Eine Frage der Physis

[Update 30.03.2013: Falls nichts mehr extremes dazwischen kommt, wird das Spiel ZFC Meuselwitz gegen RB Leipzig morgen tatsächlich stattfinden. Aktuell steht dem jedenfalls nichts entgegen.]

(Ich ignoriere mal geflissentlich den Flockenwirbel draußen, der nach Absage des Spiels RB Leipzig gegen ZFC Meuselwitz schreit. Ich hoffe, dass man sich bis morgen, Samstag mit der Platzbegehung Zeit lässt und die zu erwartenden Tagesplusgrade noch ihr Wunder tun. Deshalb hier schon mal prophylaktisch der Vorbericht.)

Ziemlich genau 17 Monate ist das letzte Auswärtsspiel beim ZFC Meuselwitz für RB Leipzig nun schon her. Und doch dürfte es in der Erinnerung der meisten Anwesenden noch ziemlich präsent sein. Denn an einem prächtigen Spätherbsttag sah man etwas, das man bis dahin bei RB Leipzig noch nicht kannte, nämlich einen gut gefüllten Gästeblock. Geschätzte 600 bis 800 Gästeanhänger ließen es sich nicht nehmen, die reichlich 40 km in den Süden Leipzigs zu fahren.

Das klingt nicht sonderlich spektakulär, war aber für damalige Verhältnisse, als man bei Auswärtsspielen selten einmal mehr als 200 Mitreisende begrüßen durfte, fast schon ein Paradigmenwechsel. Eine Art Meilenstein in der Entwicklung des RB-Vereinsumfelds. Und einer, der an diesem Tag mit einem Gästeblock, der sich nicht immer ernst nahm und dessen Einlass von einem einzigen(!) Security-Mann völlig entspannt bewältigt wurde, viel Spaß machte.

Seitdem ist viel Fußballwasser die Flüsse der Republik hinuntergeflossen, hat RB Leipzig einen Aufstieg verspielt und wurde die Führungsriege bei RB einmal umgepflügt. Doch die verstärkte Reiselust der Leipziger Anhängerschaft ist geblieben. In der aktuellen Spielzeit dürften da insbesondere die Ausflüge nach Magdeburg, Zwickau, Auerbach und auch Halberstadt noch in guter Erinnerung geblieben sein.

Das Duell zwischen RB Leipzig und dem ZFC Meuselwitz ist für RB-Verhältnisse fast schon ein ewig junges Traditionsduell. Bereits zum sechsten Mal trifft man in der Regionalliga aufeinander. Nur gegen Magdeburg, Plauen, Hertha II und Cottbus II wird man am Ende der Saison auf dieselbe Bilanz kommen.

Die Duelle folgten dabei eigentlich stets dem gleichen Muster. Der Favorit aus der großen Stadt erwehrt sich den Angriffen des benachbarten, sportlich mit unheimlicher Ruhe arbeitenden Underdogs aus dem kleinen Meuselwitz. Eine Geschichte, die bei den sonntäglichen Gastgebern immer einiges an zusätzlicher Energie freisetzte. Energie, die nur zweimal in Punkte umgesetzt wurde. Einmal allerdings bei jener schmerzlichen 0:1-Niederlage vor knapp einem Jahr, als die RasenBallsportler einen entscheidenden Schritt Richtung Nichtaufstieg machten.

Ansonsten waren die Partien zwar meist emotional aufgeladen (aber auch nicht jenseits der Grenze des guten Geschmacks), gingen aber überwiegend auch deutlich an die RasenBallsportler. 8:1 Tore schoss RB Leipzig in den bisher insgesamt drei Partien, die man gegen den ZFC als Sieger beendete. Unter diesen Spielen auch das 2:0 in der Hinrunde, als die Meuselwitzer Gäste zwar defensiv eine gute Partie lieferten und mit zwei Viererketten den eigenen Strafraum sehr gut sicherten, aber ansonsten wenig zuzusetzen hatten.

Gerade beim Spiel Richtung RB-Strafraum kam nichts produktives zustande und gelang es gar nicht, Sebastian Gasch ins Spiel zu bekommen. Was alles in allem prototypisch für die aktuelle ZFC-Saison ist, denn Gasch kam bisher bei 13 Einsätzen erst auf eine einzige Torbeteiligung in Form eines erzielten Tores (keine Vorlagen). Und mit nur 13 Treffern in 16 Spielen stellt man die zweitschlechteste Offensive der Regionalliga Nordost nach dem Torgelower SV Greif, der sicherlich für den ZFC nicht der relevante Vergleichsmaßstab ist.

Alexander Zorniger hat sicherlich Recht, wenn er vor dem Spiel meint, dass ihm derlei Statistiken eigentlich egal sind, da sie einem auch nicht helfen, wenn man dann in einem Spiel vier Tore kassiert. Trotzdem darf man durchaus feststellen und konnte es beim 2:0 in der Hinrunde auch beobachten, dass beim ZFC die Offensivabläufe nicht wirklich angsterregend sind.

Am Sonntag könnte dies aber egal sein, weil der Gastgeber mit seinen Qualitäten in Sachen Robustheit und Engagement und mit der Fähgkeit zu verteidigen, keine schlechten Karten haben dürfte. Als erfahrene Regionalligamannschaft, in der keiner der Stammspieler mit mehr als 10 Einsätzen aktuell unter 25 Jahre alt ist, können sie vor allem dann Schwierigkeiten bereiten, wenn sie ihren Körper in die Wagschale werfen können.

Dabei könnte ihnen das aktuelle Wetter durchaus in die Karten spielen (wenn es nicht dazu führt, dass das Spiel gar nicht erst angepfiffen wird). Denn der durch den Winter eh schon ziemlich ramponierte und angesichts von Plusgraden am Tag vermutlich durchweichte Platz könnte durch die neuerlichen Schneeflocken noch zusätzlich an Bespielbarkeit einbüßen und zu einem puren Kampfspiel führen. Und in dieser Kategorie muss man den ZFC Meuselwitz erst mal besiegen.

In der Hinrunde tat RB Leipzig genau das und nahm den Kampf an und besiegte den ZFC auf diesem Wege. Das ganze hatte damals nicht unbedingt viel spielerischen Glanz, aber es war zielführender, robuster Regionalligafußball gegen ein robustes Regionalligateam. Nicht umsonst machte ZFC-Coach Pinder nach dem Spiel genau dies als Unterschied zum Aufeinandertreffen zuvor aus, dass RB nicht nur spielerisch, sondern auch auf anderen Wegen zum Erfolg kommen kann.

Das wird angesichts von Gegner und Boden wohl auch diesmal nötig sein, weswegen wohl wieder eine körperlichere, größere Aufstellung auf Seiten von RB Leipzig als zuletzt gegen den Berliner AK zu erwarten ist. Und wohl aus diesem Grund neben Bastian Schulz (für Clemens Fandrich) vor allem auch Stefan Kutschke wieder in die Startelf rutschen könnte.

Der hatte in der Hinrunde gegen den ZFC ein sehr gutes Spiel gemacht und nach einem Standard die Führung erzielt. Kutschke stand damals nach dem Meuselwitz-Spiel bei sieben Torbeteiligungen (drei Tore, vier Vorlagen) in sechs Einsätzen und 513 Spielminuten. Seitdem reichte es allerdings in 11 Partien und 629 gespielten Minuten nur noch zu zwei Treffern und einer Vorlage. In den letzten sechs Einsätzen gab es sogar keinerlei Torbeteiligungen mehr für Kutschke in 305 Minuten. Klar, nur eine Statistik, aber der Trend ist aktuell nicht Kutschkes Friend..

Trotzdem könnte ein gut aufgelegter Stefan Kutschke, der zuletzt gesperrt zugucken musste, mit seiner Physis beim ZFC Meuselwitz Gold wert sein. Technisch versierter Tiki-Taka-Fußball dürfte jedenfalls nicht das Erfolgsrezept für den Ausflug zum ZFC sein.

Damit verbunden dürfte auch eine Rückkehr zum 4-3-1-2 sein. Wenn Alexander Zorniger seine Bemerkung ernst meinte, dass man gegen den Berliner AK auf ein 4-4-2 mit Doppelsechs zurückgegriffen habe, damit man den Gegner ein wenig kommen lassen und dann mit Geschwindigkeit auf den Außenbahnen bespielen könne, dann lässt sich diese Taktik überhaupt nicht auf das Spiel in Meuselwitz übertragen. Weswegen eine Taktik, die von ihrer Formation her in der Zentrale etwas näher am gegnerischen Tor steht, wohl bevorzugt werden dürfte. Zumal das Experiment mit der Doppelsechs Karikari-Kaiser alles in allem nur durchschnittliche Ergebnisse brachte.

Interessant wäre in einem 4-3-1-2 die Besetzung der Zehn. Rockenbach hatte vor Wochenfrist 90 Minuten auf der Bank verbracht, wäre aber wohl  weiterhin erste Wahl bei der Besetzung der Position. Andererseits könnte man sich auch gut vorstellen, dass Kämpferherz Röttger hinter den Spitzen das Vertrauen bekommt, sich durch den Platz zu wühlen. Da Rechtsverteidiger Müller weiter krank ist (Nein, ich gehe nicht davon aus, dass Tim Sebastian ihn wie vor 17 Monaten ersetzen wird..), würde dies auf folgendes hinauslaufen: Coltorti – Koronkiewicz (Judt), Hoheneder, Sebastian, Franke – Kaiser, Karikari, Schulz – Rockenbach (Röttger) – Kutschke, Frahn.

Nicht täuschen lassen sollte man sich bei seinem Ausflug zum ZFC Meuselwitz von den bisherigen Ergebnissen des ZFC in der vom Winter zerzausten Rückrunde. In gerade mal zwei absolvierten Spielen stehen zwei 0:2-Niederlagen zu Buche. Zum einen in Rathenow und zum anderen zu Hause gegen Hertha BSC II. Womit man in die Rückrunde ähnlich schlecht startete wie in die Hinrunde. Da man in Meuselwitz nun aber auch schon wieder seit drei Wochen auf einen Einsatz wartet, hat dies auch wenig Aussagekraft. Zumal das Spiel gegen RB aufgrund einer völlig anderen Ausgangslage und Rollenverteidigung psychologisch und fußballerisch dem ZFC viel besser liegen dürfte, als gegen gut ausgebildete Herthaner das Spiel machen zu müssen.

Fazit: Es wird ein ziemlicher Fight werden, das Spiel von RB Leipzig beim ZFC Meuselwitz. Ein Fight mit – wenn er denn hoffentlich tatsächlich angepfiffen wird – ziemlich offenem Ausgang. Denn zumindest ein Punkt liegt für den ZFC in so einem Spiel und angesichts der witterungsbedingten Rahmenbedingungen immer drin. Die RasenBallsportler sollten sich noch mal ein Video vom Hinspiel angucken und daraus mitnehmen, dass sie auch physisch dagegen halten werden müssen, wenn sie von diesem Auswärtsspiel etwas auf die kurze Rückreise mitnehmen wollen. Ausreichende Zuschauerunterstützung wird es dabei jedenfalls ziemlich sicher geben.

(Wer das Spiel von RB Leipzig beim ZFC Meuselwitz nicht vor Ort verfolgen kann und trotzdem dabei sein will, nutze am 31.03.2013, ab 13.30 Uhr die üblichen Kanäle, also Liveticker [broken Link] und Fanradio.)

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Bisherige Duelle RB Leipzig gegen den ZFC Meuselwitz

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