Auch diese Rubrik mit dem Spieler der zurückliegenden Halbserie fehlt im Nachgang der Regionalliga-Saison 2012/2013 von RB Leipzig noch und soll heute gefüllt werden. Und ehrlich gesagt fiel es nicht ganz so leicht, sich da auf einen einzigen Kandidaten zu einigen. Denn letztlich war der Aufstieg – fünf Euro ins Phrasenschwein – eine Leistung der Mannschaft, bei der einzelne Spieler nicht unbedingt extrem herausragten.
Daniel Frahn wäre als Leader und Toptorschütze sicherlich ein Kandidat gewesen, wenn er sich nicht Anfang Mai verletzt hätte (in den letzten vier Spielen vor der Verletzung drei Tore und fünf Vorlagen!) und in der Endphase der Saison ein wenig aus dem Fokus gerutscht wäre. Stefan Kutschke, der nach dem Ausfall Frahns noch einmal viel stärker als emotionaler Leader beeindruckte und auch fußballerisch zulegte, wäre auch ein Kandidat gewesen, wenn er nicht am Anfang der Rückrunde eher durchwachsen gespielt hätte (und sich in Halberstadt auch noch eine völlig unnötige gelb-rote Karte abgeholt hätte). Niklas Hoheneder spielte eine starke Rückrunde, doch bei ihm erwartet man diese Konstanz auf hohem Niveau – ungerechterweise – fast schon. Ähnliches gilt auch für Dominik Kaiser, der aber zusätzlich erst in der zweiten Hälfte der Rückrunde nach Verletzung langsam wieder auftaute.
Meine – sicherlich subjektive – Wahl fällt auf jemandem, auf den ich vor einem Jahr keinen Euro gesetzt hätte. Auf Bastian Schulz, der es in seiner Zeit bei RB Leipzig lange nicht leicht hatte und bei dem der eine oder andere ziemlich erstaunt war, dass er nach Zornigers Amtsantritt vor einem knappen Jahr und der folgenden Kaderverschlankung im Verein bleiben durfte.
Geholt wurde Bastian Schulz noch vom Vorgänger Peter Pacult und zwar in der Spätphase der Transferperiode im Sommer 2011. Nach seiner Verpflichtung ließ Pacult seinen Wunschtransfer bis zur Winterpause als Stammspieler im zentral-defensiven Mittelfeld auflaufen (bei allseits durchwachsenen Kritiken), bevor er ihn in der Rückrunde komplett demontierte und ihm nur noch fünf Kurzeinsätze verschaffte. Und bei Schulz’ einzigen Auftritt von Beginn an, wurde er von Pacult in der Pause vom Platz geholt. Zu diesem Zeitpunkt gab es rund um RB Leipzig nur wenige, die mit Bastian Schulz für zukünftige Heldentaten noch ernsthaft rechneten.
Was unter Alexander Zorniger im Jahr darauf folgte, geht vor diesem Hintergrund schon fast als Märchen durch. In der Hinrunde war er drei Spiele lang nur der Ergänzungsspieler. Wendepunkt in der Geschichte war die Abwehrkatastrophe in Spiel 4 in Rathenow, wegen der Schulz in der Halbzeit ins Spiel kam und das Spiel einerseits defensiv extrem beruhigte und andererseits immer wieder anspielbereits war und offensiv Lücken suchte und so auch das umjubelte 4:2 schoss. Schon damals rieb sich der eine oder die andere die Augen und wunderte sich, ob das denn derselbe Schulz sei, der im Jahr zuvor nur durch Querspielen aufgefallen war und trotz einiger Chancen gar kein Tor erzielen konnte.
Bis zur Winterpause blieb Bastian Schulz nun Startspieler bei RB Leipzig und dankte dies mit stabilen Leistungen, die dem Offensivgeist der RasenBallsportler das passende Gleichgewicht gaben. In der Rückrunde ging es für Schulz erst einmal als Starter weiter, allerdings hatte er seine Torgefahr aus der Hinrunde etwas verloren. Vielleicht deswegen, aber vor allem auch deswegen, weil sich Karikari in Kaisers Abwesenheit ins Team gespielt hatte und nach Kaisers Rückkehr nicht wieder rausflog, fand sich Schulz drei Spiele lang erstmal auf der Bank wieder, von wo aus er einen Sieg und zwei Unentschieden (unter anderem die Beinahe-Niederlage gegen Plauen) seines Teams und 3:2 Tore bewunderte.
Da sehr bald klar wurde, dass es nur ein Karikari oder Kaiser in der Startelf geben kann aber kein und, rutschte Bastian Schulz schnell wieder ins Team und mit ihm und dem Auswärtssieg bei Herthas U23 begann auch der Aufschwung bei RB Leipzig in der Rückrunde, der dann schließlich im Aufstieg mündete.
Besonders bemerkenswert an den Saisonbilanzen von Bastian Schulz sind seine Abschlussqualitäten. Mit insgesamt acht Treffern ist Schulz in der teaminternen Torschützenliste geteilter Zweiter. Auf Augenhöhe mit Stefan Kutschke und Thiago Rockenbach und mit großem Abstand auf den ganzen Rest. Dieser Fakt ist nicht unbedingt ein Kennzeichen seines extremen Offensivdrangs, sondern eher Ausdruck seiner großen Qualität, auf dem Rasen in hohem Maße das Spiel lesen und Lücken sowohl defensiv als auch offensiv erkennen und entsprechend schließen oder eben auch nutzen zu können. Was Bastian Schulz zu einem sehr ausgewogenen Spielertypen macht, der sowohl auf der Sechs neben Dominik Kaiser im 4-4-2 als auch auf der Sechs bis Acht im halbrechten Mittelfeld im 4-3-1-2 zu bestehen und zu glänzen weiß.
Anders noch als unter Pacult als die Sechser vornehmlich Staubsauger und Nach-außen-Spieler waren, kann Bastian Schulz nun unter Zorniger seine vorhandenen Qualitäten als kompletter Spieler auch im vertikalen Spiel unter Beweis stellen. Und hat sich mit dieser Rolle dermaßen angefreundet, dass der gerechte Lohn darin bestand, dass er in den Relegationspartien keine Spielminute verpasste und mit dem herausgeholten Elfmeter zum 2:2 mit den Schlusspunkt unter die Saison setzte.
Feierbiest Schulz mag auf dem Feld nicht unbedingt der hervorstechende Leader sein. Als spielintelligenter und torgefährlicher Mittelfeldmann war er dennoch ein ganz wesentliches Element für den Erfolg von RB Leipzig. In den 23 Spielen, in denen Schulz von Beginn an auflief, spielte RB nur fünfmal Unentschieden und gewann die 18 anderen Spiele (insgesamt 10 Unentschieden und 22 Siege in 32 Spielen). Nicht zuletzt weil Schulz 13 Scorerpunkte beisteuerte und im Spiel gegen den Ball mit viel Laufaufwand einiges an Lücken schloss.
Vielleicht ist Bastian Schulz nicht der Spielertyp, der auf dem Feld übermäßig auffällig im Sinne von spektakulär agiert. Das meiste könnte man gut als sachlichen Vortrag bezeichnen. Wie wichtig diese Sachlichkeit ist, merkt man dann erst, wenn sie auf dem Feld mal fehlt. In diesem Sinne und weil hier ein Spieler aufblühte, von dem man das vielleicht gar nicht recht erwarten konnte, ist Bastian Schulz mein Spieler der Rückrunde. Ruhig, sachlich, offensiv gefährlich, defensiv meist bombensicher und immer mit viel Einsatz. Sehr gute Saison, sehr gute Rückrunde des letztlich vielleicht entscheidenden Puzzlestücks im Gesamtkunstwerk RB Leipzig in der Regionalliga-Saison 2012/2013.
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Bisher so:
- 2011/2012: Spieler der Hinrunde: Timo Röttger
- 2011/2012: Spieler der Rückrunde: Fabian Franke
- 2012/2013: Spieler der Hinrunde: Daniel Frahn
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Bild: © GEPA pictures/ Roger Petzsche
Würd’ mich nicht wundern, wenn eine ganz besondere Person von der Entwicklung Schulles überrascht wurde: Schulle selbst. Hat sich noch im Heimspielheft Anfang der Saison zu seiner etwas schwachen Torquote geäußert, ballert sich aber plötzlich so konstant wie kaum jmd. im Kader auf den 2. Platz der Torschützenliste. Und das bei der Einsatzzeit…
Highlight für mich: Wie er in der Relegation mit über 100 intensiven Minuten im Bein den gegnerischen Pass anthizipiert und mit ordentlich Zug Richtung gegnerisches Tor marschiert.
2012/2013: Coltorti – Müller, Hoheneder, Willers, Jung – Röttger/Fandrich, Kaiser, Schulle, Luge/Rocke – Frahn, Thomalla /Morys
Vielleicht möchtest du hier noch ein “Gern geschehen” drunter setzen. :-D
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