Sachsenpokal: FSV Zwickau vs. RB Leipzig 2:1

Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Jetzt können wir uns wenigstens voll und ganz auf die Meisterschaft konzentrieren. Der FSV Zwickau ist ein ganz starkes Team, das schon jetzt Regionalliganiveau hat. Beim Spitzenreiter der NOFV-Oberliga Süd kann man verlieren. Dort werden noch ganz andere Mannschaften Probleme bekommen. Ähm ja. Oder so.

Man hätte wohl fast auf das wetten können, was da gestern im Zwickauer Ausweichstadion vor reichlich 2.000 Zuschauern passierte. Unterklassige Mannschaft, die aufgrund ihrer Qualität nicht unterklassig ist, trifft mit 110% Engagement auf den großen Favoriten RB Leipzig, der zwar um die Schwere der Aufgabe weiß, aber trotzdem (typische Pokalpsychonummer) nur bei 90% landet. Und mit 90% gewinnt selbst der FC Bayern (wie es Uli Hoeneß irgendwann mal sagte) gegen keinen Gegner, wenn der 100% oder mehr bringt. So depremierend einfach ist die Formel.

Überraschungen sind natürlich das A und O des Pokals, nur will man eigentlich nicht als ausscheidender Part daran beteiligt sein. Und schon gar nicht fetzt es, auswärts in der 90. Minute auszuscheiden. Wie ein überraschender Schlag in die Magengrube. Und geschlagen trotteten sie von dannen..

Neben der Niederlage an sich ist am ärgerlichsten, dass sich die RasenBallsportler das Niederlagen-Ei praktisch selbst ins Netz gelegt haben. Beim 0:1 von ziemlich weit rechts draußen sah Pascal Borel überhaupt nicht gut aus. Und beim 1:2 kurz vor Apfiff vertändelt man in der Viererkette völlig unnötig den Ball. Noch einfacher wäre es für Zwickau nur gegangen, hätten die Gäste den Ball selber ins eigene Tor geschossen.

Es ist schon erstaunlich, da fährt man nach Zwickau zum Sachsenpokal-Viertelfinale, einem Wettbewerb, der die einzige Chance bietet, sich für den nächstjährigen DFB-Pokal zu qualifizieren. Und dann verschläft man wie schon in Havelse die Anfangsphase und liegt nach nicht mal 10 Minuten hinten. Wieder hinterher rennen gegen einen motivierten, gut sortierten Gegner. Und als ob das nicht genügt, überlässt man dem Gegner auch in der Schlussphase noch das Feld und kassiert den Treffer zur nicht unverdienten Niederlage kurz vor dem Schlusspfiff. Clever geht anders.

Nicht unverdient war die Niederlage deswegen, weil das Spiel am Anfang und Ende zugunsten der Zwickauer lief und die RasenBallsportler sich den Rest der Spielzeit zwar wehrten und stellenweise auch überlegen waren, aber insgesamt den Gegner auch nicht demontierend dominierten. Völlig unnötig war die Niederlage dennoch, denn selbst wenn man schlecht spielt, was höherklassigen Mannschaften im Pokal ja desöfteren passiert, muss man in Zwickau die Klasse haben, dem Anfangsschwung der Gastgeber mit Mann und Maus zu widerstehen. Dann geht man vielleicht mit nem 0:0 in die Kabine und hat immer die Chance, den entscheidenden Treffer zu setzen. Funktioniert natürlich nicht, wenn man immer wieder einen Defensivklops einbaut. Wie heißt es so schön? Offense wins Games (wie gegen Wilhelmshaven), Defense wins Championships. Oder eben Pokale..

Den kann man bei RB Leipzig nun gleich zweifach abschreiben. Kein Sachsenpokal-Halbfinale gegen den Chemnitzer FC, den Klassiker des letzten Jahres, auf den man sich insgeheim schon wie Sau gefreut hatte. (Ganz nebenbei bemerkt, darf man sich in Chemnitz auch über das Pokalaus von RB Leipzig ärgern, da ein Spiel vor knapp 20.000 Zuschauern in Leipzig sehr viel lukrativer gewesen wäre als eines vor 2.5000 Zuschauern in Zwickau.) Und kein DFB-Pokal nächste Saison und somit auch kein emotionales Highlight zu Saisonbeginn. Was auch bedeutet, dass die RasenBallsportler das eine von zwei großen Zielen neben der Meisterschaft in dieser Saison bereits als nicht mehr erreichbar streichen können.

Und alle, die das Unentschieden in Havelse noch mit Gleichmut aufnahmen, dürfen nun tatsächlich ein wenig nachdenklich werden in Bezug auf das Erreichen des Aufstiegs. Denn mit mangelnder Wachheit zu Spielbeginn, Defensivfehlern und fehlernder Cleverness wird RB Leipzig zu Saisonende nicht aufsteigen. Es macht keinen Sinn ob des Pokalausscheidens ewig lange nachzukarten, doch die RasenBallsportler werden schnell die Kurve kriegen müssen, wenn sie die Saison nicht komplett in den Ofen schießen wollen.

Wobei letzteres genau das wäre, worauf viele in Deutschland in projektiver Schlichtheit (ein Sieg des Fußballs!) spekulieren und die Güllebeutel voll Häme bereits griffbereit haben. Schon das müsste doch Motivation genug sein, der Welt ein Schnippchen zu schlagen und allen zu zeigen, dass man gegen den Widerstand hochmotivierter Gegner bestehen und gewinnen kann. Dass letztlich nur die eigene Lust am Fußball und die Lust des Umfelds auf RB zählt. Und dass dies letztlich mehr beflügelt als es die rote Brause je könnte.

Jetzt zählt es und ab jetzt warten wirklich nur noch 14 Endspiele. Nichts mit lieb, nichts mit nett, sondern ganz robuste 14 Spiele gegen Gegner, die sich (fast) alle diebisch übers Beinstellen freuen, auch wenn sie selbst nichts davon haben. Schritt für Schritt, also Spiel für Spiel gilt es sich und die Euphorie im Umfeld wieder aufzubauen und sich so absolute Highlightspiele um den Aufstieg zu erkämpfen. Um dann Mitte Mai dem Hämevolk hoffentlich freundlich aber bestimmt den Mittelfinger zeigen zu können. In diesem Sinne zählt jetzt nur noch der nächste Sonntag und Lübeck und ansonsten weder Zwickau, noch Halle oder Kiel.

Fazit: Wie bereits vor zwei Jahren scheitert RB Leipzig wieder im Viertelfinale des Sachsenpokals und wieder am FSV Zwickau. Das bereits ziemlich mistige Gefühl vom letzten Wochenende wurde durch das Pokalaus in Zwickau noch mal erheblich verstärkt. Man kann in Zwickau verlieren, aber man sollte nicht verlieren, indem man sich zwei Bälle mehr oder minder selbst ins Netz legt. Völlig überflüssig, völlig unnötig. Und tschüss Traum vom Halbfinale gegen Chemnitz.

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Tore: 1:0 Kellig (8.), 1:1 Frahn (53.), 2:1 Hauser (89.)

Aufstellung: Borel – Müller, Hoffmann, Franke, Wisio – Röttger (77. Heidinger), Ernst, Geißler, Rockenbach – Wallner, Frahn

Zuschauer: 2055 (250 aus Leipzig)

Links: RBL-Bericht [broken Link], RBL-Liveticker [broken Link], RB-Fans-Bericht, MDR-Bericht [broken Link], FSV-Bericht [broken Link]

12 Gedanken zu „Sachsenpokal: FSV Zwickau vs. RB Leipzig 2:1“

  1. Weil es so schön passend ist, möchte ich hier mal ein Zitat von “T-Online” zu dem gestrigen Länderspiel einfügen. Es passt sehr gut zu RBL zum fast zeitgleichen Zwickau-Spiel:
    “Daher kommt Löw die Niederlage nicht ungelegen. Sie schärft die Sinne bei den Spielern und senkt ein wenig die Erwartungshaltung der Fans. Ohne harte Arbeit wird es nicht gehen. Das ist die Message von Bremen. Etwas besseres hätte Löw nicht passieren können. So paradox es klingen mag: Die Chancen auf den EM-Titel sind nach der 1:2-Niederlage gegen Frankreich eher gestiegen.”
    Wenn man das bei RBL auch so sieht, wird`s schon werden mit dem Aufstieg.

  2. Ganz genau. Ich meine ja: Wenn RB ein Spiel mal 90 Minuten lang spielen würde und nicht nur 70, weil die ersten 20 ja in bestimmt 80% der Spiele diese Saison verschlafen wurden (Gegentore) – dann wird das schon. Dazu muss die zuletzt bezirksligareife Innenverteidigung um Hoffmann und Franke endlich diese verdammten Fehler abstellen. Und dass unser RBL offensiv überzeugen kann und ein Spiel auch mal drehen kann, das haben sie auch oft genug bewiesen.
    Also lautet die eindeutige Devise jetzt: Aufwachen, damit nicht wieder kalt geduscht wird! Sonst sind wir gegen Halle und vor allem Kiel chancenlos!

  3. Ich seh es natürlich positiv: der SFV muss sich keine Gedanken über den Termin fürs Finale machen. Es wäre ein Kraftakt geworden das Spiel im ZS zwischen dem (mutmasslich) heissen RL Endspurt, Rasenneuverlegung und DFB-Spiel durchzuboxen. Man wird auch von hanebüchener Zeilenschinderei in der LVZ bezüglich eines Eigentümerproblems bei einem etwaigen Start Leipzigs im Europapokal 2013 verschont.
    Bezüglich des Themas Motivation um der Häme zu umgehen: das interessiert zwar Fans, Verein und teilweise auch die Öffentlichkeit, aber leider seit Jahren doch kaum noch die Spieler auf dem Platz.
    Ansonsten Respekt an Zwickau für die bisherige tolle Saison, trotz aller Widrigkeiten (Stadion, finanzielle Altlasten) wurde dort ein eingespieltes Team aufgebaut. Leider werde ich perspektivisch immer sehr pessimistisch, wenn es zu gut für ein Team aussieht, lasse mich aber eines Besseren belehren.

    Ansonsten biete ich für den gepflegten Stinkefinger eine Wette an: Wenn Rasenballsport den Aufstieg nicht packt zeige ich den in diesem Thread, ansonsten du. Deal? ;)

  4. Meinst Du wirklich, dass Häme etwas ist, was für Spieler nicht unheimlich motivierend sein kann? Gerade, wenn man alle Anti-Stimmen auf einen Schlag (zumindest kurzfristig) zum Verstummen bringen kann? Also wenn ich Spieler wäre, dann würde mich das motivieren. Viel eher als das Gerede, dass man jeden Gegner ernst nehmen müsse und Co.

    Noch ein, zwei Tage und etwas verflogener Ärger über die Ergebnisse und ich werden den Stinkefinger heimlich, still und leise aus dem Text entfernen. ;-) Ich vermute ja, dass mir Stinkefinger sowohl bei verpassten, als auch bei geschafftem Aufstieg aus sehr unterschiedlichen Gründen egal sein werden. Aber falls Dich das beruhigt, darfst Du natürlich im Fall der Fälle im Mai hier vorbeikommen und mit dem Mittelfinger in der Wunder herumbohren..

  5. Da ich als Fan von Lok eher mehr mit dem Niedergang vom Europapokal (ja, auch live erlebt) bis zur Kreisklasse involviert bin: Ich sehe das ziemlich schmerzfrei. Klar gab es immer mal wieder Leipziger Fussballhighlights, aber Motivation innerhalb der Mannschaften bei Krisenzeiten: Fehlanzeige.
    Ansonsten: Wette nicht angenommen, also wird nicht nachgetreten. Versprochen. Nachträgliche *heimliche* Löschungen würden aber den Blog weniger lesenswert machen…

  6. Kurz vor dem Zwickau-Spiel habe ich mich mal auf die MDR-Sport-Seite verirrt und mir die Kommentare angesehen.
    Für mich, als “einfach-nur-Fußball-Interessierter”, war dies ein mittelmäßiger Schock.
    Einen Kommentar möchte ich hier zitieren: “Ich wünsche daß Zwickau gewinnt, weil ich die Retortenelf abgrundtief hasse. Dresdner”. Wenn ich so etwas lese, fühle ich mich irgenwie falsch in dieser Welt und frage mich, was das alles noch mit Fußball zu tun hat. Da ich mich noch gut an die DDR-Oberliga erinnern kann, weiß ich aber auch, wer hinter den “Dynamos” gestanden hat. Auch wenn das in Dresden nicht so bekannt war, wie z.B beim BFC Dynamo. Nun sagt also ausgerechnet ein “Dresdner”, daß er die “Retortenelf” abgrundtief hasst.
    Wer aufmerksam Zeitung liest, den ist evtl. nicht entgangen, dass sogar ein gewisser Herr Putin (!!!) bei Schalke angerufen hat, um den Transfer von Manuel Neuer zu Bayern zu verhindern!! Nun frage ich mich, wer sich eigentlich darüber aufregen kann, wenn auch RedBull sein Geld in den Sport steckt und eben auch in den Leipziger Fußball.(Nach 4 Insolvenzen der beiden Leipziger Clubs). Mir perönlich ist dies lieber (nicht nur als Leipziger), als wenn ich im privaten Fernsehen ständig im Haupt-Film unterbrochen werde, weil Firma XY mir mitteilen will, wie toll ihr Waschmittel ist!
    Ja und deshalb freue ich mich über diese Seite hier.
    Hier wird sachlich diskutiert.

    1. @summarum
      Stimmt schon, hier wird sachlich argumentiert. Ich schreibe unter diesem Synonym auch bei mdr.de Kommentare, aber da trifft man nur auf hirnverbrannte Idioten, die mir 20x am Tag mitteilen, wie erbärmlich plastisch unser “Projekt” doch in Wahrheit ist. Die sollen sich erst mal selbst anschauen, dann wissen die, was erbärmlich bedeutet. Was haben wir denen denn getan? Wir bauen in Leipzig was auf. Oder haben wir Dresden, Chemnitz oder Aue schon mal was weggenommen? Also bitte.

    2. @summarum: Danke. Ich würde mal grundsätzlich behaupten, dass die (fast immer) Sachlichkeit, die ich hier in den Kommentaren auch sehr schätze, auch ein Folge des eher beschränkten Nutzerkreises ist. Sollte RB tatsächlich rigendwann einmal ein paar Spielklassen weiter oben spielen und sollte dieser Blog davon anteilig profitieren, dann wird das auch auf die Diskussionskultur (negativ) zurückschlagen. Glaube bzw. fürchte ich. Und ich vermute, dass dies für beide Lager (RB-Befürworter und -Ablehner) gleichermaßen gelten wird. Aber abwarten. Bisher lief es ja auch zumeist gut..

  7. @bulle

    Nur die Ruhe. Logischerweise bietet RB das optimale Feindbild. Gehört dazu im Fussball. Was wären z.B. Dortmund und Schalke ohne den jeweils anderen? Würden sie zwar nie zugeben, aber ist so. Weggenommen hat RB so gesehen also nix, im Gegenteil. Die ganzen Tradis wüßten gar nicht worüber sie reden sollten. Das Getöse ist quasi der Ritterschlag für RB. Warum freuen sich denn alle so? Weil der “große RBL” geschlagen wurde… Ein keine 3 Jahre alter Verein, der nie höher gespielt hat als aktuell. ;)

    Und allgemein: Nach dem DFB Pokal Aus kam die beste Phase der Hinrunde. Ich hoffe das wird jetzt ähnlich. Muss es allerdings auch. Spielraum für Fehltritte gibt es nicht. Für gefühlt unnötige wie in Havelse schon gar nicht. Die nächsten 3 Spiele muss es deutlich besser werden, sonst war es das für diese Saison.

  8. Da hat der rotebrauseblogger natürlich recht, das höhere Spielklassen auch die Kommentarspalte nach unten offener machen. Trotz Querspalte, die ich ab Tiefe >2 aber nicht mehr benutze :-P
    Ansonsten leihe ich mir die Pacult Schmäh aus und sage: Hörts mir auf mit dem Geschwafel mit Feindbild. Sowas gab es bei den höherklassig und/oder geldverwöhnten (nicht nur Leipziger) Vereinen schon immer. Jeder Verein aus den höheren Sphären – also da wo Rasenballsport erstmal hinwill und nicht schon war ;) – hat seinen Schmerzpunkt, der gnadenlos von den gegnerischen Fans ausgenutzt wird. Und ehrlich gesagt ist doch Rasenballsport, im Gegensatz zu den ursprünglichen Prophezeiungen, super weggekommen, sogar die diversen Unruhen im Verein (früher war das Zeilenfutter für Monate) spielten kaum eine Rolle…

  9. Manno …..
    Ihr seid Pfeiffen, ich gebe es zu, ich wollte mal wieder nach Leipzig zum Fußball…..
    Nun muss ich ja beinahe fürchten, dass dies auch im nächsten Jahr keine Option wird.
    Rotebrauseblogger, greifen Sie ein!

  10. Tja, tut mir für dieses Jahr auch schrecklich leid. Und fürs kommende Jahr verspreche ich, mein Bestes zu geben..

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