Felix Magath: Nüchterne Betrachtungen anstelle einer Hommage

Ist ja nicht so, dass Felix Magath hier im Blog nicht schon einige Male Thema gewesen wäre. Einerseits wegen der persönlichen Präferenzen des hiesigen Autors (also mir), andererseits wegen der – gelegentlich hanebüchenen – Versuche verschiedener Medienseiten eine Verbindung zwischen Red Bull/ RB Leipzig und Felix Magath herzustellen. Gern erinnert die Story von Steffen Enigk, der nach Magaths Abgang auf Schalke via LVZ das Dementi Magaths zu Gerüchten um RB Leipzig mit großer Geste abtat und behauptete, dass Magath trotzdem Platz habe bei RB. Dumm nur, dass Magath einen Tag später schon in Wolfsburg unterschrieb..

Nach seinem Abgang in Wolfsburg sind die Stimmen, die Magath und Red Bull in welcher verantwortlichen Position auch immer miteinander in Verbindung bringen, sehr viel leiser als bei Magaths letzter Arbeitslosigkeit. Was natürlich auch Sinn macht, denn im globalen Konzept Fußball bei Red Bull mit seinen zentralisierten Entscheidungsstrukturen und lokalen Verantwortlichen und viel Kommunikation ist für einen gewohnten Alleinentscheider kaum Platz. Obwohl man bei Red Bull nie ganz sicher sein kann, denn mit Peter Pacult kam ja genau so ein Typ Trainer vor einem Jahr nach Leipzig. Freilich musste damals dafür auch der globale Vernetzer und Entscheider Beiersdorfer seinen Hut nehmen. Dass Rangnick und Houllier aktuell ein ähnliches Schicksal blühen könnten, ist aber mehr als extrem unwahrscheinlich. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Mateschitz und Magath einander durchaus schätzen.

Witzigerweise wurde im Zuge der Magath-Demission in Wolfsburg auch Ralf Rangnicks Name als potenzieller Nachfolger in der Autostadt genannt. Was ähnlich absurd ist, wie eine Verknüpfung Magaths mit Red Bull. Manche Gerüchte entstehen offenbar nach dem Prinzip freies Assoziieren. Wer ist grad arbeitslos? Zack auf die Liste. Wer ist nicht arbeitslos, passt aber aus irgendeinem Grund (schon mal mit dem Zug die Stadt gekreuzt, sich mal irgendwo positiv geäußert, mal in einem investorengestützten Verein gearbeitet)? Zack auch mit drauf und Liste fertig. Wahrheitsgehalt egal. Trefferquote aufgrund der Länge der Liste relativ hoch..

Magaths Abgang in Wolfsburg jedenfalls war der vorläufige Höhepunkt für die vorgefertigte, (ver)öffentlich(t)e Beurteilung des Trainers. Unzeitgemäß, konzeptlos und darüber hinaus menschlich unter aller Sau. Ein echter Psycho eben, wie es schon ein Zeit-Dossier vor zwei Jahren ohne Nutzung des Begriffs praktisch zusammenfasste. Einer, den man gerne auch dann vorholt, wenn irgendwo eine Depression oder ein Burnout auftritt. Die Fälle mögen im konkreten Fall nichts miteinander zu tun haben, aber es macht sich trotzdem immer gut, das sogenannte Magathsche System der Angst oder wahlweise den Druck, den er auf seine Spieler ausübe, mit ins Spiel zu bringen.

Passt ja auch irgendwie ins Bild und letztlich geht es doch vor allem darum, was wir glauben, nicht was man sachlich und faktisch analysieren kann. Wenn Magath statt 30 Wasserflaschen nur noch 15 austeilt, weil er will, dass sich die Spieler untereinander mit Wasser aushelfen (Stichwort Teamgedanke), dann generiert das den running Gag vom Trainer, der seinen Spielern nicht genug Wasser geben will (Achtung Druck und Angst und Psycho!). Wenn irgendein Bundesliga-Verein in irgendeine Prärie fährt, um fern der Zivilisation (hahaha) mal ein paar Tage auf Survival-Trip zu machen, dann geht es als prima Teambuilding oder im Fall der Fälle noch als Bruch mit dem bösen Kommerz- und Wohlfühlsystem der Profis durch (jetzt lernen sie auch mal die Realität kennen!). Und wenn Magath Druck auf den Kessel gibt, dann ist er ein emotionsloser Psycho, wenn aber die Fans ihr Team auspfeifen (und damit auch eine hochgradige Drucksituation aufbauen) oder Medien die Teamleistung bis ins kleinste Detail zerpflücken, dann ist es entweder eine unhinterfragbare Emotion oder öffentliches Interesse. Ah ja.

Man kann von Felix Magaths Methodik ja halten, was man will. Vieles von dem, was man öffentlich wahrnehmen kann, erscheint nicht mehr sonderlich modern und manches auch nicht zielführend. Trotzdem könnte man auch die These formulieren, dass Magath weniger an seinen Methoden, als vielmehr an der permanenten öffentlichen Diskussion seiner Methoden gescheitert ist. Denn genauso wie interne Streitsituationen zu insgesamt schlechteren sportlichen Leistungen führen, dürfte auch öffentliches Dauertrommelfeuer und Infragestellen der sportlichen Vereinsstrukturen einen ordentlichen Einfluss auf die Leistung von Spielern haben (vor allem, wenn sie im Fall der Fälle wegen fehlendem Erfolg sowieso zweifeln oder einen guten Grund suchen, sich dem harten Trainingsregime innerlich zu verweigern).

Betrachtet man Magaths Karriere beginnend 2001 beim VfB Stuttgart (die vorigen Stationen kann man als eher kurzfristig angelegte Startpunkte der Karriere vielleicht vernachlässigen), dann fällt trotzdem auf, dass sich im Laufe der Zeit ein paar in Zahlen erfassbare Sachen verändert haben. Insbesondere die Kadergrößen wurden ab seiner ersten Amtszeit in Wolfsburg, die in der Meisterschaft endete, immer größer. Bis dahin ging es noch weitgehend normal zu, ab jenem Zeitpunkt machte es Magath nicht mehr unter 30, wurden es eher 40 Spieler. Ein solcher Kader ist letztlich unter normalen Umständen nicht mehr sinnvoll trainierbar. Und viel schlimmer. Mehr noch als bei einem 25er-Kader steht bei 40 Spielern das Problem, dass 20 Spieler eigentlich dauerhaft raus sind aus dem Spieltags-Business oder im Fall der Fälle nur eine einmalige Chance kriegen, um sich ins Team zu spielen.

  • 2001/2002: VfB Stuttgart – 31 Spieler im Kader (Kader wurde verkleinert!) – 26 eingesetzte Spieler
  • 2002/2003: VfB Stuttgart – 31 Spieler im Kader – 25 eingesetzte Spieler
  • 2003/2004: VfB Stuttgart – 30 Spieler im Kader – 25 eingesetzte Spieler
  • 2004/2005: FC Bayern – 29 Spieler im Kader – 26 eingesetzte Spieler
  • 2005/2006: FC Bayern – 25 Spieler im Kader – 24 eingesetzte Spieler
  • 2006/2007: FC Bayern – 28 Spieler im Kader – 21 eingesetzte Spieler (19 Spiele)
  • 2007/2008: VfL Wolfsburg – 36 Spieler im Kader – 29 eingesetzte Spieler
  • 2008/2009: VfL Wolfsburg – 31 Spieler im Kader – 27 eingesetzte Spieler
  • 2009/2010: Schalke 04 – 40 Spieler im Kader – 29 eingesetzte Spieler
  • 2010/2011: Schalke 04 – 36 Spieler im Kader – 28 eingesetzte Spieler (26 Spiele)
  • 2011/2012: VfL Wolfsburg – 43 Spieler im Kader – 36 eingesetzte Spieler
  • 2012/2013: VfL Wolfsburg – 35 Spieler im Kader – 22 eingesetzte Spieler (acht Spiele)

Letztlich dürfte Magaths Erfolg in seinen ersten zwei Wolfsburg-Jahren ihn dazu bewogen haben, seine Methodik des Einkaufens und Trial and Errors auf Personalebene nicht nur weiterzuführen, sondern sogar noch zu extremisieren. Um die 40 Spieler im Kader, bis zu 36(!) in einer Saison eingesetzte Spieler, das klingt nicht erfolgsversprechend. Zum Vergleich. In zweieinhalb Jahren FC Bayern München setzte Magath in der Bundesliga (auf die sich die Statistiken beziehen) insgesamt nur 36 unterschiedliche Spieler ein, also so viele wie in Wolfsburg in einer Saison.

An irgendeinem Punkt in Wolfsburg ist Magath von einer klaren Kaderlinie abgekommen und aufgrund des Erfolges nie wieder dahin zurückgekommen. Wobei auch hier die öffentliche Meinung keine unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte, denn mit jeder (nicht immer gerechtfertigten) Kritik an seinen Transfers schien sich Magath noch weiter darauf zu versteifen, mit seinem Zugang zum Fußball Erfolg haben zu wollen.

Und Erfolg ist tatsächlich eine Kategorie, in der Magath einiges vorweisen kann. Ob in Stuttgart, München, Wolfsburg oder Schalke, abgesehen von seinem letzten Wolfsburg-Ausflug hat Magath sportlich überall Erfolge gefeiert. Auch in seiner letzten Schalke-Saison, als es in der Bundesliga zwar nicht gut lief, aber auf der Haben-Seite ein Pokalfinale und ein Champions-League-Viertelfinale standen. Eine Bilanz, die dann anschließend von Ralf Rangnick abgestaubt wurde. Ralf Rangnick wurde als weitestgehend erfolgloser Trainer im übrigen 2001 in Stuttgart von Felix Magath abgelöst..

  • 2001/2002: VfB Stuttgart – Platz 8 (in der Saison zuvor hatte Magath das Team vor dem Abstieg bewahrt, damals nach dem 22.Spieltag verpflichtet)
  • 2002/2003: VfB Stuttgart – Platz 2 (CL-Quali)/ UEFA-Cup-Achtelfinale (raus gegen Celtic Glasgow)
  • 2003/2004: VfB Stuttgart – Platz 4 (trotz höherer Punktzahl als im Jahr zuvor)/ CL-Achtelfinale (raus gegen Chelsea mit insgesamt 0:1 Toren)
  • 2004/2005: FC Bayern – Platz 1/ DFB-Pokal-Sieger/ CL-Viertelfinale (raus gegen Chelsea mit insgesamt 5:6 Toren)
  • 2005/2006: FC Bayern – Platz 1/ DFB-Pokal-Sieger/ CL-Achtelfinale (raus gegen den AC Mailand mit insgesamt 2:5 Toren)
  • 2006/2007: FC Bayern (Nach-Ballack-Saison) – abgetreten auf Platz 4 (acht Punkte Rückstand auf Bremen), CL-Achtelfinale
  • 2007/2008: VfL Wolfsburg – Platz 5 (nach Platz 15 unter Augenthaler im Jahr zuvor)
  • 2008/2009: VfL Wolfsburg – Platz 1/ UEFA-Cup (Runde der besten 32 an Paris St. Germain gescheitert, insgesamt 1:5)
  • 2009/2010: Schalke 04 – Platz 2 (CL-Quali) (nach Platz 8 im Jahr zuvor)
  • 2010/2011: Schalke 04 – Platz 10, CL-Viertelfinale, DFB-Pokal-Finale
  • 2011/2012: Platz 8 (nach Platz 15 im Jahr zuvor)
  • 2012/2013: Platz 18

Drei Meistertitel in 11 Jahren, dazu zwei Titel im DFB-Pokal und mit Stuttgart und Schalke jeweils überraschend Platz 2 in der Meisterschaft sind auf nationalem Parkett durchaus Hausnummern. Wurmen dürfte es Magath, dass es als Trainer international nie für ganz oben reichte. Etwas was er in jüngerer Vergangenheit ja durchaus als noch offenen Traum bezeichnete. Drei Mal erreichte Magath das Champions League Achtelfinale und zwei Mal das Viertelfinale. Als Trainer ausspielen durfte er allerdings nur noch drei dieser insgesamt fünf Runden. Man sollte Magaths internationale Daten nicht unter der Rubrik Erfolgslosigkeit abtun, aber für einen Ruf, der ihm zukünftig einen internationalen Job verschaffen könnte, dürfte es nicht gereicht haben.

Behauptet wird ja oft, dass sich Magath den Erfolg durch Druck und Angst erkaufte und seine Teams nach seinem Abgang zusammenbrechen und erstmal eine Weile brauchen, um wieder erfolgreich agieren zu können. Das lässt sich mit Blick auf die Statistiken nicht wirklich feststellen. Nur für Wolfsburg nach der Meisterschaft stimmt diese Bilanz ziemlich deutlich. Aber da wurde nach Magaths Abgang auch so ziemlich alles von Spielsystem bis zu Personal auf den Kopf gestellt.

  • VfB Stuttgart: nach Magath unter Sammer mit Platz 5. Anschließend Veh-Ära mit Meistertitel
  • FC Bayern: Hitzfeld hält Bayern in der Restsaison (15 Spiele) auf Platz 4 und erreicht CL-Viertelfinale, im Folgejahr wird Bayern Meister
  • VfL Wolfsburg: Unter Veh und McLaren ziemlich große Erfolgslosigkeit inklusive Abstiegskampf
  • Schalke 04: Rangnick holt anschließend den DFB-Pokal, zieht ins CL-Halbfinale ein und wird 14. in der Bundesliga. Stevens wird ein Jahr später Dritter in der Bundesliga (CL-Quali)
  • VfL Wolfsburg Teil 2: ???

Die Performanz der Mannschaften nach Magaths Abgang würde man mit Blick auf das, was sie unter Magath leisteten als normal bezeichnen können. Da gibt es – bis eben abgesehen von Wolfsburg – keine größeren Ausreißer nach oben oder unten. Wofür auch immer das spricht.

Eine letzte interessante Statistik betrifft die Frage, inwieweit Magath jenseits der Kadergröße konstante Vorstellungen davon hatte, welche Stammbesetzung denn für den Verein die Kohlen aus dem Feuer holen soll. Hierbei kann jene Zahl eine wichtige Indizienrolle spielen, wie viele Minuten die 11 meisteingesetzten Spieler eigentlich zusammen im Schnitt der Saison auf dem Platz standen (die Spielzeiten, in denen Magath nicht bis zum Schluss Trainer war, stehen hier in Klammern, da die Zahlenwerte für diese Jahre wenig aussagekräftig sind – gewähnlicherweise sinken die Zahlen je länger die Saison dauert aufgrund von Verletzungen, Sperren oder Formkrisen):

  • 2001/2002: VfB Stuttgart – 69 Minuten
  • 2002/2003: VfB Stuttgart – 67 Minuten
  • 2003/2004: VfB Stuttgart – 69 Minuten
  • 2004/2005: FC Bayern – 64 Minuten
  • 2005/2006: FC Bayern – 67 Minuten
  • (2006/2007: FC Bayern – 76 Minuten)
  • 2007/2008: VfL Wolfsburg – 63 Minuten
  • 2008/2009: VfL Wolfsburg – 71 Minuten
  • 2009/2010: Schalke 04 – 72 Minuten
  • (2010/2011: Schalke 04 – 68 Minuten)
  • 2011/2012: VfL Wolfsburg – 62 Minuten
  • (2012/2013: VfL Wolfsburg – 74 Minuten)

Nicht verwunderlich, dass die Einsatzzeiten der Top11 bei einem Verein wie den Bayern und einem breiten Kader, auf den sich die Zeiten verteilen, in der Tendenz geringer sind. Sehr erstaunlich aber, dass Magath zwischen 2008 und 2010 in Wolfsburg und auf Schalke trotz jeweils sehr großer Kader (31 bzw. 40 Spieler) offenbar eine Stammelf gefunden hatte, mit der er in die Spiele zog. Magath war also genau dann erfolgreich, wenn der große Kader nicht bestimmend für den Alltag wurde, sondern trotz großen Kaders letztlich im Kern vornehmlich dieselben Spieler auf dem Platz standen. 2008/2009 und 2009/2010 dürften nicht umsonst als Spielzeiten mit den positiv-überraschendsten Endergebnissen (Meisterschaft in Wob und 2.Platz mit S04) in die Magathsche Trainerhistorie eingehen.

Sprich, Felix Magath hatte im Widerspruch zum Mythos von seiner Person in den meisten Jahren seines Trainerdaseins recht klare Vorstellungen von der personellen Zusammensetzung seiner Mannschaften. Anfangs noch im Rahmen normaler Kadergrößen, später dann trotz enormer Kader. Erst auf seiner letzten Station in Wolfsburg (und ein bisschen ja auch schon im zweiten Jahr Schalke) verlor er offenbar die Konstanz und die klare Idee eines Mannschaftsgerüsts.

Man könnte vermuten, dass Felix Magath spätestens mit dem Abgang auf Schalke und den öffentlichen Angriffen auf ihn durch Ex-Spieler, Schalke-Anhänger und Schalke-Chefetage (inklusive Nachfolger Rangnick) (was ist eigentlich aus Tönnies Vorwürfen geworden, bei Magaths Transfers habe es Unregelmäßigkeiten gegeben?) dazu neigte, es allen mit seinen eigenen Waffen noch mal zu zeigen. Sprich er sich selbst noch einmal extremisierte, anstatt nüchtern einen Schritt zurück zu machen und zu gucken, woran er eventuell arbeiten muss.

Magath hatte in seiner Schalke-Zeit zwar völlig recht mit seiner Verwunderung über die Kritik an seiner Person, denn so wie er feststellte, war es schließlich die Schalke-Führung gewesen, die nach ihm und einem starken Mann gesucht hatte und nicht andersherum. Trotzdem hätte ihm die Reaktion einiger Spieler (die an manchen Stellen, wenn man an Sarpei und Farfan denkt, aber auch jenseits der Grenze war) und vor allem die Tatsache, dass sich an ihm fast der Verein gespalten hätte, zu denken geben müssen.

Stattdessen verfiel er in ein noch stärkeres Ein- und Verkaufen. Ein permanenter Transferdurchlauf ohne Ruhe, ohne dass sich Hierarchien ausbilden konnten. Die Stärke, in vielen Jahren eine klare Kernmannschaft zu haben, die durch Fitness, viel Ego und ansonsten spielerisches Laufenlassen quasi selbst ins Rollen kam, konnte so nicht zum Tragen kommen. Was blieb, war in der Konsequenz nur eine immer weitergehende Personalrotation, bei der Magath wie eine Karikatur seiner selbst wirkte. Wie ein Trainer, der gehetzt versucht, allen zu beweisen, dass er mit seinem Weg nicht nur Erfolg hatte, sondern auch weiter Erfolg haben wird. Ein Trainer, der dabei nicht ganz überraschend scheiterte oder fast schon scheitern musste.

Es ist schade, dass Magaths Karriere auf diese Art (vorerst) enden musste. Um noch einmal einen Weg zurück in die Bundesliga zu finden, müsste er genau jenen selbstkritischen Schritt zurück machen, den er in Wolfsburg nicht gehen wollte. Macht er diesen Schritt nicht, wird er wohl für Deutschlands höchste Spielklasse auf absehbare Zeit oder sogar auf Dauer verbrannt sein.

Vielleicht wird man in fünf oder zehn Jahren eine Hommage auf Felix Magath schreiben, der in seiner Trainerkarriere Erfolge feierte, die im Geschäft nicht Unmengen anderer Trainer vorweisen können und einige Spieler in der Bundesliga debütieren ließ, die später zu großen Namen wurden (Kuranyi, Gomez und Lahm bspw.). Im Moment überwiegt eher die (oft unsachliche) Schadenfreude über sein Scheitern. Auch ein bisschen ein typisch deutscher Weg des Umgangs mit seinen handelnden Fußballakteuren.

Alexander Laas sagte einmal, dass nicht Magath hart ist, sondern das Geschäft. Bzw., dass dies Magaths Selbstbild sei. Darin steckt sicherlich ein ganzes Stück Wahrheit, wenn man an das ewige Rad Profifußball mit seiner Leistungsdichte, seinem Erfolgsdruck und mit seiner permanent kritisierenden und bewertenden Öffentlichkeit denkt. Trotzdem zeigen die letzten Jahre, dass sich im Umgang mit den spielenden Akteuren ein anderer, kommunikativerer Stil erfolgreich durchgesetzt hat. Inwieweit das ein fadenscheiniger Stil ist, bei dem die Aufopferungsbereitschaft nicht mehr vom Trainer, sondern vom Spielsystem und damit in letzter Konsequenz vom Mitspieler und vom Team auf ‘nette’ Art erzwungen und mit allerlei rhetorischem Gedöns von flachen Hierarchien und Co aufgehübscht wird, spielt dabei gar keine Rolle, da letztlich Erfolg das Kriterium ist, an dem alles gemessen wird.

Felix Magath wird aktuell wohl nur von wenigen Fußballanhängern vermisst, geschweige denn zu den Großen seines Fachs gezählt. Mal abgesehen davon, dass mit Magath taktisch keine überragenden Erkenntnisse und Neuerungen verbunden sein dürften, bleibt er trotzdem einer der erfolgreichsten Trainer Deutschlands der letzten 10 bis 15 Jahre. Ganz subjektiv habe ich vieles davon (vor allem die Wolfsburger Meistersaison) nur am Rande verfolgt. Ob ich den Fußballtrainer Magath vermissen werde, kann ich deshalb gar nicht sagen. Was ich vermissen werde, ist sein – in entspannteren Stunden – feiner Sinn für Ironie und Sarkasmus, meist gegen andere, manchmal auch gegenüber sich selbst. Und ich bedauere es, dass er zum Abschied seinen Kritikern nicht noch mal eine lange Nase drehen konnte.

Adios Felix Magath. Bis bald würde ich sagen, wenn ich denn an ein bald glauben würde.

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Anhang (Zahlen zur Kadergröße von transfermarkt.de, wo es diesbezüglich nicht immer konsistent zugeht)

  • Magath kam im Februar 2001 nach dem 22.Spieltag nach Stuttgart (als Nachfolger des zweieinhalb Jahre eher erfolglosen Ralf Rangnick) –Stuttgart war 17. und hatte drei Punkte Rückstand auf Nichtabstiegsplatz, am Ende drei Punkte Vorsprung auf Abstiegsplatz
  • 2001/2002 VfB Stuttgart – 5 Zugänge (drei aus der eigenen U23) – Kaderverkleinerung von 38 auf 31 – 26 eingesetzte Spieler – 25795 Minuten – 69 Minuten – Platz 8
  • 2002/2003 VfB Stuttgart – 4 Zugänge – 31 Spieler im Kader – 25 eingesetzte Spieler – 25071 Minuten – 67 Minuten – Platz 2 (CL-Quali)/ UEFA-Cup-Achtelfinale (raus gegen Celtic Glasgow)
  • 2003/2004 VfB Stuttgart – 12 Zugänge CL-Kaderumbau – 30 Spieler im Kader – 25 eingesetzte Spieler – 25854 Minuten – 69 Minuten – Platz 4 (trotz höherer Punktzahl als im Jahr zuvor)/ CL-Achtelfinale (raus gegen Chelsea mit insgesamt 0:1 Toren)
  • Stuttgart im Jahr nach Magath unter Sammer mit Platz 5. Anschließend Veh-Ära mit Meistertitel.
  • 2003/2004 vor Magath wurde Bayern unter Hitzfeld Zweiter, schied im CL-Achtel- und DFB-Pokal-Viertelfinale aus.
  • 2004/2005 Bayern – 6 Zugänge – 29 Spieler im Kader – 26 eingesetzte Spieler – 23878 Minuten – 64 Minuten – Platz 1/ DFB-Pokal-Sieger/ CL-Viertelfinale (raus gegen Chelsea mit insgesamt 5:6 Toren)
  • 2005/2006 Bayern – 6 Zugänge – 25 Spieler im Kader – 24 eingesetzte Spieler – 25106 Minuten – 67 Minuten – Platz 1/ DFB-Pokal-Sieger/ CL-Achtelfinale (raus gegen den AC Mailand mit insgesamt 2:5 Toren)
  • 2006/2007 Bayern (Nach-Ballack-Saison) – 6 Zugänge – 28 Spieler im Kader – 21 eingesetzte Spieler (in 19 Partien) – 15907 Minuten – 76 Minuten – abgetreten auf Platz 4 (acht Punkte Rückstand auf Bremen), im DFB-Pokal am Erstligisten Aachen gescheitert (Achtelfinale), CL-KO-Runde ereicht
  • Nach Magath-Abgang: Hitzfeld führt Bayern auf Platz 4, CL-Viertelfinale, im Folgejahr wird Bayern Meister
  • Wolfsburg vor dem Magath-Antritt 2006/2007 unter Augenthaler Platz 15, Erreichen des DFB-Pokal-Halbfinals
  • 2007/ 2008 VfL Wolfsburg – 19 Zugänge – 36 Spieler im Kader – 29 eingesetzte Spieler – 23740 – 63 Minuten – Platz 5
  • 2008/2009 VfL Wolfsburg – 12 Neuzugänge – 31 Spieler im Kader – 27 eingesetzte Spieler – 26662 Minuten – 71 Minuten – Platz 1
  • Anschließend unter Veh und McLaren ziemlich große Erfolgslosigkeit
  • 2008/2009 Schalke vor Magath mit Platz 8 in der Liga, DFB-Pokal-Viertelfinale und UEFA-Cup-Gruppenphase
  • 2009/ 2010 Schalke 04 – 20 Zugänge – 40 Spieler im Kader – 29 eingesetzte Spieler – 26821 Minuten – 72 Minuten – Platz 2 (CL-Quali)
  • 2010/2011 Schalke 04 – 18 Zugänge – 36 Spieler im Kader – 28 eingesetzte Spieler (in 26 Spielen) – 19504 Minuten – 68 Minuten – Platz 10, CL-Achtelfinale, DFB-Pokal-Halbfinale
  • Rangnick holt anschließend den DFB-Pokal, zieht ins CL-Halbfinale ein und wird 14. in der Bundesliga. Stevens wird ein Jahr später Dritter in der Bundesliga (CL-Quali)
  • 2010/2011 der VfL Wolfsburg nach einer chaotischen Saison, die unter Magath beendet wurde, mit Platz 15 und Abstiegsrettung am letzten Spieltag, DFB-Pokal-Achtefinale
  • 2011/2012 VfL Wolfsburg – 26 Zugänge – 43 Spieler im Kader – 36 eingesetzte Spieler – 23298 Minuten – 62 Minuten – Platz 8
  • 2012/2013 VfL Wolfsburg – 8 Zugänge – 35 Spieler im Kader – 22 eingesetzte Spieler (in acht Partien) – 6502 Minuten – 74 Minuten – Platz 18

3 Gedanken zu „Felix Magath: Nüchterne Betrachtungen anstelle einer Hommage“

  1. Ja, ist lesenswert und in der Tat eine gute Ergänzung zum Thema mit ein paar interessanten Gedanken, auch wenn mir die Druck-Angst-Geschichte da etwas zu sehr im Erklär-Fokus steht. Danke für den Link.

  2. Als er in Wolfsburg anfing, hatte er z.T. Unbekannte und junge Spieler auf dem Zettel, für die sich damals kaum einer in der BL interessierte. Mit denen zu arbeiten, mit Magaths Trainingsmethoden und Motivation eines Underdogs die BL aufzumischen, während Bayern unter Klinsmann schwächelte, war ein typischer Magath.

    Nun in Wolfsburg mit lauter Großverdienern und Großmäulern etwas zu reißen, halte ich für nahezu unmöglich. Die Spieler Glauben sie spielen für Bayern und nehmen am öffentlichen Wolfsburger Leben gar nicht Teil. Stars in Wolfsburg? Das geht nicht gut.

    Für mich gehört Wolfsburg in die 2. Liga. Dort kann man man am Nachwuchs basteln. Ein Verein der in seinen Stadien mehr Sitzplätze, als Einwohner in der Stadt hat(Freiburg hat fast doppelt soviel Einwohner), dessen Fans zu 80% aus Angestellten des VW Werks bestehen, hat im Bundesligageschäft eigentlich nix zu suchen. VW wollte den Erfolg auf biegen und brechen und hat in alles investiert was Beine hat. Ich wage zu bezweifeln, dass die Einkäufe von Magath handverlesen waren. Der Aufsichtsrat hat Geld auf den Tisch gestapelt, mit einem bösen Lächeln wieder vom Triumph geträumt.

    Magath gehört zu einem Verein wie dem HSV, Düsseldorf, Frankfurt.

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