Heute schließt (endlich) das Transferfenster. Womit dann auch die Zeit der überraschenden Wechselmeldungen bei RB Leipzig zu Ende geht. Die letzten Drei auf der Liste gehen auf die eine oder andere Art und Weise allesamt als Überraschung durch. Entweder mit den Personalien selbst oder mit dem Ziel des Wechsels. Mit Rodnei und Reyna hat RB Leipzig die letzten zwei vakanten Positionen im Kader besetzt. Mit Mikko Sumusalo hat man den letzten aus der Kaderliste entfernt, dem man noch ein neues Vereinsziel für seine Spielpraxis anempfohlen hatte.
Überraschend am Sumusalo-Wechsel lediglich, dass sein neuer Verein Hansa Rostock heißt. Zuletzt war er länger beim österreichischen Erstligisten Sturm Graz im Probetraining, verletzte sich dabei aber leicht und kehrte nach Leipzig zurück. Und als man dann schon damit rechnete, dass der 24jährige Linksverteidiger aus Finnland in Leipzig bleiben werde, kam dann doch noch Hansa Rostock um die Ecke und schlug zu. Leihweise bis zum Saisonende vorerst.
Nur einen Tag nachdem sein Wechsel bekannt wurde, stand Sumusalo dann bereits in Rostock im Drittligaspiel in Wiesbaden in der Startelf auf dem Platz. In einem Jahr bei RB Leipzig stand Sumusalo zuvor insgesamt in lediglich zwei Pflichtspielen für zusammen 79 Minuten auf dem Platz. Einmal davon in der Startelf im letzten, wertlosen Drittligaspiel bei den Stuttgarter Kickers vergangene Saison als der Aufstieg schon perfekt war. Nicht überraschend, dass Sumusalo nun an neuem Orte nach Spielpraxis sucht. Überraschend vor allem, dass Sumsusalo bereits kurz nach dem Wechsel in Rostock zur Startelf gehörte.
Gut für Sumusalo, der einst schon bis in die finnische Nationalmannschaft geklettert war (letzter Einsatz Ende 2013), dass er seine Karriere neu anschiebt. Bei RB Leipzig wäre es kurz- aber auch mittelfristig nicht einfacher geworden, überhaupt Minuten zu sammeln. Ob Sumusalo noch mal in den Leipziger Kader zurückkehrt, wird man sehen. So richtig wahrscheinlich ist das nach aktuellem Stand trotz Vertrag bis 2016 nicht. Aber vielleicht geht der Knoten für Sumusalo an der Ostseeküste ja richtig auf.
Seine Zukunft in Leipzig selbst in der Hand hat Yordy Reyna, den RB Leipzig vor drei Tagen überraschend als letzte Offensivneuverpflichtung aus dem Hut zauberte. Nicht überraschend an dem Wechsel, dass sich Rangnick quasi im eigenen Hause bediente und den von Salzburg nach Grödig verliehenen 21jährigen, peruanischen Nationalspieler erst mal zurück holte und dann nach Leipzig weiterverlieh. Überraschend dagegen, dass es vom Spielertyp nun doch ein anderer Stürmer wurde als jener, den man mit Quaschner einst im Fokus hatte.
Yordy Reyna ist nicht so sehr der zentrale Stoßstürmer wie Quaschner, sondern lebt vor allem von seiner Geschwindigkeit und seinem enormen Zug zum Tor. Mit diesen Eigenschaften passt er bei RB Leipzig vor allem auf den Flügel und zu Spielsituationen, in denen man etwas Platz in die Tiefe bekommt. Das Spiel in Düsseldorf, wo Teigl die Rolle des Kontersprinters übernahm, wäre für Reyna wohl ein optimales Setting gewesen, in dem er auch hätte den zentralen Stürmer spielen können. Abgesehen davon macht es nicht ganz so viel Sinn, den 1,69 großen Stürmer gegen die robusten Zweitligainnenverteidigungen zu verheizen.
Dass RB Leipzig nun doch lieber den Typ Flügelstürmer verpflichtete, nachdem man bis zur Transferpanne mit Quaschner eigentlich einen robusteren Stoßstürmer als Backup für Omer Damari geholt hatte, erscheint erstmal skurril, folgt aber auch einer gewissen Logik. Denn inzwischen ist im Gegensatz zu damals klar, dass mit Daniel Frahn ein Stürmer dem Team mindestens bis zum Sommer erhalten bleibt, der auch zentral spielen kann. Und mit Yussuf Poulsen hat man sich einen physisch starken Stürmer ausgeguckt, der den Testspielen nach zu urteilen, auch verstärkt im Sturmzentrum spielen bzw. dort aushelfen können soll.
Nimmt man dies als Hintergrund, dass man aktuell drei zentrale Sturmoptionen hat, dann erscheint das Umschwenken auf einen schnellen Flügelmann gar nicht mehr so skurril, weil man mit Reyna für die Flügel im 4-3-3 nun vier Spieler für zwei Positionen im Kader hat. Andererseits hat auf der zentralen Sturmposition Neuzugang Damari die Vorbereitung verpasst, ist bei Frahn weiter die Frage, welchen Qualitätssprung er in der zweiten Liga noch machen kann und muss man bei Poulsen erst mal abwarten, inwieweit er für die zentrale Sturmposition überhaupt gemacht ist.
Lässt man diese offenen Fragen mal beiseite und bleibt nur bei Yordy Reyna, dann kann man sich sicher auf ein vielversprechendes Offensivtalent freuen, der sämtliche Anlagen für eine Karriere hat, die ihn in eine Topliga führen könnte. Im Sommer 2013 hatte sich Rangnick den damals 19jährigen für einen niedrigen siebenstelligen Betrag direkt aus Peru geangelt. In seiner ersten Saison in Salzburg bzw. alternativ beim Kooperationsclub Liefering gelang ihm noch nicht viel, fehlte ihm heimatliche Wärme und das passende Umfeld für Topleistungen, sodass er oft auf der Bank saß.
Im Sommer 2014 verlieh man ihn deswegen zum SV Grödig in die österreichische Bundesliga. Ein Glücksgriff für alle Beteiligten, denn in Grödig brachte es Reyna in einer Halbserie in 26 Pflichtspielen auf 12 Tore und sieben Torvorlagen, was als sehr gute Quote durchgeht und ihn wiederum für Ralf Rangnick interessant machte.
Nun darf sich Yordy Reyna in der zweiten Liga beweisen. Wie er mit dieser Aufgabe umgeht, wird man sehen. Einen Stammplatz kann er in Leipzig angesichts der (wenn alle fit sind) für einen Zweitligisten unglaublichen Konkurrenz im Sturm nicht erwarten. Inwiefern ihm dies dann wieder aufs Gemüt schlägt, auch weil er sich schon wieder in ein neues Umfeld einfinden muss, bleibt eine interessante Frage.
Sportlich jedenfalls ein Transfer, der absolut Sinn macht. Ein Toptalent mit großen Qualitäten, viel Torgefahr und bei entsprechender Entwicklung viel Zukunft. Da kann man dann auch darüber hinwegsehen, dass seine Verpflichtung quasi aus den internen Red-Bull-Reihen nicht sehr kreativ und kurz vor Schließung des Transferfensters als Notlösung wirkt und der Schwenk von einem Stoßstürmer zu einem schnellen Konterstürmer auf den ersten Blick ein wenig skurril erscheint.
Viel stärker noch als Reyna erscheint vor allem Rodnei als Notlösung, der gestern von Red Bull Salzburg kam und die gewünschte Verstärkung in der Innenverteidigung darstellen soll. Dass man mit einer internen Lösung bis zum vorletzten Tag der Transferperiode gewartet hat und Rodnei nicht schon vor zwei Wochen, also vor dem Trainingslager in Katar in den Fokus rückte, verweist darauf, dass Rodnei nicht die unumstrittene Nummer 1 auf der Liste der Kandidaten gewesen sein dürfte.
Dort dürften (wenn es denn überhaupt ernsthafte gab) Kandidaten gestanden haben, die näher an der Rangnickschen Vorgabe dran sind, im Normalfall Spieler bis 23 zu holen. In der Innenverteidigung scheint diese Vorgabe aber nicht wirklich zu gelten. Schon letzten Sommer hatte man den 29jährigen Marvin Compper geholt und dies damit begründet, dass er die Abläufe eines Innenverteidigers unter der Prämisse des hohen Verteidigens bei RB Leipzig aus seiner früheren Zusammenarbeit mit Rangnick in Hoffenheim schon kenne und seine Erfahrung gut tue.
Quasi gleichlautend nun die Argumentation beim ebenfalls 29jährigen Rodnei, der in Leipzig auch sofort helfen soll und dem man nicht wie dem Testspieler aus dem Trainingslager in Katar Matthew Miazga erstmal noch die Grundlagen des Verteidigens nach vorne beibringen muss. Damit verpasst man zwar weiterhin den alterstechnisch anstehenden Umbruch in der Innenverteidigung, erhält sich damit aber im besten Fall die Stabilität im Deckungsverbund für die nähere bis mittlere Zukunft.
Mit Sorgenfalten darf man auf die Verletzungshistorie von Rodnei blickte, die eine lange, lange Liste von Adduktorenproblemen ausspuckt. In zweieinhalb Jahren in Salzburg (2012 holte ihn Rangnick aus Kaiserslautern) stand Rodnei in lediglich 30 Pflichtspielen auf dem Platz, war dort aber, wenn er fit war, in der Innenverteidigung auch gesetzt. Sein letztes Pflichtspiel bestritt Rodnei allerdings am 26.03.2014, also vor mehr als 10 Monaten. Letztmalig über 90 Minuten stand der Brasilianer sechs Tage vorher beim Ausscheiden in der Europa League gegen den FC Basel auf dem Platz.
Fast ein Jahr Pflichtspielpause ist eine lange Zeit. Und auch wenn Rangnick und alle Beteiligten davon ausgehen, dass Rodnei wieder vollständig fit und einsatzbereit ist, wovon man sich beim Trainingslager in Katar und beim Spiel dort zwischen Salzburg und Leipzig überzeugen konnte, bleibt doch ein gewisses Restrisiko in Bezug auf die Verletzungsanfälligkeit und die Frage, inwiefern Rodnei noch die Klasse von vor seiner Verletzung hat.
Wenn Rodnei vollständig fit und in Form ist, dann dürfte er in jedem Fall ein sehr guter Zweitligaverteidiger sein, der Robustheit, aber auch Beweglichkeit und Dynamik mitbringt, um gegen seine Gegenspieler zu bestehen und andererseits durchaus über ordentliche technische Fähigkeiten und ein vernünftiges Passspiel verfügt und auch Torgefahr beisteuern kann. Wenn man mal von einer gewissen Fehleranfälligkeit, die man ihm in Kaiserslautern nachsagte, absieht, ist Rodnei ein vernünftiges Innenverteidigerkomplettpaket, dass bei RB Leipzig tatsächlich auch kurzfristig einschlagen kann.
Wobei natürlich die Frage bleibt, inwieweit ein Neuzugang auf der Innnenverteidigerposition überhaupt nötig ist. Mit Sebastian, Compper und Hoheneder hatte man zuletzt eigentlich drei zentrale Abwehrspieler auf Augenhöhe. Mit Klostermann hatte sich einer in dieses Trio hineingeschummelt, mit dem man bisher nicht unbedingt gerechnet hatte. Offenbar traut man bei RB Leipzig dem Innenverteidigerfrieden nicht und hat weiterhin Sorgen um den nach seinem Sturz auf den Kopf vor fünf Monaten gegen Aue weiterhin in seinen Bewegungsabläufen nicht bei 100% liegenden Hoheneder und sieht nicht, dass Klostermann in den 15 verbleibenden Ligaspielen eine konstant-stabile Option auf Zweitligatopniveau wird.
Letztlich ist die Verpflichtung von Rodnei eine Art Misstrauensvotum gegen die Möglichkeit, dass die bisherigen Nummer 3 und 4 in der Innenverteidigung kurzfristig und konstant die Aufgaben der Nummer 1 und 2 übernehmen könnten. Dass Niklas Hoheneder im letzten Test gegen Aalen 90 Minuten lang auf der Bank saß, ist angesichts der Gelbsperre von Compper im ersten Pflichtspiel am Freitag in Aue jedenfalls ein ziemlich deutliches Zeichen. Dass man nun noch Rodnei verpflichtete, also einen Spieler, der lange nicht spielte, viel verletzt war und dessen mittelfristige Perspektiven unklar und nicht wesentlich besser als beim Rest der Verteidiger scheinen, rundet das Bild ab. Ob das für Klostermann bedeutet, dass er nun verstärkt als Linksverteidiger-Backup eingeplant wird, muss man abwarten. Sinnvoll wäre es sicherlich.
Einen Tag vor Ende der Transferperiode einen Spieler zu verpflichten, den man auch schon in den letzten Wochen einen Wechsel hätte schmackhaft machen und entsprechend in die Vorbereitung einbauen können, wirkt immer etwas wie ein Notkauf. Bei Rodnei, der nun die von den Verantwortlichen bei RB Leipzig gesehene Lücke in der Innenverteidigung schließen soll, gilt das natürlich auch und angesichts seiner Verletzungshistorie sogar verstärkt.
Sportlich kann man gegen die Verpflichtung von Rodnei gar nichts sagen, denn im besten Fall bekommt man ein prima Innenverteidigerkomplettpaket mit nur leichten Fehlern in der sportlichen Verpackung. Problematisch halt lediglich die Verletzungsanfälligkeit, die sich eigentlich komplett durch seine Karriere in den letzten Jahren in Salzburg oder Kaiserslautern zog. Und fraglich bleibt auch, ob man einen weiteren Endzwanziger in einem Mannschaftsteil mit lauter Endzwanzigern noch braucht.
Zumal Rodnei (auch wenn man ihm laut LVZ bei Aufstieg in die Bundesliga eine Verlängerung des bisher nur bis Sommer laufenden Vertrags versprochen hat) sportlich auch keine größere Perspektive zu haben scheint als seine Innenverteidigerkollegen und entsprechend der alterstechnische Umbruch in der Innenverteidigung weiterhin auf sich warten lässt bzw. mit dem Transfer keine Erhöhung des mittelfristigen sportlichen Potenzials (wie man es bei entwicklungsfähigen Talenten erwarten könnte) verbunden ist. Kurzfristig bleibt dagegen natürlich der Effekt, dass man breiter aufgestellt ist und konstant auf gleichbleibende, individuelle Qualität in der Innenverteidigung zurückgreifen kann. Was wie schon die Verpflichtungen von Damari und Forsberg darauf verweist, dass die Verantwortlichen von RB Leipzig auf die kurzfristige Karte eines Bundesligaaufstiegs setzen.
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