Vier Neuzugänge präsentierte RB Leipzig bisher. Mit dem U20-Nationalkeeper Thomas Dähne, dem ehemaligen U19-Nationalspieler Rani Khedira, dem ehemaligen U21-Nationalspieler Österreichs Stefan Hierländer und dem US-Nationalspieler Terrence Boyd hat man sich wieder einiges an Potenzial ins Team geholt. Ganz der eigenen Philosophie bei der Teamentwicklung folgend, Spieler zu holen, die jung und in Richtung Bundesliga entwicklungsfähig und im Idealfall vielleicht sogar schon mit der Spielidee des hohen Pressens und schnellen Passes in die Tiefe von Alexander Zorniger vertraut sind.
Zwei 20jährige und zwei 23jährige senken den Altersschnitt weiter und sind so auch ein Versprechen auf die Zukunft. Ein Versprechen, das sich kurzfristig einlösen kann, bei dem aber auch die Möglichkeit besteht, dass es in der ersten Saison im neuen Verein zu Anpassungsproblemen kommt oder es sogar gar nicht funktioniert. Was letztlich auch bedeutet, dass Prognosen für die kommende Spielzeit recht schwierig werden, weil man nicht genau sagen kann, ob die talentierten Puzzlesteine, die man sich in den Kader holt, auch wirklich kurzfristig die nötige Qualitätssteigerung, die es neben der Entwicklung der vorhandenen Spieler braucht, mit sich bringen.
Mit den vier Neuzugängen ist die Kaderplanung sicherlich noch nicht abgeschlossen. Ein offensiv flexibel einsetzbarer Mittelfeldspieler steht ziemlich sicher noch auf der Wunschliste. Im Sturm dürfte sich eigentlich nichts mehr tun bzw. nur dann, wenn es noch einen Abgang gibt. Im Tor ist die Kaderplanung wohl beendet. Größtes Fragezeichen steht hinter der Defensive. Während die Außenverteidigerpositionen besetzt sein dürften, könnte es (wenn man den LVZ-Gerüchten von gestern um die in Liefering bzw. Salzburg spielenden Innenverteidiger Asger Sörensen und Isaac Vorsah glauben darf) ein Umdenken geben. Bisher wollte man in dem Bereich nicht mehr aktiv werden. Eventuell möchte man den alterstechnischen Umbruch mit einem Talent (Sörensen) nun aber doch schon einleiten oder hat wegen des aktuellen, verletzungsbedingten Ausfalls von Fabian Franke festgestellt, dass man bei Ausfall eines Verteidigers doch ganz schön dünn besetzt wäre.
Tor: Fabio Coltorti (33), Thomas Dähne (20), Benjamin Bellot (23)
Das Tor ist die vermutlich übersichtlichste Position. Mit Coltorti gibt es eine klare Nummer 1. Wenn man die Ausstrahlung des Thomas Dähne in den Testspielen als Maßstab nimmt, könnte er sich die Nummer 2 schnappen und auf Einsätze hoffen, wenn Coltorti (wie in der vergangenen Saison) einmal unpässlich ist. Und dahinter reiht sich erstmal Benjamin Bellot ein, der in die sechste Saison bei RB Leipzig geht und auch eine verlässliche Alternative im Tor wäre. Neuverpflichtungen gibt es hier ziemlich sicher keine mehr.
Außenverteidiger: Sebastian Heidinger (28), Georg Teigl (23), Anthony Jung (22), Mikko Sumusalo (24)
Sorgenkind bei den Außenverteidigern sicherlich Mikko Sumusalo, der offensichtlich Probleme bei der Integration in den RB-Spielstil hat. Konkurrent links hinten ist Anthony Jung, bei dem die Frage sein wird, inwiefern er den nächsten Schritt macht und auf konstant hohem Niveau spielen kann. Alternativ könnte man auch Sebastian Heidinger links hinten verteidigen lassen (in der Vorbereitung spielt er bisher auf rechts). Was dann den Weg für Georg Teigl hinten rechts frei machen würde. In der Sommerpause wurde noch spekuliert, ob Teigl vielleicht künftig eine eher offensive Position bekleiden würde (was er ja eigentlich gelernt hat), in den bisherigen Testspielen deutet nichts darauf hin, dass dieser Schritt ansteht. Kleines Sorgenkind in der Außenverteidigung also die Linksverteidigerposition, bei der man nicht weiß, ob die eigentlichen Kandidadten Sumusalo und Jung dort auch einschlagen werden. Neuverpflichtungen sind aber ziemlich unwahrscheinlich.
Innenverteidiger: Niklas Hoheneder (27), Fabian Franke (25), Tim Sebastian (30), Tobias Willers (27)
Im Vergleich mit dem Rest des Teams gehen die Innenverteidiger glatt als Methusalems durch. Wenn man den Jugendwahn die Jugendphilosophie bei der Kaderplanung durch den Verein als Maßstab nimmt, dann ist es fast schon erstaunlich, dass man in diesem Bereich bisher nicht so recht Handlungsbedarf in Sachen Verjüngung sah. Man traut diesen vier Spielern offenbar zu, dass sie den Schritt in die zweite Liga gehen und auch dort dominant auftreten können. Was sicherlich auch Folge der wenigen Gegentore in der vergangenen Saison ist. Wenn man einen vorsichtigen Umbruch in diesem Bereich denkt, wäre natürlich sofort die Frage, wer das Team dafür verlassen sollte. Angesichts von vier Innenverteidigern, die bei unterschiedlichen Stärken doch allesamt auf einem sehr ähnlichen, hohen Niveau agieren, eine ziemlich schwere Frage. Trotzdem wäre es nicht undenkbar, dass man zumindest noch einen jungen Perspektivspieler zum Quartett dazuholt.
Mittelfeld: Dominik Kaiser (25), Stefan Hierländer (23), Clemens Fandrich (23), Denis Thomalla (21), Joshua Kimmich (19), Diego Demme (22), Rani Khedira (20), Henrik Ernst (27), (John-Patrick Strauß, 18)
Eigentlich ist das Mittelfeld qualitativ und quantitativ sehr gut besetzt. Mit Kaiser, Hierländer, Kimmich, Demme hätte man wohl eine ziemlich ordentliche Besetzung für die vier Positionen in der Rautenformation mit einem Sechser, zwei Achtern und einem Zehner. Khedira, Ernst und Strauß (der als Nachwuchsmann den Kader aktuell in den Testspielen ergänzt, aber in der Saison wohl eher im Nachwuchsbereich aktiv sein dürfte) wären eher Kandidaten für die Backup-Position auf der Sechs. Sodass es gerade bei Spielern mit Offensivpotenzial eher dünn aussieht. Clemens Fandrich hat letztes Jahr gezeigt, dass er auf der Acht mit seinen Stärken im Eins-gegen-Eins eine gute Alternative ist. Ob das als Zehner reicht, bliebe abzuwarten. Denis Thomalla, eigentlich Stürmer wird aktuell in den Testspielen als Achter eingesetzt und macht dort eine gute und engagierte Figur. Ob er als Zehner eine Alternative wäre, wäre zumindest denkbar, aber nicht ganz optimal.
Was dann eben bedeutet, dass im Kader eigentlich ein Spieler fehlt, der eine handfeste Alternative für Kaiser auf der Zehn ist bzw. verhindert, dass Hierländer auf die Zehn rutscht (war er sicherlich kann, aber eingeplant ist er wohl eher für die Acht), aber auch die Acht mit viel Offensivpotenzial besetzen kann. Hany Mukhtar wäre für diese Position fast schon wie gemalt, aber Hertha mauert bezüglich dieses Wechsels. Aber auch die Gerüchte um Aias Aosman (21, Jahn Regensburg) und Marcel Hilßner (19, Werder Bremen II) verweisen auf das Vereinsinteresse, auf dieser Position mehr Breite und Zukunftspotenzial ins Team zu bekommen. Insgesamt dürfte das offensive Mittelfeld jener Bereich sein, in dem man aktuell am intensivsten an einer Neuverpflichtung baggert, aber angesichts der bereits vorhandenen Besetzung bricht man da sicherlich auch nicht in Panik aus.
Sturm: Daniel Frahn (27), Terrence Boyd (23), Yussuf Poulsen (20), Federico Palacios Martinez (19), Matthias Morys (27), (Smail Prevljak, 19)
Beim Sturm kann man sicherlich diskutieren, ob der Kader an dieser Stelle mit der Verpflichtung von Terrence Boyd schon fertig besetzt ist. In der zentralen Sturmposition ist man mit Frahn, Boyd und alternativ Nachwuchsmann Prevljak (der wie Strauß in der kommenden Saison wohl vornehmlich im Nachwuchsbereich aktiv sein wird) sicherlich top besetzt. Was den Spielertyp Stoßstürmer und Goalgetter angeht, ist der Kader entsprechend wohl mehr als dicht.
Für mögliche Systemvarianten mit drei Stürmern ist man eigentlich auch ganz gut besetzt. Poulsen, Morys und Palacios Martinez könnten die Außenstürmerposition alle drei mit unterschiedlicher Qualität spielen. Das Fragezeichen besteht allerdings darin, ob der in den letzten zwei Testspielen manchmal hadernd und auf nicht so fruchtbare Art übermotiviert wirkende Morys oder der in den Zweikämpfen noch nicht so robuste Palacios Martinez tatsächlich (schon) Zweitligaansprüchen genügen, sprich einerseits einen guten Backup für den wohl unantastbaren Poulsen darstellen oder eben im Fall der Fälle den zweiten Flügelstürmer spielen könnten. Hier wäre eine Verpflichtung nicht undenkbar, die würde dann aber gleichbedeutend mit dem Abgang von Matthias Morys oder mit einer Rückversetzung von Palacios Martinez in den Nachwuchsbereich sein (letzteres ist allerdings sehr unwahrscheinlich und wäre für die Entwicklung des jungen Talents wohl nicht zielführend).
Fazit
Insgesamt stehen aktuell 21 Feldspieler plus die beiden Perspektivspieler Strauß und Prevljak im Kader von RB Leipzig. Bisher sah man 20 Feldspieler plus drei Torhüter plus zwei Perspektivspieler als ideal an. Was bedeuten würde, dass ein Spieler zu viel wäre. Dies ist wohl der Tatsache geschuldet, dass Henrik Ernst nach seiner Kreuzbandverletzung so etwas wie einen Zusatzplatz hinter Demme und Khedira belegt. Nimmt man also diese 21 Feldspieler als relativ optimale Größe, dann könnte ein weiterer Neuzugang im offensiven Mittelfeld gleichbedeutend sein mit dem Abgang eines anderen. Denis Thomalla fällt da trotz seines großen Testspielengagements ins Auge. Vielleicht geht man aber auch mit mehr Spielern als zuletzt in die Saison, weil man aus den Erfahrungen der letzten Saison, als es gerade im Offensivbereich kadertechnisch ziemlich dünn wurde, gelernt hat.
Ähnliche Gedanken würden für die mögliche Suche nach einem weiteren Flügelstürmer gelten. Ginge dann Morys oder würde man einfach die Kaderstärke erweitern? In der Innenverteidigung ist es unwahrscheinlich, dass ein Neuzugang einen aktuellen Verteidiger aus dem Kader verdrängt. Weswegen ein Neuzugang wohl eher ein junges Talent und kein arrivierter Spieler wäre. Nicht mehr diskutieren muss man in den nächsten Wochen (wenn keine schweren Verletzungen dazu kommen) die Position der Außenverteidiger und des Torwarts.
Fakt ist, dass man nicht mehr viele Neuverpflichtungen sehen wird. Ein Spieler kommt wohl in jedem Fall noch, der offensive Mittelfeldspieler. Alles andere wäre Bonus und steht wohl nicht sehr weit oben auf der Prioritätenliste. Letztlich fünf bis höchstens sieben Neuzugänge wäre alles in allem mehr als vertretbar und auch ein wertschätzendes Zeichen an die Spieler, die letzte Saison den Aufstieg in die zweite Liga überhaupt erst errungen haben.
Gut auch, dass der Großteil der wesentlichen Neuverpflichtungen nun bereits durch ist und am Montag mit ins Trainingslager nach Österreich fährt. In Bezug auf den offensiven Mittelfeldspieler sollte man allerdings die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass man mit diesem Thema sogar in die Saison geht und das Transferfenster ziemlich ausreizt. Sowieso könnte es nach drei Zweitligaspielen und einem DFB-Pokal-Spiel sein, dass man bei RB Leipzig in der letzten Augustwoche noch einmal Transferanpassungen vornimmt. Denkbar, aber auch sicherlich nicht Zornigers Präferenz.
Zu den Präferenzen der Verantwortlichen dürfte aber gehören, dass man bis zum Winter genau guckt, welche Bestandteile des aktuellen Kaders sich bewährt haben und welche nicht und man anschließend (auch in Abhängigkeit des Tabellenstands) den nächsten Schritt beim Umbau des Kaders hin zu einem bundesligatauglichen gehen wird. Genau in dem Punkt liegt dann auch der aktuell noch vorhandene Wettbewerbsvorteil von RB Leipzig, dass man im Winter noch mal analytisch begründete, hochwertige Veränderungen am Kader vornehmen kann (man denke nur an Demme im letzten Winter), die für die meisten anderen Vereine kaum finanzierbar wären.
Auch aus diesem Grund, dass man mögliche Fehlentwicklungen auch noch im Winter korrigieren kann, ist es gut, erst einmal mit dem Vorteil eines gewachsenen Kaders in die Saison zu gehen, um dann genau beobachten zu können, welcher der Spieler leistungstechnisch den nächsten Schritt machen kann und welcher nicht. Es bleibt spannend rund um RB Leipzig. Genügend Diskussionstoff eigentlich für die kommenden Wochen und Monate.
Was ist eigentlich mit Rockenbach? Also das er zurück kommt ist wahrscheinlich ausgeschlossen, aber bleibt er bei Hertha? Oder wird er weiter transferiert oder der Vertrag aufgelöst?
LVZ sagt, er bleibt bei Hertha. Da sein Vertrag in Leipzig 2015 ausläuft und deshalb ein Leihgeschäft ausfällt, war das dann sein Abschied.
Man hat mit der, von der LVZ gemeldeten Verpflichtung von Zsolt Kalmar von Györ (Ungarn) nun schon offenbar heute den prophezeiten Mittelfeldakteur geholt. Passt irgendwie auch: 19, Zentrales Mittelfeld, 3 Nationalspiele für Ungarn und mit Györ im letzten Jahr Vizemeister.