Das war er dann also der erste Spieltag in der Bundesliga für RB Leipzig. Die historische Dimension dieses Datums fühlte sich allerdings doch ganz klein als Schiedsrichter Tobias Stieler die Partie in Hoffenheim anpfiff und man einfach nur Fußball spielte.
Nur Dominik Kaiser dachte, dass historische Tage auch noch historische Nebenaspekte brauchen und wurde zum zweiten Spieler nach Andreas Lambertz, der in den vier höchsten Spielklassen Deutschlands jeweils mindestens ein Tor erzielte. So wie Lambertz erzielte er die Tore alle im selben Verein.
Manch einer wird einwenden, dass das ja keine große Kunst ist bei einem Klub wie RB Leipzig (im Gegensatz zu Lambertz und Düsseldorf), dessen Weg nach oben vorbestimmt war. Der Teil mit der vorgezeichneten Klubentwicklung mag stimmen. Dass es nicht ganz so einfach war für einzelne Spieler, diesen Weg mitzugehen und nicht nach und nach vom beschleunigenden Zug zu fallen, zeigt sich allerdings darin, dass Kaiser der einzige Feldpieler aus dem Regionalliga-Kader 2012/2013 ist, der überhaupt immer noch bei RB Leipzig spielt. Wie er sich zum Kapitän gemausert hat und in allen Spielklassen eine tragende Figur war, zeigt endgültig, dass Kaiser sich in Leipzig durchaus ganz weit oben in die Vereinsgeschichte eingetragen hat und seine Entwicklung sicherlich nicht selbstverständlich war.
Abgesehen von Kaisers historischem ersten RB-Bundesliga-Tor war das ungwöhnliche am Spiel in Hoffenheim vor allem, dass RB Leipzig so viel Platz für das Offensivspiel hatte wie wohl zuletzt in einem Auswärtsspiel vor zwei Jahren bei 1860 unter Ricardo Moniz. Ob das jetzt stilbildend für 33 weitere Spieltage wird, dass man teilweise unbedrängt den Ball übers Spielfeld passen kann, wird sich noch zeigen. In der Vergangenheit kam es jedenfalls öfters mal vor, dass RB Leipzig viele Torschüsse hatte, aber so viele auch gute Torschussgelegenheiten, noch dazu im Strafraum, noch dazu welche, die auch auf das Tor gehen und den Torhüter zum Eingreifen zwingen, das ist schon eher selten.
In Bezug auf das sportliche Auftreten bzw. die Zielvorstellung von RB Leipzig unter Ralph Hasenhüttl in Bezug auf die Formation war das Spiel in Hoffenheim durchaus ein Fingerzeig. Vieles davon kennt man schon aus der vergangenen Saison. Was auch daran liegen mag, dass nur zwei Neuzugänge in der Team standen.
In Hoffenheim lief die Spielanlage jedenfalls darauf hinaus, mit Poulsen vorn einen stehen zu haben, der Bälle sichert und sich in den Infight mit der Hoffenheimer Abwehr stürzt. Im Gegensatz zur letzten Saison war Poulsens Rolle nicht so sehr, Sprints in die Tiefe zu suchen, sondern Wandstürmer zu sein. Entsprechend führte er unheimlich viele Zweikämpfe (fast 30 in 80 Minuten Spielzeit), zog für seine Verhältnisse aber relativ wenige Sprints.
Die Sprintrolle für die Geschwindigkeit in die Tiefe waren eher Marcel Sabitzer und vor allem Timo Werner vorbehalten. Beide brachten jeweils über 30 Sprints in die Statistik ein. Gerade Werner nutzte immer wieder im Eins gegen Eins seine Geschwindigkeit und löste so Situationen auf.
Marcel Sabitzer tat derweil die Dinge, die ein Marcel Sabitzer eben tut. Nicht nur viel sprinten und viel laufen, sondern dazu auch noch torgefährlich sein. An acht von 23 Torschüssen war er direkt durch eigenen Abschluss oder Vorlage beteiligt. Beim ersten RB-Tor spielte er den öffnenden Pass vor der Torvorbereitung von Diegoe Demme. Das zweite RB-Tor machte er dann gleich selbst. Sabitzer bei seinem Bundesliga-Start gleich wieder im Modus der letztjährigen Hinrunde in der zweiten Liga.
Ansonsten vielleicht noch interessant, dass bei RB Leipzig mehr als ein Drittel der erfolgreichen Pässe ins vordere Drittel gingen, also ins Angriffsdrittel. Bei Hoffenheim war dies nur reichlich jeder zehnte Pass. Deutlicher ließen sich die Unterschiede in der Spielausrichtung beim direkten Aufeinandertreffen wohl auch nicht ausdrücken.
Der häufigste Pass bei RB Leipzig war der von Peter Gulacsi auf Willi Orban, gefolgt von dem von Peter Gulacsi auf Yussuf Poulsen. Also entweder der kurze Weg über den Spielaufbau oder der lange Weg über den Wandspieler Poulsen. Abgesehen davon wurden aus der Abwehrkette heraus vor allem Dominik Kaiser und Diego Demme als jene Spieler gesucht, die dann die Wege in die Tiefe im Angriffsviertel finden sollten.
Demme dabei wieder mal eher in der Rolle des Dauerläufers, der seine wichtigsten Räume nicht in der Offensive hat. Die Vorbereitung zum 1:1 ging trotzdem auf seine Kappe. Kaiser auf der anderen Seite wieder mal derjenige mit dem größten Einfluss auf das Offensivspiel. An elf von 23 Torschüssen war er direkt beteiligt. Mit ein bisschen mehr Glück schießt er am ersten Spieltag nicht ein, sondern zwei oder drei Tore.
Überraschend vielleicht für manch einen, dass es Benno Schmitz beispielsweise beim Spiegel in die Elf des Tages brachte und allgemein sehr gute Kritiken bekam. Schmitz hatte keinen ganz leichten Saisonstart mit dem verursachten Elfmeter in Dresden, der die Wende zugunsten der Gastgeber einleitete. Und auch in Hoffenheim führte sein Fehlpass in die Mitte zum Konter zum 1:2-Rückstand.
Abgesehen davon überzeugte er in Hoffenheim aber tatsächlich durch eine mindestens solide Leistung, mit der er auf seiner Seite nicht viel zuließ, viele Bälle eroberte und das 2:2 direkt vorbereitete. Ob er nun damit der beste Rechtsverteidiger des ersten Bundesliga-Spieltags war, ist vermutlich für niemanden seriös zu beurteilen.
In der Medienlandschaft hat man rund um RB Leipzig derweil nach dem ersten Bundesliga-Spieltag so ein Hoffenheim-Gefühl. Die wurden in ihrer ersten Bundesligasaison ja auch in der Hinrunde wegen ihrer Art Fußball zu spielen fast schon euphorisch begleitet. Um dann später beim Ankommen auf spielerischem Normalmaß umso tiefer im graue-Maus-Loch zu landen.
Rund um RB Leipzig kommt zu dem verbreiteten Lob für mutiges Spielen nun auch noch in der bundesweiten Presse die ‘Warum RB Leipzig gut für die Bundesliga’-Ebene hinzu. Wie seriös man auch immer manche der Thesen finden mag, ist die Fallhöhe hin zu ‘RB Leipzig versagt auf allen Ebenen’, weil man nach zehn Jahren noch nicht fünfmal Meister war schon vorgezeichnet.
Ganz nüchtern ging es dagegen (abgesehen von der Überschrift) bei spielverlagerung.de zu, die beim Spiel zwischen Hoffenheim und Leipzig “auf beiden Seiten viel Schatten” und ein “ein chancenreiches, aber nicht unbedingt qualitativ herausragendes Spiel” gesehen hatten. Zielgruppe von Rauf-und-Runter-Eventfußball werden die Taktikanalysten wohl nicht mehr.
Womit sie aber absolut recht haben, dass beim Auftaktspiel in Hoffenheim den Mannschaften die Kompaktheit fehlte. Vor allem Hoffenheim wirkte oft gleichzeitig passiv und wenig kompakt, sodass die RasenBallsportler bei beiden Toren ohne größeren Gegnerdruck einmal über das Spielfeld marschieren konnten.
Wie auch immer, der erste Bundesligaspieltag ist für RB Leipzig Geschichte und rund um den Klub ist man eher zufrieden mit der Leistung und mit dem gewonnenen Punkt als dass man sich über die verlorenen zwei Punkte ärgern würde. Inwieweit es ein gewonnener Punkt war, wird sich dann in ein paar Wochen zeigen. Wenn man nach den Spielen gegen Dortmund, in Hamburg und gegen Gladbach immer noch nur einen hat, wird man sich vermutlich im Nachhinein doch noch mal über die vergebenen Chancen von Hoffenheim ärgern.
Dem ersten Spieltag folgt nun direkt die erste Länderspielpause der Saison. Bloß gut, man hätte ja der schnellen Abfolge von Ligaspielen sonst gar nicht mehr folgen können.. Im Ernst, die Länderspielpause wäre aus Klubsicht prima, wenn man sie zur Weiterentwicklung der Mannschaft nutzen könnte. Da aber gleich acht Profis mit Nationalteams unterwegs sind und dazu auch das Testspiel gegen Dukla Prag abgesagt wurde, dürfte sich der sportliche Wert der zwei Wochen in Grenzen halten..