar fünf Spielzeiten), über den jede Saison mindestens ein Team mit mindestens 24 Punkten startete, gab es vorher noch nicht. Stichwort Bayern-Dominanz.
Im Schnitt lagen die Teams mit mindestens 24 Punkten nach zehn Spielen zu diesem Zeitpunkt auf Platz 1,44. In vier Spielzeiten gab es mehr als ein Team, das mindestens 24 Punkte hatte. Auch das kommt also nicht sonderlich oft vor und verweist auf die besondere Leistung eines solchen Saisonstarts gleich zweier Teams in diesem Jahr.
Am Ende der Spielzeit stand dann bei den 18 Mannschaften (bzw. den 18 Versuchen von sechs Mannschaften) Platz 2,3. Neumal sprang der Meistertitel raus, dreimal Platz 2, je zweimal Platz 3 und Platz 4 und je einmal Platz 5 und Platz 7. Kaiserslauterns siebter Platz ging 2001/2002 noch mit 56 Punkten weg. Mainz kam 2010/2011 auf 58 Punkte.
Im Schnitt reichten schon 52 Punkte für Platz 6. Das ist dann allerdings tatsächlich wenig aussagekräftig, da die Spanne von 47 bis 59 Punkten reicht. Es also wesentlich mehr von den Leistungen der Konkurrenz abhängt als von den eigenen, ob man mit 56 Punkten Sechster wird oder irgendwas anderes.
Fakt ist aber, dass RB Leipzig ‘nur’ noch 35 Punkte braucht, um am Ende auf 59 zu kommen. Das sind im Schnitt weniger als 1,5 Punkte pro Spiel. Im Gegensatz zu 2,4 Punkten bisher. Wobei das immer noch ein guter Bundesliga-Schnitt wäre.
Am Ende sind das alles natürlich nur Zahlenpielereien. Aber allein die 24 Punkte aus zehn Spielen sind schon eine überragende Leistung im historischen Vergleich. Ganz ohne da nur auf Aufsteiger zu schauen. Und historisch gesehen folgt daraus eben auch, dass das Potenzial, noch wesentlich und aus dem ersten Drittel der Tabelle herauszurutschen, gering bis nicht existent ist.
Wer ein vorsichtiger und abergläubischer Fan ist, klopft jetzt schnell dreimal auf Holz und hofft, dass nichts gejinxt wurde. Wer der Fraktion Optimismus und langfristige Planung angehört, guckt schon mal, wie die besten Reisemöglichkeiten durch Europa aussehen. Wer Blogger ist, veröffentlicht einfach die Zahlenpielereien und sagt morgen ‘was interessiert mich mein Geschwätz von gestern’. Und wer Übungsleiter ist, hat eh nicht bis hierhin gelesen, sondern steht auf dem Trainingsplatz und kümmert sich um die Dinge, die er beeinflussen kann. So sind die Dinge dann ja auch gut aufgeteilt.
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Herrlich, jeder hat seine Rolle, wie wahr!
Aber ehrlich, da geht bzw. fährt man zum Fußball in der heiß ersehnten 1.Bundesliga, voller Demut und mit-einem-Punkt-wäre-ich-schon-glücklich-Mentalität, ja und dann, dort ein Sieg, dort ein Sieg. Dann liest man, dort ein Lob, dort ein Lob. Dann bekommt man Anrufe, dort Anerkennung, dort Anerkennung.
Hallo, denkt mal jemand an meinen Pessimismus nach dem Dresden-Spiel?
Niemand.
Und nun Du, Matthias, voller Optimismus, in Zahlen und in Worte, kein aber, kein wenn, keine Kritik an irgendwas.
Mensch, Mensch, Mensch.
Du bist immer so pessimistisch und kritisch Papa.
Mein Sohn nach dem Spiel gegen Mainz. Nur weil ich die Chancen auf ein höheren Sieg gegen Mainz kritisiert habe.
Vielleicht bin ich noch nicht angekommen, in dieser Welt des historischen Erfolgs. Aber sei es drum, Leverkusen und Freiburg wartet, noch nicht Europa. Und am Samstag kommt der BFC, ich bin gern bei der U23, warum nur?
Hach, ich liebe deine Statistiken! Nichts kann mehr schief gehen, meine Euphorie bleibt mir also erhalten. Habe nur Angst, dass man es vielleicht bald mit mehr Härte, möglicherweise sogar Brutalität gegen unsere Mannschaft angeht und dann wichtige Spieler lange ausfallen, siehe einst Hoffenheim.