Zwischen Woche der Wahrheit und Frage der Ehre

Es ist immer einfach gesagt, ihr könntet 4:0, 5:0, 6:0 gewinnen, aber wer Fußball richtig versteht, weiß, was es für ein Aufwand ist gegen eine solche Mannschaft zu spielen, die sich hinten rein stellt. 3:0 ist ein gutes Ergebnis. (…) Am Ende zählen nur die 3 Punkte. Auch wenn wir 1:0 gewonnen hätten, wäre ich zufrieden. Man muss die 3 Punkte mitnehmen und die Fehler, die man macht, im nächsten Spiel besser machen. (Thiago Rockenbach nach dem Heimspiel von RasenBallsport Leipzig gegen Oberneuland im Red Bull Audioplayer [broken Link] vom 19.03.2011)

Da hat er durchaus Recht, der Winterneuzugang bei RasenBallsport Leipzig Thiago Rockenbach. Die Erwartungshaltung, dass man Gegner der unteren Tabellenhälfte einfach mal so mit vier oder fünf Toren abschießt, rechtfertigt sich sportlich überhaupt nicht. Auch in solchen Spielen geht es darum, sich clever anzustellen, 3 Punkte mitzunehmen und realistisch auf Verbesserungspotenzial zu blicken. Gilt übrigens unabhängig davon ob man 5:0 gewinnt oder sich zu einem 0:0 quält. Sportliche Leistungen und Entwicklungen zeigen sich oft auch unabhängig vom konkreten Ergebnis.

Apropos sportliche Entwicklung. In der Hinserie schoss RasenBallsport Leipzig in den Partien gegen die 4 Regionalliga-Konkurrenten an der Spitze Chemnitz, Lübeck, Wolfsburg und Halle insgesamt nur ein einziges Tor und konnte keine Begegnung für sich entscheiden. Nachdem ich persönlich den Eindruck hatte, dass die Mannschaft in den letzten Heimspielen einen Schritt nach vorne gemacht hat, hin zu einer erfolgreicheren Mischung aus robustem Regionalliga-Fußball und kreativen Momenten, wird die kommende Woche – irgendwo zwischen Woche der Wahrheit und Frage der Ehre – mit den Spielen gegen den Tabellenzweiten Lübeck, dem Auswärtsspiel beim Dritten Wolfsburg und zwischendrin der Pokal-Begegnung beim FC Sachsen zeigen, wo RasenBallsport Leipzig in seiner sportlichen Entwicklung steht. Zu oft hatte man in der Saison schon den Eindruck, dass es jetzt ein wenig bergan geht, nur um anschließend herauszufinden, dass man den Weg bergan nur gegangen ist, um schnell wieder runterzurutschen.

Das Spiel gegen Lübeck bietet sich in besonderem Maße an, den sportlichen Hammer auszupacken. Zu präsent sind noch die Erinnerungen an das Hinspiel. Die Mannschaft bespuckt, Fans überfallen und beraubt, das Spiel schlecht und mit einem glücklichen Punktgewinn endend (0:0). Die fußballsportliche Antwort sollte dem VfB Lübeck das endgültige Ende aller Aufstiegsträume einbringen. Vielleicht kann jemand der Mannschaft die besondere Emotionalität der Begegnung näher bringen, vielleicht erinnern sie sich ja aber auch noch selbst ganz gut an den letztjährigen Ausflug nach Lübeck.

Zwischen Kaiser und BSG: RasenBallsport gegen Lübeck

Zum ersten Mal seit dem zweiten Spiel der Hinrunde gegen Holstein Kiel schleicht sich wieder das Gefühl eines sportlich ganz besonderen Spiels ein. Zu all der Emotionalität aus der Vergangenheit kommt passenderweise ja auch noch, dass mit dem VfB Lübeck die absolute Überraschungsmannschaft der Saison nach Leipzig kommt. Vor der Saison hätte wohl kaum jemand (mich eingeschlossen) auf das Team gesetzt. Vor der Rückrunde erwarteten viel (mich eingeschlossen) den Einbruch. Beeindrucken lässt sich die junge Mannschaft davon nicht, sieht man mal von der Niederlage beim FC Oberneuland ab. Der VfB Lübeck ist sportlich für RasenBallsport Leipzig eine Top-Herausforderung, gerade auch vor dem Hintergrund, dass die öffentlichen Debatten um die Verlängerung bzw. Nichtverlängerung von Verträgen nicht spurlos an den RasenBallsportlern vorbeigehen werden. Die Motivationskurve dürfte beim einen oder anderen jedenfalls nicht nach oben zeigen.

Nicht ganz so emotional wird die zweite Regionalliga-Spitzenpartie beim VfL Wolfsburg eine Woche später werden. Auch dort geht es sportlich nicht mehr um viel, wartet also auf RasenBallsport Leipzig ein Spiel, bei dem es um Platz 2, die Goldene Ananas und die Ehre geht. Da die Rivalität mit den Wolfsburgern aber unausgeprägt ist, sollte man nicht mit einem überragenden Auftritt der RasenBallsportler rechnen.

Apropos Rivalität. Davon recht viel gibt es unter der Woche beim anstehenden Nachholer im Sachsenpokal beim Lokalrivalen vom FC Sachsen. Sportlich eigentlich das wichtigste Spiel der drei Begegnungen der Woche, geht es doch im Sachsenpokal immer noch um die Qualifikation für den DFB-Pokal und ein wenig auch um den Kampf für ein weiteres sportliches Highlight am Ende der aktuellen Saison. Denn in einem möglichen Halbfinale warten wahrscheinlich mit Chemnitz und Dynamo Dresden sehr illustre Gegner, zu denen sich die schon qualifizierten Markranstädter gesellen.

Aber vorher geht es erstmal zum Achtelfinale nach Leutzsch. Ein Gegner der sportlich und wirtschaftlich derzeit am Abgrund entlangtaumelt. Das Insolvenzgespenst hat sich nicht nur nicht verzogen, es ist sogar noch präsenter als noch vor zwei oder drei Monaten. Blöd in diesem Zusammenhang, dass das Pokal-Spiel bei seiner ersten Ansetzung im November ausgefallen ist. Damals als Feiertags-Spiel angesetzt (und wegen Nässe abgesagt), herrschte beim FC Sachsen und bei RasenBallsport Leipzig und im jeweiligen Umfeld noch so etwas wie sportliche Aufbruchstimmung, wurde das Spiel als absolutes Highlight empfunden. In der jetzigen Situation, in der bei RasenBallsport Leipzig und beim FC Sachsen vor allem der harte Kern noch Interesse an den Spielen zeigt, generiert das Spiel nicht ansatzweise die Spannung wie noch im letzten Herbst.

Dass das Spiel zudem noch unter der Woche um 17 Uhr angepfiffen wird, dürfte ein weiterer Grund für eine überschaubare Zuschauerkulisse sein. Im letzten Herbst hätte der FC Sachsen noch richtig Geld mit dem Spiel verdient. Am 06.04. können sie wahrscheinlich froh sein, wenn sie nach Abzug aller Kosten noch etwas für die Vereinskasse übrig behalten. Bleibt deswegen zu hoffen, dass möglichst viele Anhänger beider Klubs das Spiel als Möglichkeit begreifen, dem angeschlagenen FC Sachsen finanziell mit dem Erwerb einer Eintrittskarte unter die Arme zu greifen.

Ich freue mich auf das Spiel von RasenBallsport Leipzig beim FC Sachsen, wenn es auch definitiv nicht dieselbe Emotionalität wie das Lübeck-Spiel hat. Zu traurig sind die Entwicklungen beim FC Sachsen, zu lange habe ich den Weg des Vereins im damaligen Zentralstadion zumindest gelegentlich und zumindest wohlwollend verfolgt, als dass mir ein RasenBallsport-Sieg eine hochemotionale Herzensangelegenheit wäre. Trotzdem führt nichts daran vorbei, dass ganz rational die einzige Chance auf eine partielle Rettung der Saison der Sachsenpokal ist. Und damit auch ein Sieg beim FC Sachsen essenziell dazu gehört. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und wer ein wenig mehr Motivation braucht, der denke einfach an den den letzten Spieltag der vergangenen Saison, die erste Niederlage der RasenBallsportler in einem innerleipziger Duell und die darauf folgende Häme. Auch das gute Gründe für ein erfolgreich zu gestaltendes Pokal-Spiel.

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