Start der Bundesligasaison ist ja medialerseits auch immer die Zeit für viele Interviews zur Lage der Fußballnation. Gern auch mal mit Offiziellen, die über Vermarktung, Fans, Favoriten und Sonstiges aus dem unerschöpflichen Reservoire von ledrigen Geschichten erzählen dürfen. So traf es sich, dass gestern via Frankfurter Rundschau und Welt [broken Link] die DFLer Reinhard Rauball (Präsident) und Christian Seifert (Vorsitzender der Geschäftsführung) zum 50. den jeweiligen Journalisten ein paar Worte mit auf den Weg gaben.
Da mit RB Leipzig ein Verein an die Türen des heiligen, von der DFL organisierten Profifußballs tritt, der bundesweit eher kritisch-kontrovers diskutiert wird, geht es in Randaspekten der Interviews auch um die Frage, wie denn die DFL bei der Lizensierung mit den RasenBallsportlern und deren Sponsor umgehen wird.
Es ist schon bezeichnend für die öffentliche Debatte um RB Leipzig, dass beide betonen müssen, dass man bei der Lizensierung nicht nach “Geschmacksfragen” (Seifert), sondern nach den entsprechenden Statuten vor dem Hintergrund der bundesdeutschen und europäischen Gesetzeslage entscheiden werde. Insbesondere Geschäftsführer Seifert scheint sehr genau zu wissen, dass die Monopolstellung der DFL und mögliche Versuche, auf RB zugeschnittene Verbandsstatuten über dieses Monopol durchzudrücken, bei juristischen Auseinandersetzungen um abgelehnte Lizenzanträge durchaus nicht unproblematisch sind.
Trotzdem nutzt DFL-Präsident Rauball im Gegensatz zum eher nüchternen Seifert die Interviewchance, um eine mehr oder minder offene Drohung auszusprechen:
Es gibt keine Stimme bei uns, die an der 50-plus-eins-Regel rütteln würde. Entsprechend müssen alle Bewerber um eine Lizenz für die erste oder zweite Liga die Bedingungen erfüllen. Ich denke, dass man bei RB Leipzig weiß, wie strikt bei der Lizenzierung gedacht wird und dass man sich dem anpassen muss und nicht umgekehrt.
Wenn man mal abzieht, dass Klappern zum Geschäft eines Verbandspräsidenten, der gleichzeitig Borussia Dortmund vorsteht, gehört, dann bleibt natürlich weiterhin der Fakt, dass die 50+1-Regel auf RB Leipzig nicht anzuwenden ist, da RB ein nach den Regularien des deutschen Vereinsrecht gegründeter e.V. und keine aus einem Verein ausgelagerte Kapitalgesellschaft ist. Und die 50+1-Regel nur für letztere gilt (Verein muss mindestens 50% der Stimmen an ausgelagertet Kapitalgesellschaft halten).
Man mag dabei lamentieren, dass damit der Geist der 50+1-Regel, den bestimmenden Investoreneinfluss auf einen Verein zu unterbinden, torpediert wird, aber das wäre dann wiederum eine andere, inhaltliche Frage, die für den formalen Prozess der Lizensierung, um den es hier geht, keine Rolle spielt. Für die Lizensierung ist RB Leipzig ein e.V. und somit letztlich komplett immun für Angriffe auf der Basis der formalen 50+1-Bestimmungen.
Was nun den Präsidenten Rauball dazu bewogen hat, den drohenden Ton auszupacken, soll ihm selbst überlassen bleiben. Fakt ist, dass RB Leipzig vom DFB die Lizenz für die dritte Liga erhalten hat und die Bestimmungen der DFL aus der Lizensierungsordnung keinerlei Anlass geben zu vermuten, dass sich die Bedingungen an die Vereinskonstruktion beim Übergang aus der dritten in die zweite Liga im Grundsatz verändern.
Der letztlich meist kritisierte Punkt, dass es bei RB Leipzig nur wenige stimmberechtigte Mitglieder gibt, lässt sich durch die Lizensierungsordnung (und das ist dasselbe Ergebnis wie schon in früheren Analysen in Bezug auf die DFB-Statuten) nicht fassen, weil diese keine Vorgaben macht, wieviele Mitglieder ein Verein zu haben hat und ob ein Verein aus freien Stücken Mitgliedsanträge ablehnen kann.
Es wäre der DFL vermutlich auch juristisch gar nicht möglich, hier Vorgaben zu machen (wo dann wieder Seiferts Verweis auf die Rechtslage bei möglichen Anpassungen der Statuten ins Spiel kommt), denn dieser Bereich ist essenziell durch das Vereinsrecht geregelt und es ist schwer vorstellbar, dass ein Quasi-Verbandsmonopolist im Ernstfall damit durchkäme, Vereinen vorzuschreiben, wie sie ihre Mitgliedschaften organisieren.
Es bleibt also der Umstand, dass innerhalb eines Verbands einige Herren RB Leipzig ideell nur allzu gern ein, zwei Knüppel zwischen die Beine werfen würden, formal dafür aber keine allzu guten Karten haben dürften. Und wie das in so einem Fall in Fußballdeutschland, wo die offene Diskussion, was man sich denn von seinem Fußball so wünscht und was davon dann letztlich auch formaljuristisch haltbar und was möglicherweise ideell wünschenswert, aber nicht umsetzbar wäre (und was an existierenden Bestimmung man sogar über Bord werfen müsste), so üblich ist, wird man sich wohl, wie schon bei der Einigung im 50+1-Streit mit H96-Chef Martin Kind, zu irgendeinem – eher hinter verschlossenen Türen verhandelten – Kompromiss durchringen. Einer, der keinen so richtig zufrieden stellt, aber den Schein wahrt und auch keinem so recht weh tut.
Denn letztlich dürfte keine der beiden Parteien ein größeres Interesse an einem Rechtsstreit haben. RB Leipzig will schließlich in den nächsten Jahren im Profifußall ankommen und ist sicherlich bemüht, zukünftige Arbeitsprozesse nicht unnötig zu erschweren und sowieso den Lizensierungsprozess möglichst geräuschlos über die Bühne zu bringen. Und die DFL dürfte kein gesteigertes Interesse daran haben, ihre Rechtsposition bezüglich eines letztlich fragilen, weil auf Übereinkunft der Beteiligten beruhenden Verbandssystems prüfen zu lassen und dabei vielleicht mehr zu verlieren, als man mit der Lizensierung eines potenten Vereins in bisher wenig potentem Fußballland aufgrund der Verletzung des Geistes der 50+1-Regel verlieren würde.
Man kann davon ausgehen, dass dieses Thema im Laufe des Jahres sicherlich noch einige Male durch die Gazetten schwappen wird. Da RB Leipzig ziemlich sicher einen Zweitligalizenzantrag stellen wird, um für den Fall des Falles eines Einkommens unter den Top 3 der dritten Liga gewappnet zu sein (falls man bis Anfang 2014 noch theoretische Chancen auf das Erreichen der Plätze hat), wird die Diskussion darum spätestens im nächsten Frühjahr wieder enorm Fahrt aufnehmen. Vermutlich nicht immer sachlich sauber, aber immer hoch emotional. Ob man das interessant findet, muss dann jeder für sich selbst entscheiden.
Über die Lizensierung müssen wir uns laut einer gegenüber uns getätigten Aussage keinerlei Gedanken machen, den der DFB als auch die DFL haben unsere Satzung bereits geprüft und für okay befunden, um es mal allgemeinverständlich auszudrücken. Warum da jetzt wieder Trara darum gemacht wird, erschließt sich mir persönlich nicht, sondern scheint nur der Medienwelt geschuldet zu sein
Wer will nochmal, wer hat noch nicht…
Gerade Rauball sollte ganz ruhig sein. Dortmund ist als erste Fussball AG der Kommerzteufel schlechthin. Genau darum der erfolgreichste Verein neben den Bayern in den letzten 20 Jahren. Genau darum gibt es gerade im Osten viele BVB Fans die wiederum Geld bringen usw.
Weiter weigert man sich standhaft, über den eigenen Schatten zu springen und sich dem Einfluss von Geldgebern offiziell und sauber reglementiert zu öffnen. Mit dem Resultat – und RB Leipzig ist nur ein kleiner Teil davon – muss man dann eben auch leben. Vereinsfussball gibt es nunmal spätestens ab Liga 3 nicht mehr. Da spielen nunmal bezahlte Profis, die nur durch Mitgliedsbeiträge oder Zuschauereinnahmen nicht bezahlt werden können. Den Geldgebern, die es dann möglich machen das Mitspracherecht zu beschneiden ist genaugenommen perfide. Im Kapitalismus zudem völlig weltfremd.