Dynamo Dresden und die unwichtigen Terminprobleme

Schon erstaunlich, was rund um das heutige Sachsenpokal-Halbfinale RB Leipzig gegen Dynamo Dresden so für Storys geschrieben wurden. Zwei Tage vor der ganz Dresden elektrisierenden Zweitliga-Relegation gegen den VfL Osnabrück muss Dynamo noch mal bei RB Leipzig ran. Was die Frage aufwarf, welche Spieler mitdürfen. Von der Traditionsmannschaft bis runter zur A-Jugend war so ziemlich alles im Gespräch, was als nicht relegationsrelevanter Profispieler einzustufen war.

Nun scheint man der heutigen Sächsischen Zeitung zufolge doch noch einen ziemlich schlagkräftigen Kader aus Profiergänzungsspielern und U23-Talenten gefunden zu haben, die nominell durchaus in der Lage sind, gegen RB Leipzig zu bestehen. Angeführt von Drittligaprofi Sebastian Schuppan, der gegen Osnabrück gelbgesperrt fehlen wird und durch den Leipzig-Ausflug im Spielrhythmus bleiben wird, steht beispielsweise Torwart Axel Keller (lange Zeit in dieser Saison Stammtorwart bei Dynamo) mit im Kader. Dem gehören aus dem Profiteam wohl auch Herzig, Kister, Strifler, Pfeffer und Franke an. Alle in dieser Saison mit mehr als 10 und weniger als 30 Drittligaspielen. Alle aber eben auch keine absoluten Stammspieler.

Dazu kommen mit Wagefeld und Soltau noch einmal namhafte und mindestens regionalligaerfahrene Spieler. Komplettiert wird das ganze durch fünf Spieler, die in der aktuellen Saison hauptsächlich für die U23 aktiv waren, dort aber in der Oberliga zu den Stammspielern gehörten. Da die U23 in der Oberliga keine Ambitionen nach oben oder unten hat, sind die fünf für das heute Nachholespiel gegen die U23 aus Erfurt verzichtbar und dürfen mit nach Leipzig.

Eng mit diesen Personalfragen und Dresdner Besetzungssorgen verbunden ist der unglückliche Spieltermin zwei Tage vor dem Relegationsspiel. Horcht man durch die Weiten des Internets, dann ist – in der sachlichen Variante – der Schuldige ausgemacht und heißt Sächsischer Fußballverband. In der unsachlichen Variante mogelt der Sächsische Fußballverband RB Leipzig durch den Sachsenpokal, damit die nächstes Jahr im DFB-Pokal antreten können. Mal abgesehen davon, dass die Dynamos die anreisen noch lange nicht geschlagen sind, dass mit dem Chemnitzer FC der dickste Brocken des Wettbewerbs noch warten würde und dass RB Leipzig mit drei schwerumkämpften Spielen (in Bautzen, beim FC Sachsen und in Auerbach) den schwierigsten Weg aller Pokalteilnehmer ins Halbfinale hatte, würde ich behaupten, dass der Spieltermin 18.05.2011 der beste Spieltermin ist, der den Dynamos unter den gegebenen Voraussetzungen passieren konnte. Unterstützung in dieser Sicht gab es heute vom Geschäftsführer des Sächsischen Fußballverbandes Frank Pohl in der LVZ:

Dynamo wollte diesen Termin.

Was auch erklärt, dass aus Dresden von offizieller Seite bisher keinerlei dissige Reaktionen auf diesen Termin kommen. Mal einen Blick auf die Fakten geworfen. Der Spieltermin wurde seitens RB Leipzig am 05.05.2011 bekanntgegeben. Also muss der Sächsische Fußballverband und Dynamo kurz vorher mit diesem Tag einverstanden gewesen sein. Dynamo stand zu diesem Zeitpunkt (zwei Spieltag vor Schluss) in der dritten Liga auf Platz 3, ein Punkt Vorsprung auf Platz 5.

Zu diesem Zeitpunkt waren für Dynamo Dresden noch 3 Optionen denkbar. Man wird Fünfter und muss nicht in die Relegation, sich aber über den Sachsenpokal noch für den DFB-Pokal qualifizieren. Man wird Vierter, verpasst die Relegation, ist aber durch die Platzierung in der Liga für den DFB-Pokal qualifiziert und der Sachsenpokal wird dadurch irrelevant. Man wird Dritter, darf in die Relegation und ist für den DFB-Pokal qualifiziert.

Einziger relevanter Ausweichtermin angesichts der Spielpläne beider Clubs wäre der 11.05.2011 gewesen. Für Dynamo ein Termin mit einer Unmenge an Unwägbarkeiten. Schlimmstes Szenario (aus der Sicht von vor dem 05.05.): Man steht vor dem letzten Drittliga-Spieltag immer noch so in der Tabelle, dass man auf Platz fünf abrutschen kann, also den Sachsenpokal als Trittbrett braucht. Bei einem Spieltermin am 11.05. (also drei Tage vor dem letzten Drittligaspieltag) wären die Dynamos bei den genannten Voraussetzungen in eine Situation geraten, dass sie hätten mit voller Kapelle zu RB Leipzig reisen müssen, um die Voraussetzungen für die DFB-Pokal-Quali auf dem Weg Sachsenpokal aufrecht zu erhalten. Sie hätten einen Pokalfight, inklusive möglicher Verlängerung zu bestreiten gehabt und das drei Tage vor dem Ligasaisonfinale, in dem es noch um den Relegationsplatz und damit den Traum vom Aufstieg ging. Dass für Dynamo der Termin 11.05. undenkbar gewesen sein muss, scheint für mich aus diesen Gründen klar.

Gegen den Termin 18.05.2011 spricht für Dynamo genaugenommen nichts. Wäre man in der dritten Liga Fünfter geworden, dann wäre man aus dem Spielrhythmus heraus in ein dann relevantes Sachsenpokal-Halbfinale gezogen, das ohne Terminprobleme, weil ohne anschließende Relegation über die Bühne gegangen wäre. Wäre man Vierter geworden, wäre man zu einem sportlich irrelevanten Saisonabschlussspiel nach Leipzig gefahren, hätte sich eine knappe Niederlage eingehandelt, noch ein paar Frustbier wegen der verpassten Relegation getrunken und wäre dann in den verdienten Urlaub gegangen. Und nun, wo man Dritter ist, dann schickt man eben 14 Spieler, die man aus verschiedenen Ecken des Vereins zusammenkratzt, mit insgesamt ausreichender Klasse für ein Spiel nach Leipzig, gefährdet die Relegation nicht und nimmt aus dem Spiel mit, was unter diesem Umständen eben mitzunehmen ist. Sportlich ist es für Dynamo eh egal.

Wenn der Sächsische Fußballverband ein Pokalhalbfinale ohne Wettbewerbsverzerrung hätte haben wollen, hätte er das Spiel eher stattfinden lassen müssen. Diejenigen, in deren Interesse dies nun gar nicht lag, waren die Dynamos aus Dresden. Verständlicherweise übrigens.

Fazit: Das Terminkuddelmuddel haben sich die Dynamos meiner Meinung nach wohlweislich und ganz bewusst selbst eingehandelt. Weil es ihnen genaugenommen egal ist/ egal sein kann. Nachdem ich in Bezug auf das Spiel schon Angst hatte, dass man Dixie Dörner oder Volker Oppitz reaktivieren würde oder Co-Trainer Nico Däbritz nicht nur die alleinige Verantwortung in Vertretung von Chefcoach Ralf Loose übernimmt, sondern gleich noch seine Töppen mitbringt oder eventuell gar die A-Jugend von Dynamo Dresden vorbeigeschickt wird, schaut mir der von der Sächsischen Zeitung genannte, quantitativ dünne Kader durchaus konkurrenzfähig aus. Was meine Lust auf das Spiel wiederum deutlich erhöht. Es war ja bereits Freundschaftsspielatmosphäre ausgerufen worden. Nun könnte es dann doch noch ein ganz netter Pokalfight werden.

9 Gedanken zu „Dynamo Dresden und die unwichtigen Terminprobleme“

  1. Strifler ist Nr. 5 bei den Einsatzminuten bei der SGD, also schon Stamm. Kister war es vor seiner Verletzung ebenfalls (ist der überhaupt schon wieder fit, der hat doch seit März kein Spiel mehr gemacht…).

    Sonst sehr schön geschrieben und auch gut, dass DD nicht mit Niemanden antritt.

  2. Das mit Strifler stimmt, allerdings hat er das letzte mal am 32.Spieltag gespielt. Das wiederum ist schon eine Weile her. Offenbar war er wie Kister auch verletzt. Keine Ahnung, ob man die beiden nur zum Bankbefüllen mitnimmt und sie tatsächlich immer noch verletzt sind. Denny Herzig gehört wohl auch zur Kategorie der Spieler, die bis vor ganz kurzem noch verletzt waren. Es bleibt spannend.

  3. Hmm, andere Vereine müssen sich die Termine von Polizei und Verband diktieren lassen, aber DD darf sich Termine wünschen? Das würde ich schon fast als ne Legende einstufen. Gegen den von DD gewünschten Termin spricht imho auch der Fanboykott.

  4. Der Boykott der Ultras bezieht sich ja nicht wirklich auf den Termin. Aufgrund des Termins fällt er ihnen vielleicht leichter, aber sonst sehe ich da keinen Zusammenhang. Naja und ob sich Vereine Termine diktieren lassen, ist vielleicht ähnlich doll wie wünschen. Vielleicht einigen wir uns darauf, dass man Absprachen trifft und dann guckt, was sich davon einlöst und dann u.U. noch die Sicherheitskräfte kommen und sagen “Nö”.

    Meine These ist nur, dass Dynamo mit dem Termin insgesamt (wenn man mögliche Ausweichtermine betrachtet) als er vereinbart wurde, ziemlich zufrieden gewesen sein dürfte. Und man m.M.n. nicht anfangen sollte, in diesem Zusammenhang auf dem SFV oder gar RB rumzuhacken. Der Pokal ist generell schlecht organisert (Endspieltermin: 04.06.!) und das Spiel heut abend im Vergleich zu dem, was es vor zwei, drei Wochen hätte sein können eine Farce, aber alle Umstände in Rechnung genommen, ist die Ansetzung für den heutigen Mittwoch absolut nachvollziehbar für alle Beteiligten und die einzigen, die etwas säuerlich sein dürfen über die Umstände, sind die Chemnitzer.

    1. Wobei 99% der am Sachsenpokal teilnehmenden Mannschaften (alle außer DD) bis zum Wochenende vor dem Endspieltermin noch im Ligabetrieb sind und auch das DFB Pokalfinale eine Woche nach Ligaschluss ausgetragen wird. Zudem ist das Austragungsfenster des Endspiels 1.-4.6. Also ich finde gerade diesen Umstand nicht besonders kritikwürdig.

  5. Wobei wir beim Thema “schlecht organisierter Pokal” dann doch wieder beim unfähigen SFV wären. Der genialste Spruch war ja auch vom Mende, das DD mit der II. Mannschaft antreten soll – dabei hatte man erst die II. Mannschaften aus dem Pokal verbannt :D
    Sachsen-Anhalt und Thüringen haben z.B. ihre Pokale schon abgeschlossen, im ähnlichen Fall wie bei DD wäre sogar terminlich Luft gewesen. Wahrscheinlich können die Verbände dort Rahmenterminpläne lesen…

  6. @Rumpel: Ich sehe das ein bisschen anders. Wenn der SFV dem Sachsenpokal tatsächlich ein wenig Relevanz einräumen würde, dann würde er das Finale nicht auf einen Termin legen, an dem der ranghöchste, sächsische Vertreter Dynamo Dresden bereits drei Wochen Urlaub gehabt hätte (wenn sie nicht die Relegation hätten spielen dürfen). Dass Dynamo sich bereits über die Liga für den DFB-Pokal qualifiziert, konnte man beim SFV vor der Saison nicht wissen, von daher ist es frech vom Verband, den Dresdnern diesen Termin vorzusetzen. Entweder man organisiert einen Pokal, der für alle Mannschaften gleichermaßen Sinn macht oder man verlost den DFB-Pokalplatz zukünftig einfach.

    @interpreter: Vor dem Hintergrund der SFV-Aussage, Dynamo hätte den Spieltermin in Leipzig gestern selbst gewollt, bekommt Mendes Aussage aber noch einmal einen anderen Drive. Zumindest denkbar: der SFV weist die Dynamos bei den Absprachen darauf hin, dass sie aber eventuell zwei Tage später in die Relegation müssen. Dynamo reagiert darauf, indem man sagt, dass man dann eben ein Reserveteam schicke. Weil wie oben im Text beschrieben, das Spiel für sie dann egal ist. Und Mende übernimmt das Argument einfach. Wie gesagt, denkbar zumindest.

  7. Man könnte genauso behaupten, dass ein früherer Termin den sächsischen Mannschaften in RL und OL im kräftezehrenden Aufsteigskampf geschadet hätte (und das sind potenziell einige, die auch vor der Saison den Aufstiegskampf als Ziel ausgaben: Auerbach, Bautzen, CFC, RBL). Ist übrigens nicht anders als deine Argumentation, warum der 18.5. für die SGD als Halbfinaltermin besser war als der 11.5. Man stelle sich z.B. einen Finaltermin Mitte diese Woche vor (wie in SA und T) und den CFC und RBL in aktueller Konstellation. Da wäre nichts mit Schongang in Markranstädt gewesen.

    Zudem sollte der höchste Vertreter nicht mehr wert sein als irgendein anderer Teilnehmer. Wobei Dresden auch vor der Saison als einziger Verein die Chance hatte sich anderweitig zu qualifizieren.

  8. Naja, dass es im Saisonfinale dazu kommen kann, dass man mal ein paar wichtige Spiele am Stück bestreiten muss, damit muss man im Fußball leben. Man könnte das Pokalfinale ja auch Ende April/ Anfang Mai austragen. Wenn der SFV seinen Plan umsetzt, in der Rückrunde nur noch Halbfinals und Finals austragen zu wollen, wäre das sicherlich ein Termin, der keinen benachteiligt oder bevorzugt. Man muss sicherlich keinen Terminplan nur für Dynamo als höherklassigen Verein machen, aber muss auch wissentlich keinen Terminplan bauen, der Dynamo als einziges Team extrem benachteiligt (wie gesagt aus der Sicht von vor der Saison, als Dynamo noch ein ganz normaler Verein war, der sich über den Sachsenpokal für den DFB-Pokal qualifizieren muss).

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