Die ersten Schritte in die Saisonvorbereitung haben RB Leipzig und so auch Timo Rost schon hinter sich gebracht. Leistungsdiagnostik hieß das dreitägige Zauberwort. Im österreichischen Thalgau. Da, wo sich Sportler, die zu weiten Teilen vom Gelde Red Bulls leben eben leistungsdiagnostizieren lassen. Nach dem ersten Trainings-Aufgalopp gibt es dann morgen bereits den ersten spielerischen Test. Und zwar beim SV Braunsbedra. Der feiert sein 100jähriges, unter anderem eben mit einem Freundschaftsspiel gegen den zweijährigen RB Leipzig [broken Link]. Vermutlich für den einen oder anderen eine gute Gelegenheit den neuen Kader von RB Leipzig, der hier im Blog in nächster Zeit sicherlich noch mal etwas ausführlicher Thema sein wird, mal aus der Nähe zu betrachten.
Die Zukunft einer neuen Saison hat also bereits begonnen. Und einer, dessen jüngere Vergangenheit mit nur vier Rückrundeneinsätzen, davon gerade mal zwei von Beginn an eher desaströs war, freut sich im heutigen BILD-Interview drauf. Timo Rost, früher so etwas wie der aggressive leader bei Energie Cottbus, bei RB Leipzig aber in seinen nun bereits anderthalb Jahren nur sehr selten ein entscheidender Faktor und somit von seinen Plänen mit RB noch mal in die Bundesliga aufzusteigen mehr als weit entfernt (betrachtet man die bald 33 Jahre, die ein Timo Rost bald zählt). Fit sehe er sich und schmerzfrei, was bedeute, dass er auch auf den Platz gehöre in Zukunft.
Womit wir wiederum bei der Vergangenheit wären, in der das mit dem Platz und dem drauf spielen ja eben nicht so war. Und so sind wir auch beim ehemaligen Trainer Tomas Oral mit dem Timo Rost offenbar nicht gerade eine Männerfreundschaft verbindet:
Es ist ja bekannt, dass es zwischen uns nicht so gut gepasst hat.
Ob das jedem bekannt ist, weiß ich nicht. Zumindest lag es auf der Hand, dass dem so war. Einen einsatzbereiten Timo Rost auf der Bank sitzen zu lassen, während im defensiven Mittelfeld in wechselnden Besetzungen Tim Sebastian, Alexander Laas, Tom Geißler, Benjamin Baier oder Daniel Rosin den Vorzug erhielten, das war zumindest eine Ansage. Eine Ansage, die gelegentlich von Gründen wie ‘Rost laboriert an einer Magen-Darm-Geschichte’ abgeschwächt werden sollte. Was sie aber nicht wurde, weil Timo Rost zur gleichen Zeit durchaus lebendig beim Training vor sich hin schwitzte (wenn mich die Erinnerung zu den zeitlichen Zusammenhängen nicht täuscht).
Viel interessanter als die Aussage über das Nicht-Verhältnis Rost-Oral ist aber eine Aussage über den Neu-Trainer Pacult, die man genaugenommen als Schießen gegen den alten Coach Oral interpretieren kann. In die Zukunft geblickt und die Vergangenheit getroffen sozusagen. Rost also über Pacult:
Er ist absolut sachlich, hält sich nicht an Kleinigkeiten auf und macht die Spieler damit verrückt. Man merkt einfach, dass er Fußball gespielt hat.
Was ICH lese: Oral war ein Trainer, der einem mit seiner Kontrollsucht und Kleinlichkeit auf den Sack ging und sowieso keine Ahnung haben konnte, weil er nie Fußball gespielt hat. Wobei letzteres entweder eine falsche Interpretation meinerseits ist oder Timo Rost daneben liegt, denn Fußball gespielt hat Tomas Oral schon, wenn auch nie höherklassig.
Bleibt noch der ‘Kontrollfreak’ Oral. Dass er kleinlich war und alle Details des Spielerlebens (bzw. dessen sportlichen Teils) kontrollieren wollte, ist wohl eine Erzählung, die man so bereits öfters hören konnte. Ob sich dahinter Professionalität oder eine nicht zielführende Trainermacke verbirgt, wird man wohl je nach Standpunkt bewerten. Dass der Oralsche Hammer vor allem die Routiniers und Leader Timo Rost und Ingo Hertzsch traf, scheint mir allerdings kein Zufall zu sein. Beide, so konnte man es immer wieder gerade aus den Aussagen jüngerer Spieler herauslesen, waren innerhalb des Teams absolut anerkannte Spielerpersönlichkeiten bei RB Leipzig. Ansprechpartner und Ratgeber gleichzeitig. Spieler, die in der internen Mannschaftshierarchie offenbar sehr weit oben standen. Im Gegensatz dazu wirkten Aussagen zum Kapitän Tim Sebastian meist ruhig und sachlich distanziert. So, wie er eben auch selbst ist der Kapitän.
Tim Sebastian könnte man als einen Prototypen eines Oralschen Lieblingsspielers bezeichnen. Sportlich vorneweg und trotzdem als Typ loyal und eher fügsam. Einer, der sich Tomas Oral immer zu 100% auch öffentlich unterordnete. So einer, wie es beispielsweise auch ein Daniel Rosin zu sein scheint, der zwar auf dem Platz zum Typus Kämpfernatur gehört, aber in seinem öffentlichen Auftreten auch eher zur Fraktion der Untergeordneten gehört. Was alles nicht schlimm ist und sich gar nicht gegen diese Spieler und ihren (vermuteten) Typus richtet.
Es scheint vielmehr so, dass Tomas Oral vor und im Laufe der Saison eine bestimmte Struktur im Team, eine Hierarchie durch die sportliche Demontage der Protagonisten zerstörte (weil neben ihm als eher kontrollorientiertem Trainer kein Platz war für andere Autoritäten), ohne dass sich eine andere, bessere Teamstruktur an deren Stelle gesetzt hätte. Was wiederum zur Interpretation führt, dass Oral ein Problem mit starken Charakteren beziehungsweise diese mit seiner kleinlichen Kontrollart hatte(n). Was wiederum erklären könnte, dass gerade die erfahreneren Profis in der vergangenen Saison nicht zu den ultimativen Leistungsträgern wurden, die man sich vielleicht erhofft hatte. Was wiederum insbesondere auf Timo Rost und auch Ingo Hertzsch zutrifft. Was zugegeben alles arg spekulativ und hobbypsychologisch ist. Immerhin habe ich den sich hobbypsychologisch anbietenden Begriff aus den Weiten der Tiefenpsychologie nicht benutzt (und werde es auch nicht tun)..
Ob der Typus Timo Rost mit Peter Pacult besser zurecht kommen wird, wird sich erst noch zeigen. Nach drei Tagen Leistungsdiagnostik stehen die Ampeln offenbar noch auf grün. Ich persönlich glaube, dass Peter Pacult durchaus auch Typen neben sich dulden kann, wenn diese sich denn durch Leistung und durch Anerkennung in der Mannschaft zu einer herausragenden, persönlichen Position befähigen. Von daher bin ich gar nicht allzu schlechter Dinge, dass zumindest die Teamstruktur in Bezug auf gewachsene Hierarchien bei gleichzeitiger mannschaftlicher Geschlossenheit vom Wechsel Oral zu Pacult profitieren könnte.
Timo Rost hat jedenfalls die Lust noch nicht verloren und steht noch mal auf Angriff. Anfragen von Greuther Fürth und dem MSV Duisburg habe er abgelehnt. Weil:
Ich finde das RB-Projekt geil und will mit der Mannschaft aufsteigen. (…) Ich bin mir sicher, dass der Fußball uns und den Fans wieder Spaß machen wird.
Abgesehen davon, dass ich immer noch finde, dass mal irgendjemand beschließen sollte, dass das Wort Projekt zu verbieten ist (bei den permanenten Personalwechseln muss doch mal einer dabei sein, der das auch so sieht..) und abgesehen davon, dass mir der Fußball in der Schüssel auch letztes Jahr durchaus Spaß gemacht hat, hoffe ich doch, dass sich die Aufbruchstimmung, die bei Timo Rost zu spüren ist, erhalten und Teil der Mannschaft werden möge. Ich jedenfalls halte Timo Rost in einer ihm angemessenen Position mit geringer Verantwortung für das Kreativspiel immer noch für einen absoluten Kracher. Und hätte gerne, dass er in die Lage kommt, dies unter Beweis zu stellen. Oral hin, Pacult her.
“Ich bin mir sicher, dass der Fußball uns und den Fans wieder Spaß machen wird.”
Dieser Satz sagt eigentlich alles, anfangs war ich total pro Oral, am Ende genau das Gegenteil, man hat es irgendwie gespürt ohne selbst nie dabei gewesen zu sein, nun bin ich voller Hoffnung auf einen Neuanfang mit letztendlich “happy end”.
Heute in Braunsbedra sah man, das Herrn Rost das Fußballspielen wieder Spass zu machen scheint. Für ein Spiel aus dem vollen Training sah man Aktionen, die es in der vergangenen Saison nur äßerst selten gab, das hat den vielen Leipziger Besuchern gut gefallen.
Na endlich kommt good ole Timo mal zu Wort. Als ich in Meuselwitz neben ihm stand war das ein Gefühl wie neben dem Reaktor 2 von Fukushima kurz vor der Explosion. Und ich glaube gerade Ingo Hertzsch hatte bei den Pokalspielen seinen Frust in Kampf für das Team gesteckt!
Ich will Timo wieder in jedem Spiel sehen. Dann nehme ich mein Rost Trikot wieder aus dem Schrein…