Es sind noch zwei Spiele bis zur Winterpause, in der sich dann das Karussell mit den Transfergerüchten wohl wieder etwas intensiver drehen wird. Bis dahin hatte ich eigentlich gedacht, dieses Thema ignorieren zu können. Da die medialen Einschläge aber in immer kürzeren Abständen erfolgen und zuletzt auch realistischer wurden, seien an dieser Stelle trotz des wartenden Spitzenspiels gegen Carl Zeiss und ohne dieses respektlos behandeln zu wollen, die vier zuletzt spekulierten Namen vorgestellt. Immer im Hinterkopf behalten sollte man dabei, dass im letzten Winter in der Winterpause mit Wallner, Wisio und Hoheneder gleich drei Profis mit reichlich Erfahrung in höheren Ligen kamen und die Verpflichtungen letztlich kein (positiver) Faktor im weiteren Saisonverlauf waren. Was sich eher mit Kaderunruhe erklären ließ als mit fehlender Klasse der Neuzugänge.
Matthias Morys (LVZ, zuletzt am 28.11.2012): Mit Matthias Morys platziert die LVZ einen recht realistischen Namen, von dem die Lokalzeitung behauptet, dass die Verhandlungen für einen Wechsel schon in der Winterpause bereits weit voran gekommen seien. Da er noch bis 2015 beim Südwest-Regionalligisten Großaspach unter Vertrag steht, wird unabhängig vom Verpflichtungszeitpunkt sowieso nichts an einer Ablösesumme im unteren sechsstelligen Bereich vorbeiführen.
Morys passt in sehr vielen Punkten in das Anforderungsprofil. Als Außen- bis Mittelstürmer mit rechtem Fuß hat er es in Großaspach seit 2011 in 40 Spielen auf durchaus beeindruckende 26 Tore und 10 Torvorlagen gebracht. Neben der Torgefährlichkeit macht ihn vor allem die Schnelligkeit so interessant. Alexander Zorniger wurde ja zuletzt öfters derart zitiert, dass er Spieler mit besonderen Sprintfähigkeiten sucht. Matthias Morys gilt gemeinhin als jemand, der die 30 Meter in unter vier Sekunden bewältigt, was offenbar als eine Art magischer Richtwert im Fußball gilt. Zudem ist Morys aufgrund seiner Athletik auch perfekt für das bei RB gewünschte Gegenpressing geeignet.
In diesem Zusammenhang von besonderer Relevanz ist die Tatsache, dass Morys vor einem Jahr von Zorniger nach Großaspach geholt wurde, Zorniger also ganz genau um die Qualitäten des Spielers weiß. Und er ihn vor allem hinsichtlich seiner Eignung für die aggressive Balleroberung und das schnelle Umkehrspiel bereits auf Herz und Nieren getestet hat. Geht man in Morys’ Karriere noch ein Stück weiter zurück, dann hat er (wie Dominik Kaiser) bereits als 18jähriger bei Normannia Gmünd unter Alexander Zorniger gespielt. Irgendwas muss also an Matthias Morys sein, das Alexander Zorniger reizt.
Für Morys spricht weiterhin, dass RB Leipzig für ihn ein ganz logischer Karriereschritt wäre. Mit aktuell sechs Punkten Rückstand auf Relegations-Rang 2 hat sein aktueller Club nur geringe Chancen Richtung dritter Liga. Und perspektivisch ist Großaspach auch wirtschaftlich sicherlich nicht das perfekte Umfeld, um dauerhaft Drittligafußball anzustreben. Wenn Morys also den nächsten Schritt machen will, dann böte sich ein Club wie RB Leipzig an. Bei dem er dann mit viel Engagement an seinem Traum von der nächsthöheren Liga arbeiten könnte.
Die bisherige Karriere von Matthias Morys klingt abseits der letzten 16 Monate in Großaspach nicht übermäßig erfolgslastig. Nach dem Karriereauftakt bei Normannia Gmünd ging es als Talent 2006 für zwei Jahre zum VfB Stuttgart II, wo es in der Regionalliga zu 56 Einsätzen und sieben Toren reichte. Anschließend warteten je ein Jahr Offenbacher Kickers (dritte Liga), Chernomorets Burgas (erste bulgarische Liga, damals noch mit Pascal Borel) und VfR Aalen, wo er meist als Einwechsler 69 Spiele absolvierte und überschaubare acht Treffer erzielte. Aufgetaut ist er demnach erst unter Alexander Zorniger so richtig.
Was alleinig gegen Matthias Morys spricht, ist sein Alter. Mit 25 Jahren ist er natürlich weit davon entfernt ein altes Eisen zu sein, aber letztlich hätte er dasselbe Problem wie Roman Wallner zu Saisonbeginn. Und das Problem heißt U23-Regel. Die ja besagt, dass ständig vier Spieler im Kader stehen müssen, die zu Saisonbeginn noch nicht 23 Jahre alt waren. Und diese Regel erfüllt RB mit Bellot/ Hamrol, Koronkiewicz, Schinke und Kammlott (alternativ Nattermann, Schlicht) gerade so. Und Morys erfüllt sie wiederum nicht, weswegen er keinen U23-Spieler aus dem Kader verdrängen kann. Kommt nun mit Morys ein Stürmer, müsste für ihn trotzdem jemand aus dem Kader weichen. Wahrscheinlicherweise ebenfalls ein Stürmer. Frahn wird es nicht sein und Kammlott (wegen des Alters) auch nicht. Bliebe eigentlich nur Stefan Kutschke oder im unwahrscheinlicheren Fall einer der Sechser Röttger, Heidinger, Ernst oder Schulz (Schinke ist wegen seines Alters ja auch unverzichtbar). Am wahrscheinlichsten liefe es bei der Frage, wer überhaupt im Kader steht, aber auf Kutschke oder Morys heraus. So wie am Anfang der Saison eben bei der Kadernominierung die Frage Kutschke oder Wallner stand (die Wallner dann mit Wechsel nach Innsbruck beantwortete). Bei allem Respekt, aber damit schafft man sich natürlich ein hübsches, zusätzliches Luxusproblem, denn keinen von beiden würde man auf die Tribüne setzen wollen. Das Problem ließe sich letztlich nur mit einem Systemwechsel hin zum flachen 4-4-2 (also mit Doppelsechs) lösen. Was wiederum andere Baustellen (wohin mit Rockenbach bspw.) mit sich brächte..
Fazit: Ganz, ganz viel macht das Gerücht Matthias Mory plausibel und interessant. Torgefahr, Schnelligkeit, Athletik, Spielverständnis. Nur das Alter, für das niemand etwas kann, passt unter aktuellen Regionalligabedingungen nicht wirklich. Trotzdem dürfte die Wahrscheinlichkeit eines beiderseitigen Transferinteresses sehr hoch sein. Sportlich könnte man sich auf einen zweikampfstarken, schnellen Stürmer freuen. Sieht man mal von möglichen negativen Kaderimplikationen ab, dann klingt das sehr gut.
Sven Michel (LVZ, 13.11.2012): Ein ähnliches Gerücht wie das von Matthias Morys dreht sich um Sven Michel. Zumindest wenn man Schnelligkeit und Torgefahr als Kriterium nimmt. Im Unterschied zu Morys ist Michel allerdings Linksfuß und hat in dieser Saison in 18 Spielen bereits 12 Tore erzielt und 2 vorbereitet. Insgesamt erzielte er seit Sommer 2011 im Dress der Sportfreunde Siegen (kam zuvor aus der eigenen zweiten Mannschaft) in 52 Spielen 23 Tore und bereitete neun vor. Auch keine ganz schlechte Bilanz.
Im Gegensatz zu Morys ist Michel auch erst 22 Jahre alt (und somit U23-Regel-tauglich) und steht zudem auf dem Wunschzettel verschiedener Proficlubs. Paderborn und Köln haben dies mehr oder weniger offen bestätigt. Bei Borussia Mönchengladbach wird das Interesse lediglich kolportiert und stützt sich auf einen Spielbesuch von Sportdirektor Max Eberl. Da der Vertrag von Sven Michel im kommenden Jahr ausläuft, ist von einem besonderen Hauen und Stechen auszugehen. Und wenn der 1.FC Köln als Zweitligist mit Ambitionen nach oben und von Siegen aus auch geographisch naheliegend tatsächlich ernsthaft anklopft, dann ist nicht davon auszugehen, dass ein Viertligist mit unklarer Perspektive Richtung dritter Liga sehr gute Chancen hat. Andererseits könnte das auch nach dem Motto ‘Wer zuerst kommt, malt zuerst’ laufen. Köln dürfte sich wohl bis zum Sommer Zeit lassen wollen. Bei RB wäre man wohl schon zur Winterpause mit einem Wechsel zufrieden.
Zusammen mit Morys ergäbe Michel spieltaktisch einigen Sinn, denn mit den Zweien ist plötzlich auch ein 4-4-2 mit flacher Doppelsechs und zwei blitzschnellen, torgefährlichen Außen denkbar. Morys rechts und Michel links und in der Theorie hätte man in den Spielsystemen sehr viel Variabilität. Jeder darf sich aber auch gern mal überlegen, wer in einem 4-4-2 mit dieser Flügelbesetzung alles aus der aktuellen Start-Elf fliegen würde..
Fazit: Sven Michel gehört als Spielertyp und aufgrund seines Alters ganz sicher ins Beuteschema des Scoutings bei RB Leipzig. Ob er für RB tatsächlich zu haben ist, steht letztlich auf einem anderen Blatt. Michel will sicher spätestens zum Sommer sicherlich höherklassig Fußball spielen, auch weil es für ihn ein logischer nächster Schritt wäre. Fraglich nur, wo das sein wird. Tendenziell wohl eher in seinem regionalen Bezugsrahmen.
Tobias Weis (LVZ, 12.11.2012): Eher der Vollständigkeit halber sei hier auch Tobias Weis erwähnt, den die LVZ ein Mal als heißen Exklusiv-Tipp meldete, um einen Tag später noch die Widerrede Zornigers zu erwähnen und fortan zur Exklusivmeldung zu schweigen. Zur Ehrenrettung der LVZ seien drei Aspekte genannt, die das Gerücht durchaus plausibel gemacht hätten. Erstens wäre da der direkte Draht zu Ralf Rangnick, der Tobias Weis 2007 zur TSG Hoffenheim holte und also damals der Meinung gewesen sein muss, dass mit Weis auch in höheren Ligen ein System der aggressiven Balleroberung zu spielen ist. Aktuell steht der 27jährige zudem in Hoffenheim bei Babbel auf der Abschussliste und solange Babbel dort noch Trainer ist, wäre es wohl auch ein leichtes, Weis dort loszueisen.
Neben Rangnick und Babbel ist es auch ein spielerischer Grund, der für Weis gesprochen hätte. Denn für Zornigers Lieblingssystem 4-4-2 fehlt genaugenommen noch jemand, der die zweite Sechserposition neben Kaiser mit viel Power, Pressinglust, Defensivkraft und etwas Offensivgeist spielen kann. Die sofort in Frage kommenden Schulz und Ernst scheinen da nicht optimal besetzt. Eine absolut sichere Nummer wie Weis würde da natürlich Sinn machen.
Auf der anderen Seite macht so ziemlich nichts Sinn, denn mit Amtsantritt Rangnick und Zorniger war eigentlich klar, dass die Zeit vorbei ist, wo man ehemalige Bundesligaspieler holt, die woanders ausgemustert wurden. Es sollen nur noch Spieler kommen, für die RB Leipzig ein logischer und wichtiger Karriereschritt ist. Einer, für den sie relativ viel investieren. Dominik Kaiser war da als relativ junger Spieler, der auch schon eine Handvoll Bundesligaeinsätze hinter sich hatte, gewissermaßen eine Ausnahme. Weis wäre mit seinen 27 Jahren fast schon das Antiprinzip gewesen. Alexander Zorniger beharrt deshalb konsequenterweise bisher darauf, dass ein Transfer von Weis nicht logisch wäre und er sich frage, wie die örtliche Presse denn darauf käme.
Fazit: Das Gerücht Tobias Weis klang von Anfang an unglaubwürdig. Aber im Hause Red Bull hat man in den letzten Jahren bereits den einen oder anderen Transfer erlebt, den man beim ersten Hören vielleicht auch nicht unbedingt geglaubt hätte. Im konkreten Fall ist die Wahrscheinlichkeit, den verletzungsanfälligen, ehemaligen Stuttgarter und einmaligen Nationalspieler tatsächlich zu verpflichten, aber ziemlich gering bis nicht vorhanden.
Uwe Beran (Südwest Presse, 27.10.2012): Das vierte und letzte Gerücht ist auch jenes mit dem größten Unsicherheitsfaktor, denn genaugenommen gibt es recht wenig außer der Vermutung, dass Ralf Rangnick mal ein Spiel des 23jährigen Beran (der am Anfang der Saison noch 22 war – U23-Regel!) besucht habe und begeistert war.
Uwe Beran ist ein offensiver Mittelfeldspieler, der aktuell beim SSV Ulm in der Regionalliga Südwest unter Vertrag steht. Und zwar auch nur noch bis zum Ende der laufenden Spielzeit. Vor ein paar Monaten noch als Neuzugang beim Drittligisten Saarbrücken gehandelt, brachte er es in der aktuellen Saison bisher auf 16 Einsätze (von 19 möglichen) in der Regionalliga, wobei er insgesamt acht Mal eingewechselt wurde. In den letzten vier Spielen kam er dreimal zum Einsatz und sammelte zusammen 45 Minuten. Nicht sehr verwunderlich, dass angesichts der Spielzeiten auch erst zwei Torvorlagen und null Tore zu Buche stehen.
Nachdem in Ulm vor zwei Wochen Trainer Baierl entlassen wurde, hätte unter dem neuen Coach Sauter, der gleichzeitig Präsident(!) ist, ein Neuanfang warten können. Tat es aber nicht. Eine Einwechslung, ein Bankplatz hieß seitdem die Bilanz, die sicherlich nicht allzu sehr die positiven Emotionen eines Uwe Beran, der erst zu Saisonbeginn (im Streit) aus Pfullendorf zum ehemaligen Bundesligisten und Regionalliga-Aufsteiger aus Ulm gewechselt war, gefördert haben dürfte. Bzw. vermutlich nicht den Karriereplänen des 23jährigen, der seine ersten Schritte im Männerbereich beim VfL Kirchheim im Südosten Stuttgarts machte (wo auch Dominik Kaiser bis zu U19 spielte), entsprachen.
Fazit: Ganz ehrlich, das Thema Uwe Beran ist ein wenig ein Buch mit sieben Siegeln. Von den Leistungsdaten her ergibt es wenig Sinn, in Bezug auf seine fußballerischen Qualitäten lässt sich nicht viel sagen. Alter, Karriereperspektiven und eventuell auch Spielposition (Rockenbach-Ersatz?) passen ganz gut, aber darüber hinaus muss man aus der Ferne nicht unbedingt vermuten, dass die Qualität für einen potenziellen Stammplatz im Team bei RB Leipzig reichen würde.
Erst einmal vielen Dank das du das von mir gewünschte Thema nun endlich aufgegriffen hast. Deine Darstellung der Spieler war sehr interessant zu lesen. Jedoch hatte ich mir von dir auch die Frage gewünscht für welche Positionen wir denn eigentlich Verstärkungen brauchen. Ich hoffe und glaube aber mal das du diese Frage sicherlich in einem anderen Beitrag noch beantworten wirst. Ansonsten wie immer vielen Dank!
Ja, einen Kaderüberblick gibt es sicher Anfang des neuen Jahres mal. Für den Beitrag hier wäre das wohl auch zuviel gewesen. Was man für Spieler braucht, ist sowieso schwer zu beantworten, denn dringend – im Sinne des Wortes – ‘braucht’ man eigentlich niemanden. Schnelle Offensivleute mit Perspektive und Potenzial stehen aber auf der Liste sicher ganz oben. Ob auch noch ein ballsicherer Verteidiger und ein großartig pressender, zentraler Mittelfeldspieler dabei sind, ist extrem spekulativ.