Fast schon traditionell ist in der Halbseriennachbetrachtung auch ein kleines Plätzchen für die individuelle Lobpreisung reserviert. Es ist natürlich immer etwas subjektiv und willkürlich, einen Spieler aus einer Mannschaft herauszuheben. Aber wovon, wenn nicht von Subjektivität und Willkür lebt denn ein Blog wie dieser hier..
Es gab in den letzten 4 Monaten, die die Hinrunde der Regionalligasaison 2012/2013 im Nordosten für RB Leipzig dauerte, sicherlich einige Kandidaten, die für den Titel Spieler der Hinrunde in Frage kamen. Fabio Coltorti war als Neuzugang im Tor eine sehr auffällige Spielerpersönlichkeit, ist in Sachen Konstanz (Herauslaufen!) aber für mich noch nicht einschätzbar. Dominik Kaiser war im Mittelfeld das Puzzlestück, das da fehlte, also ein Spieler, der den Unterschied zur Vorsaison macht und in der ganz engen, persönlichen Auswahl war. Fabian Franke als Spieler der letzten Rückrunde gehörte auch wieder zum erweiterten Kandidatenkreis (zu dem man auch noch Christian Müller zählen könnte), hatte aber aus meiner Sicht ein, zwei Fehler im Passspiel zu viel drin.
Getroffen hat es diesmal, die Überschrift zu diesem Beitrag durfte da bereits als kleiner Fingerzeig gelten, Daniel Frahn. Seines Zeichens Kapitän und zuverlässige Tormaschine. Der Titel gebührt ihm quasi auch als Auszeichnung für sein bisheriges Regionalliga-Lebenswerk. Im fünften Jahr in Folge wird Daniel Frahn in dieser Saison eine zweistellige Torquote aufweisen. Zwei Jahre in Babelsberg, drei Jahre bei RB Leipzig. Seit der Winterpause 2010/2011 traf Daniel Frahn sogar viermal in Folge in einer Halbserie zweistellig.
Waren die 26 Treffer und 10 Vorlagen (nicht zu vergessen die 3 DFB-Pokal-Tore) in 34 Spielen der Vorsaison bereits eindrucksvoll, sind die 13 Treffer in 14 Spielen bei 5 Vorlagen in der Hinsere 2012/2013 fast noch eindrucksvoller. Denn im Gegensatz zum Vorjahr, als Frahn noch achtmal den Ball vom Punkt aus versenkte, kam in dieser Saison erst ein Elfmetertor dazu. Sprich, aus dem Spiel heraus traf Frahn in dieser Saion bisher alle 104 Minuten und übertrumpft damit die 169 Minuten aus der Vorsaison noch einmal deutlich.
Erinnert man sich an den Daniel Frahn, der 2010 nach Leipzig kam, dann ist die Entwicklung famos. Anfangs unter Tomas Oral mit leichten Schwierigkeiten zwischen Frommer und Kammlott seinen Platz zu finden, musste er sogar mal Linksaußen spielen oder auf der Bank sitzen. Erst Nico Frommers verletzter Dauerausfall in der Rückrunde 2010/2011 machte ihn zum unumstrittenen, 90 Minuten spielenden Stammspieler und Toptorjäger, der in inzwischen 79 Einsätzen unfassbare 55 mal einnetzte.
Interessanterweise verschob sich Daniel Frahns Trefferbild in dieser Saison deutlich. Traf er unter Oral und Pacult überwiegend mit dem Kopf, da das 4-4-2 mit Doppelsechs unter beiden sehr stark auf Flügelspiel und Flankeneinsatz ausgerichtet war, trifft er in dieser Saison unter Zorniger zu einem sehr hohen Anteil mit dem rechten Fuß und kaum noch mit dem Kopf, weil die Versuche, ihn per Flanke zu erreichen, doch deutlich geringer geworden sind. Acht Treffer mit dem rechten Fuß in der aktuellen Hinrunde sind fast soviel wie die neun Treffer mit dem selben Fuß in den zwei Jahren zuvor (Daten von transfermarkt.de; Elfmeter werden getrennt behandelt und wurden allesamt mit rechts versenkt; da bei Elfern bspw. die Möglichkeit Kopf per se wegfällt, würden sie die Statistik verfälschen, stünden sie mit bei mit rechts erzielten Toren):
- 2010/2011 unter Tomas Oral: 4 mal rechts, 3 mal links, 7 mal Kopf, 2 mal Elfmeter
- 2011/2012 unter Peter Pacult: 5 mal rechts, 2 mal links, 10 mal Kopf, 8 mal Elfmeter
- 2012/2013 unter Alexander Zorniger: 8 mal rechts, 2 mal links, 2 mal Kopf, 1 mal Elfmeter
Die Daten decken sich insgesamt mit der Beobachtung, dass Daniel Frahn in seinem Torabschluss flexibler geworden ist. War er zwei Jahre lang vor allem Strafraum- und Konterstürmer, versuchte er in der aktuellen Hinrunde auch immer wieder sich erfolgreich an der Strafraumgrenze in 1-gegen-1-Situationen gegen den Innenverteidiger ein, zwei Meter Luft für den Torschuss zu verschaffen. Daneben war es die Kombination Abschlag Coltorti – Verlängerung Kutschke – Tor Frahn, die gleich drei Mal zum Erfolg führte.
Als Torjäger ist Daniel Frahn eine beeindruckende Maschine. Fünf Spielzeiten in Folge, davon die dritte hintereinander gegen sehr auf Defensive bedachte Mannschaften, wie er am Fließband zu treffen, ist in jeder Beziehung eine unglaubliche Leistung, die durch nichts zu schmälern ist. Auch nicht dadurch, dass Daniel Frahn besser nicht abseits des Strafraums im Mittelfeld mit dem Ball dribbelt, weil dies fast schon notorisch im Ballverlust endet. Daniel Frahn hat zwar inzwischen auch einen sehr guten Blick für die Gasse und kann deshalb auch als hängende Spitze gute Bälle spielen und für Tore und Torchancen auflegen, als dribbelnder Spielmacher wird das aber nichts mehr.
Anfang der vergangenen Saison hat Peter Pacult Daniel Frahn zum Kapitän gemacht. Damals eine durchaus überraschende Entscheidung für einen Spieler, der zuvor nicht gerade als Lautsprecher aufgefallen war. Seitdem hat sich Daniel Frahn auch abseits des Toreschießens zum Gesicht von RB Leipzig entwickelt. Schon letzte Saison war er derjenige, der voran ging, derjenige, der nach geplatztem Aufstiegstraum am meisten zu knabbern hatte und derjenige, der auch in Situationen der Provokation sein Verhältnis zum Verein deutlich machte. So bedachte er sowohl eine Handvoll pöbelnde Kieler letzte Saison als auch ebensolche Plauener in diesem Jahr mit einem galanten Kuss auf sein Vereinswappen, etwas was für den geneigten RBL-‘Kritiker ‘so ziemlich das schlimmste denkbare Ereignis sein muss. Frei nach dem Motto ‘Was nicht sein darf, das nicht sein kann.’
Daniel Frahn polarisiert sicherlich, auch weil er manchmal mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hält. Wie zum Beispiel bei seiner Kritik an der Entlassung Peter Pacults in der Sommerpause, als er personelle Kontinuität einforderte oder bei seiner Kritik an den Zuständen rund um das Leipziger Lokalderby als er in der Sache zurecht die Gewalttäter angriff, aber leider der Falschinformation aufsaß, ein Rollstuhlfahrer sei umgestoßen worden (dabei wurde er ‘nur’ angegriffen und bespuckt).
Nicht zuletzt war auch seine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2016(!), die er per Videoleinwand vor dem Halberstadt-Spiel bekannt gab, das deutliche Signal, dass er von RB Leipzig überzeugt ist. Gerüchteweise soll der Vertrag allerdings eine Ausstiegsklausel beinhalten, die es Frahn ermöglichen würde, bei Nichtaufstieg in diesem Jahr auf anderem Wege zu einem höherklassigen Verein zu wechseln. Was ich für absolut nachvollziebar halte. Denn für Daniel Frahn ist mit seinen 25 Jahren der nächste Schritt schon eine Weile überfällig. Ein dritter Nichtaufstieg in Folge wäre dann wohl der Moment, in dem Frahn seine sportliche Karriere über seine Leipzig- und RB-Affinität und sein Wohlfühlen hier und sicherlich auch über gutes und sicheres Geld stellen könnte und sollte.
Fazit: Daniel Frahn ist für den Verein sicherlich ein sportlicher Glücksfall, weil er mit seiner Torquote einfach unnerreicht und unglaublich gut ist. Dass er sich zudem noch mit dem Verein identifiziert und der Verein durch ihn Identität gewinnt, ist eine Win-Win-Situation, die vor reichlich zwei Jahren so wohl kaum jemand vorhergesagt hätte. Bleibt zu hoffen, dass die gewinnbringende Ehe Frahn-RBL noch ein paar, auch höherklassige Jahre halten wird.
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Bisher so:
- 2011/2012: Spieler der Hinrunde: Timo Röttger
- 2011/2012: Spieler der Rückrunde: Fabian Franke
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Bild: © GEPA pictures/ Roger Petzsche