Wer Wirbel und weitere Geschichten rund um das Wochenende und Dortmung braucht, der wird an vielen Stellen in den Weiten des Internets (und später sicher auch in der Presseschau) fündig. Hier an dieser Stelle geht es heute um die Aufarbeitung der letzten Phase der Transferperiode. Und entsprechend über vier plus einen Abgang, mit denen der Kader noch mal ordentlich auf ein kerniges Ausmaß von rund 20 Spielern inklusive Keepern reduziert wurde. Über dessen Zusammensetzung wurde ja schon an anderer Stelle ausführlich geschrieben.
Terrence Boyd
Ein Abschied, der irgendwie doch ein wenig schade war. Was wiederum seltsam ist, bei einem Spieler, der zwei Jahre lang kein Pflichtspiel für die Profis von RB Leipzig absolviert hat. Aber Terrence Boyd hat es mit seiner Art und Weise geschafft, selbst in seiner Verletzungszeit sein hohes Ansehen in der Mannschaft und sein Standing bei den Fans zu behalten. Was ein absoluter Ausnahmefall sein dürfte.
2014 kam er nach dem Zweitligaaufstieg nach Leipzig. Ein perfekter Zeitpunkt für den damals 23-jährigen Stürmer. Bei Rapid Wien hatte er als konstanter Torschütze auf sich aufmerksam gemacht und wollte nun den nächsten Schritt gehen, sich mit RB Leipzig zu einem Bundesligaspieler zu entwickeln.
Was dann kam, war an Pech kaum zu überbieten. In der Vorbereitung machte er noch mit einem Treffer gegen Paris St. Germain auf sich aufmerksam. Dann kam das unglücksselige Testspiel gegen die Queens Park Rangers eine Woche vor dem Zweilitastart. In dem er sich in einer harmlosen Situation das Kreuzband anriss. Pause bis Mitte Oktober.
Dann kam er zurück und machte acht Spiele in Liga und Pokal. Drei Tore schoss er dabei. Viermal kam er von Beginn an zum Einsatz. Dummerweise dauerte sein vierter Einsatz nur eine reichliche halbe Stunde. Im damaligen Topspiel gegen Ingolstadt blieb er im Rasen hängen (der daraufhin mal eben bis zum nächsten Spiel ausgetauscht wurde) und riss sich das Kreuzband nun komplett.
Fast zwei Jahre dauerte es, bis der Stürmer bei RB Leipzig wieder einen Fuß auf den Boden bekam. Zwischenzeitlich stand auch das Karriereende im Raum. Immer wieder gab es Rückschläge. Aber am Ende stand Terrence Boyd dann doch wieder auf dem Platz, machte die Vorbereitung im Sommer mit und erfreute sich der simplen Tatsache, gegen einen Ball treten zu dürfen.
Einsatztechnisch reichte es aber aufgrund seines langen Ausfalls und der Konkurrenzsituation bei RB nur noch für Einsätze in der Regionalliga, mit denen er sich die ersehnte Spielpraxis holen sollte. Immerhin fünf Tore schoss er in neun Einsätzen, in denen er bei einem Team zum Einsatz kam, mit dem er unter der Woche nicht trainierte, weil er da bei den Profis war. Man konnte gut sehen, dass die Abstimmung mit den Kollegen selten optimal war. Man konnte zudem gut sehen, dass es für Terrence Boyd noch ein ganzes Stück hin ist, bis zu Erstligaform. Die von Wien gekannte Kaltschnäuzigkeit im Abschluss sah man im letzten halben Jahr in Leipzig jedenfalls nur selten.
Im Winter suchte Terrrence Boyd nach einer längerfristigen Vereinsperspektive, die auch mit Einsatzzeiten verbunden ist. Am Ende fand er nach Gerüchten um New York und Huddersfield den SV Darmstadt 98 und untschrieb dort bis 2018. Zumindest dahingehend passend, dass Darmstadt in jüngerer Vergangenheit immer wieder Spieler aufpäppelte, die anderswo hintendran standen. Vorzugsweise Spieler, die über gewisse Qualitäten im kämpferischen Bereich verfügen.
Mit Terrence Boyd kriegt Darmstadt jedenfalls einen echten Stoßstürmer, der von seiner Art und Statur her mit dem schmerzlich vermissten Sandro Wagner zu vergleichen wäre, aber von der Qualität her (derzeit) natürlich ein ganzes Stück davon entfernt ist. Insofern ist natürlich die Frage, inwiefern sich Darmstadt und Boyd gegenseitig sinnvoll befruchten können. Vielleicht löst sich das Versprechen ja aber auf Sicht spätestens in der kommenden Saison ein.
Nun, die Zeit für Terrence Boyd in Leipzig als Fußballer war einfach zu Ende. So offen und ehrlich konnten alle Beteiligten miteinander sein. Schade, dass er wegen der Verletzungen nicht die Chance gekriegt hat, sich mit RB Leipzig in die Bundesliga zu entwickeln. Wer weiß, was auf diesem Wege hätte aus ihm werden können. So bleibt dann halt nur der Weg über Darmstadt und im Fall der Fälle evenutell auch über die zweite Liga die Karriere wieder anzukurbeln. Die Qualität zu höherem hatte er einst. Ist halt die Frage, ob er noch mal da hinkommen kann.
Zsolt Kalmár
Auch eher eine Geschichte voller Missverständnisse. Aber hier waren weniger Verletzungen der Grund, sondern.. Ja, was eigentlich? So richtig ist man in zweieinhalb Jahren RB Leipzig nicht draus schlau geworden, was eigentlich das Problem ist. Kalmár ist sicherlich nicht der lauteste Spieler und nicht derjenige, der sich ad hoc wie ein Yussuf Poulsen integriert und seinen Weg geht. Aber es gibt auch andere stille Fußballer, die sich trotzdem entwickeln.
Zsolt Kalmár stagnierte genaugenommen, seitdem er in Leipzig angekommen war. Damals war er gerade 19 geworden und frisch gebackener, ungarischer Nationalspieler. Eines dieser großen Talente. Gute Technik, strammer Schuss, guter Zug zum Tor. Also in Ungarn zumindest.
In Leipzig tat er sich sichtlich schwer, sich auf die Erfordernisse des Zornigerschen Spiels auf zweite Bälle einzulassen. Mit seiner Art des Ballschleppers passte er irgendwie nicht so richtig zum dazu. Aber auch nicht ein Jahr später zur Spielidee Rangnicks. 22 Einsätze in eineinhalb Jahren mit im Schitt reichlich 20 Minuten Einsatzzeit und insgesamt null Toren verweisen darauf, dass er zwar dabei war, aber auch nie so richtig drin im Team. Weswegen er auch immer mal wieder in die Regionalliga zur U23 geschickte wurde.
Vor einem Jahr ging er im Winter leihweise zum FSV Frankfurt. Eine nur halbwegs geglückte Beziehung, denn spätestens als Falko Götz übernahm, war Kalmár raus aus dem Team. Und kehrte wieder nach Leipzig zurück. Wo man nicht so richtig was mit ihm anzufangen wusste, wo sich Kalmár aber in der Bundesliga durchbeißen wollte. Eine gute Vorbereitung schien ihn nah an die Mannschaft zu bringen. Am Ende reichte es in den letzten Monaten für drei Minuten im DFB-Pokal und ein paar Kaderplätze in der Bundesliga.
Das war dann nicht so richtig viel. Weswegen er jetzt im Winter wieder den Verein verlässt. Und zu Alexander Zorniger zu Bröndby IF geht. Ein erstaunlicher Schritt, wenn man Kalmárs Probleme beim Spiel gegen den Ball bedenkt. Zumindest wissen alle Beteiligten, was sie vom jeweils anderen kriegen..
Bis 2018 ist Kalmár nach Dänemark verliehen. Genug Zeit, den nächsten Entwicklungsschritt zu nehmen und sich in einer nicht ganz so guten Liga wieder aufzubauen. Man darf ja auch nicht vergessen, dass Kalmár erst 21 ist und noch viel, viel Zukunft vor sich hat. In Leipzig steht Kalmár bis 2019 unter Vertrag. Die Frage ist halt, wie er sich bis 2018 entwickelt. Entwickelt er sich gut, dürfte er bei seiner Rückkehr zu einem Verkaufskandidaten werden. Entwickelt er sich überragend, könnte er vielleicht auch ein Kandidat für einen Platz bei RB Leipzig werden (was aktuell aber unwahrscheinlich erscheint). Mal sehen, was Zorniger aus der Aufgabe macht.
Idrissa Touré
Wer erinnert sich nicht an dieses überragende Talent, wie es einem zu Beginn der Saison 2015/2016 im RB-Nachwuchs begegnete. Der Lohn für Idrissa Touré war damals das Reisen mit den Profis in die Türkei ins Wintertrainingslager. Wo der damals gerade mal 17-Jährige spielerisch auf sich aufmerksam machte, aber bei einem Testspiel auch durch leichte Attitüden gegenüber dem Schiedsrichter auffiel. Zwei Monate später feierte er mitten in einer Grippephase bei RB Leipzig sein Debüt bei den Profis. Als jüngster Profi überhaupt. Eine verheißungsvolle Karriere, die Welt offen, die Nachwuchsarbeit bei RB Leipzig ein voller Erfolg.
Neun Monate später erinnert daran nur noch ein Scherbenhaufen. Immer öfter hörte man bei Tourés Einsätzen im Nachwuchs seinen Namen über den Platz hallen, weil seine taktische Disziplin nicht mit den Ideen des Trainers übereinzustimmen schien. Trotzdem gehörte er zur deutschen U19-Nationalmannschaft. Wo dann allerdings das Unheil auch seinen Lauf nahm. Shisha-Rauchen und ein Brandfleck wurden ihm zusammen mit Vitaly Janelt und im Gegensatz zu Nationalspielern anderer Klubs zum Verhängnis. Zusammen mit anderen Vorfällen in der Akademie, die nie näher benannt wurden, führte das zum Rausschmiss aus der Akademie und aus dem U19-Training. Hotel und Arbeiten in einer Kita hieß es fortan.
Das Tischtuch war durch die enorm restriktive Maßnahme offenbar komplett zerschnitten. Wollte man anfangs zur Winterpause die Situation noch mal neu bewerten, stand am Ende nur noch die Frage, wohin Touré geht und nicht ob. Am Ende schlug die U23 von Schalke 04 zu. Wo Touré nun erst mal bis 2018 Zeit hat, sich neu zu beweisen.
Fußballerisch und körperlich bringt er irgendwo zwischen Sechs und Acht (in seiner Karriere dürfte er von ganz hinten bis ganz vorn abre schon alles gespielt haben) ganz viel mit, was ihn zu einem sehr guten Kicker machen kann. Er muss es sich halt erarbeiten. Auch bei RB Leipzig hatte man ja diese Phantasie, ein großes Talent in Touré zu sehen. Sonst hätte man ihn nicht noch vor einem halben Jahr mit einem Profivertrag bis 2021 ausgestattet. Nun lässt man ihn aus Gründen abseits des Sports komplett ziehen. Das geht für keinen der Beteiligten als Meisterleistung in die Nachwuchsarbeitsgeschichte ein.
Vitaly Janelt
Fast deckungsgleich zu Touré die Geschichte von Janelt. Auch der weilte vor einem Jahr mit im Trainingslager in der Türkei und durfte dort als 17-Jähriger in einem Testspiel ran. Im zentralen Mittelfeld war bei den Profis aber für ihn noch kein Platz, weswegen man ihn über U19 und U23 aufbauen wollte. Bis er mit Touré bei der Nationalmannschaft Shisha rauchte und anschließend auch suspendiert wurde.
Auch bei ihm hatte man gerade erst einen Profivertrag bis 2021 unterzeichnet. Nun ging er zum VfL Bochum, wo er erstmal leihweise bis 2018 spielt. Dem Vernehmen nach soll Bochum eine Kaufoption mitunterschrieben haben. Wenn sich Janelt also entwickelt wie erhofft, dann könnten sie ihn wohl auch fest verpflichten und dann weiterverkaufen oder die eigene Qualität erhöhen.
Für Janelts Entwicklung ist der Schritt zum VfL Bochum vielleicht sogar ganz optimal. Als ruhiger, zentraler Defensivspieler gibt man ihm dort die Chance über die U19 an ein Team herangeführt zu werden, dass immerhin zweite Liga spielt, wohin der Sprung aber trotzdem lange nicht so groß ist wie bei RB. Zumal die Nachwuchsspieler dort regelmäßig ins Profitraining integriert werden. Und in Testspielen an der Seite des Anschlusskaders der Profis, die an Spieltagen nicht zum Einsatz kommen, Spielpraxis erhalten. Dass Janelt zurück nach Leipzig kommt, ist nach dem letzten halben Jahr relativ ausgeschlossen.
Renat Dadashov
Bliebe noch Renat Dadashov. Der gehörte noch gar nicht zu den Profis bei RB Leipzig und spielt deswegen hier nur eine untergeordnete Rolle, weil es so gut zum Abgang der Talente Touré und Janelt passt. 2014 kam Dadashov mit viel Trara von Eintracht Frankfurt. Woraufhin manch Verantwortlicher in Frankfurt ein bisschen vor sich hinpöbelte über den neureichen Klub, der ihnen die Talente klaut. Erstaunlich nur, dass man das bei einem Spieler machte, der ein Jahr vorher erst von Wehen Wiesbaden kam.
Nun ja, Dadashov wechselte nach eigenen Aussagen vor allem wegen der sportlichen Möglichkeiten und nicht wegen des Geldes nach Leipzig. Und weil er weltbester Spieler werden will, wie er zwischendurch Sky in einer Doku erzählte. Das Ziel verfolgt er aber inzwischen wieder bei der Frankfurter Eintracht. Denn in der U19 von RB überwarf er sich nach Lage der Dinge mit dem Trainer und suchte das Weite bzw. das Naheliegende in Form des Ex-Klubs.
Dadashov ist einer, dessen Entwicklung als Stürmer im letzten Jahr in Leipzig einigermaßen stagnierte, der vielleicht mal einfach ein neues Umfeld braucht, in dem er sich mit seinen 17 Jahren gut aufgehoben fühlt. Ob der Stürmer dieses Umfeld in Frankfurt vorfindet und an alte Qualitäten anknüpfen und sich auf den Fußball konzentrieren kann, wird man sehen. Im ersten Schritt dürfte er erst mal um einen Profivertrag spielen.
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