Das ging dann doch alles ziemlich schnell und kam vergleichsweise plötzlich. Alles rechnet bei der Pressekonferenz vor dem Spiel in Paderborn mit Marvin Compper und Ralf Rangnick und diversen ‘läuft gut, ist aber noch nichts gewonnen’-Sätzen. Und dann sitzt da plötzlich Emil Forsberg neben dem Coach und es wird bekanntgegeben, dass der Schwede sein eigentlich sowieso bis 2018 laufendes Arbeitspapier bis 2021, also längstensmöglich (die FIFA lässt nur eine maximale Vertragslaufzeit von fünf Jahren zu) und ohne Ausstiegsklausel und ohne Klausel einer Freigabe bei Nichtaufstieg in die Bundesliga verlängert.
Emil Forsberg kam erst vor einem reichlichen Jahr in der Winterpause nach Leipzig und etablierte sich sofort als wichtige bis wichtigste Offensivkraft. Ging ihm in seiner ersten Halbserie in Leipzig noch etwas die direkte Torgefahr ab und blieb er deswegen in 15 Einsätzen in Liga und Pokal torlos, ist er in dieser Saison zusätzlich zu seiner sowieso vorhandenen spielerischen Klasse und seinen hervorragenden Fähigkeiten im Eins gegen Eins auch noch effektiver geworden.
Mit sechs Toren und fünf Vorlagen ist er aktuell der beste Scorer im Team. An vier weiteren Toren war er in der Entstehung beteiligt. Von allen Spielern, die regelmäßig Einsatzzeiten in der Startelf bekommen, braucht er die wenigste Zeit für seine Scorerpunkte. Alle 149 Minuten ist er direkt an einem Tor beteiligt. Zuletzt beim 3:0 gegen Union mit seinem Pass zum 1:0, das Kaiser erzielte.
Mit seinem neuen Arbeitspapier ist Emil Forsberg nun bis fast zu seinem 30. Geburtstag vertraglich abgesichert. Allein das beweist schon das enorme Vertrauen, das man bei RB Leipzig aufgrund der Taten in den letzten Monaten in ihn setzt. Mit 24 Jahren ist Forsberg dabei aktuell in einem für die Verhältnisse in der RB-Offensive fast schon hohen Alter.
Allerdings war Forsberg aufgrund seiner recht späten Entscheidung, sich nur noch auf die Fußballkarriere zu konzentrieren (bis 17 spielte er parallel Floorball), auch eher ein Spätzünder, sodass seine Entwicklung noch nicht abgeschlossen scheint. Was hinsichtlich des Schritts in die Bundesliga, den Forsberg natürlich am liebsten in diesem Sommer gehen will, nicht ganz unwesentlich ist. Denn um sich dort auf höherem Niveau zu beweisen und durchzusetzen, wird auch ein Forsberg noch mal einen sportlichen Schub brauchen.
Besonders in Bezug auf die Effizienz der Offensivaktionen gibt es durchaus und trotz aller guten Statistiken noch Luft nach oben, fehlt manchmal im Strafraum die letzte Konsequenz und vor dem Tor die letzte Kaltschnäuzigkeit. Vielleicht ist es hinsichtlich seines Einflusses auf den Erfolg der Mannschaft auch erstaunlich, dass RB Leipzig mit Emil Forsberg auf dem Platz in dieser Spielzeit bisher weniger Punkte holte als ohne ihn.
Neben dieser leichten Anomalie am Rande fiel in den letzten Monaten auch auf, dass Emil Forsberg manchmal ein paar Probleme mit dem Spiel gegen den Ball hatte und insbesondere in den letzten 15 bis 20 Minuten (auch wegen des aufwändigen Spiels in den 70 bis 75 Minuten zuvor) nicht immer das Sprinttempo gehen konnte, das nötig gewesen wäre, um seine Seite defensiv mitzusichern. Das wurde in jüngerer Vergangenheit besser, ist aber sicherlich für die erhoffte Bundesligazukunft ein Punkt, den man im Blick behalten muss.
Insgesamt ist die Fehlersuche im System Forsberg eine Suche auf sehr hohem Niveau und die Vertragsverlängerung mit einem der stärksten bzw. für manche dem stärksten Offensivspieler der zweiten Liga ein absolutes Statement. Sowohl nach innen als Signal an die Mitspieler, als auch nach außen als Signal an mögliche Neuverpflichtungen, einen künftigen neuen Trainer und eventuelle Clubs, die RB-Spieler auf ihrem Zettel haben.
Das Signal ist, dass man den Kader in Bezug auf seine Stützen auch über den Sommer hinaus zusammenhalten wird. Das machte Ralf Rangnick gestern auch noch mal dadurch deutlich, dass er meinte, alle Stammkräfte nicht nur für die nächsten ein, zwei Jahre unter Vertrag haben zu wollen, sondern gern auch länger.
Damit hat der Sportdirektor gleich mal relativ deutlich ausgeschlossen, dass man den Sommer zum Auscashen nutzen werde. Sprich, die Möglichkeit einen Großtransfer im ordentlichen zweistelligen Millionenbereich als Abgang einzuplanen, um damit die Grundlage für Transfers in der Breite des neuen Kaders zu verbessern, scheint derzeit als Strategie nicht verfolgenswert. Was nicht heißt, dass man mit Emil Forsberg in den nächsten drei, vier Jahren nicht noch mal viel Geld bei einem Wechsel bspw. nach England verdient. Falls sich Forsberg so entwickelt, dass er sich auch in der Bundesliga auf konstantem und hohen Niveau beweisen kann.
Erstaunlich an der Vertragsverlängerung ist vor allem, dass Forsberg im Zusammenspiel mit seinen Beratern diese Entscheidung noch vor dem Sommer getroffen haben. Dabei spielt der Schwede nach der Zweitligaspielzeit noch eine Europameisterschaft, bei der er sich eventuell ins Rampenlicht europäischer Großvereine hätte spielen können. Konkurrenz auf dem Transfermarkt hätte seine Ausgangsposition in Vertragsverhandlungen sowohl mit RB als auch mit potenziellen anderen Kandidaten noch mal ordentlich verbessert.
Auf diese strategische Chance mehr als zwei Jahre vor Auslaufen des Vertrages verzichtet zu haben, spricht sehr dafür, dass der extrem bodenständige und geerdete Forsberg für den Moment nichts anderes wollte, als den Weg, den er in Leipzig begonnen hat, noch ein ganzes Stück weiterzugehen. Das wird man ihm vereinsseits sicherlich mit einer Gehaltsanpassung auf vernünftigem Erstliganiveau versüßt haben. Aber wer es allein auf diesen Faktor schieben will (zumal wenn sich Forsberg hätte englische Vereine warmhalten können), der wird die Strahlkraft, die Leipzig auf Talente hat, nicht verstehen können.
Letztlich macht es eine Mischung aus verschiedenen Dingen. Von Forsberg immer wieder hervorgehoben wurden die sehr guten sportlichen Möglichkeiten in Bezug auf die Trainingsinfrastruktur und die personelle Besetzung im Betreuerstab. Nicht unwichtig sicherlich auch in gewachsenem und vertrauten Umfeld (und auch einem ihm vertrauenden Umfeld) den Schritt in eine europäische Topliga machen zu können. Und nicht zu vergessen Ralf Rangnick. Der nicht nur über die Möglichkeit verfügt, Vertragsangebote mit guten Zahlen zu versehen, sondern (egal was man von außen von manch positivistischer Rhetorik halten mag) gerade bei jungen Spielern eine enorme Überzeugungskraft hat, weil er ihnen offenbar immer wieder glaubhaft gute Zukunftsszenarien und Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen kann und generell ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihnen pflegt.
Dieser Mischung ist Emil Forsberg offenbar erlegen und ist nun noch vor Davie Selke und Atinc Nukan der RB-Spieler mit dem am längsten laufen Arbeitsvertrag. Was für den Verein sportlich und perspektivisch vielleicht auch wirtschaftlich eine extrem angenehme Situation ist. Was für die Fans, die in Forsberg als Typ und mit seiner spektakulären Art des Offensivspiels einen ihrer Lieblinge sehen, eine prima Geschichte ist. Und was auch für Forsberg selbst und seinen nächsten Schritt in eine höhere Liga vermutlich von großem Wert ist. Letztlich sind in dem Fall (Stand heute) alle Beteiligten Gewinner. So einfach ist das manchmal im Fußball.
Sehr guter Kommentar RBB!!
Diese Steigerung von ihm innerhalb kurzer Zeit ist schon beeindruckend!
Und sein Satz (was er so alles liebt) kaufe ich ihm 100% ab.
Hochzeit, EM und dann 1. Liga = könnte ein gutes Jahr für Emil werden.
Hoffenheim runter und Leipzig mit Rangnick hoch in Liga 1. Warum nicht! :-D