Unüberraschende Vereinspräferenzen

Als ich kürzlich in Leipzig in einem Restaurant war, lief ein kleiner Bub mit einem Freiburg-Trikot herum. Ich wollte wissen, ob er hier zu Besuch ist. Nein, war er nicht. Er hatte auch keinen Onkel aus Freiburg, der ihm das Trikot geschenkt hat. Das hat mich sehr gefreut. Stellen Sie sich das nur vor: Ein Leipziger Bub mit einem Freiburg-Trikot. Nicht mit einem von Dortmund oder Bayern. Es gibt einen Grund, warum er das Trikot anhat. Und es ist bestimmt kein negativer. (Christian Streich, Freiburg-Coach gegenüber der Sportbild vom 07.08.2013)

Sicherlich hat es einen guten Grund, dass der Bub mit einem Freiburg-Trikot herumläuft. Und sicherlich liegt der auch darin begründet, wie Streich in dem Interview weiter ausführt, dass Freiburg sich in den letzten Jahren so gut entwickelt hat und inzwischen sogar europäisch spielt. Nur interessanterweise würde sich in Leipzig über so ein Trikot wohl kaum einer so wundern, wie das der Freiburger Coach tut.

Ohne auf eine repräsentative Beobachtung der Verhältnisse auf Leipziger Straßen zurückgreifen zu können, kann man vom subjektiven Eindruck her mit einiger Sicherheit behaupten, dass Devotionalien von Nicht-Leipziger Bundesliga-Clubs verschiedenster Couleur in Form von Trikots, Autowimpeln oder Basecaps in der Überzahl gegenüber Fanartikeln hiesiger Vereine sind. Vergleichsweise regelmäßig sieht man im Alltag abseits von Spieltagen auch noch hier und da das Lok-Emblem. Und gelegentlich auch mal ein RB-Basecap.

Was eigentlich auch nur wieder Ausdruck dessen ist, dass der Fußball in Leipzig in den letzten locker 10 Jahren kaum Strahlkraft besaß, um über den bestehenden engen Fankern der jeweiligen Vereine hinaus, auf junge oder hinzugezogene Menschen attraktiv oder gar bindend zu wirken. Weswegen der Blick hierzulande (anders als in Dresden beispielsweise) aufgrund des Lebens in der wenig attraktiven Lok-Chemie-Dualität und des Springens von Insolvenz zu Insolvenz fast schon automatisch (weit) über die Stadtgrenzen hinausging und auch immer noch geht (wenn nicht alles täuscht, haben auch sehr viele RB-Anhänger weiterhin einen Zweitverein in der Bundesliga, dem sie die Daumen drücken).

Die Wahl eines Freiburg-Trikots durch einen Leipziger Jungen ist demnach gar nicht so spektakulär, auch wenn es für Christian Streich ganz sicher ein schönes Erlebnis und eine Bestätigung des Freiburger Weges war. Denn dass ein hiesiger Junge sich für das Trikot eines sympathischen Außenseitervereins mit positivem sportlichen Output entscheidet, ist gar nicht mehr so unwahrscheinlich, wenn sich vor der Haustür keine Anbindung an die große, bundesdeutsche Fußballbühne bietet. Vielleicht wird das mal anders, vielleicht nicht. Im Moment jedenfalls begegnet dem geneigten Beobachter in Leipzig noch eine sehr bunte Farbmischung. Und was in dem einen Jahr Mainz sein kann, ist eben im nächsten Jahr Freiburg. Mal sehen, was einem Christian Streich so begegnet, sollte er in 10 Jahren noch mal in einem Leipziger Restaurant speisen.

Apropos Leipziger Restaurant: Wäre natürlich noch die spannende Frage, was Christian Streich eigentlich in Leipzig gemacht hat. Kleine Stadttour? Einfach nur mal gut essen gewesen? Auf dem Weg zum DFB-Pokal-Spiel in Neustrelitz Augsburg beim Gastspiel in Leipzig beobachtet? Mit Alexander Zorniger und/ oder Ralf Rangnick über die Vorzüge des aggressiven Arbeitens gegen den Ball diskutiert? Passende Spieler für den Freiburger Bundesligakader gescoutet? Sich wie Thomas Tuchel über den Fußball bei Red Bull informiert? Man weiß es nicht. Man weiß nur, dass weder Alexander Zornigers Stuhl wackelt, noch Daniel Frahn den Verein Richtung Freiburg verlässt. Aber das reicht als Wissen ja eigenlich auch schon aus.

5 Gedanken zu „Unüberraschende Vereinspräferenzen“

  1. “Apropos Leipziger Restaurant: Wäre natürlich noch die spannende Frage, was Christian Streich eigentlich in Leipzig gemacht hat.” … hatte ich mich auch sofort gefragt.

    vielleicht war er einfach nur im FALCO. gibt genug leute, die nur wegen dem essen nach leipzig kommen.

  2. Mein Söhnlein hat ein Messi Trikot + Shorts. Ohne dass er ein Messi-Fan oder ein Barca-Fan ist. Er wollte bloß „noch ein Fußballtrikot“ haben. Da lag das Ding im Laden vor Augen. Sieht schön aus. Das Leben ist manchmal echt banal. :-)

  3. Ich hab heut mal mitgezählt. PSG-Trikot, 3mal Spanien und einmal Mailand. Und 2 Bayernutensilien. Mehr kam in der Straßenbahn und auf dem Bahnhof nicht zusammen. Spanien gewinnt also…..schon wieder :(

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