Auf der Suche nach dem U23-Nussknacker

[Ab 12 Uhr (25.10.2012) hier unter dem Artikel der Liveticker von der Pressekonferenz vor dem Spiel RB Leipzig gegen Hertha BSC II mit Alexander Zorniger und Niklas Hoheneder]

Ich persönlich habe nicht wirklich etwas gegen die zweiten Mannschaften von Profiteams. Fußballerisch stecken sie mit ihren jungen Talenten sowieso die meisten Konkurrenten in die Taschen. Und interessetechnisch müssen sie sich vor Rathenow, Neustrelitz, Torgelow, Plauen und Co auch nicht verstecken. Zumindest halte ich es im Regionalligazusammenhang für eine Mär, dass mit zweiten Mannschaften automatisch geringere Zuschauerzahlen verbunden sind, weil jene Vereine, die sie ersetzen könnten, in Auswärtsspielen auch keine erhöhte Aufmerksamkeit über das Stammpublikum hinaus erregen, geschweige denn lohnende Gastfanmassen mitbringen würden. (Vielleicht ist meine Sicht hier aber auch durch die Regionalliga-Nordost-Idylle von nur drei Zweitteams verklärt.)

Trotzdem merkt man spätestens dann einen Unterschied, wenn man selbst nach vier Duellen zwischen RB Leipzig und Hertha BSC II, von denen ich drei glücklicherweise beobachten durfte, eigentlich keine besondere Geschichte erzählen kann. Gewissermaßen ist mit jedem Jahr eine neue Geschichte verbunden, weil die Fluktuation in einer U23-Ausbildungsmannschaft naturgemäß zu groß ist, um so etwas wie Kaderkonstanz und somit auch storytechnischer Stringenz zu entwickeln.

Aus den letztjährigen zwei Partien haben nur der erst 18jährige Verteider Glody Zingu und der eigentlich zum Profikader gehörende, 22jährige defensive Mittelfeldspieler Alfredo Morales sehr gute Chancen auf einen Platz in der Startformation am Samstag in der Red Bull Arena. Der offensivstarke und eigentlich auch gesetzte Mittelfeldakteur Patrick Breitkreuz dürfte wegen roter Karte weiter fehlen. Verteiger Bene Brecht und Stürmer Omid Saberdest gehören nur bedingt zum Stamm. Und die Herren Uslucan und Scheel haben aktuell noch gar keinen Einsatz.

Diejenigen, die in diesem Jahr die Lücken füllen, sind 17, 18, 19 und 20 oder im Ausnahmefall wie beim Ex-Auer Kevin Stephan (mit vier Treffern aktuell bester Schütze bei Hertha II) mal 22. Ex-Profi Zecke Neuendorf, letztes Jahr noch Stützpfeiler für das Team, macht in diesem Jahr auf seine alten Tage (37) höchstens noch ein paar Minuten pro Spiel. Das Team ist selbst für U23-Verhältnisse sehr jung und spiegelt eventuell ein wenig den bei Hertha aurgerufenen Jugendweg wider. Wobei der Weg aus der U23 in den Profikader meist ein weiter ist. Aber für einen 17jährigen wie den U17-Nationalspieler Hany Mukhtar ist es sicherlich nicht die schlechteste Erfahrung in der Regionalliga nach Magdeburg oder Leipzig fahren und dort erste sportliche Erfolge feiern zu dürfen.

Ein solcher war der 2:0-Erfolg in Magdeburg vor drei Wochen definitiv, der den Berichten zufolge irgendwas zwischen glücklich und abgezockt war. Zumindest kann man festhalten, dass man in Magdeburg zu zehnt (Breitkreuz hatte nach 13 Minuten bereits Rot gesehen) erst einmal bestehen muss. Insgesamt kann man festhalten, dass Hertha II nach holprigem Start in die Regionalliga und nur vier Punkten aus den ersten fünf Spielen zuletzt mit sieben Punkten aus drei Spielen sehr erfolgreich Fußball spielte. Neben dem Sieg in Magdeburg holte man nach 1:3-Rückstand noch einen Punkt in Plauen und fegte den Abstiegskandidaten Torgelow relativ locker mit 4:1 vom Platz. Neun Treffer in den letzten drei Partien zeigen recht deutlich, dass die neu zusammengewürfelten Jung-Herthaner langsam zueinander finden und man ihnen besser nicht allzu viel Möglichkeiten zum mitspielen lässt..

Dank der letzten Spiele steht Hertha II auch langsam in einer Tabellenregion, in der man sie vor der Saison auch erwarten durfte. Platz 7 bedeutet aktuell vordere Tabellenhälfte und als stärkstes der drei U23-Teams der Regionalliga Nordost dürften die Hauptstädter am Ende sogar einen Platz im ersten Tabellendrittel (also irgendwas um Platz 5 anpeilen). Diese Zahlen zusammengenommen und sowieso den Ausrutscher der Magdeburger im Hinterkopf dürfte klar sein, dass trotz der fehlenden Story um das Spiel eine schwere Aufgabe wartet. Was dann doch ganz in der Tradition der bisherigen Aufeinandertreffen liegen würde, wenn man an die zwei Arbeitssiege in der vergangenen Saison (1:0 zu Hause, 2:1 auswärts) und das Auswärtsunentschieden in der Saison zuvor als Maßstab nimmt. Lediglich das 2:0 unter Tomas Oral 2010 darf man in die Kategorie überlegen einordnen.

Wenn man bei Hertha BSC II eine Konstante sehen will, dann ist es ganz sicher der Trainer. Mit Karsten Heine sitzt da jemand auf dem verantwortlichen Platz, der schon 1990 erstmalig Trainer der Hertha war, in den Folgejahren unter anderem die Profis trainierte und seit 2004 – mit Unterbrechungen als Interimstrainer der Profis – den Nachwuchs betreut. Womit er in diesem Verein schon einiges an Personalrotationen er- und auch überlebt hat. Was im Profigeschäft nicht unbedingt alltäglich ist. Dass Karsten Heine von seinem Metier etwas versteht, zeigt sich abseits des Platzes auch darin, dass er vor der Saison 2010/2011 nicht RB Leipzig, sondern den späteren Aufsteiger Chemnitzer FC zum Favoriten erhob und im letzten Jahr neben RB auch den Halleschen FC auf dem Zettel hatte. Bloß gut, dass er vor dieser Saison ganz klar auf RB Leipzig als Meister setzte..

Für RB Leipzig wird es gegen Hertha BSC, wie so oft gegen technisch gut ausgebildete Mannschaft, vor allem darum gehen, dem Gegner die Lust auf das Mitspielen zu nehmen und ansonsten die Geduld zu haben, gegen das 4-4-2 mit Doppelsechs mit der richtigen Mischung aus Ruhe und Geschwindigkeit die entscheidenden Lücken zu suchen. Wobei man damit rechnen muss, dass die Herthaner trotz ihres jugendlichen Alters sehr gut organisiert auftreten werden. Dafür spricht jedenfalls der Name Karsten Heine und der Augenschein der letzten Aufeinandertreffen.

Größere Änderungen im Kader von RB Leipzig sind bei dieser Aufgabe nicht zu erwarten. Für den rotgesperrten Sebastian Heidinger wird ein Platz auf der Bank frei, den nach menschlichem Ermessen Jeremy Karikari einnehmen dürfte. Ob es auch eine Änderung in der Startformation geben wird, ist nach dem Plauen-Spiel nicht absehbar. Am ehesten dürfte eine mögliche Veränderung auf die Dreierreihe im zentralen Mittelfeld abzielen, wo Henrik Ernst seine zentrale Position wieder an Dominik Kaiser verlieren könnte. Käme es so, würde links neben Kaiser ein Platz frei, für den Timo Röttger, Jeremy Karikari und Paul Schinke gleichermaßen in Frage kämen. Ich für meinen Teil wünschte mir einmal Paul Schinke auf diese Position, für die er sich in seinen zurückliegenden Einsätzen als offensivstarker Linksverteidiger empfohlen hat.

Bliebe noch rechts neben Kaiser die Frage, ob dort weiter Bastian Schulz spielen darf oder doch wieder Timo Röttger eine Chance von Beginn an erhält. In der Tendenz würde ich Bastian Schulz die besseren Chancen zusprechen. Da Defensivreihe und Offensivreihe derzeit unantastbar sind, liefe dies in meiner Aufstellungs(wunsch)welt auf Coltorti – Müller, Hoheneder, Franke, Judt – Schulz, Kaiser, Schinke – Rockenbach – Kutschke, Frahn hinaus.

Egal wie, ein Sieg wäre ein guter Aufgalopp in die demnächst anstehenden Wochen der Tabellenwahrheit. Mit den Spielen in Magdeburg und Zwickau warten im November ordentliche Knüller auf die RasenBallsportler (für das Spiel in Magdeburg sind schon fast drei Busse voll). In diese Spiele mit dem aktuellen Polster von fünf Punkten gehen zu können und so nicht um jeden Preis gewinnen zu müssen, wäre taktisch und psychologisch keine schlechte Sache. Und ein Sieg gegen Hertha II würde auch gleichzeitig jede glimmende Ambition der Gäste Richtung Tabellenspitze zunichte machen.

Wäre man für einen Moment ein ganz neutraler Fußballbeobachter, dann darf man sich auf ein spannendes Spiel zwischen dem Meister-Favoriten und einem hochtalentierten und motivierten Nachwuchsteam freuen. Einige der Gästespieler dürften das Spiel in Leipzig als ein ersten Karrierehighlight empfinden und entsprechend mit viel Engagement und Underdog-Lockerheit ins Spiel gehen. Genau das macht dieses Spiel, wie schon einige Spiele zuvor in den letzten zwei Jahren,  für RB Leipzig so schwierig. Die letzten drei Heimspiele gegen zweite Mannschaften jedenfalls endeten alle gleichermaßen Unentschieden (Union, Wolfsburg, Cottbus). Und in sieben Heimduellen mit U23-Teams gelangen seit letzten Sommer bei vier Unentschieden und einer Niederlage nur zwei Siege. Der letzte gelang allerdings gegen Hertha II. Man nehme das als gutes Zeichen.

Ein gutes Zeichen könnte auch die Tatsache sein, dass RB Leipzig mal wieder die jährliche Riesenfreikartenaktion auspackt. Zu diesem Zwecke wird Sektor C geöffnet werden, für den an Erstsemester und darüber hinaus in breiter Streuung handgeschätzt Freikarten im höheren vierstelligen Bereich verteilt wurden. Weswegen die Zuschauerzahl schlussendlich wohl auch fünfstellig lauten wird, anstatt wie normal irgendwas um die 7.000 auszuspucken. Man kann zu den Freikarten stehen wie man will (ich empfinde es manchmal als leicht respektlos dem Kontrahenten gegenüber, dem man ja irgendwie doch signalisiert, dass man ihn als so uninteressant empfindet, dass man die Zuschauer mit freiem Eintritt locken muss), aber Sinn macht die Aktion auf jeden Fall. Gerade studentische Neuankömmlinge mit eventuell vorhandener Fußballaffinität, aber ohne feste oder grad nicht auslebbare Vereinsleidenschaft ein Stadionbesuchsangebot zu machen, ist völlig in die richtige Richtung gedacht. Letztes Jahr kamen Anfang November jedenfalls reichlich 14.000 freikartengepimpte Zuschauer in den Genuss einen 4:0-Erfolg gegen Hannover II zu beobachten und im Jahr davor waren es am 31.10. gegen Hertha BSC II 7.000 Leute und ein 2:0-Sieg. Oder anders gesagt: Unter Freikarten ist RB Leipzig gegen zweite Mannschaften noch ohne Gegentor und Verlustpunkt. Ein Hoch auf die Statistik! (und auf die Freikarten natürlich, deren flächendeckenden, weil motivierenden Einsatz ich schon Anfang letzten Jahres forderte).

Fazit: Vor den folgenden zwei Auswärtsaufgaben in Torgelow und in Magdeburg wartet auf RB Leipzig mit Hertha BSC II eine harte Nuss, die zu knacken nach dem Plauen-Unentschieden das wichtige Signal an die Konkurrenz senden würde, dass man nicht bereit ist, im Aufstiegskampf Finger, geschweige denn Hand oder Arm freiwillig herüberzureichen. Zudem würde es die kleine unselige Unentschieden-Serie gegen U23-Teams beenden. Kuschelige 5 Grad über der Null sind aktuell für Samstag Mittag prognostiziert. Gegen ein herzerwärmendes Fußballfest wäre aber trotzdem nichts einzuwenden.

(Wer das Spiel am 27.10.2012, 13.30 Uhr in der Red Bull Arena nicht vor Ort verfolgen kann und trotzdem dabei sein will, nutze die üblichen Kanäle, also Liveticker [broken Link] und das Fanradio)

——————————————————————————————————–

Bisherige Duelle RB Leipzig vs. Hertha BSC II

——————————————————————————————————–

Pressekonferenz vor dem Spiel RB Leipzig vs. Hertha BSC II (ab 12 Uhr)

12.21

Schon wieder vorbei die Audienz beim Verein. Zorniger macht einen recht ernsthaften Eindruck, was die Qualität von Hertha BSC II angeht. Ich vermute, dass er damit recht hat und hoffe, dass er diese Ernsthaftigkeit auf seine Spieler übertragen kriegt. Wenn man mit dem Gefühl ins Spiel geht, dass es gegen einen mitspielenden Gegner einfacher wird, dann könnte man schnell auf der Nase landen, denn die Herthaner dürften aufgrund der mannschaftlichen Organisation mit drei engen Ketten im 4-4-2 wenig Raum zum Spielen bieten. Andererseits könnte das Spielen der Herthaner auch bedeuten, dass RB im vorderen Drittel in Ballbesitz kommen kann, wenn man den jungen Spielern mal auf den Füßen steht. Wird sicherlich ein sehr interessantes Spiel und wer es verpasst, hat entweder gute Gründe oder  selber Schuld. Wünsche einen schönen Restdonnerstag und vor allem einen schönen Fußballsamstag. Bis Samstag zur Pressekonferenz nach dem Spiel.

12.19

Für die einen ist es Werbung, für mich ist es ein sehr wichtiger Hinweis in eigener Sache:

Jede(r) Unterstützer(in) und jeder Unterstützungsbetrag (startend bei 20 Euro pro Jahr) ist Willkommen. Noch bis zum 31.10.2012 gibt es aufgrund der relativen Frische des Projekts (Beta-Phase) 13 Monate Community für den Preis von 12.

12.15

Zorniger auf Nachfrage: “In meiner Kabine spricht nur einer.” (sprich er) “Laux ist für mich ein sehr wichtiger Partner im Trainingsbetrieb mit ständigem Austausch. Er hat gute Ideen.” (Zum Rathenow-Spiel gab es auf Laux-Initiative irgendeinen Film, über dessen Inhalt man sich ausschweigt auf dem Podium..)

12.13

Zorniger: “Gehe nicht davon aus, dass es viele Verstärkungen von den Profis geben wird. Außer denen, die zuletzt eh schon bei der U23 spielten (z.B.Morales).” “Nattermann steht wieder voll im Training.”

Man diskutiert jetzt ein bisschen darüber, dass es bisher noch keine Muskelverletzungen in dieser Saison gab (Zerrungen). Sei Folge von Training und medizinischer Abteilung. Die personelle Besetzung des Vereins lasse da viele Möglichkeiten. Zorniger: “Jeder Spieler, der verletzt ist, ist totes Kapital für uns.”

12.09

Zorniger: “Habe bei allen Verteidigerkombinationen keine Angst. Niklas Hoheneder spielt mit locker, für meinen Geschmack manchmal zu locker. Ist gut im Aufbauspiel. Hoheneder tut mit seiner Art gut an. Sebastian bringt aber auch gute Trainingsleistungen und Hoffmann ist mit seiner Nummer 4 auch nicht zufrieden. Franke ist der nüchterne Verteidigertyp. Ab und zu fällt mir die Abwehrkette noch zu früh. Da fehlt dann der Druck auf das Mittelfeld.”

Zu Coltorti: “Fabio steh für Sachlichkeit und Nüchternheit. Das sollte er auch beibehalten. Eine Dribbelaktion wie in Plauen braucht es nicht. Da guckt dann die ganze Mannschaft, was da los ist.”

12.05

Zorniger: “Denke über veränderungen nach. Kutschke hat sich gesern an den Bändern verletzt. Das wird bis zum Spiel übermorgen eng. Könnte für Kammlott die Chance sein zu zeigen, dass er nicht nur Nummer 3 im Sturm sein will.”

12.04

Hoheneder: “Tun uns immer leichter gegen Gegner, die auch Fußball spielen. Können uns gegen Hertha eventuell leichter tun.”

Zu Heidinger giobt es bezüglich seiner Rot-Sperre noch keine Neuigkeiten. Infos sind für heute angesagt.

12.03

Let’s go.

Hoheneder zu Plauen: “Ergebnis hat uns nicht gefallen. Plauen hat aufopferungsvoll gekämpft. Haben unser Spiel nicht aufziehen können. Das hat den Ausschlag gegeben.” Zu Hertha: “Erwarte spielstarke, hungrige Mannschaft. Ist für die jungen Spieler eine super Aufgabe, uns die Suppe zu versalzen. Haben relativ gute Einzelspieler. Wird ein ausgeglichener Kampf.”

Zorniger zu Plauen: “Haben in Plauen Sachen nicht gut gemacht, die wir zuvor gut gemacht haben. Haben Dienstag und Mittwoch sehr gute Trainmingseinheiten gehabt. Da war richtig Feuer drin. Deswegen gehen wir mit einem positiven Gefühl ins Hertha-Spiel. Hertha hat eine Mannschaft, die uns richtig Probleme machen kann und sie wissen das. Die haben eine Menge Qualität.”

11.54

Nieseliges Herbstwetter draußen (mal sehen, wieviele der Freikarten bei dem Wetter eingelöst werden). Hier drin ist es aber gemütlich. Und demnächst kommen dann sicher auch Alexander Zorniger und Niklas Hoheneder.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert