2.Bundesliga: RB Leipzig vs. SV Darmstadt 98 2:1

Das Aufsteigerduell zwischen RB Leipzig und dem SV Darmstadt 98. Ausgespielt zum vierten Mal innerhalb der letzten eineinhalb Jahre. Und aufgrund der sportlichen Vergangenheit und der ideologischen Differenzen ein Duell, in dem sich einiges an Rivalität angestaut hat. Eine Rivalität, die im direkten Aufeinandertreffen nie die Grenzen des guten Geschmack überschritts, sodass sich die Spieler nach der Partie auch ohne große Animositäten sportlich fair begegnen, die Hand reichen und hier und da auch Trost spenden konnten.

Aus Sicht von RB Leipzig konnte es gegen Darmstadt nur um einen Sieg gehen, wenn man die Saison nicht vier Spieltage vor dem Ende schon ad acta legen wollte. Für den SV Darmstadt hätte wohl schon ein Unentschieden gereicht, um das Spiel als vollen Erfolg zu begreifen. Am Ende war es ein Spiel, wie es typisch ist, wenn man gegen Darmstadt spielt. Man betreibt viel Aufwand und kriegt dafür wenig Ertrag. Irgendwann kriegt man durch einen Konter (alternativ wäre auch ein Standardtor gegangen) den Gegentreffer und es wird noch schwieriger.

Untypisch allerdings, dass Darmstadt die Führung noch aus der Hand gab (erstmals diese Saison nach Führung noch verloren, erstmals überhaupt seit Anfang November 2013). Völlig verrückt dazu, dass dies nach 93 Minuten mit der letzten Aktion des Spiels der gegnerische Torwart erledigte.

Dem Spektakel hatte der Fußballgott allerdings das Spiel vorgeschaltet. Und in dieses war RB Leipzig mit Marvin Compper für den kurzfristig verletzt ausgefallenen Rodnei gegangen. Compper machte seine Sache insgesamt ok, auch wenn er gerade in der Anfangsphase noch ein wenig unsicher und wacklig wirkte. Für den gesperrten Emil Forsberg rutschte zudem Diego Demme in die Startformation.

Während Rodneis Ausfall und dessen fehlende Physis noch erstaunlich gut zu kompensieren war, fehlte Emil Forsberg wesentlich deutlicher, denn seine Qualität beim Spiel zwischen Abwehr- und Mittelfeldkette des Gegner konnte niemand ersetzen. Von den zentralen Spielern im Mittelfeld Kaiser, Demme, Kimmich ist nur ersterer einer, der auch in dieser Rolle ganz gut besetzt ist. Gerade Diego Demme ließ sich aber zumeist in von ihm gewohnte Räume fallen und spielte oft im Wechsel mit Kimmich oder an dessen Seite auf der Sechs.

Coach Achim Beierlorzer bemängelte nach dem Spiel entsprechend, dass die offensiv-zentralen Spieler (also Kaiser und Demme) sich hätten zu oft Richtung Sechs fallen lassen und so der Raum in die Tiefe Richtung Gäste-Verteidigung nicht besetzt war. Dass vor allem Kimmich und Demme viel von der Sechs agierten, führte gegen die mit zwei kompakten Viererketten verteidigenden Darmstädter entsprechend dazu, dass man den Ball viel zu viel von der Mittellinie durchs Mittelfeld schleppte und so lange der Eindruck eines sehr statischen, leicht pomadigen und gut zu verteidigenden Spiels entstand.

Ein Emil Forsberg als Zwischenraumspieler hätte dies verändern können, stand aber nicht zur Verfügung. Omer Damari als Stürmer, der auch immer wieder zwischen den Ketten Bälle sichert, konnte hier nach seiner Einwechslung zumindest in Ansätzen Abhilfe schaffen und die Situation verändern helfen.

Fußball verkehrt - Die Stürmer Daniel Frahn und Dominik Stroh-Engel als interessierte Beobachter des 2:1-Siegtreffers von Torwart Fabio Coltorti | GEPA Pictures - Roger Petzsche

Dass das Spiel lange sehr statisch aussah, lag aber auch daran, dass Darmstadt sehr gut verteidigte. Mit Stroh-Engel und Rosenthal störte man in der ersten Linie sehr gut den RB-Spielaufbau über die Innenverteidiger oder einen aushelfenden Mittelfeldspieler und bot nur Passwege an, die den anderen acht Darmstädtern entgegenkamen. Zudem führte das Fehlen von Forsberg dazu, dass Teigl rechts und Poulsen links oft isoliert waren und entsprechend bei den Bällen, die sie zwangsläufig aufgrund der zur Verfügung stehenden Passwege bekamen, meist gut verteidigt werden konnten.

Zum sehr guten Darmstädter Verteidigungsverhalten und dem statischen Spiel der RasenBallsportler kam noch eine recht hohe Fehlerquote im Spiel mit dem Ball hinzu. Das was man gegen Darmstadt bräuchte, nämlich schnelles, direktes Spiel war selten zu sehen und wenn dann stand man sich mit Abspielfehlern selbst im Weg. Sodass das Spiel über große Teile der ersten 70 Minuten eher so dahinplätscherte. RB Leipzig wollte gern (64% Ballbesitz), konnte es aber nicht so richtig. Darmstadt konnte es defensiv gut (58% Zweikampfquote), wollte aber offensiv meist nicht.

Mit viel Wohlwollen gab es in der ersten Halbzeit drei gute Chancen und ein paar sehr gute Fast-Chancen (z.B Poulsen der knapp einen Pass in die Tiefe verpasst, eine RB-Ecke die flach von niemandem berührt durch den Strafraum fliegt). Auf RB-Seite die beste Chance hatte Yordy Reyna, der sich nach sieben Minuten im Zentrum mal durchsetzen konnte, aber mit seinem Schuss an Gästetorwart Mathenia scheiterte. Auf der anderen Seite kommt der starke Tobias Kempe nach einem Einwurf in Rücklage und schießt deswegen aus fünf Metern über das Tor (36.) und rettete Joshua Kimmich nach Standard erst gegen Hanno Behrens und dann gegen Dominik Stroh-Engel (43.).

In der zweiten Halbzeit änderte sich an dem Bild erst mal nichts, außer dass die Chancen noch weniger wurden und das Spiel etwas zweikampfintensiver wurde. RB Leipzig versucht mit Aufwand anzurennen, hat aber keine Mittel, um die Darmstadt-Defensive zu knacken. Darmstadt lauert ohne Risiko auf den Lucky Punch.

Die ganze Szenerie hätte nach 72 Minuten aufgelockert werden können, wenn denn Schiedsrichter Kampka auf Elfmeter gegen Darmstadt entschieden hätte. Was er aber nicht tat, sondern lieber Omer Damari die gelbe Karte wegen Schwalbe zeigte. Letzteres war auf jeden Fall eine Fehlentscheidung, denn der Kontakt zwischen Mathenia und Damari am Fuß war zu 100% da. Und zumindest die Zeitlupe legt nahe, dass Elfmeter wohl keine falsche Entscheidung gewesen wäre. Denn Damari legt den Ball an Mathenia vorbei, der eine Zehntelsekunde zu spät kommend dem Stürmer nur noch auf den Fuß tritt. Man kann dem Schiedsrichter vielleicht nicht unbedingt vorwerfen, dass er nicht gesehen hat, dass Damari selbst den Ball spielte und dieser nicht etwa von Mathenia weggespitzelt wurde, denn dafür musste man selbst in der Zeitlupe aus Hintertorperspektive gut hingucken. Aber dass er Damari trotz Kontakt mit dem Keeper für das Hinfallen gelb gibt, war schlicht falsch.

Sei es wie es sei. Es ging mit 0:0 weiter und aus dem Nichts stand es fünf Minuten später statt 1:0 plötzlich 0:1. Einmal klappt die typische Kopfballverlängerung von Stroh-Engel nach Mathenia-Abschlag, die RB Leipzig sonst 90 Minuten sehr, sehr gut verteidigte, sodass Tobias Kempe an den Ball kommt, rechts Sandro Sirigu mitnimmt, der wiederum auf den in den Rücken der Abwehr gelaufenen und komplett übersehenen Kempe zurückpasst. Kempe hat nun ganz viel Platz und bedient von der Grundlinie in der Mitte Hanno Behrens, um den sich auch keiner kümmert, der dann aus fünf Metern nur noch einschieben braucht.

Mag sein, dass nach der frenetisch gefeierten Frahn-Einwechslung keine Minute zuvor noch ein wenig Unordnung in der Mannschaft steckte, aber so einfach und vor allem so erwartbar sollte man sich von Darmstadt dann doch kein Tor eingeschenken lassen. Zumindest wenn man sich aus einer schweren nicht eine extrem schwere Aufgabe basteln will.

Gut für RB Leipzig, dass man sich darüber nicht lange Gedanken machen konnte und nur zwei Minuten später zurückschlug. Joshua Kimmich spielt einen perfekt getimten Pass in die Tiefe auf den durchstartenden Außenverteidiger Lukas Klostermann, der sich gegen Sulu durchsetzt und dann eigentlich zu spät ist, um den Ball noch zu verwerten, aber von Romain Bregerie angeschossen wird, sodass der Ball aus sieben Metern im Tor landet. Entscheidend hierbei der Einsatz von Dominik Kaiser, der dem Ball hinterhergrätscht, wodurch Bregerie überhaupt erst in die Situation kommt, die Kugel zur Seite wegschlagen zu wollen, aber an Klostermanns Bein zu scheitern.

Binnen zwei Minuten alles wieder auf Anfang gesetzt, nur das Spiel war jetzt ein völlig anderes. Hatte Beierlorzer schon vorher mit den Einwechslungen von Damari und Frahn alles auf die offensive Karte gesetzt, wurde es jetzt von Minute zu Minute wilder und spielte RB Leipzig immer offensiver und irgendwann im Harakiri-Modus. Spätestens mit der Einwechslung von Kalmár für Sebastian nach 86 Minuten stellte man dann hinten auf (überspitzt gesagt) irgendwas zwischen Einer- und Zweierkette mit Kimmich (!) und Compper als Innenverteidigern um (wobei Compper später auch noch in den Darmstädter Strafraum aufrückte).

Unentschieden oder Niederlage machte für RB Leipzig keinen Unterschied. Sieg oder Untergehen war das Motto. Und wenn Darmstadt ein wenig cleverer oder glücklicher agiert hätte, wäre man wohl untergegangen. Zweimal war es der eingewechselte Sandro Sirigu, der die erneute Führung vor Augen hatte. Einmal scheiterte er per Kopf an einem Coltorti-Reflex (85.), einmal schoss er aus halbrechter Position völlig freistehend, weil der sichtlich ausgepumpte Klostermann nicht folgen konnte, doch ein ganzes Stück links vorbei.

Wenn man an diesem Tag etwas gutes über RB Leipzig sagen will, dann dass sie über die gesamten 90 Minuten immer und immer wieder anrannten. Nicht immer mit den richtigen Mitteln, aber unermüdlich versuchte man es mit Pässen in die Tiefe oder Einzelaktionen, den Riegel doch mal zu knacken. Reichlich 121 km (selbst in der Bundesliga ein absoluter Topwert) legte man bei den Bemühungen zurück. Und auch in den letzten 10 Minuten rannte man ein ums andere mal an, um doch noch zu drei Punkten zu kommen.

In diesem Sinne schon fast logisch, dass man bei diesem offensiven Anrenn-Harakiri in der letzten Spielminute, bei der vermutlich letzten Ecke des Spiels auf die Idee kam, das Harakiri noch zu vollenden und Keeper Fabio Coltorti mit nach vorn zu schicken. Die Zukunft der Saison hineingelegt in eine Spielszene, in der man mit aller Macht gegen den gern genommenen Rivalen Darmstadt noch den Sieg herausholen will. Manchmal kann man sich die Szenarien gar nicht besser ausmalen.

Dominik Kaiser bringt schließlich die Ecke hinein. Omer Damari setzt sich in der Mitte gegen die geballte Kopfballstärke (auch Abwehrkante Gorka war direkt vor der Ecke noch ins Spiel gekommen) der Darmstädter durch und köpft auf den am Fünfmeterraum stehenden Coltorti, der sich im Rücken der Abwehr freigeschlichen hatte und auch nicht im Abseits stand, weil Dominik Stroh-Engel es fünf Meter danebenstehend dankenswerterweise aufhob.

Den Rest erledigt Coltorti im Stile eines Klassestürmers (und wird bei der Aktion auch intensiv von den Klassestürmern Frahn und Stroh-Engel von beiden Seiten beobachtet). Den Ball mit links stoppen, einmal drehen und mit rechts aus fünf Metern an Mathenia vorbei ins Netz schieben. Und der Rest geht in einem Tollhaus unter, wie man es sich nach 60, 70 Minuten nie hätte vorstellen können. Wahnsinn.

Fazit: Ein nicht unverdienter Sieg, weil RB Leipzig über 90 Minuten das deutlich aktivere Team war, das nie aufgab und bis zum Schluss immer und immer wieder anrannte und mit zunehmer Spielzeit und zunehmender Verzweiflung immer mehr und sowieso mehr als Darmstadt riskierte und investierte. Ein glücklicher Sieg trotzdem, weil Darmstadt in beiden Halbzeiten die besseren Torchancen hatte, das Spiel defensiv lange fast komplett im Griff hatte und ein Sieg in der 93. Minute sowieso immer auch glücklich ist. Aber glücklich hin oder her, das emotionale Auf und Ab zwischen Frahn-Einwechslung, Gegentor, Ausgleich, Gästechancen und Siegtoreruption wird vielen unvergessen bleiben und sich tief in das kollektive Gedächtnis rund um den Verein einbrennen. Und vielleicht setzt es für die letzten vier Spiele der Saison ja auch noch mal ein paar Prozente Extra-Energie frei.

Randbemerkung 1: Ein Sieg, der auch ein Stückweit auf die Zuschauer zurückging. Frahns Einwechslung war ein wenig die Initialzündung für die Schlussviertelstunde. Nur kurz gedämpft durch den Rückstand war das Publikum gleich wieder da und wurde vom baldigen Ausgleich weiter angeheizt. Dem Siegtreffer folgte dann eine Eruption der Emotionen wie man sie in der Red Bull Arena in den letzten Jahren nur in ganz seltenen Fällen erlebt hat (Chemnitz 2012, Aue 2014, beides im Pokal dürfte halbwegs vergleichbar gewesen sein). Inklusive Ehrenrunde für Team und auf den Schultern getragenem Torwart. So als ob man gerade Meistertitel oder Aufstieg errungen hätte. Bemerkenswert, dass selbst der gewiss nicht leise abgemischte Stadionsprecher mit seiner Toransageroutine im weiten Rund nach dem 2:1 nicht mehr zu hören war.

Randbemerkung 2: Fabio Coltortis Treffer soll, so sagen die Datenaufzeichner, das erste Siegtor eines Keepers aus dem Spiel heraus in der Geschichte von erster und zweiter Liga gewesen sein. Glauben wir das mal ungeprüft und tragen dies in die Geschichtsbücher ein.

Randbemerkung 3: 177 Pässe spielte der SV Darmstadt 98 in der Partie in Leipzig. So wenig wie noch kein anderes Team in der gesamten Zweitligasaison zuvor. Und damit weniger als Sandhausen gestern in Nürnberg allein an Pässen spielte, die auch ankamen. Bei den Darmstädtern kamen gerade mal reichlich 50% (91) der Pässe auch zum Mitspieler. 86 Anspiele dagegen landeten beim Gegner. Besonders hervor taten sich dabei die Außenverteidiger, die mit 14% (Holland) und 28% (Balogun) Passquote noch mal unterm sowieso nicht guten Schnitt lagen. Verrückte Werte für ein Team, das in der zweiten Liga vor dem Spieltag auf Platz 3 lag.

Randbemerkung 4: Bemerkenswert, welche Strahlkraft Daniel Frahn immer noch hat und wie frenetisch seine Einwechslung bejubelt wurde. Fußballerisch hatte er nicht so viel Einfluss auf die Partie, aber emotional war er sofort da, peitschte seine Kollegen noch mal an und verhielt sich bei weitem nicht so, als hätte er in den letzten Wochen die Zeit überwiegend auf Bank und Tribüne verbracht. Wäre doch schön, wenn der Kapitän in den letzten vier Spielen nach fünf Jahren RB Leipzig noch eine vernünftige Abschiedstournee bekommen würde und dann alle in Frieden voneinander scheiden können.

Randbemerkung 5: Sportdirektor Ralf Rangnick sinngemäß nach dem Spiel bei Sky zum Coltorti-Treffer: ‘Habe zu Emil Forsberg gesagt, dass er sich das genau angucken soll, damit er in den nächsten Spielen auch mal trifft’. Er kann offensichtlich auch Spitzen der Sportdirektor. Möge es sich der Schwede, der vor dem Tor bisher eher unglücklich agierte, annehmen..

Randbemerkung 6: Sollen wir noch über Dominik Stroh-Engel reden? Sagen wir so, seine ‘Ich lasse mich in einer langwierigen Prozedur ganz doll verletzt behandeln, mit Eisspray einnebeln und vom Platz führen, um dann fünf Sekunden später wieder wie ein junges Reh auf den Platz zu sprinten’-Aktion sah ziemlich zweifelhaft aus und passte in das Bild, das man zumindest hierzulande von ihm hat. Aber vielleicht ist das auch ein genauso unfaires Bild wie jenes, das man auf anderen Sportplätzen von Yussuf Poulsen hat. Vermutlich wie immer alles eine Frage der Perspektiven und Präferenzen.

Randbemerkung 7: Die zwei Spiele gegen Kaiserslautern und Darmstadt, also zwei Aufstiegsaspiranten sind nun vorbei. Zeit, um noch mal einen Blick auf die Tabelle zu werfen. In der Ingolstadt für Leipzig nicht mehr einzuholen ist (bei FCI-Sieg in Berlin nicht mal mehr rechnerisch). Kaiserslautern ist nach dem Sieg in Bochum wohl auch nicht mehr einzuholen (sieben Punkte Vorsprung bei 12 noch zu vergebenen ist einfach zu viel). Bliebe noch Platz 3. Drei Punkte Rückstand auf Darmstadt, die in den nächsten zwei Wochen gegen Kaiserslautern und Karlsruhe spielen, klingen zumindest in der Theorie aufholbar. Bliebe noch Karlsruhe, die neben Darmstadt und Braunschweig noch drei Abstiegskandidaten (also Teams, für die es noch um was geht) bespielen müssen. Gewinnt Karlsruhe heute gegen Fürth, dann sind sie weiter fünf Punkte vor RB. Bei noch vier Spielen nicht unmöglich aufzuholen, aber auch nicht unbedingt sehr wahrscheinlich. Fakt ist wohl, dass RB Leipzig alle Spiele bis zum Saisonende (auch das in Ingolstadt) gewinnen müsste, um überhaupt die theoretischen Chancen auf den Relegationsplatz zu wahren. Da muss enorm viel passen, dass das noch hinhaut. Nimmt man die Emotionen des späten Coltorti-Tors mit, dann ist es aber zumindest denkbar, dass man den eigenen Anteil Richtung Platz 3 hinkriegt.

Lichtblicke:

  • Fabio Coltorti: Na klar. Wer auch sonst. Wenn du dein Team kurz vor Schluss mit einem Reflex überhaupt erst im Spiel hältst und dann in der Nachspielzeit das Spiel eiskalt und in perfekter Stürmermanier entscheidest, wirst du zwangsläufig als Held durchs Stadion getragen. Diesen Tag, den Coltorti wohl auch nie vergessen wird, hat sich der Keeper mit starken Leistungen in den letzten Wochen mehr als verdient.
  • Joshua Kimmich: Wie immer Motor des Spiels, der mit für sein Alter beeindruckender Routine auftritt. Sein Blick für die Räume, egal ob im Spiel mit oder ohne Ball, ist phänomenal. Aktuell absolut unverzichtbar.
  • Tim Sebastian: Immer und immer wieder in letzter Zeit ein sicherer Rückhalt in der Innenverteidigung. Zuletzt sogar immer mal wieder mit Ausflügen in die gegnerische Hälfte. Nicht gerade nach Lucio-Art, aber nach typisch unaufgeregt-aufmerksamer Sebastian-Art. Wie er sich vom zeitweisen Bankplatz in der Regionalliga zu Zweitligatopniveau wieder nach oben gearbeitet hat, darf beeindrucken. Genauso wie die Konstanz, die er inzwischen auch über einen längeren Zeitraum in seinem Spiel entwickelt hat.

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Tore: 0:1 Behrens (77.), 1:1 Klostermann (79.), 2:1 Coltorti (90. + 3)

Aufstellung RB Leipzig: Coltorti – Klostermann, Sebastian (86. Kalmár), Compper, Jung – Kimmich – Teigl (76. Frahn), Kaiser, Demme (65. Damari), Poulsen – Reyna; nicht eingewechselt: Bellot, Hoheneder, Ernst, Hierländer ; nicht im Kader: Boyd, Heidinger, Rodnei (alle verletzt oder krank noch nicht wieder fit), Forsberg (gesperrt), Khedira, Strauß, Franke, Dähne, Rebic

Aufstellung SV Darmstadt 98: Mathenia – Holland, Sulu, Bregerie, Balogun – Kempe (88. Jungwirth), Gondorf, Behrens, Heller (90. + 2 Gorka) – Rosenthal (63. Sirigu), Stroh-Engel

Schiedsrichter: Robert Kampka (Machte seine Sache gar nicht so schlecht, wenn man mal nicht über jede einzelne Zweikampfbewertung streiten möchte, die in der Liveansicht durchaus streitbar aussah. Der Gesamteindruck wurde vor allem deswegen getrübt, weil er einerseits Dominik Kaiser für einen eher normalen Luftzweikampf die gelbe Karte zeigte, was diesen zu einem Spiel Pause zwingen wird und weil er Omer Damari nach 72 Minuten in einer Szene für eine angebliche Schwalbe die gelbe Karte zeigt, in der man durchaus auch hätte Strafstoß geben können oder je nach Sichtweise auch müssen. (Vielleicht könnte man noch diskutieren, ob man vor der letzten Ecke Comppers Armeinsatz im Luftduell mit Holland abpfeifen sollte, aber das wäre dann schon arg kleinlich.) Ansonsten allerdings war Kampka meist auf Augenhöhe mit dem Spiel und zeigte auch in den passenden Situationen entsprechende Karten.)

Gelbe Karten: Kaiser (5.), Compper (7.), Damari (1.) – Holland, Gondorf, Mathenia

Zuschauer: 25.336 (davon 200 Gästefans)

Links: RBL-Bericht, RB-Fans-Liveticker, MDR-Bericht [broken Link], SVD-Bericht [broken Link], Kicker-Bericht, Pressekonferenz-Ticker

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  • Torschüsse: 14 : 13
  • gewonnene Zweikämpfe: 42,1% : 57,9%
  • Ballbesitz: 63,6% : 36,4%
  • Passquote: 74,1% : 51,4%
  • Laufstrecke: 121,4 km : 112,7 km
  • Sprints: 220 : 179
  • Fouls: 17 : 12
  • Ecken: 6 : 4
  • Abseits: 3 : 6
  • Meiste Torschüsse: Kaiser: 5 – Behrens: 3
  • Meiste Torschussvorlagen: Kimmich: 3 – Kempe: 6
  • Beste Zweikampfquote (mindestens 10 Zweikämpfe): Compper: 60,0% – Bregerie: 78,6%
  • Meiste Ballkontakte: Compper: 103 – Holland: 47
  • Beste Passquote (mindestens 20 Pässe): Reyna, Klostermann: 81,8% – Kempe: 80,0%
  • Größte Laufstrecke: Kimmich: 13,0 km – Behrens: 12,0 km
  • Meiste Sprints: Teigl: 30 – Heller: 31

Statistiken von bundesliga.de, bild.de

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Saisontorschützen: Poulsen – 11; Kaiser – 6; Teigl, Frahn – je 3; Boyd, Kimmich – je 2; Coltorti, Klostermann, Reyna, Rodnei, Thomalla, Morys, Hoheneder, Holthaus (VfL Bochum/ Eigentor), Verhoek (St. Pauli/ Eigentor) – je 1 Treffer

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Bild: © GEPA pictures/ Roger Petzsche

9 Gedanken zu „2.Bundesliga: RB Leipzig vs. SV Darmstadt 98 2:1“

  1. Zu Randbemerkung 1 fällt mir noch der Treffer von Niklas Hoheneder gegen WOB II ein, als sich plötzlich noch einmal das Aufstiegsfenster öffnete. Auch wenn es vor weit weniger Zuschauern war, war die Explosion gewaltig.

    Zum Schiri-Team: Mir ist schleierhaft, dass die Jungs am 30. Spieltag immer noch auf die Darmstädter im wahrsten Sinne des Wortes hereinfallen. Besonders hervorgetan hat sich hier in der zweiten Halbzeit der Assistent vor der Haupttribüne. Zumindest aus Stadionsicht (D) war das unterirdisch.

  2. Die Schirileistung der letzten beiden Spiele war ganz klar ein Versuch der Wettbewerbsverzerrung. Sowohl die Gelb-Rote gegen Forsberg als auch der nichtgegebene Elfmeter und die vollkommen falsche Gelbe Karte gegen Damari!

    Traurig sowas.

  3. Man muss den Darmstädtern Respekt zollen. Was sie aus ihren limitierten Möglichkeiten machen, ist herausragend. Dennoch hoffe ich doch sehr, dass der gestrige Tag den Anfang vom Ende der Aufstiegshoffnungen dieser Mannschaft eingeläutet hat. 90 Minuten Zeitspiel, Schauspielerei und sinnlose Reklamationen/Diskussionen mit dem Schriedsrichter. Diese Mannschaft hat in der 1. Liga überhaupt nichts verloren – sowohl von der Mentalität als auch der Qualität gehört sie verbannt in Liga 3 (mindestens).

    Aus RB-Sicht ein äußerst gelungener Abend, der leise Aufstiegshoffnungen noch am Leben hält. Das Restprogramm der Konkurrenten gibt Anlass zum Träumen, sofern RB die eigenen Hausaufgaben erledigt.

  4. Das Spiel gestern in der RB Arena wird durch seine emotionale Explosion auf dem Rasen und den Rängen unvergesslich bleiben. Anfangs fand ich die Darmstädter gar nicht so schlecht. Bis sie sich wieder auf ihre alten Tugenden besannen, die auf Spielzerstörung, Schauspielerei und Schiedsrichterbeeinflussung beruhen. Irgendwer hat kürzlich gesagt, das Darmstädter Spiel verkörpert zu 100% den Trainer Dirk Schuster. Wenn ich mich richtig an den Spieler Schuster erinnere, dann steckt in dieser Aussage viel Wahrheit. Weiß nicht, ob dieser Trainer woanders so gut funktionieren würde.
    Ich stimme auch dem Rotebrauseblogger zu, dass Kimmich eine tragende Säule unseres Spiels ist. Dass Beierlorzer ihn zum Schluss in eine quasi Liberoposition bzw. Einmannabwehr beorderte, sagt viel über einen so jungen Spieler. Ich weiß nicht, wer diesen herausragenden Spieler nächstes Jahr bei uns ersetzen soll.

  5. Ganz starke Analyse vom Spiel mit dem ich in allen Punkten konform gehe!
    Und dazu das passende Bild!

    Ich hätte noch eine Randbemerkung 8:
    ColTORti hat jetzt mehr Tore auf seim Konto als Rebic, Forsberg und Damari zusammen!

    Falls es erlaubt ist hier die letzten 6 Minuten auf MDR-Info:
    [broken Link]

  6. Als Darmstädter muss ich mich deinem Beitrag zum Spiel leider weitestgehend anschließen. Insbesondere die Szene mit dem potentiellen Elfmeter war mit Sicherheit falsch beurteilt worden. Es ist mit Sicherheit so, dass sich bei uns keiner beklagen kann, wenn da auf Elfmeter entschieden wird. Wenn man sich 15 Zeitlupen aus ebensovielen Winkeln anschaut, kann man wohl gar zum Schluss kommen, dass der Schiedsrichter auf den Punkt hätte zeigen muss. Sicher ist aber auf jeden Fall, dass die gelbe Karte eine Fehlentscheidung war. Nichtsdestotrotz war es wie du schon schreibst wohl am Ende ein etwas glücklicher Sieg für RB bzw. eine unglückliche Niederlage für uns, umso bitterer wenn man in der letzten Sekunde verliert (ich kenne die Süße eines Last-Minute-Sieges aber auch noch ganz gut).
    Weswegen ich mich aber eigentlich entschieden habe diesen Eintrag zu kommentieren: Ja, ich kann den Eindruck von Stroh-Engel etwas nachvollziehen, auch wenn ich die Aktion selbst im speziellen etwas anders gesehen habe, aber ja, das ist wohl genau der Eindruck, den man hier von Poulsen hat. ;-)
    Trotz meiner Abneigung gegenüber RB Leipzig komme ich zwei mal in der Saison recht gerne hier her und lese mir deine fundierte Einschätzung zum Spiel durch, mal sehen, vielleicht habe ich ja auch nächste Saison noch zwei Anlässe dazu.

  7. Also erstmal Hut ab, wie man in der Nacht nach solch einem Spiel wieder einmal so eine gute und objektive Spielbetrachtung schreiben kann. Ich mußte mich noch den gesamten Samstag einfangen. Und das hat zweierlei Gründe: Ja, dieser Sieg in der letzten Sekunde und das von unserem Torwart ist der eine und sicher auch beeindruckendere Grund. Aber meine Stimme habe ich vor allem am Freitag aufgrund des dreckigen Spiels der Darmstädter verloren. Das ich da nicht alleine mit meiner Meinung war, sah ich an den Zuschauern um mich herum.
    Selbstverständlich mag man immer die gegnerische Mannschaft nicht. Ich denke, das gehört einfach dazu. Aber man zollt ihr auch Respekt, wenn sie gut spielen. Was ich am Freitag jedoch gesehen habe, hat überhaupt nichts mit gutem Fußball zu tun. Ich sagte ja schon im Vorfeld, dass ich Darmstädter Spiele nur mit Beruhigungsmitteln anschauen kann. Aber es übertraf meine negativen Erwartungen um einiges.
    Das man mit Einwechslungen in den letzten Minuten Zeit von der Uhr nimmt, es langsamer angeht, wenn man das Ergebnis mitnehmen will, ist völlig normal und das gibt es bei jeder Mannschaft. Aber wenn man ab der 60. Minute versucht auf Zeit zu spielen….? (63. Minute -Spielerwechsel)
    Aber auf ein dreckiges Spiel ist die gesamte Mannschaft eingestellt: Bei jeder abseitsverdächtigen Position hebt nicht nur ein Spieler den Arm, nein es war ein kollektiver Move. Das sah schon fast wie beim Ballett aus. Alle 4 der Abwehrkette heben den Arm. Das Spiel ging aber weiter. Naja, versuchen wir es halt weiter.
    Jeder Pfiff des Schiris wurde von mehr als 2 Spielern der Darmstädter kommentiert und bemängelt. Naklar ändert der Schiri dabei seine Meinung nicht, aber hey, er ist auch nur ein Mensch und vielleicht entscheidet er sich ja bei der nächsten Situation für uns? Schlimmstes Beispiel in der 73. Minute von Heller, als er selbst bei einem Pfiff für ihn noch vom Schiri noch weiter diskutierte. Eine Gelbe war das definitiv nicht.
    Und dann sind da noch die Fouls. Jede Berührung der Darmstädter ist ein Fall. Ich möchte nicht wissen, wie die Spieler in Ihrer Freizeit durch die Innenstadt spazieren. Die Passanten wundern sich sicher, wenn man sie anrempelt, dass sie da in der Einkaufsstrasse liegen und sich krümmen. Beispiel gefällig: 63. Minute: Sulu wird von hinten von Reyna berührt, nicht geschubst und er fällt.
    Die ekligste Situation war jedoch (wie schon oben kurz benannt) von Stroh-Engel in der 53.: Er läuft mit Sebastian zusammen, fällt und hält sich den Oberkörper. Ja, man könnte in der Situation und der Geschwindigkeit echt denken, autsch das tat weh in den Rippen. Ja und er ruft den Arzt, wedelt mit der Hand, als muss er runter vom Platz. (Ich muss ja nicht erwähnen, dass wir gerade in der Vorwärtsbewegung waren). Dann kommen die Medis. Er wird mit Eisspray am Fuss behandelt, läuft an den Rand und nach Bestätigung des Schiris läuft er weiter, als kommt er frisch aus der Kabine. Kein schmerzverzerrtes Gesicht, kein Anhumpeln, wie es ja (leider sonst) üblich ist. Eben halt Zeitspiel. Und das kam von allen. Der Torwart bekam (leider sehr spät) dafür die Gelbe. Der Torjubel diente ja auch einige Sekunden von der Uhr zu nehmen (nein, ein Jubel muss sein, aber alle nochmals ranzuwinken, ist für mich Zeitspiel). Das Brégerie in die Leipziger Fans jubelt- geschenkt!
    Ja, ich merke gerade, dass ich mich auch beim Schreiben dieser Zeilen etwas aufrege: Aber ich bleibe dabei: Die Spielanlage der Darmstädter ist überdurchschnittlich dreckig. Aber da stimme ich mal G.Schäfer zu, welcher sinngemäß vor dem Spiel sagte: Wie Ihr Trainer D.Schuster als Spieler versuchen die Darmstädter aus Ihren beschränkten Möglichkeiten das Beste zu machen! Und deswegen war dieser Last-Minute-Sieg umso schöner. Yes!

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