Elfter Spieltag der Bundesliga bereits wieder. Ein Drittel der Saison schon rum. Mit Hannover 96 kam der Vierte der Tabelle nach Leipzig. Gleichzeitig ein Aufsteiger und damit auch ein erstmaliges Aufeinandertreffen der Profis beider Teams. Im Topspiel 3 gegen 4 setzte sich RB dank einer rasanten halben Stunde zum Schluss letztlich verdient mit 2:1 durch.
Gegenüber der 1:3-Niederlage in Porto hatte Ralph Hasenhüttl sein Team ordentlich durchgeschüttelt. Orban saß seine Rot-Sperre aus dem Spiel in München ab. Augustin fehlte verletzt. Bernardo, Keita, Forsberg und Kampl (und damit fast die komplette Kreativabteilung) saßen auf der Bank. Konaté, Klostermann, Demme, Laimer, Werner und Poulsen standen dafür in der Startelf und bekräftigten damit erstmal die Ankündigung von Hasenhüttl, dass es gegen Hannover um Geduld und um andere Dinge als rein fußballerische Qualitäten gehen würde. Organisiert war das Team wie immer im 4-2-2-2.
Hannover auf der anderen Seite reiste mit der selben Startformation wie zuletzt beim 4:2 gegen Dortmund an. Allerdings war man ganz in der Linie der bisherigen Flexibilität in Sachen Formation gegen RB etwas anders aufgestellt und spielte ein 5-2-3 aka 3-4-3. In vorderster Front stellten dabei Bebou, Jonathas und Klaus den Spielaufbau von RB Leipzig zu. Zwei Spieler kümmerten sich um die Innenverteidiger, während ein Spieler flexibel mit dem zurückfallenden Sechser von RB mitging.
Dieses taktische Konzept führte dazu, dass das Spiel manchmal aussah wie ein Boxkampf im Schwergewicht, wenn sich die Kontrahenten belauern und darauf warten zuschlagen zu können. RB Leipzig spielte viel über Gulacsi, wenn die vorderste Hannover-Reihe zu aufdringlich wurde. Die Gäste wiederum ließen sich dadurch nicht dazu verlocken, auch Gulacsi anzulaufen, sondern warteten darauf, dass der Ball wieder zu einem der drei Aufbauspieler von RB kommt, um dann mannorientiert Druck aufzubauen.
Das führte dazu, dass insgesamt in der ersten Halbzeit nicht allzu viel passierte, weil RB Leipzig sich schwer tat, den Ball in die durchaus vorhandenen Räume (weil Korb und Ostrzolek als Außenverteidiger gegen den Ball meist auf Höhe der Dreierabwehrkette agierten) neben den beiden Sechsern Schwegler und Bakalorz zu spielen. Wenn sie einmal in die Räume kamen, dann entstand vor allem über Sabitzer durchaus Gefahr, aber eben nur selten.
Die Anfangsphase gehörte sowieso den Gästen, die früh einen Freistoß in guter Position herausholten und nach vier Minuten Gulacsi zu einer Glanzparade zwangen, als der Ungar einen Ball von Ostrzolek links unten aus der Ecke kratzte, nachdem Konaté zuvor eine Hereingabe von Klaus hatte durch den Strafraum laufen lassen.
Das war es aber abgesehen von einer guten Klaus-Chance Mitte der ersten Halbzeit schon mit Hannovers Offensivherrlichkeit. Trotz ganz guter Feldpositionen schaffte man es nicht, sich gute Gelegenheiten herauszuspielen, weil man dazu im vordersten Drittel nicht genau und zielstrebig genug agierte.
Vielmehr hatte RB Leipzig für den Rest der ersten Halbzeit die besseren Chancen. Nach 16 Minuten verhindern Abseits und Tschauner das 1:0. Sabitzer hatte aus der Distanz abgezogen, Tschauner auf unkonventionelle Art nach vorn abprallen lassen. Timo Werner stand bei seinem Nachschuss aus fünf Metern, den Tschauner irgendwie abwehren kann, im Abseits.
Nach 23 Minuten ist es dann erneut Abseits und wieder Werner beteiligt. Wieder hatte Sabitzer aus der Distanz abgezogen und Werner war aus Abseitsposition in den Schuss gespritzt. Pech, dass der Ball wohl auch ohne Werners Zutun im Tor gelandet wäre.
Nochmal Werner dann in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Bruma hatte mit einer seiner wenigen gelungen Aktionen dem Stürmer perfekt aufgelegt, aber Sorg lenkte den guten Abschluss noch an die Latte.
Es war wie von Hasenhüttl prognostiziert tatsächlich nicht so richtig viel Fußball, den RB Leipzig zeigte. Man spielte eine kontrollierte erste Hälfte, in der man abgesehen von den ersten fünf Minuten kaum etwas zuließ und sich auf der anderen Seite zwei, drei gute Gelegenheiten erarbeitet. Geht einer der Bälle ohne Regelverstoß ins Tor, dann hat man quasi eine Wiederholung der Partie gegen Stuttgart, als man mit einem 1:0 aus einer überschaubar unterhaltsamen ersten Hälfte ging.
Das Spiel gegen Hannover war bis zur Pause auch ohne das ganz offene Visier und ohne viele Torchancen durchaus interessant, weil man mit der taktischen Herangehensweise der Gäste immer das Gefühl hatte, dass etwas passieren könnte. Und weil manch Fehler mit dem Ball (RB hatte allein bis zu Pause 23 Ballverluste, Hannover im ganzen Spiel nur 16) zu Bewegung auf dem Feld führte. Und auch die Räume neben den 96-Sechsern sorgten immer wieder zu im Ansatz gefährlichen Ballbesitzpositionen von RB.
In der zweiten Halbzeit ging das Spiel erstmal so weiter wie vor der Pause. Bis Hannover nach 56 Minuten mit dem ersten Torschuss der zweiten Hälfte in Führung geht, weil man mal einen Angriff zu Ende gespielt hat. Ein Angriff, der nach schlimmem Fehlpass von Laimer im Spielaufbau eigentlich durch gutes Gegenpressing schon abgefangen war, aber über die Abwehrkette und einen langen Ball noch mal gestartet wurde. Upamecano macht gegen Bebou sehr weit an der Mittellinie den Schritt nach vorn, ohne den Ball zu erreichen, sodass Bebou hinter ihm wegzieht und die Kugel serviert bekommt. Konaté kann sich nicht entscheiden, ob er nun Bebou außen übernehmen oder Jonathas in der Mitte folgen soll und bleibt zwischen den beiden Spielern. Und so spielt Bebou den Ball auf Jonathas, der aus elf Metern vollendet, wobei sein Schuss noch vom hereingrätschenden Klostermann unhaltbar für Gulacsi abgefälscht wird.
Hannover scheint nun Oberwasser zu bekommen. 8:6 Torschüsse zugunsten der Gäste stehen bis zur 63. Minute in der Statistik. 7:3 davon werden innerhalb des Sechzehners abgegeben. Auch wenn RB Leipzig das Spiel bis dahin über Ballbesitz kontrollierte und das in der ersten Halbzeit auch ganz gut machte, lag Hannover nicht ganz unverdient vorn, weil sie gute Ballgewinne hatten und immer wieder die offensiven Räume ganz gut bespielten und einmal damit auch durchkam.
Ralph Hasenhüttl brachte kurz vor und kurz nach dem 0:1 dann mit Forsberg und Keita viel kreative Klasse und erklärte das nach dem Spiel zu einem Teil des Matchplans, irgendwann diese Spieler bringen und frische fußballerische Qualität nachlegen zu können. Ein Schachzug, der sich auszahlen sollte.
Denn nach und nach veränderte sich die Statik des Spiels deutlich. Gerade durch Forsberg (aber auch auf der anderen Seite Sabitzer) machte man nun Bälle in den Räumen rund um die Hannover-Sechser fest, was bis rund um die 60. Minute noch zu selten der Fall gewesen war. So brach auch vorn die erste Reihe der 96 etwas zusammen, weil sie kaum noch Zugriff auf den RB-Spielaufbau fand und der Ball immer wieder rund um den Gäste-Strafraum zirkulieren konnte.
Torabschlüsse ergaben sich so zwangsläufig. Ballverluste leistete man sich RB nur noch vornehmlich tief in der gegnerischen Hälfte und nicht im Mittelfeld oder gar in der eigenen Hälfte (mal abgesehen von einem bösen Ballverlust von Upamecano im eigenen Strafraum). Nur noch jeder zehnte Pass wurde im eigenen Defensivdrittel gespielt, während es bis zur 63. Minute fast jeder vierte Pass war. 12:5 Torschüsse erarbeitete sich RB in den (inklusive Nachspielzeit) letzten 30 Minuten.
Das war einerseits Folge einer veränderten Statik im Spiel durch die Einwechslungen von Keita und Forsberg. Aber diese Veränderung beruhte auch auf einer deutlichen Erhöhung von Intensität und Geschwindigkeit. Man suchte nun viel mehr die Wege die Tiefe und versuchte dort, sein Tempo auszuspielen. Und das gelang in einigen Situationen gut, sodass die 96-Abwehr einige Male ins Schwimmen geriet. Wobei sich Salif Sané als erwarteter Turm im Zentrum der Gäste präsentierte und einige Bälle aus der Gefahrenzone beförderte.
Ironie der Geschichte, dass esletztlich auch ein Sané-Fehler war, der die Wende einleitete. Upamecano mit dem Freistoß am eigenen Sechzehner. Demme leitet auf Sabitzer weiter, der zu Forsberg weiterspielt. Und der Schwede lässt Sané mit einer Körpertäuschung aussteigen, bei der Sané am Ball vorbeispringt. Dadurch geht der Raum in der Tiefe auf. Forsberg nimmt die Kugel und Geschwindigkeit auf und setzt Werner ein. Der geht frei in den Strafraum und hat alle Optionen. Und guckt Richtung Torhüter und guckt Richtung Mitte und spielt dann den perfekten Pass zwischen Tschauner und zwei Verteidiger hindurch zu Poulsen, der am langen Pfosten nur noch einschieben muss.
Danach gibt es noch einige Abschlusschancen, inklusive eines Kopfballs von Werner nach Forsberg-Ecke ans Außennetz und einer ähnlichen Situation wie beim 1:1, nur dass der Poulsen-Pass auf Werner nicht genau genug ist, bevor doch noch das 2:1 fällt.
Ausgangspunkt ist eine geklärte Ecke von Forsberg, die Keita aufnimmt und zu Demme spielt. Während die Hannoveraner aus dem Sechzehner herausrücken, spielt Demme den Ball in die Tiefe auf den startenden Forsberg (der knapp nicht im Abseits steht). Forsberg durch die entgegengesetzte Bewegung völlig frei und mit dem Volley-Pass in den Strafraum. Und dort war Werner im Umschalten gedankenschneller als die H96-Abwehr und setzt den Ball per Direktabnahme ins lange Eck. Absolut suboptimal verteidigt von den Gästen, aber auch perfekt über drei Stationen gespielt von RB.
Der Rest des Spiels lief dann so herunter. Hannover 96 versuchte noch mal zurückzuschlagen, hatte sein Pulver abgesehen von ein, zwei guten Abschlusspositionen aber bis zur 63. Minute verschossen. Tschauner kam noch mal mit in den RB-Strafraum. Aber gefährlich wurde es nicht mehr.
Fazit: Es war 60 Minuten lang ein in Sachen Torgefahr absolut offenes, von RB Leipzig im Ballbesitz kontrolliertes Spiel. Mit dem 0:1 und den Einwechslungen von Keita und Forsberg änderte sich die ganze Art des Spiels aber komplett. RB nun mit hoher Intensität, Geschwindigkeit und vielen Torabschlüssen. Also mit einer Energieleistung, die man ihnen nach 60 Minuten Ballkontrollspiel und am Ende der englischen Wochen nicht mehr wirklich zugetraut hatte. Letztlich ging der Plan von Hasenhüttl auf, in der zweiten Halbzeit mit der Einwechslung von fußballerischer Qualität entscheidend Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Aufgrund der bemerkenswerten letzten 30 Minuten ging der Sieg für RB Leipzig in Ordnung, selbst wenn sich auch ein 1:1 oder ein 2:2 nicht allzu falsch angefühlt hätte. Denn Hannover 96 präsentierte sich lange als Gegner auf Augenhöhe, brachte sich aber selbst um die Chance auf Punkte, indem man zweimal gegen das Tempo von RB fehlerhaft verteidigte.
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Randbemerkung 1:Im Vergleich zur Vorsaison RB Leipzig nach elf Spielen mit fünf Punkten weniger (was auch noch mal zeigt, was für einen krassen Saisonstart man letzte Saison hingelegt hat). Gegen dieselben Gegner wie 2016/2017 holte man in dieser Saison bisher fünf Punkte mehr wie im Vorjahr (wenn man die Aufsteiger Stuttgart und Hannover gegen die Absteiger Darmstadt und Ingolstadt tauscht). Zwei Punkte im Schnitt. Platz 2 nach elf Spieltagen und dabei schon gegen Bayern und Dortmund gespielt. Die Bundesliga-Saison läuft bisher absolut am oberen Ende der Erwartungen. Aber der Vorsprung auf die Plätze 5 (nicht mehr Champions League) und 7 (nicht mehr Europa) ist mit vier Punkten auch noch absolut überschaubar.
Randbemerkung 2: Durchaus beeindruckend, wie man bei RB Leipzig im zweiten Block der englischen Wochen bewiesen hat, dass man aus dem ersten Block gelernt hat. Was das Rotieren am Anfang offenbar für manch einen Spieler noch eher ungewohnt in Bezug auf Rhythmus und Co und wurde es in Augsburg etwas arg überstrapaziert, hat man inzwischen das Gefühl, dass in der Kernrotation von 16, 17 Feldspielern sehr vernünftig und ohne größere Verluste getauscht werden kann. Abgesehen von Sabitzer fehlt so noch der RB-Spieler, der der Saison seinen absoluten Stempel aufdrücken würde. Aber dafür löst man Dinge über die Mannschaft und über die Breite des Kaders und erhält sich so die Frische und hat kaum Verletzungen.
Randbemerkung 3: Drei Siege in der Bundesliga. Ein Sieg in der Champions League. Dazu das unglückliche Ausscheiden im Pokal gegen die Bayern und das Streichergebnis in der Bundesliga bei den Bayern. Bleibt lediglich das Spiel in Porto als jenes übrig, bei dem man vor allem mit der ersten Halbzeit fußballerisch hadern kann und muss. Das ist für drei englische Wochen am Stück mit sieben Spielen in 22 Tagen keine schlechte Quote. Vor allem angesichts der hochkarätigen Gegnerschaft.
Randbemerkung 4: Dritter gegen Vierter. Spitzenspiel am Samstagnachmittag. Ausverkauft war es trotzdem nicht. Was vor allem an nicht verkauften Plätzen oberhalb des Gästeblocks lag. Der Block im Oberrang wurde eigentlich ursprünglich an Hannover-Fans verkauft, aber später (als nicht so viele Tickets an Gäste gingen, dass dies Ober- und Unterrang nötig gemacht hätte) gestrichen, weil die Gästefans dann komplett und auschließlich im Unterrang landeten. Der Oberrang des Gästeblocks ist bei Verkauf an Heimfans immer ein bisschen der neuralgische Punkt. Insgesamt sollte man dabei aber auch erwähnen, dass bisher erst ein Spiel mit einem Besuch von (knapp) unter 40.000 Besuchern wegging. Und das war gegen Freiburg als allein im Gästeblock knapp 2.000 Plätze freiblieben. In der letzten Saison war die Minuskulisse im ersten Saisonteil im Spiel gegen Augsburg mit knapp 36.000 Zuschauern. Könnte thesenhaft erstmal heißen, dass das Stammpublikum inzwischen doch etwas größer geworden ist und die Schwankungen in den Besucherzahlen kleiner werden.
Randbemerkung 5: Lange sah es so aus, als würde RB Leipzig das Spiel gegen Hannover mit vergleichsweise wenig Aufwand schaukeln. Am Ende investierte man dann doch noch mal viel und lag mit den Laufwerten nah den Durchschnittswerten der Saison. Durchaus bemerkenswert, dass die Mannschaft, die physisch und psychisch zuletzt etwas matt wirkte, dann doch noch mal im siebten Spiel in 22 Tagen auf Normalmaß hochfahren konnte. Dürfte einer der positiven Rotationseffekte sein.
Randbemerkung 6: Erstaunlich auch schon wieder die Statistik bei RB Leipzig in engen Spielen. Siebenmal ging eine Bundesliga-Partie von RB Leipzig mit maximal einem Tor Differenz aus. Von diesen Spielen gewann man fünf, spielte einmal Unentschieden und verlor einmal. Nur die Bayern verloren seltener knapp. Kein Team spielte seltener Unentschieden. Nur Frankfurt holte genausoviele knappe Siege. Kein Team holt in knappen Spielen im Schnitt so viele Punkte wie RB Leipzig. 2,29 Punkte sind es pro Spiel. Das ist mit Abstand der Topwert der Bundesliga. Heißt, dass man aus gar nicht so viel Überlegenheit bisher sehr viel macht. Was auch heißt, dass RB Leipzig mehr Punkte geholt hat, als man aufgrund der Chancenverteilung in ihren Spielen erwarten würde. Was bisher in vielen Spielen eben auch eine Qualität war, in den entscheidenden Momenten das bessere Team zu sein.
Randbemerkung 7: Wie schon in Köln verteidigten auch gegen Hannover Dayot Upamecano und Ibrahima Konaté zusammen. Diesmal für 90 und nicht nur für 45 Minuten. 18 und 19 Jahre in der Innenverteidigung, das ist schon sehr ungewöhnlich. Upamecano macht das schon sehr routiniert und Konaté scheint in dieselben Fußstapfen zu treten. Aber man merkt den beiden schon auch immer noch mal ihr Alter an, wenn sie an einer Stelle den Schritt nach vorn machen und dann überlaufen werden, wo man vielleicht etwas defensiver denken sollte, weil es hinter ihnen für 30, 40 Meter keine Absicherung mehr gibt. Aber es ist durchaus Wahnsinn, was die beiden in ihrem Alter auch schon alles mitbringen an Qualitäten für eine Position, auf der man sich nicht viele Fehler erlauben kann.
Randbemerkung 8: Nicht unwesentlich mit der Innenverteidigung (dazu verteidigte rechts mit Lukas Klostermann noch ein 21-Jähriger) zusammen dürfte auch hängen, dass laut UEFA-Twitterchannel gestern die jüngste RB-Startelf der jungen Vereinsgeschichte auf dem Platz stand. Keine Ahnung, ob das stimmt. Fakt ist, dass nicht allzu viel Erfahrung an Bord war. Peter Gulacsi, Marcel Halstenberg und Diego Demme waren mit 27, 26 und 25 Jahren schon die ältesten Spieler. Der Rest war zwischen 18 und 23 Jahre alt. Neun der zehn jüngsten Startformationen aller Teams in der aktuellen Bundesliga-Saison stellt RB Leipzig. Nur Bayern Leverkusen liegt mit einer ihrer Startformationen auf Platz 9 in dieser Statistik. Das Durchschnittsalter zu Beginn des RB-Spiels gegen Hannover lag bei unter 23 Jahren. Im Schnitt ist jeder Spieler in der Startelf von RB in den bisherigen elf Spielen ein Jahr jünger gewesen als jene Spieler von Bayer Leverkusen, die das zweijüngste Team stellen. Die Differenz zu den Bayern, also zum ältesten Team der Liga, beträgt mehr als vier Jahre. Wie gesagt, im Schnitt und pro Spieler. Krass junge Mannschaft. Selbst im Vergleich zum Vorjahr noch mal.
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Lichtblicke:
- Marcel Halstenberg: Nach seiner Nominierung für die Nationalmannschaft und einem sehr schwachen Spiel in Porto war Halstenberg wieder im Bundesliga-Modus, der diese Saison bisher ein konstanter und guter ist. Sicher im Defensivverhalten. Immer wieder auch in der Offensive als aktive Anspielstation unterwegs. Viele Aktionen, sehr auffällig.
- Timo Werner: Lange ein bisschen der Pechvogel des Spiels. Vor allem in der ersten Halbzeit. In Abseitsposition scheitert er aus fünf Metern frei vor Tschauer nach einem Abpraller. Dann klaut er Sabitzer ein Tor, weil er in Abseitsposition in dessen Schuss spritzt. Und kurz vor der Pause scheitert er auch noch an der Latte. In der zweiten Halbzeit platzte dann aber der Knoten und Werner bereitet ein Tor perfekt vor, schießt den Siegtreffer selbst und wurde mit Standing Ovations verabschiedet. Hatte einige Abseitspositionen, aber auch viele gute Wege in die Tiefe und in der zweiten Halbzeit auch einige gelungene Aktionen im Eins gegen Eins und im Kombinationsspiel. Sah irgendwann wieder wie der Timo Werner aus, der er vor der Auswechslung in Istanbul gewesen war.
- Emil Forsberg/ Naby Keita: Bewiesen wieder mal, dass ihre Qualität im Fall der Fälle doch den Unterschied machen kann. Mit ihren Einwechslungen veränderte sich die Art des Spiels deutlich, zog Ballsicherheit im Sechserraum Hannovers ein. Immer wieder öffneten sie dadurch Räume und sorgten für Geschwindigkeit und letztlich auch für den Sieg.
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Tore: 0:1 Jonathas (56.), 1:1 Poulsen (70.), 2:1 Werner (85.)
Aufstellung RB Leipzig: Gulacsi – Klostermann, Konaté, Upamecano, Halstenberg – Laimer (58. Laimer), Demme – Sabitzer, Bruma (53. Forsberg) – Poulsen, Werner (90. Kampl); Bank: Mvogo, Compper, Bernardo, Kaiser; Nicht im Kader: Ilsanker, Augustin (beide verletzt), Orban (gesperrt), Köhn, Coltorti, Schmitz, Palacios, Abouchabaka, Kühn
Aufstellung Hannover 96: Tschauner – Ostrzolek, Sorg, Sané, Anton, Korb (87. Maier) – Schwegler, Bakalorz – Jonathas (76. Füllkrug), Klaus (66. Harnik), Bebou
Schiedsrichter: Martin Petersen (Insgesamt aus Stadionsicht eine gute Spielleitung mit wenig Diskussionsbedarf. In der ersten Halbzeit gab es ein Haltevergehen von Konaté gegen Jonathas, das wieder mal eine Notbremsensituation gewesen wäre, wenn Jonathas das Halten angenommen hätte. Da hatte RB Glück. Zwei, drei Zweikampfentscheidungen waren diskutabel. Gelb gegen Halstenberg wurde vom Publikum sehr kritisch gesehen, weil man das Foul andersherum wahrgenommen hatte, aber aus meiner Perspektive konnte man das durchaus so geben. In der ersten Halbzeit schien Petersen sich zu lange gerade von Gästespielern zuquatschen zu lassen. Da war seine Geduld recht groß. Versuchte lange, ohne gelbe Karte durchzukommen, was anfangs etwas diskutabel schien (vor allem bei Schweglers vier Fouls allein bis zur Halbzeit), sich aber am Ende als vernünftige Linie erwies. Vor allem weil Petersen später, als die Attacken übler wurden (Bakalorz), auch relativ rigoros zu gelb griff. Und zudem ein Zeitspiel bei H96-Ecke auch konsequent bestrafte. Die Attacke gegen Werner kurz vor Ende an der Seitenlinie war heftig und vor allem unnötig, aber mit gelb absolut korrekt geahndet. (Warum Tschauner da extra aus seinem Tor sprintet und Werner anätzt, bleibt sein Geheimnis.) Kleine Fragezeichen, ob beim Lattentreffer von Werner kurz vor der Pause ein Handspiel von Oliver Sorg vorlag. Aber der Arm war am Körper, sodass keine Fläche vergrößert wurde, sodass die Entscheidung auf Weiterspielen zurecht nicht nach Rücksprache mit dem Videoassistenten kassiert wurde. Insgesamt eine sehr ordentliche Spielleitung des Bundesliga-Neulings Petersen, auch wenn man sich in Leipzig angewöhnt hat, Schiedsrichterleistungen schon sehr früh unnötig kritisch zu sehen.)
Gelbe Karten: Halstenberg (2.) | Bakalorz, Schwegler, Sorg, Sané
Zuschauer: 40.461 (davon 2.300 Gästefans)
Links: RBL-Bericht, RB-Fans-Liveticker, MDR-Bericht [broken Link], H96-Bericht, Kicker-Bericht, Pressekonferenz-Ticker
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- Torschüsse: 18 : 12
- Torschüsse innerhalb des Strafraums: 7 : 9
- Schüsse auf das Tor: 6 : 4
- gewonnene Zweikämpfe: 44,5% : 55,5%
- Ballbesitz: 58,8% : 41,2%
- Passquote: 83,8% : 71,2%
- Laufstrecke: 114,3 km : 115,1 km
- Sprints: 199 : 187
- Intensive Läufe: 621 : 615
- Fouls: 11 : 16
- Ecken: 2 : 2
- Abseits: 4 : 4
- Meiste Torschüsse: Sabitzer: 5 – Klaus: 3
- Meiste Torschussvorlagen: Forsberg: 3 – Bebou: 4
- Beste Zweikampfquote (mindestens 10 Zweikämpfe): Upamecano: 58,1% – Ostrzolek: 69,2%
- Meiste Ballkontakte: Demme: 103 – Sane: 79
- Beste Passquote (mindestens 20 Pässe): Upamecano: 95,7% – Schwegler: 85,2%
- Größte Laufstrecke: Demme: 11,9 km – Bebou: 11,6 km
- Meiste Sprints: Werner: 33 – Bebou: 31
Statistiken von bundesliga.de, whoscored.com
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Saisontorschützen: Werner – 6; Poulsen, Augustin – je 3; Sabitzer – 2; Orban, Bruma, Keita, Klostermann – je 1
Saisonvorlagengeber: Augustin – 4; Sabitzer, Werner – je 3; Forsberg, Halstenberg – je 2; Kampl, Bernardo, Keita, Bruma – je 1
Saisontorbeteiligungen (Entstehung des Tors jenseits der direkten Vorlage): Demme – 6; Sabitzer, Forsberg – je 4; Upamecano, Kampl, Keita – je 3; Laimer, Halstenberg – je 2; Gulasci, Ilsanker, Klostermann, Bruma, Poulsen – je 1
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Bilder: © Dirk Hofmeister
Hallo Herr Kießling, das leidliche Problem “Videoassistent” ist ja in aller Munde . Die Meinungsvielfalt ist ja bemerkenswert. Ich hätte gern mal eine Aufschlüsselung der Meinungen der internationalen Presse. Vielleicht ist das ja gerade für die spielfreie Zeit ein gutes Thema.
Mit frdl. Gruß
Gerd Große
Vielen Dank für diesen schönen Bericht zu einem schönen Spiel mit einem sehr geschickten Doppellichtblick Forsberg/Keita ;-) .
Es war im Spiel sehr angenehm, dass diesmal der Videoassistent überhaupt nicht bemüht wurde bzw. werden musste. Ohnehin gab es an der Schiedsrichterleistung von meinem Platz aus wenig bis nichts zu bemäkeln.
Unsere jugendlichen Innenverteidiger haben mir auch wieder sehr gut gefallen, auch wenn sie nicht fehlerfrei waren. Laimer hatte leider einen recht schwachen Tag erwischt mit vielen kritischen Ballverlusten im Spielaufbau. Bruma überzeugte mich auch nicht wirklich, aber mir viel positiv auf, dass er inzwischen viel mehr nach hinten arbeitet. Mit mehr Spielpraxis wird das hoffentlich alles noch besser.
Ich bin auch sehr erstaunt, wie man diese englischen Wochen gemeistert hat und am Ende im Spiel gegen H96 sogar zulegen konnte.
Bravo!
Forsberg wieder im MVP Modus, der Kinderriegel in der Abwehr hat gefallen, Sabitzer läuft und läuft, auch wenn Laimer + Bruma etwas abfallen, war diese Rotation notwendig und Spielpraxis ist ja immer gut.
Wechsel von Forsberg und Keita war natürlich top. Nur am Ende fragte ich mich, warum kommt nicht Bernado für Werner/Sabitzer wegen der hohen Bälle wegen.
Lichtblick Halstenberg geht in Ordnung, auch wenn ich Demme sehen würde. Alleine für diesen Chip auf Forsberg.
SR – Bewertung gehe ich konform, musste aber dazu die Wiederholung sehen. Frage mich nur, wo du überall sitzt, um dies so gut einschätzen zu können ;-)
Interesannt wäre noch, wenn Werner nicht den Fuß hinhält beim Torschuss von Sabitzer, ob es nicht doch abgepfiffen wäre wegen ggf. Behinderung TW.
Randbemerkung 6 ist für wahr eine klasse Qualität vom Team. Nur für den Fan ist es suboptimal ;-)
Alles in allen, Top – Analyse von Dir und Danke für die PK nach dem Spiel.
Und nun, erhol auch Du Dich während der LSP!
Edith fällt noch eine starke Spielszene ein:
Am Ende kam es zu einem Zweikampf mit Keita und dieser reklamierte Hand und es gab Abstoss. Und dann zack sprintet Keita so schnell wieder zurück, um im DMF zu helfen. Diese Einstellung hat mir sehr gut gefallen!