Tomas Oral und der Gegenwind

Wir hatten super Wetter, super Rasen, ein super Ergebnis – und wenn der Abstand zu Chemnitz nicht so groß wäre, könnte ich mich auch darüber freuen. (Tomas Oral spielanalysierend auf der Pressekonferenz nach dem Sieg gegen den HSV am 06.03.2011, zitiert nach mdr.de (broken Link))

Hat eigentlich schon mal jemand Tomas Oral vor Pressevertretern beim Lachen oder bei einem Witz erwischt? Von daher wäre das mit der Freude sowieso so eine Sache, ganz egal wie groß der Abstand von RB Leipzig auf Chemnitz gerade ist. Aber mal unter uns: Ich kann diese spröde Art, die sicherlich nicht sonderlich medientauglich ist, eigentlich gut leiden. Zumindest nach Siegen funktioniert Tomas Orals Art sehr gut. Schon am vergangenen Mittwoch-Abend hatte Oral auf einen langen, zielsicheren Monolog des Braunschweiger Gästetrainers Benbennek sachlich völlig richtig mit

Von meiner Seite gibt es da nichts hinzuzufügen. (Video von der Pressekonferenz auf der offiziellen RB-Leipzig-Website [broken Link])

geantwortet. Was ihm später in Medienberichten als Überheblichkeit angelastet wurde. Naja. Ob aus RB-Trainer Tomas Oral bei sportlichem Erfolg in Medien und Öffentlichkeit noch ein gefeierter Star werden könnte? Zweifelhaft.

Gegenwind bekommt er nicht nur von Fans und Öffentlichkeit, sondern auch aus den eigenen Reihen:

Von der Spielanlage her war der HSV klar überlegen. (Thomas Linke bei MDR Sport im Osten [broken Link/ 20.04.2011] am 06.03.2011)

Was erst einmal deutliche Worte zu sein scheinen. Unklar allerdings der Kontext. Denkbar wäre ein ausuferndes Lob des Fragestellers für den Sieg von RB Leipzig gegen den HSV, das Thomas Linke leicht genervt zurechtstutzen wollte. Was dann gar nicht so sehr gegen den Trainer gerichtet wäre, wie dieses Zitat ansonsten aus dem Zusammenhang gerissen, wie es in der Sendung präsentiert wurde, klingt. Auf jeden Fall sollten bei Tomas Oral die Alarmglocken läuten, wenn sein direkter Vorgesetzter öffentlich seinen Unmut über die Mannschaftsleistung zur Schau stellt.

Andererseits könnte aber auch Thomas Linke inhaltlich ein wenig daneben liegen. Denn das was der HSV am Sonntag in Leipzig gespielt hat, sieht zwar gut aus, ist aber in der Regionalliga meist völlig brotlose Kunst. Mannschaften mit hoher Spielkultur scheitern in der Regionalliga sehr gerne. Oder anders gesagt, Babelsberg ist letzte Saison nicht aufgestiegen, weil sie mit 60% Ballbesitz den Gegner bespielt hätten. Der Hallesche FC war ein Jahr zuvor nicht ganz nah dran am Aufstieg, weil er die gegnerischen Abwehrreihen mit einer Spielanlage a la HSV auseinandergenommen hätte. Eine zementierte Abwehr und eine eingespielte, schnelle Offensive bzw. ein perfektes Umkehrspiel waren in den letzten zwei Jahren die Erfolgsrezepte und sie sind es auch in diesem Jahr, wenn man auf den Chemnitzer FC guckt und sich unter anderem deren letzten zwei 0:0-Spiele, aber auch die schnelle, gefährliche Offensive anschaut.

In der Regionalliga geht es vermutlich eben nicht in erster Linie um spielkulturell wertvolle Ballkontrolle, sondern um robustes Zweikampfverhalten und direkten Zug zum Tor. Das Hannover-Prinzip quasi. In diesem Sinne sah der HSV am Sonntag zwar gut aus, war aber alles in allem auch chancenlos gegen RB Leipzig, die in diesem Spiel vieles richtig gemacht haben. Kompakte Defensive, gewonnene Zweikämpfe, Balleroberung, schnelles Spiel, Abschluss. Man braucht da sicherlich noch wesentlich mehr Sicherheit im schnellen Spiel und ab und zu jemanden, der auch mal Ruhe ins Spiel bringt, aber im Kern war der Auftritt gegen den HSV in seiner Konzeption (nicht unbedingt in seiner konsequenten Umsetzung) Regionalliga at its best. Von daher spielte die hübsche Spielanlage der Hamburger den Ideen von RB Leipzig und Tomas Oral eher in die Karten.

Wie auch immer, aus der Ruhe lässt sich Tomas Oral mit dem ihm eigenen Selbstbewusstsein sowieso nicht bringen. Andere hätten nach Thomas Linkes Aussage vielleicht gedacht, dass es jetzt eine gute Idee wäre einen Schritt auf den RB-Sportdirektor zuzumachen. Nicht so der aktuelle Cheftrainer von RB Leipzig:

Vielleicht hat er es ja anders gemeint. (Tomas Oral zur Kritik Thomas Linkes, zitiert nach lvz-online vom 07.03.2011)

Vielleicht hat er es das. Vielleicht aber auch nicht..

2 Gedanken zu „Tomas Oral und der Gegenwind“

  1. Thomas Linke hat gesagt, daß der HSV den besseren Fussball gespielt hat, was sich mit meiner Beobachtung vom Sonntag und Deiner Spielbewertung vom Montag deckt, wie sicher auch mit der Einschätzung der Mehrzahl der sonntäglichen Arenagäste.

    So gesehen ist mein Eindruck des Schlusssatzes aus dem LVZ-Online-Artikel eher der einer „anderen“ Wahrnehmung beim Trainer. Eine ähnliche Auffälligkeit war übrigens nach dem Chemnitz-Spiel der Hinrunde zu beobachten. Andererseits überwiegen am Ende 3 Punkte und 3:0 Tore die spielerische Schönheit, also hat Tomas Oral allein deshalb erst mal die Lacher auf seiner Seite.

  2. Die spannende Frage dürfte sein, wessen Sichtweisen sich für zukünftige Entscheidungen durchsetzen. Ich denke da sitzt Oral zuerts einmal am kürzeren Hebel. Es sei denn, er überzeugt den Sportdirektor von seiner Sicht der Dinge. Abwarten. Wird sicher auch von den Restergebnissen der Saison und dem Auftreten der Mannschaft abhängen. Ein Erfolg im Sachsenpokal könnte da gute Argumente für die Jobsicherung liefern..

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