Vor zwei Tagen berichtete die LVZ mindestens weltexklusiv von den ersten zwei Neuverpflichtungen von RB Leipzig für die neue Spielzeit. Heute zog dann der Verein mit der Bestätigung [broken Link] nach. Fabio Coltori, 31jähriger Torhüter aus der Schweiz und Adrian Mrowiec, 28jähriger, polnischer Mittelfeldspieler wollen den Leipziger RasenBallsport mit ihren Fähigkeiten bereichern. Mal ehrlich, wer als Leipziger Anhänger tatsächlich spontan etwas mit den beiden Namen anfangen konnte/ kann, bekommt die Auskennermedaille im traditionellen Auskenner-Dunkel-Lila. Bei mir jedenfalls – gebe ich gern zu – klingelte spontan gar nichts. (Außer, dass ich mich gefragt habe, ob die beiden Transfers bereits als Erfolge der Leipziger Scoutingabteilung durchgehen.) Na gucken wir mal.
Fabio Coltorti (31 Jahre): Der Wechsel von Fabio Coltorti nach Leipzig ist als direktes Misstrauensvotum gegen Pascal Borel zu verstehen, denn dass für die beiden Ü30-Spieler gleichzeitig Platz im Kader ist, darf man getrost bezweifeln. Die zweite Torwartposition dürfte zur Erfüllung entsprechender Nachwuchs-Regularien an Spieltagen mit einem U23-Mann (also Bellot) gefüllt sein. Was bedeuten würde, dass RB Leipzig den ehemaligen Schweizer Nationalkeeper, der nur wegen einer Virusinfektion die Teilnahme an der Euro 2008 verpasste, als Nummer 1 verpflichtet und Borel mehr oder minder direkt ausgemustert hat.
Schweizer Nationaltorwart klingt natürlich erst mal gut, ist aber angesichts dortiger Torhüterqualität nicht extrem beeindruckend. Borel war immerhin auch deutscher U21-Auswahlkeeper und zumindest für eine Saison Stammkraft bei Werder Bremen. Schließt man daraus auf irgendwas, hätte es keinen Grund gegeben, ihn abzulösen. Ob es überhaupt einen Grund gab, wage ich nicht zu beurteilen (da passieren meist auch intern noch einige Dinge), aber sportlich scheint es ein ähnlich merkwürdiger Wechsel wie der vom letzten Jahr (von Neuhaus zu Borel). Der 31jähirge Coltorti ist eine genauso kurfristige Torwartlösung mit kleineren Macken wie es Borel war. Warum das dann eine bessere Lösung sein soll, muss sich erst noch zeigen.
Fabio Coltorti spielte von 1999 an für insgesamt 8 Jahre in der Schweiz und war zwischen 2005 und 2007 unumstrittener Stammtorhüter bei den Grasshoppers Zürich, bevor er kurz vor Transferschluss (für eine ordentliche Transfersumme um die 1.000.000 Euro) 2007 nach Spanien zu Racing Santander wechselte. Wo er in den folgenden vier Jahren nicht übermäßig glücklich wurde. Insgesamt 54 Spiele in nationalem und internationalen Pokal und in der Meisterschaft stehen zu buche. Reichlich 10 pro Saison.
2011 wechselte er ablösefrei zurück in die Schweiz, wo er beim Aufsteiger FC Lausanne als Großverdiener galt und als Stammkeeper mithalf, sicher den Klassenerhalt zu schaffen. Als Stammkeeper zumindest bis er sich in einem Spiel den Finger brach und auskugelte, (wegen erschöpftem Wechselkontingent) zu Ende spielte und anschließend lange ausfiel. (Video vom Vorfall [broken Link], eher harter Stoff) Lustig, was Coltorti sagte [broken Link], als er vor einem Jahr in Lausanne unterschrieb: “Jetzt beginnt meine zweite Karriere. In Lausanne kann ich an einem interessanten Projekt mitarbeiten.” Kann er ja jetzt einfach noch mal anbringen..
Es ist natürlich schwierig einen Keeper, von dem man noch nie was gesehen hat, einzuschätzen. Dass Santander für ihn 2007 Ablöse zahlte, zeigt, dass er zumindest mal gut gewesen sein muss. Dass auch Werder Bremen (2006) und Hertha BSC (2010) an ihm interessiert gewesen sein sollen, weist in die selbe Richtung. Für welche Klasse und vor allem welche Modernität des Torwartspiels Coltorti steht, lässt sich daraus aber nicht ableiten. Wo ein Torhüter ist, passieren aber auf jeden Fall Fehler und meist sind die es, die sich in das kollektive Gedächtnis der Fans einbrennen.
Warum Coltorti es nun ausgerechnet in der vierten Liga Deutschlands noch einmal wissen will, wäre eine interessante Frage. Anfang des Monats gab es Medienberichte [broken Link], die ihn derart zitierten, dass er gerne noch einmal in einem anderen Land Fußball spielen möchte. Mit Deutschland ist er zwar nicht weit gekommen, aber sprachlich und währungstechnisch ist es dann doch eine Veränderung. Zumal – Stichwort Währung – ein gut verdienender, durchschnittlicher Schweizer Erstligatorwart sicherlich gehaltstechnisch in einer Art verwöhnt ist, dass seinen Lohn in Deutschlands Ligen drei und vier wohl ernsthaft nur RB Leipzig stemmen kann. Und für Liga 2 aufwärts ist es für Coltorti wohl allem Anschein nach zu spät dran.
Fazit: Was das mit der neuen Nummer 1 wird, kann nur die Zukunft zeigen. Die ersten Testspiele ab dem 04.07. dürften da jedenfalls schon ein wenig Aufschluss geben. Ich finde die Idee einen Ü30-Keeper durch einen ähnlich erscheinenden Ü30-Keeper zu ersetzen grundsätzlich eher verwunderlich, aber mit 31 kann man natürlich auch locker noch vier, fünf Jahre auf hohem Niveau das Tor hüten. Insgesamt bin ich bei diesem Transfer völlig ahnungslos, aber vielleicht hilft es ja für das Image auf dem Schweizer Fußballmarkt, wo es – so scheint mir – Red-Bull-freundlicher als andernorts zuzugehen scheint.
Adrian Mrowiec (28 Jahre): Bei Mrowiec wird es fast noch schwieriger als bei Coltorti. 28, ehemaliger U21-Nationalspieler Polens, zuletzt zwei Jahre bei Heart of Midlothian aktiv, 2007 bzw. 2008 immerhin mal litauischer Meister und Pokalsieger gewesen. Auffällig sind die sieben Clubs, die Mrowiec in 12 Jahren Leistungsfußball ansammelte. Anfangs ausschließlich in Polen, später auch in Litauen und in Schottland.
Versucht man sich über indirekte Interpretationen, dann ist die Tatsache, dass Mrowiec zwei Jahre lang absolute Stammkraft in der schottischen Liga war, durchaus bemerkenswert. Folgt man dem schottischen Klischee, dann kann man daraus schließen, dass Mrowiec zumindest in Sachen Einsatz und Kampfkraft an normalen Tagen bei ungefähr 105% landet. Dazu passt auch, dass Mrowiec bei den schottischen Fans wegen seines “combative” (also aggressiv-einsatzfreudigen) Stils besonders beliebt gewesen sein soll.
Den positiven Abschluss seiner letzten zwei Jahre bei den Hearts verpasste Mrowiec allerdings, weil er nach einer Verletzung nicht mehr rechtzeitig vollständig fit wurde, um am diesjährigen Pokalfinale in Schottland teilzunehmen. Genauso wie er die Euro 2012 verpasste, von der er zumindest letzten Sommer als es in Schottland prima lief, noch träumte und sich später bitter beschwerte [broken Link], nie von Polens Nationalcoach Smuda in Erwägung gezogen worden zu sein. Was inzwischen wie aus einer anderen Welt erscheint, denn der Schritt in die vierte Liga Deutschlands ist mit internationalen Ambitionen nun wirklich nicht zu vereinbaren.
Adrian Mrowiec ist ein zentraler Mittelfeldspieler eher defensiver Natur. Also vermutlich vor allem ein Kämpfer und Zerstörer und weniger ein kreativer Antreiber. Also eigentlich jemand für eine Position, die mit Rost, Ernst, Schulz und Lagerblom bereits überbesetzt ist und für die es noch das Gerücht Karikari gibt. Andererseits schien zuletzt bis auf Ernst keiner der genannten mehr das (komplette) Vertrauen von Peter Pacult zu besitzen. Ein abräumender Sechser, wie Mrowiec einer zu sein scheint, ist sicher nicht völlig falsch (auch wenn ihn RB aufgrund des hohen Ballbesitzes eigentlich nicht unbedingt braucht), aber nur wenn er viel Kreativität an seiner Seite hat. Oder ein Spielsystem mit einem offensiv-zentralen Mittelfeldspieler. Mal gucken, was sich da entwickelt..
Fazit: Was Adrian Mrowiec angeht, wird man noch mehr auf die Testspiele warten müssen, um eine erste, vergleichsweise fundierte Meinung abgeben zu können, als das bei Coltorti schon der Fall ist. Den Daten nach ist Mrowiec jedenfalls ein sehr guter Spieler, der eventuell einfach froh ist, ein Engagement in Heimatnähe gekriegt zu haben, bei dem er keine(?) Gehaltseinbußen zur schottischen, ersten Liga hinnehmen muss. Das hätte er in der Form in Polen (wo er gerüchteweise eigentlich hin zurückwechseln wollte) vermutlich nicht haben können.
Mit ablösefreien Spielern in die Bundesliga, irgendwie unterschätzt man die neue geschwächte Regio schon wieder. Anspruch und Realität klaffen erneut weit auseinander.
Mehr als ein schwaches Lebenszeichen sind diese Transfers nun wirklich nicht, langsam habe ich echt Angst um das „Projekt“!
…nun mal ruhig Blut, erstens, lässt sich D.M. und seinen Truppen von niemanden das Personal vorschreiben, zweitens, wie es RB auch macht oder nicht macht, sie werden es immer schwer haben geliebt zu werden für ihre Entscheidungen oder Nichtentscheidungen, drittens, ist mein Eindruck, dass auf der einen Seite alle schnell in die 3.Liga wollen, doch keiner die Geduld hat, außer D.M. und die hier nicht genannten Besucher/ Fans der RB Heimspiele.
…ich sehe es sportlich, Geld schießt keine Tore, aber ohne Geld bewegt kein Fußballer in der RL nur ein Bein.
…Fazit, ich für mein Teil möchte gern bissige, aber gewaltfreie RB Heimspiele sehen, wo die RB Spieler sich für seinen Arbeitgeber/ Gehalt/ Prämie und seine Fans/ Zuschauer den A… aufreißen. Ach und natürlich auch für sich selber :)
Dann ist alles gut! Also bleibt entspannt!