Der fünfte Spieltag der zweiten Liga war nicht extrem spektakulär und brachte vor allem Verlierer. Aue zum Beispiel, die sich auch unter neuem Coach ziemlich leblos und fußballerisch überschaubar präsentierten. Beobachtet wurden sie dabei in Darmstadt auch von 400 eigenen Anhängern, die angesichts der aktuellen Lage offenbar dazu übergegangen sind, die Situation stoisch zu ertragen.
Auf der Verliererseite eintragen darf sich auch Eintracht Braunschweig, die bei RB Leipzig nicht nur das dritte Spiel in Folge verloren und sich nun auch selbst eine Krise attestieren, sondern nach eigentlich guten ersten zwei Saisonspielen inzwischen an einem Punkt angekommen sind, an dem sie in beiden Strafräumen nicht mehr auf höchstem Niveau agieren. Dass sie überragende Fähigkeiten im Spiel mit dem Ball auch unter Druck haben, hat man in Leipzig bei zwei, drei Spielzügen wie dem vor dem 1:2-Anschlusstreffer gesehen. Das Vertrauen in die Fähigkeiten und die Zielstrebigkeit vor des Gegners Tor geht ihnen aber gerade etwas ab.
Inwieweit man in Nürnberg überhaupt über Fähigkeiten verfügt, bleibt aktuell erst mal eine offene Frage. Das freakige 4:0 bei Union Berlin, bei dem ihnen alles in die Karten spielte, muss man dabei wohl außen vor lassen. Oft wirken die Franken so wie ein Pacult-Team. Breites 4-4-2 mit zwei Sechsern, in dem man auf individuelle Klasse hofft und den Ball oft einfach auf den Flügel spielt, von wo aus dann irgendeine Art von Anspiel in den Strafraum passieren soll. Mehr als überschaubar gefährlich das ganze, wie man auch gestern beim 0:2 gegen Düsseldorf gesehen hat. Das System funktioniert, wenn man das Spiel nicht machen muss und beim Umschalten Räume bekommt. Wenn man die Räume nicht kriegt, sieht man schnell unglücklich aus.
Unglücklich sieht man aktuell auch beim FC St. Pauli und bei Union Berlin aus. Bei ersteren könnte der Trainerwechsel zu Meggle vielleicht schon bald etwas positives bewirken. Bei zweiteren macht es etwas nachdenklich, dass der nach dem Abgang von Mattuschka fanseits angeschossenen Coach Düwel in Heidenheim entgegen seiner ursprünglichen Taktikideen von Dreier- bzw. Fünferkette mit einem ziemlich konservativen 4-2-3-1 auflaufen ließ. Möglich, dass dies einfach nur dem Ausfall von Trimmel als rechtem Abwehrglied oder auch dem Gegner geschuldet war. Möglich aber auch, dass sich darin auch ausdrückt, dass Düwel in der Ergebnis-Krise seine sportlich klaren Vorstellungen verliert. Wenn letzteres der Fall ist, dann wäre das für Union wohl ein eher schlechtes Zeichen mitten im avisierten Umbruch.
Gar nicht unglücklich geht es derweil nicht nur in Darmstadt (reden wir nicht weiter drüber..), sondern auch in Leipzig zu, wo man angesichts der umfassenden Verletzten- und Ausfallmisere mit aktuell 11 Punkten und Tabellenplatz 2 extrem zufrieden sein kann. Das quasi seit Vereinsgründung vor jeder Saison oder Rückrunde bemühte Bonmot, dass der breite Kader für RB Leipzig ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz sei, scheint sich unter Zorniger dann tatsächlich mal einzulösen.
Denn auch wenn die Konkurrenz im Team groß ist und bspw. die Positivüberraschung der letzten Saison Sebastian Heidinger aktuell fast keine Spielzeiten bekommt, gibt es kaum wahrnehmbare Eifersüchteleien, sondern eigentlich nur Spieler, die bei den Chancen, die sie auf dem Platz kriegen, dann auch mit vollem Herzen dabei sind. Es ist nicht ganz selbstverständlich, dass das Team nach einigen Neuzugängen im Sommer schon zu so einem frühen Zeitpunkt wieder sehr gut zu funktionieren scheint. Auch wenn so ein Gebilde natürlich in seinen Launen vom sportlichen Erfolg abhängt und entsprechend fragil ist.
Trotzdem scheint man bei RB Leipzig aktuell in einer Situation, in der sich eigentlich so ziemlich jeder im Kader ohne übertriebenes Wehklagen (auch wenn jeder natürlich spielen will) auf die Bank setzt. Und entsprechend eine Mattuschka-Nummer, der mit eben jenem Platz nicht leben konnte, wohl in Leipzig aktuell nicht denkbar wäre. Was vermutlich aber auch damit zu tun hat, dass viele junge Spieler im Kader noch gar nicht den direkten Anspruch haben können, dauerhaft in der Startelf zu stehen. Mal sehen, wie sich das entwickelt, wenn der Kader mal irgendwann in seiner ganzen Breite einsatzfähig sein sollte. Oder Fabio Coltorti länger auf der Bank sitzen bleiben sollte, als er selber es geplant hatte.
Interessant ist auch eine andere Entwicklung in der Frühphase dieser Saison. Wenn man mal annimmt, dass jedes Team eine tragende Achse hat, dann hätte diese in den vergangenen zwei Jahren bei RB Leipzig vielleicht aus Coltorti – Hoheneder/Franke – Kaiser – Frahn bestanden. Wenn man sich die Sache aktuell anguckt, landet man bei Bellot – Sebastian – Kimmich – Poulsen. Eine erstaunliche Entwicklung, die wiederum für die Breite des Kaders und zudem für die Ernte erster Früchte des Jugendkonzepts spricht.
Benjamin Bellot könnte dabei natürlich nur ein Übergangsphänomen sein bis Coltorti von seiner Verletzungspause zurückkehrt. Trotzdem erstaunlich, wie sich der 24jährige mit der unfassbaren Bilanz in den letzten Monaten und insbesondere noch mal seit Saisonbeginn weiterentwickelt hat, Selbstsicherheit getankt hat und gegen Braunschweig eigentlich in allen Belangen des Torwartspiels einen sicheren Eindruck machte.
Bei Tim Sebastian mag man denken, dass er als 30jähriger mit Bundesligaerfahrung eigentlich nur sein normales Leistungsniveau abruft. Wenn man sich aber erinnert, dass Tim Sebastian schon in der Regionalliga oft nur das dritte Rad am Innenverteidigermotorrad war, bleibt seine aktuell überragende Präsenz in der Innenverteidigung aber doch enorm auffällig und überhaupt nicht selbstverständlich.
Bliebe vorn das Duo Kimmich – Poulsen, das mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit gegnerische Defensiven aushebelt und einem guten Team wie dem von RB den letzten Kick gibt, um auch erfolgreich zu spielen. Ein Ausfall einer der beiden oder gar beider Spieler, die in näherer Zukunft auf welchem Weg auch immer mit Sicherheit in die Bundesliga gehören, wäre aktuell wohl etwas, was für RB Leipzig nicht zu kompensieren wäre. Auch wenn für solch junge Spieler im Erfolg auch immer gilt, dass sie aufpassen müssen, den Kontakt mit dem Boden zu behalten und Klasse nicht in fußballerische Arroganz kippen zu lassen. Bei Joshua Kimmich hat man bei manchem Dribbling das Gefühl, dass dieser Grat ein schmaler ist.
Bleibt zu hoffen, dass man Joshua Kimmich beim Wandeln auf diesem schmalen Grat auch in der kommenden englischen Woche mit den Partien bei Union, gegen Karlsruhe und in Düsseldorf beobachten kann und die aktuellen Verletzungsproblemchen ihn nicht aus dem Verkehr ziehen. Denn auch der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg ist ein schmaler. Auch für RB Leipzig. Gerade in der recht ausgeglichenen zweiten Bundesliga. Und erst recht bei einem Ausflug an die Alte Försterei. Selbst wenn oder gerade weil der dortige Hausherr sportlich angeschossen ist.